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Nr. 36+42. Jahrgang

1. Beilage des Vorwärts

Der Schäferhundsport.

Die Hundezucht als Sport ist erft relativ jungen Datums. Ben hat der Hund seit undenklichen Zeiten für den Menschen eine große Bedeutung, da er wohl eines der ältesten Tiere ist, das von ihm domestiziert wurde. Da der Mensch zuerst wahrscheinlich Jäger gewesen ist, wird er die Hunde, die er sich hielt, zum Jagen benut heben. Später, als er sich Viehherden zufegte, bewachte der Hund feine Herden. Einzelne Raffen, und zwar meist Jagdhundrassen, find zwar im Mittelalter planmäßig gezüchtet worden, aber erst das Ende des vorigen Jahrhunderts brachte eine großzügige Entwicklung des Hundesports, bei der Liebhaber der verschiedensten Rassen an. fit.gen, planmäßig nach den neuesten wissenschaftlichen Erfahrungen, bie Raffen rein weiter zu züchten.

Die große Mode.

Nach dem Kriege nahm das Interesse daran ganz gewaltig zu. Die Gründe dafür sind mannigfoghe. Auf der einen Seite mag es der Umstand fein, daß die Nachfriegsjahre mit ihren Wirren und Unruhen in vielen den Gedanfen auffommen ließen, sich einen Hund als Schutz für Leben und Eigentum anzuschaffen, oder aber die Inflationszeit machte manchen zum glüdlichen Hundebesitzer, weil er auch auf diese Weise sein Geld richtig angelegt glaubte. Daß damit Der ernsthaften Zucht nicht allzu viel genügt wurde, liegt far auf der Hand. Die Nachfrage war so groß, daß eben auf Teufel tomm' raus gezüchtet wurde. Wer eine Hündin hatte, der ließ sie eben belegen, und, wenn Rollmöpfe das Produkt der Kreuzung waren, war's auch recht, dann wurden sie body als echte Schäferhunde verfauft. Deutscher Schäferhund war Trumpf, war die Mode. Das Zeitalter der Möpse, Doggen und schottischen Schäferhunde hatte dem der deutschen Schäferhunde Plaz gemacht. Der ernsthafte Züchter hatte natürlich mit diesen Auch- Büchlern nichts zu schaffen. Der betrachtet das Büchten als Sport und nicht als Geschäft. Wie hon oben ermähnt, erfreute sich in der Nachkriegszeit der deutsche Säferhund ganz besonderer Beliebtheit. Im Volksmund wird er cuch Wolfshund oder schlechtweg Bolt eihund genannt. Mit dem Wolf selbst hat diese Rasse nur eine gewisse Aehnlichkeit gemeinsam, feiner Abstammung nach hat er nichts mit ihm zu nu. Er ist wahrscheinlich ein diretter Nachtomme des Wiidhundes, von dem Die anderen Rassen sich auch ableiten. Obwohl des Schäferhundes Haarfleid schlicht ist, so hat er im Körperbau den Udel seines Charat­fers ausgeprägt. Der etwas über Mittelgröße( im Mittel 65 bis 70 Zentimeter) große Sund mit dem langgeftredben Körper auf den starten Border- und den gut entridelten Hinterläufen, die fo eiro gerichtet sind, daß fie beim Laufen die größtmöglichste Geschwindig feit erreichen tönnen, hat in feinem Gefichtsausdrud eimas Ge minnendes. Der lange Fang, die ferzengerade nach oben gestellten Chren, die jeden Schall auffangen, und die Augen, die jeden Freinden mißtrauikh, feinen Herrn aber treu anbliden, bilden eine Einheit, bie jeden gleich besticht. Wie der Hund in seinem Gesichtsausdrud ift, so ist er auch in seinem Charakter. Falschheit und Feigheit fennt der richtige Schäferhund nicht. Diese Eigenschaften bewirten es auch, daß der Schäferhund fo gerne als Sanitäts- und Bolizei hund Berwendung fand und noch findet, ja feit Ende des Krieges hat man mit Erfolg versucht, ihn als Blindenhund auszubilden. Unter den vier Rassen, die für den Polizeidienst Verwendung finden nimmt er den ersten Blah ein und stellt drei Viertel aller Dienst. hende überhaupt, während sich Dobermannpinscher, Rottweiler und 2firebaleterrier in den Rest teilen müssen.

Zucht und Dreffur.

Wenn man sich ein Tier laufen will, so muß nun verschiebene Dinge beachten: 1. Am besten ist es, wenn man sich ein junges Tier auswählt, bas man fich selbst so ziehen fann, wie man es sich wünscht. Das beste Alter it 4 Monate.

2. Man achte genau auf die Abstammung des Jungtieres, ver­meibe es forgfältig, aus einem Wurf zu wählen, dessen Eltern scheu, überzüchtet oder sonst leicht afällig find.

3. Sehe darauf, daß die Jungtiere gute Nahrung bekommen haben und sich gut im Freien haben tummen können.

Der eigentlichen Dressur geht die Stubenerziehung vor. Das Tier muß vollkommen in der Hand seines Führers sein. Es darf fich nicht allzu weit von ihm entfernen und muß auf Anruf gleich wieder in feiner Nähe sein. Daß er stubenrein ist und nichts an­fnabbert, ist selbstverständlich. Straßenuntugenden wie Nachlaufen und Nachtläffen von vorbeifahrenden Fuhrwerken und Beschmuzen des Bürgersteigs fennt ein wohlerzogener Hund natürlich auch nicht. Diese Dinge bringt man dem Hund so früh wie möglich bei. Hat man ihn fo meit, so beginnt man die Gehorsamsübungen weiter aus­

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zubauen.

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Donnerstag, 22. Januar 1925

mäßig durchfuchen und jede Person oder jeden Gegenstand, ben er findet, stellen und durch lautes Bellen feinem Herrn anzeigen, daß er etwas Wichtiges gefunden hat. Jeden Verfuch des Gestellten, zi entfliehen, hat er durch festes Zupaden zu vereiteln. Der Hund lernt alsdann, feinen Herrn gegen Angriffe des Bersuchsverbrechers zu verteidigen. So wie der Verbrecher den Arm zu heben versucht, rder weglaufen will, muß der Hund fest in den Arm beißen. An­bererseits darf er, wenn der Verbrecher ruhig geht oder steht, auf feinen Fall an ihn hochspringen oder viel fiäifen, was beizubringen ziemlich lange dauert. Er muß in diesem Falle ruhig aber auf­merksam am linten Knie feines Herrn neben dem Verbrecher ein. fest in der Hand feines Befigers fein, daß er felbft von einem fliehen. hergehen, ohne ihn aus den Augen zu lassen. Der Hund muß so den Menschen zurückgerufen werden kann. Eine nicht allzu leichte Scche für ein temperamentvolles Lier. Diefe Uebungen gehören zu dem, was von einem Schuhhund verlangt werden muß. Bill man ihm die ganze Polizeihunddressur beibringen, dann darf man als Krönung des Ganzen das Fährtenjuchen nicht vergessen. Nicht jeder Hund ist dazu zu gebrauchen, der eine mochi es von ganz allein, der andere bringt es nie fertig. Deshalb muß man gans planmäßig vorgehen, dem Zier fiar zu machen, was es tun foll Das Tier soll ruhig am Anfang der Fährte Witterung nehmen und die Spur dann langfam bis zum Finden des verstedten Gegenstandes, einerlei, ob es an der Leine gehalten wird oder nicht, ausarbeiten. Durch dazwischen gelegte neue Spuren darf es sich nicht verwirren leffen. Den gefundenen Gegenstand hat es seinem Herm zu bringen. Wichtig sind ferner die Identitätsversuche, bei denen der Hund an einem Gegenstand Witterung nimmt und aus einer Menschenmenge ben Besitzer herausfuchen muß.

Die Dressur des Blindenhundes

baut sich auch auf den Gehorsamsübungen auf. Selbstverständlich ist, daß solch ein Hund fest in der Hand seines Führers ist und dessen Befehle strict befolgt. Man benutzt hierzu fieber weide Hunde. d. h. solche, die fich leichter an ihren Besizer anschmiegen. Der Hund muß dann fo abgerichtet werden, daß er Hindernissen aus: weicht, vor Ueberschreiten des Fahrdammes sich hinsetzt und Gegen stände, die fein Besitzer verliert, ihm apportiert. Lobt man fein Lier oft, wenn es die ihm aufgetragenen llebungen macht, dann merfi man bald, wie gern es mit seinem Herren arbeitet.

Besitzer und Hund müssen eins sein, sie müssen sich beide ner stehen. Aber wie oft sieht man wahre Sammergestalten auf den lebungsplätzen. Der Herr mißmutig, nervös, momöglich noch mit Alkohol beladen, bewaffnet mit Beitsche und Stachelhalsband, Ichleppt hinter sich ein häufchen Unglüd mit zurüdgelegten Dhree und eingefniffenem Schwanz, das am ganzen Körper zuttert. Daß aus dem Zusammenarbeiten nichts wird, ist fler. Zum Shluß möchte ich noch darauf hinweisen, baß ber voifswirtschaftliche Nutzer: Der Hundezucht ein ziemlich großer ift. Gemeinde und Staat haben Durch Steuern und Ausfuhrzoll Einfünfte, die fie auf anderen Ge­bieten nicht haben. Gerade deshalb ist es verwunderlich, wie feind fich fie oft den Hundeliebhabern gegenüberstehen.

Er muß mit und ohne Beine neben dem Knie feines Zunahme der Verkehrsunfälle um 30 Proz Herrn laufen, muß sich auf Befehl fezen, hinlegen und Zaut geben, Nach den jetzt vorliegenden Zusammenstellungen der Haupt­b. h. bellen. Die eigentliche Dreffur foll am besten beginnen, menn nerfehrsstelle des Bolizeipräsidiums in Char das Tier 4 Jahr all ift. Streng verpönt find natürlich Beische und Lottenburg ist die Zahl der Berkehrsunfälle im legten Quasio Etachelhalsband. Für nervöse Menschen sind Tiere im Allgemeinen des verfloffenen Jahres, hervorgerufen durch Zusammenstöße aller und Hunde im Besonderen nichts. Sie sollen lieber die Hände davon und Hunde im Besonderen nichts. Sie sollen lieber die Hände davon Art, wiederum erheblich gegen die Zahl der Berkehrsunfälle in laffen. Denn Dor allen Dingen ist Geduld nötig. Immer wieder 3. Bierteljahr gestiegen, und zwar von 1743 auf 2285. Dabex muß man dem Lier flar marfen, was man will und was es tun foll. murben 35( 34) Berfonen getötet und 947( 737) Personen mehr oder Man muß ihm alles in Cuffmomente verwandeln, deshalb tft es weniger schwer verletzt An der Spitze der Zusammen. nölig, nach jeder gut vollbrachten Uebung das Tier zu foten. So ftöße marschieren die Berfonentraftwagen, d. h. die Pri fommen wir denn alin.ählich zur eigentlichen Boligethundreffur. va fautomobile, mit 387( 449) Fällen, 9( 5) Getöteten und Apportieren von Gegenständen, auch über Hürde und Mauern 245( 177) Derlegten Personen. Dann folgen die Straßen. hinweg, Klettern, Springen und Berechen von Gegenständen wird bahnen mi 336( 331) Fällen, 9( 19) Getöteten und 210( 173) der Hund gern und freudig machen. Ist er in diesen Dingen firm, verlegten Personen, die 2aft kraftwagen mit 300( 218) Fällen, gehen wir einen Schritt weiter und bringen ihm die Mannarbeit bei. 2( 6) Getöteten und 84( 71) verlegten Personen, die straft­Unter Mannarbeit verstehen wir die Arbeit am Berjuchsverbrecher, broschten mit 293( 210) allen, 6( 4) Getöteten und 132( 81) der durch einen dicken Diantel gegen die Bisse der Tiere geschüßt ist. verlegten Personen, die Pferdegeiponne mit 205( 115) Fal Der Hund muß nun zuerst stöbern lernen, d. h. ein Gelände planten, 2(-) Getöteten und 63( 37) veriegien Personen. Die Kraft. ,, Das ist ein Gedante. Soll ich?" wandte er sich an seine| Bibliothek eines Kollegen. Sie soll nicht ins Ausland gehen. Frau.

Der Apfel der Elisabeth Hoff. Sta

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Von Wilhelm Hegeler .

1.

Als Elisabeth von ihrem morgendlichen Besorgungsgang zurüdtam, war sie überrascht, ihren Mann noch zu Hause anzutreffen. Während Margret die letzten Kleinigkeiten in ihren Koffer legte, ging der Brofessor, der sonst um diese Beit bereits längst die Fahrt nach seinem bakteriologischen Institut angetreten hatte, auf und ab und sprach mit der Lebhaftigkeit eines Mannes, der von seinem Gegenstand ganz erfüllt ist, über die Geschlechtsunterschiede bei Bonellia viridis, welche die bei den Menschen bei weitem übertrafen

,, Du wunderst dich, daß ich noch hier bin," fagte er zu feiner Frau. Aber ich fonnte Margret, doch nicht den letzten Morgen allein lassen.

Roland hat mir eben einen sehr inferessanten Borirag über die Frauen gehalten. Das heißt, eigentlich mehr über unsere Urahnen, die mie heißen sie noch?"

,, Bonellia viridis, ein Meereswurm, aus der Gruppe der Gephyreen. In morphologischer Beziehung wirklich hoch interessante Tiere. Aber nun will ich euch nicht länger ftören."

,, Du wolltest mir doch noch den Koffer zuschließen." Natürlich! Daß ich das nur vergaß! Da siehst du, wie eingebildet wir Männer find. Ich dachte, du wünschtest wissenschaftliche Aufklärungen von mir, statt dessen brauchst du das Schwergewicht meiner Person zu ganz anderen Zwecken."

Mach von deinem Schwergewicht nur nicht zu stürmisch Gebrauch, fagte Margret, als ihr Schwager sich etwas derb auf den Koffer niedersezte ,,, sonst zerdrüchst du mir noch meine Toiletten."

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Sie werden nicht gleich explodieren, wenn es auch Nah­tampfwaffen find. Aber was ist das?" Der Professor schwentte einen feidenen Strumpf in der Hand, den Margret offenbar vergeffen hatte einzupaden.

Schau, schau, auch der gehört ins Kapitel der etzessori fchen Serualcharaktere. Vom hygienischen Standpunkt aus fehr verbesserungsfähig, vom ökonomischen Standpunft aus blödsinnig, aber vem Standpunkt der weiblichen Waffentechnit aus glänzend."

Willst du ihn mohl wieder hergeben!" sagte Margret und suchte ihrem Schwager den Strumpf, den er vor ihr auf und nieder tanzen ließ, au entreißen. Wenn du dich für Seidenstrümpfe so begeistert, dann schenke doch Elisabeth melche zum Geburtstag."

Ach, Unsinn!" erwiderte diese lächelnd. Was soll ich mit jo toftbaren Seidenstrümpfen?"

"

Siehst du!" erklärte Hoff und rückte befriedigt an seiner Hornbrille. Wenn ich Elisabeth Scidenstrümpfe fchenfte, sie würde fie einen Tag lang bewundern und am nächsten gegen irgendwelche praktischen Sachen für die Kinder umtauschen. Da hast du wieder ein Naturgefeß. Wenn das Paar sich ge­funden hat, wird Hallali geblasen. Die Liebesjagd ist zu Ende. Die kostbaren Waffen räumen friedlicheren Instru­menten den Blak."

,, Dann bin ich für den Krieg!" erwiderte Margret. ,, Nieder die praktischen Sachen! Es leben die Seidenstrümpfe!" Und dem Schwager den Strumpf aus der Hand reißend, fchwang sie ihn wie eine Fahne durch die Luft.

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Recht haft du," sagte Elisabeth. Wofür bist du jung!" Bist du nicht auch jung?" Meine liebe fleine Schwägerin," begann der Brofessor wieder ,,, du magst dich noch so eifrig auf die Seidenstrümpfe verschwören, eines Tages werden die anderen Sachen doch triumphieren. Du wirst dich dem Gesez der Natur beugen und dein Zukünftiger auch. Denn ihr werdet es gar nicht anders wollen. Das ist das Geheimnis. Wenigstens bei allen gesund und natürlich empfindenden Menschen ist das der Fall und die deutsche Frau

Brr die deutsche Frau!" sagte Margret. Die ge­hört in die Mythologie." Sie ist eine Erfahrungstatsache. Das weiß ich nun wirklich besser," erwiderte der Professor, indem er mit einer leichten Gebärde der Zärtlichkeit den Arm um den Naden feiner Frau legte. Nicht wahr, Elisabeth, ich habe dich lieb, ob du Seidenstrümpfe trägt oder nicht. Und du haft mich lieb, wenn ich auch weiß, daß ich nicht mehr der erste in deinem Herzen bin, sondern höchftens primus inter pares.- Aber nun ist es wirklich höchste Zeit für mich. Affo, liebe Schwägerin-"

Er wollte sich gerade von Margret verabschieder, als das Dienstmädchen mit einigen Briefen hereinfam. Elisabeth nahm fie ihm aus der Hand, und den ersten nach einem schnellen Blick auf die Adresse in ihr Martitörbchen legend, fagte sie:

Der ist für mich.- Hier!"

Damit gab fie den anderen Brief ihrem Mann, der ihn durchflog und dann jagte: ,, Da ist wieder dieser Mister Benson. Jegt will er mich gar in meinem Haus aufsuchen. Empfange du ihn doch, Elisabeth! Du meißt ja, es handelt sich um den Berlauf der

Aber der Mann läßt nicht locker. Sog ihm, daß ich sehr be daure, ihn nicht empfangen zu können. lind wenn er mich im Labor aussuchen will, schütze irgend etwas vor. Sage ihm, ich experimentierte augenblicklich mit virulenten Best­bazillen, und ein Besuch bei mir wäre lebensgefährlich. Aber nun schnell ab durch die Hintertür, fonft erwischt er mich am Ende doch noch hier. Also, liebe Schwägerin-"

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Nach einigen scherzhaften Wechselreden, während Margrei sich bei ihrem Schwager bedankte, daß er mit so viel heiterer Gefaßtheit die stürmische Unruhe ihres Befuches hätte über fich ergehen lassen, und dieser versicherte, von Sturm förne gar nicht die Rede sein, sondern nur von einem erfrischenden Frühlingswind und daß er bedaure, durch seine wissenschaft­lichen Abhaltungen am vollen Genuß des Besuches gehindert worden zu sein, verließ der Professor das Zimmer.

,, Drollige Ideen, die Roland da ausgepackt hat! Ich benfe, er hat sie von da unten her, von seinen Bilben mit gebracht, obwohl es ja auch in Deutschland noch Männer genug gibt, die solch einen mittelalterlichen Standpunft vertreten. was denfit du, Elisabeth?"

Aber diese schien gar nicht zu hören, so war sie in den Brief vertieft, den fie foeben bekommen hatte. Eine Weile fah Margret ihr stillschweigend zu.

Die Schwestern waren mehr artverwandt als einander ähnlich: beide feingliedrig, von schiantem Wuchs, mit ab fallenden Schultern, dabei aber von jener gefunden Raffe, die auch ihren verfeinerten Spätlingen das Stahlgerüst för­perlicher Widerstandskraft und innerer Haltung mitgibi; ihre schmalen Gesichter trugen feine, fehr regelmäßige Züge und eine empfindliche Haut, die leicht jebe Wallung des Blutes verriet. Die jüngere mar die kleinere, ihre Raje mar leicht gebogen, während die Elifabeths gerade war; das gab Margrets Gesicht einen energischeren Zug gegenüber dem weicheren der Schwefter. Aber es schien nicht nur Zufall, deß die eine im vollen Tageslicht und die andere dem Fenster abgewandt saß, es schien vielmehr, als hätte ihr Wesen die Wahl dieser Beleuchtung unwillkürlich beeinflußt, deren Halb­Schatten dem Gedämpften, Geglätteten und Unscheinbaren in Elisabeths Ausdruck und Kleidung entsprach, während das helle, ungebändigte Sonnenlicht dieses windigen Aprilhimmels nicht nur von draußen hereinfiel, sondern von Margret in ebenjolcher Fülle zurückgestrahlt wurde. von dem Sprühen der blauen Augen, dem Weiß der leicht sichtbaren Zähne, den hellen Lönen des blonden Haares bis zu dem Funkeln der Gürtelschnalle auf ihrem dunkel bronzenen Kostüm und den Glanzlichtern auf ihren Halbschuhen von derselben Farbe.

( Fortfehung folgt.)