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Koalition mit der Sozialdemokratie führt das Gegeneinander-| eite! ohne die Rommunisten. Die Entwicklungskrise streiten großer Weltanschauungsunterschiede und großer des neuen Staates, bei der wir angelangt sind, drängt nach Klaffenintereffen zu innerer Bindung und zur Herausarbeitung einer Entscheidung. In dieser entscheidenden Stunde stehen, einer Mittellinie. In einer bürgerlichen Koalition mit den die Kommunisten, die ihre parlamentarische Stärke durch Deutschnationalen gibt bei mannigfacher Uebereinstimmung Arbeiterftimmen erlangt haben, auf der Seite der Parteien der Klasseninteressen das Uebergewicht der parlamentarischen des alten Staates. Stärke den Deutschnationalen die Führung.

Die Deutsch nationalen sind sich ihrer Stärke in einer bürgerlichen Koalition wohl bewußt. Mögen fie auch die Schwierigkeiten nüchtern abschätzen, die einer Berwirt. lichung ihrer Ziele in den Berfassungsfragen entgegenstehen: ihre Stärke bei der Bestimmung des allgemeinen Kurses fennen sie. Ihnen gilt nicht nur die Verwirklichung des Lehrsages: Es fann nicht ohne die Deutschnationalen regiert werden." Ihr Kurs wird bestimmt durch den Sat:" Es fann nur gegen die Sozialdemokratie re giert werden." Die Verwirklichung dieses Sages und eine Rechtsregierung in Preußen wird der Berwirklichung dieses Sages ungleich näher fommen als die Rechtsregierung im Reiche bedeutet die Rückkehr zu den Regierungsgrund­sägen des alten Systems, die am Ende des Krieges endlich ins Wanken gekommen waren. Ein solcher politischer Kurs in Preußen und im Reich bedeutet ebenso fehr Rüd. fchritt und Gefahr wie ein offener Angriff auf die Verfassung.

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Das Wesen des neuen Staates ist ein anderes wie das Wesen des preußischen und deutschen Staates unter den Hohen­ zollern . Die staatliche Organisation des Bolfes im neuen Staat dient der Wohlfahrt des ganzen Boltes. Sie ermöglicht die Verwirklichung gesellschaftlichen Fortschritts mit den ge ringsten Reibungen und den geringstmöglichen Erschütterun­gen. Das Wesen des alten Staates war ein anderes: er war Herrschaftsinstrument gegen einen Teil des Boltes, Herrschafts­instrument in der Hand jener Konservativen, die jetzt nach der Macht greifen, Herrschaftsinstrument in der Hand jener Klassen, die durch Volkspartei und Deutschnationale politisch repräsentiert werden, gegen die Arbeiterschaft und die Sozial

demokratie.

Eine Rechtsregierung, die gegen die Ar­beiterschaft und die Sozialdemokratie re giert, rührt an die Fundamente des neuen Staates.

Die Sozialdemokratie hat daran gearbeitet, die Funda­des neuen Staatsgedankens, fie hat die Arbeiterschaft zur mente des neuen Staates zu schaffen, sie war die Trägerin Staatsgefinnung geführt. Das war ihr Wert nicht zuletzt in Preußen. Grund genug für die Träger des alten Ge­dankens des Herrschaftsstaats, sich in Preußen außerhalb des Staatslebens ftellen zu wollen.

Die Sozialdemokratie als Träger des neuen Staatsge dankens hat mit größter Verantwortung den neuen Staat durch die Fährnisse der Nachkriegszeit und der Reparations politik geführt. Grund genug für die Parteien des alten Res gimes, den Staat als Rlaffenmachtinstrument gegen fie und die Arbeiterschaft zu wenden und die Arbeiterschaft mit ungerechter und ungeheurer Ueberbürdung mit den Lasten des Staates und des verlorenen Krieges zu bedrohen.

Diese Absichten entsprechen dem Wesen der Politit des alten Systems. Sie find unvereinbar mit dem neuen Staats­gebanken. Wenn das Zentrum in Breußen vor schicksals chwerer Entscheidung steht, vor der Entscheidung, ob es Bei hilfe leisten soll zur völligen Drehung des politischen Surfes in Preußen wie in Deutschland , so mag es eins bedenken: der Staatsgedante, den Deutschnationale und Deutsche Volts partei vertreten, ist nicht eins mit dem Staatsgedanten, den bisher das Zentrum mit uns vertreten hat. Es heißt unterm Gefichtswinkel des neuen Staatsgedankens nicht staatliche Berantwortung üben, wenn man die Hand dazu bietet, die Fundamente des neuen Staates zu gefährden.

Die Hoffnungen der Rechten auf die Verwirklichung einer völligen Drehung des politischen Kurses in Deutschland wären

Der Arbeiterführer auf der Kanzel.

Der englische Bergarbeiterführer und Abgeordnete der Arbeiter, partei Robert Smillie hat in einem englischen Verlag unter Dem Titel My Life for Labour"( Ein Leben für die Arbeiter) ein Erinnerungsbuch erscheinen lassen, das wie faum eine andere Bubli­fation der jüngsten Jahre von den Kämpfen und Siegen, den Freu­den und Leidne der englischen Arbeiterklasse erzählt. Es ist, wie sein alter Freund Macdonald in einer liebevoll- würdigenden Einleitung feststellt, mehr eine Sammlung von Erinnerungen als eine Auto­biographie im ftrengen Sinne, aber gerade das macht das schlichte Buch so überaus anziehend und lesenswert.

Bielleicht eine der reizvollsten Episoden aus diesem an Epi­foden überreichen Buche ist die folgende, die dem deutschen Lejer auch ein gutes Bild über die ganz anderen Beziehungen der eng lischen Arbeiterschaft zur Kirche gibt, eine Erscheinung, die für den fontinentalen Beobachter immer zu den bemerkenswertesten Tat fachen des englischen Lebens gehört und für viele, sonst nicht recht verständliche Züge der englischen Arbeiterbewegung eine Erflärung bietet. Allerdings zeigt der Ausgang diefes merkwürdigen Erleb niffes Robert Smillies, daß auch in England dieselben Kräfte am Berte find, die auf dem Kontinent das Verhältnis zwischen Arbeiter fchaft und Kirche zeitweise so schwierig gemacht haben, und daß man auch in England nicht ungestraft einen Bergarbeiterführer auf die Stanzel einer Staatskirche( nicht einer der vielen Freikirchen, wo jahraus jahrein ungezählte Arbeiterführer als Prediger sprechen) treten laffen tann.

Robert Smillie erzählt: Manche werden sich noch der Nachwahl in Ashton- under- Lyne im Jahre 1921 erinnern, wo sich als Ver­treter der Arbeiterpartei William C. Robinson und als Vertreter her Roalitionsparteien Sir Walter de Freece gegenüberstanden. Ich reifte dahin, um Robinson bei seiner Arbeit zu helfen und wohnte im Hause eines Mitgliedes der Unabhängigen Arbeiterpartei. Dieser Mann tam mit mir zu einer auf Sonntagmittag angesezten Ber­sammlung der dortigen Ortsgruppe des Bergarbeiterverbandes.

Auf dem Rückweg erzählte er mir, daß der Ortsgeistliche auf der Seite der Arbeiterschaft stehe und daß er am Sonntagnachmittag einen Gottesdienst in der Kirche abzuhalten pflege, der vorwiegend von der Arbeiterschaft, fast durchweg von Mitgliedern der Arbeiter partei, besucht würde.

Er bat mich mithinzugehen. Aber ich hatte feine rechte Lust hierzu, da ich abends in einer großen öffentlichen Versammlung zu sprechen hatte. Mein Freund aber drang weiter in mich ein, indem er darauf verwies, daß alle Leute im Distritt wüßten, daß ich mich hier aufhielte und alle mich in der St. Johns- Kirche erwarten

mürden.

So gab ich schließlich nach. Als wir die Kirche betraten, wur­den wir gebeten, in die Safristei zu kommen, wo wir dem Geift. lichen vorgestellt wurden, der uns mitteilte, daß er im Chor, unter den Kirchenfängern, zwei Size für meinen Freund und mich refer­

viert habe.

Wir setzten uns auf unsere Bläge. Der Priester bestieg die Kanzel und eröffnete den Gottesdienst mit den Worten: Wir haben heute einen Fremden in unserer Mitte, Herrn Robert Smillie . Ich begrüße in euer aller Namen Herrn Smillie vom Bergarbeiterver­band in unserer Kirche."

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Die Reaktion droht mit staatlicher Entrechtung und Bedrückung der Arbeiterschaft- mit Hilfe der Kom munisten.

Das sozialreattionäre Unternehmertum will durch den Staat die soziale Lage der Arbeiterschaft herab­drücken, und die Kommunisten verhelfen ihm zur Macht stellung im Staate. Die alten Ronservativen wollen ihre Machtpositionen in Preußen zurückerobern, sie wollen die gebundenen reaktionären Kräfte in der preußischen Ver waltung entfeffeln und die Kommunisten fämp. fen Schulter an Schulter mit ihnen gegen die Sozialdemokratie, die der Reaktion bisher hemmend in den Weg getreten ist.

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Die ältesten und erbittertsten Feinde der Arbeiterschaft, die auf dem Wege des politischen Kampfes durch die Sozial demokratie zurückgedrängt worden waren, bringen wieder vor. Rechtsregierung in Preußen: das heißt Regierung des Klaffen­tampfes gegen die Arbeiterschaft. Die Kommunisten haben systematisch daran gearbeitet, diese Regierung des Klassen tampfes gegen die Arbeiterschaft in den Sattel zu setzen.

Die Kommunisten sind die Knechte der Reaktion. Sie jubeln über den Sieg, zu dem sie der Reaktion in Preußen verholfen haben. Ihre Sprecherin im Reichstag hat die Luther - Regierung ein halbes duzendmal begrüßt. Sie han deln wie jener Anarchist, der sich dem Unternehmertum ver faufte, und, zur Rede gestellt, sich verteidigte:" Ich will einmal den Bogen von der anderen Seite spannen." Sie liefern die Arbeiterschaft der politischen und sozialen Reaktion aus. ... Die Erbitterung der Arbeiterschaft wird den Plänen der Rechten bald genug ein Ende sezen. Vorher jedoch wird sie fich gegen die Knechte der Reaktion wenden und reinen Tisch im eigenen Hause machen. Mit Handlangern der Kries und Westarp hat kein ehrlicher Arbeiter etwas zu tun.

Reichsbanner und Reichswehr .

Sünde am Volk.

Windthorst- Bünde gegen Zentrumspolitik.

Der Entschluß der Zentrumsfraktion des Reichstags, Dr. Brauns als Arbeitsminister im Kabinett Luther zu belassen und dem Kabinett die Billigung auszusprechen, hat in weiten Kreisen des Zentrums um so mehrverstimmt, als die Politik des Zentrums bis dahin auf die unbedingte Ablehnung einer bürgerlichen Rechts­regierung gegen die Sozialdemokratie eingestellt war. Das niederrheinische Zentrum hat bereits die Miß­billigung dieser Politik zum Ausdruck gebracht. Als weiteren Beweis für die Mißstimmung der Zentrumsanhänger_ver­öffentlicht die Märkische Volkszeitung eine Entschließung des Gauvorstandes der Windthorst Bünde Berlin­Brandenburg, in der es heißt:

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" Die Wahren zum 7. Dezember haben eine flare und eindeutige Entscheidung darüber gebracht, daß das deutsche Volf den neuen Staat will. Die Deutsche Zentrumspartei hat sich in eine Front mit den republikanischen Parteien gestellt und auf dem 3. Reichsparteitag fid) einheilig für die Politik der Mitte ent­fchieden. Das Junge 3entrum befennt sich zu dieser politiſchen Haltung. Seine ganze Wahlarbeit war auf diesen Ge­banten eingestellt. Und wenn die Deutsche Zentrumspartei aus diesem Kampf siegreich hervorgegangen ist, so dankt sie das Ver­trauen der Wähler in erster Linie ihrem flaren Bekenntnis zum neuen Staat. Birth und Marg sind die Führer dieser wahrhaft deutschen Bolitit.

Soll diese Linie verlassen werden? Wollen wir nach dem Wahl­fampf alles das verneinen, womit wir diesen Kampf geführt haben? Soll diefer unzweideufige Wille des deutschen Bolles verfälscht wer­den? Das wäre unerhörter Vertrauensbruch. Wir Jungen jühien uns als lebendige Träger des Neuen. Ein Abweichen von den Wegen und Methoden christlicher Politik ist Sünde am Grundsay. Sünde am Bolt."

fraktion vom 17. Dezember und vom 11. Januar hin, in denen Die Resolution weist auf die Beschlüsse der Zentrums­die Beteiligung an einer Rechtstoalition unter einer Kanzler­schaft Luthers abgelehnt wurde, und fährt fort:

" Durch geschickte Manöver der DBP. ist es gelungen, den Weg für einen Rechtsblock freizumnachen. Der Führer Reichskanzler Marg ist das Opfer dieser politischen Umitellung geworden und wir fönnen

es niá, verstehen, daß gewiffe Teile unferer Partei ihn wie ehedem unferen Erzberger und Wirth verlassen haben... Wir glauben micht an die Männer dieses Kabinetts. Bürgerblod bedeutet Bolls.

paltung. Rechtsblock ist Rampf gegen bas arbeitende Bolt. Wir lehnen eine auf dieser Linie geführte Zentrumspolitik ab und können sie vor uns nicht verantworten."

die in ihr vorgebrachten Befürchtungen sind, zeigt jeder Tag. Die Resolution spricht eine flare Sprache. Wie begründet Am Freitag unternahmen Rechtsregierung, Deutchnationale und Volkspartei einen vom Geist brutalster Sozialreaktion getrage= nen Angriff auf die Unterstügung erwerbsloser Mütter. abend gab der deutschnationale Führer Graf We starp in der Rampf gegen das arbeitende Bolf! Am Sonn­Kreuzzeitung" die Erklärung ab, Ziel des Rechstkurses fei Bartei mit allen Mitteln. Voltsspaltung! die Ausschaltung und Berfemung der Sozialdemokratischen

Eine notwendige Richtigstellung. Durch die gesamte Rechtspresse ist in den legten Tagen eine groß Reichsbanner und Reichswehr in Königsberg i. Pr. aufgemachte Mitteilung von 3 usammenstößen zwischen am 18. Januar( Reichsgründungstag) gegangen. Kameraden des Reichsbanners follen anmarschierende Reichswehr mit Pfui- Rufen empfangen haben. Daraufhin hätte sich eine Rauferei entwickelt, bei der das Reichsbanner den fürzeren gezogen habe. Der Gau Ost preußen gibt jetzt folgende den Tatsachen entsprechende Muteilung: Den heterisch- verleumderischen Berichten" ist folgendes ent gegenzuhalten: Ein fleiner Trupp Reichsbannerleute etwa 60 bis - etwa 60 bis 70 Mann- tamen an dem fraglichen Tage nach planmäßiger Auf­lösung des Reichsbannerumzuges vom Paradeplag über den Schloß play mit eingerollten Fahnen, ihre Führer voran. Dort wurden sie in rohester Weise von Angehörigen rechtsrabitaler Berbände angerempelt. Die Reichsbannerführer ordneten, um eine Schlägerei zu vermeiden, den Abmarsch nach dem Schloß. Die Situation ist so far, wie sie es nur sein fann, berg an. In diesem Augenblick zog die Wachtkompagnie der repu Deutschnationale und Volkspartei wünschen Sozialreat on blitanischen Reichswehr auf, von Stahlheim und Wehrwolf und Niederknüppelung der Sozia demokratie. Ihr Instru mit Hurra begrüßt. Gegen dieses Hurra hatte das republika.ment ist das. Kabinett Luther. Wer das Kabinett Luker nische Reichsbanner nichts einzuwenden. Aber spontan wurde buldet, unterstügt damit den Kampf gegen das arbeitende aus der Mitte der Rechtsradikalen ein weiteres och auf Raiset Bolt und gegen die Sozialdemokratie. Eine Mittel­Wilhelm( in Holland ) ausgebracht, und auf dieses Hoch ant linie gibt es nicht mehr. Dem Zentrum bleibt nur worteten die Republikaner mit Pfui.Rufen. Die fich an noch die Wahl zwischen Rechtsblod oder Weimarer schließende Schlägerei, die von Reichsbannerseite wahrlich nicht Roalition. Im Reich wie in Preußen. Was die Ben­gesucht wurde, hat dann trotz der zahlenmäßigen Unterlegenheit der trumswähler von ihren Abgeordneten ermarten, zeigt die Bannerleute durchaus für die Gegenfeite übel geendet, wie die be. Haltung der rheinischen Berbände und der Bindthorst- Bünde. troffenen Behrwölfe zu bezeugen wissen werden... Das ist der Tatbestand, und die unerhörte Berdrehung dieses Tatbestandes ist ein erneuter Beweis für die Strupellosigkeit, mit der das Reichs banner in der Deffentlichkeit herabgesetzt werden soll."

Zu meinem großen Erstaunen begann hierauf die ganze Kirchengemeinde regelrecht zu applaudieren.

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Der Predigende fuhr fort: Wie alle wüßten, stehe man in­mitten einer Nachwahl, in der auch die Arbeiterschaft einen Kandi daten gestellt habe; diejenigen, die das Wahlrecht befäßen, müßten sich selbst ein Bild über die Fähigkeiten der verschiedenen Kandi baten machen, indem sie die Wahlversammlungen besuchten und denjenigen wählten, von dem fie glaubten, daß er sie am besten ver­treten würde. Nach feiner eigenen Meinung verdiente der Kandidat der Arbeiterpartei ihre Unterſtügung."

Der Geistliche fuhr dann fort: Herr Smillie ist heute unter uns, leider ist es aber gegen die Regel unserer Kirche, daß irgend jemand hier von der Kanzel herab spricht, der nicht einen runden Stragen trägt, wie ich hier einen anhabe.( Der runde Kragen, den der fatholische und anglikanische Geistliche auch auf der Straße trägt.) Leider habe ich feinen zweiten mitgenommen, und so tann ich zu meinem großen Leidwesen Herrn Smillie nicht bitten, hier auf die Kanzel zu kommen und zu euch zu predigen trotzdem id nur zu genau weiß, daß ihr gerne wissen möchtet, was er euch zu sagen hat. Aber wenn es auch gegen die Kirchenregel ist, daß Herr Smillie von hier herab predigt, weil wir feinen runden Kragen für ihn haben, so bin ich doch als Priester berechtigt, meine Ge­meinde zu fatechifieren, und so werde ich denn an Herrn Smillie einige Fragen stellen."

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Er ging dann dazu über, an mich einige Fragen über die fo­zialen Berhältnisse der Arbeiterklasse, über die Wohnungsfrage und über die Sozialisierung des Bergbaus zu ftellen. Dann fuhr er fort: Ich möchte gerne wissen, ob die von der Arbeiterschaft ge forderte Sozialisierung des Bergbaus nur für die Arbeiterschaft Borteile bringen wird, oder ob sie dem Wohle des gesamten Voltes dienen wird. Und nun, Herr Smillie habe ich im Sinne der Kirchen. regel diese Fragen an Sie gestellt. Kommen Sie also auf die Kanzel und beantworten Sie mir das Gefragte, gleichgültig, ob Sie fünf oder fünfzig Minuten dazu brauchen."

Er machte eine Verbeugung und verließ die Kanzel, sobald ich fie betrat. Ich sprach nun eine halbe Stunde fang zum verfammelten Bolt, das von Zeit zu Zeit Beifall flatschte und mir jo feine Be­friedigung über die Antworten zu erkennen gab, die ich dem Bikar auf seine Fragen gab.

Das war ein Geistlicher, der manche reiche Leute aus der Kirche herauspredigte, dafür aber um so mehr Arme in die Kirche hinein­predigte. Und manche der Hymnen, die von der Kongregation ge fungen wurden, waren sein eigenes Werf.

Die Moral der Geschichte ist allerdings, daß Geistliche ebenso wie wir übrigen Sterblichen dafür büßen müssen, wenn sie ihren Brinzipien treu bleiben. Dieser Vilar war gleichzeitig Militär, geistlicher für jenen Bezirk. Kaum waren wenige Wochen seit jenem Borfall begangen, so wurde er von diesem seinem Posten entlassen. Sein Verhalten gegenüber dem Arbeiterführer war zweifellos die Ursache dafür, daß er in Ungnade fiel. Wir haben uns seither oft wiedergesehen. Sein Name ist Cummings und ich achte und ehre ihn, wie wenige Menschen, denen ich begegnet bin.

Ich glaube und vertraue fest darauf, daß die Zeit fommen wird, mo der Sozialist aufhört, ein Paria zu sein; aber nichts auf Erden

hof in Wien bat auf Berufung der Staatsanwaltschaft die Etfe Straferhöhung für den Seipel- Affentäter. Der Dberfte Gerichts­für Jawuret von 31 Jabren auf 5 Jahre schweren Kerfere erföht.

ist eben so schwer auszurotten wie Vorurteil. Ich habe einmal eine Geschichte von einem Schloßwächter gelesen, der auf einem großen Schwarzen Roß ritt und durch seinen grauenvollen Anblick ringsum Furcht und Schreden verbreitete. In Wirklichkeit aber war er ein freundlicher, blonder Knabe. Ist nicht etwas Aehnliches mit dem grauenvollen Sozialdemokraten" der Fall, wenn man ihn aus dem Riesenharnisch herausschält, in den ihn das Vorurteil und die Phan­tafie feiner Mitbürger gefteckt hat?

Die Times" und das Kaiser- Wilhelms- Institut.

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Bekanntlich hat ein Berliner Times" Korrespondent im November feinem Blatte die aufsehenerregende Meldung gefandt, daß Deutschland , anstatt abzurüsten, eifrig beschäftigt sei, Borberei tungen zu treffen, um die Schreden des Krieges noch zu vermehren. Es bestehe ein großes Laboratorium in Verbindung mit dem Raiser- Wilhelms Institut, mit allen Einrichtungen der Neuzeit und viel Geld ausgestattet, in der Nähe von Berlin , und außerdem seien damit weitere Institute in ganz Deutschland ver­bunden, z. B. ein Gasforschungs- Institut in Hannover , welche fich mit der Entdeckung neuer Giftgafe u. dgl. beschäftigten. Einer der Direttoren des Raiser- Wilhelms- Instituts, Professor Freundlich, hat daraufhin öffentlich die Unwahrheit der Behauptuna betont, und die Erklärung ist durch die ganze deutsche Presse gegangen. Freundlich forderte den Times"-Vertreter auf, das Institut zu besuchen und fich von der Grundlosigkeit seiner unerhörten Beschuldigungen zu überzeugen. Bisher hat weder der Times"-Rorrespondent in Berlin dieser Aufforderung Folge geleistet, noch hat die Times" zu der Sache sich weiter geäußert.

fifche naturwissenschaftliche Zeitschrift Nature" zu der Frage In ihrer neuesten Nummer nimmt jetzt die hochangesehene eng Stellung. Nachdem sie die bekannten Borgänge, wie hier wieder­gegeben, furz retapitufiert hat, äußert fie sich folgendermaßen: Wir wissen natürlich nicht, aus welchem Grund die Times" es ablehnt, diese ganz bestimmte Ableugnung ihrer schweren Befchuldigungen abzudrucken, aber es scheint doch höchst wünschenswert, daß die Ein­ladung des Professors Freundlich zur Besichtigung angenommen werde und daß man die Ergebnisse des erbetenen Befuches in Groß­ britannien bekanntgebe. Man sollte unseren früheren Feinden jedes anständige Entgegenkommen zeigen, und wenn sich herausstellt, daß das große, unter Leitung Profeffer Habers stehende Institut voll­Ständig losgelöst ist von Arbeiten, die Kriegszweden dienen, so würde das für alle, die auf weitere Zeichen einer feelischen und wirtschaft. lichen Erneuerung Deutschlands warten, eine frohe Botschaft sein."

Ueber neuere Verfuchsergebnisse im Efenbau hält Dipl.- Ing. Rein am 26., 6, 11hr abends, einen Lichtbildervortrag im Söriaal 120 der Tehnischen Hochschule. Eintrittspreis für Studierende der Hoch­fchule 20 Pfennig. für Mitglieder der Deutschen Gesellschaft für Bau­ingenieurwesen 50 Pfennig, für Nichtmitglieder 1 Mart,

Der Ministerpräsident im Löwenfäfig. Mussolini , der farle Mann" Staliens, zeigte sich dieser Tage im Lowenkäfig. Er war nach dem 300­suchen, die ihm vor furzem von einem Verehrer geschenkt worden war. logismen Garten in Rom gelommen, um die kleine Löwin Italia " zu be Sobald talia den Diftator e: blidte, lief sie an die Tür des Käfigs und zeigte große Freude. Mussolini ließ den Käfig öffnen, ging hinein und lieb­koste die Löwin. Rasch hatte sich eine große Menge versammelt usw.