Nr. 42 42. Jahrgang
Die Perücke.
3. Beilage des Vorwärts
Endlich wieder einmal ein Film, der der deutschen Filmkunst Ehre macht, der von den Bahnen des Alltäglichen abweicht, fünftle rischen Ehrgeiz hat und die Phantafie entzündet! Der hervorragende Schauspielerregisseur Berthold Biertel hat ihn zusammen mit dem Operateur Lerski geschaffen. Die Berüde" erlebte in der Alhambra ihre Uraufführung und erzielte den wohlverdienten großen Erfolg. Die Haupthandlung ist in eine Vision verlegt, die von einer Rohmenhandlung eingeleitet und geschlossen wird. Ein fleiner Schreiber, ein alterndes schrullenhaftes Original, der in irgendeinem Hinterhause, das sehr lebendig vorgeführt wird, sein cinsames Dasein führt und in seiner Schreibstube von den Kollegen besonders wegen seiner Glaze zur Zielscheibe ihres Gefpötts gemacht wird, beschließt, diesem ein Ende zu machen. Er ersteht beim Friseur cine wunderbare Perücke, die ihm ein ganz anderes Aussehen verleiht und ihn zu einem respektablen würdigen Mann macht. Die Perücke hat einem Fürsten gehört, der irgendwie spurlos aus dem Leben verschwunden ist. Während der Schreiber die Perücke- vor feinem Spiegel probiert, schläft er ein und erlebt als Traum das Schicksal des Fürsten , dem einst die Perücke gehörte.
Der Fürst, der verschollen ist, fehrt nach langer Abwesenheit wieder in sein Schloß zurück. Er wird wie ein Gespenst empfangen, an dessen Wirklichkeit man nicht recht glaubt. Seine junge Frau hat sich längst einem jugendlichen Geliebten ergeben, dem Neffen des Fürsten . Schwere Konflikte steigen auf, der Fürst, dem allein ein alter Diener treu geblieben ist. wird stummer Zeuge eines bacchan tischen nächtlichen Gartenfestes. Im Schattenbilde sieht er, wie seine Frau ihm untreu wird. Er muß das Martyrium bis zum letzten durchkosten, daß das junge Leben über ihn hinweggestürmt ist und daß er wie ein unwillkommener Gast angeschaut wird. Die jungen Liebenden beschließen, als er ihre Festfreude stört, ihn unschädlich zu machen, entführen ihn nächtlicherweile in eine Irrenanstalt, wo ihm eine Zwangsjacke angelegt wird. Aber der treue Diener, den man zunächst unschädlich gemacht hatte, weiß die Fürstin, die von schweren Bisionen gepeinigt wird, umzustimmen. Der Fürst wird mieder heimgeholt, aber nach einem gewaltsamen Auftritt mit dem Liebhaber seiner Gattin räumt er der Jugend das Feld. Er entläßt die Liebenden und erschießt sich.
Der Schreiber erwacht aus seinen angstvollen Träumen, sieht verduzt die Perücke an, legt sie refigniert wieder in den Kasten und beschließt, zu bleiben, was er ist: ein armes fleines Schreiberlein. Berthold Viertel läßt die ganzen Vorgänge der Zwischenhandlung im Charlottenburger Schloß geschehen. Alles ist in Dämmer und Halbdunkel gerückt, und dadurch wird der phantastische Charakter gewahrt. Gleichzeitig entsteht so ein Drama des Halbdunkels. Dämmerige
Gänge, spärliche Kerzenbeleuchtung, durch Vorhänge eindringendes Licht, nächtliche Fackelbeleuchtung, alle diese Faktoren des Halbdunkels und Helldunfels werden, in ihren magischen Wirkungen erprobt und so ein geheimnisvoller Schimmer über das ganze gebreitet. Wunderbare Schattenwirkungen werden erzielt, ganz phantastisch und groß ist das Spiel der Schatten in Tanz und Umarmung des Liebespaares und in der gespenstischen Irrenhauszelle. Nicht alles ist flar.( Ist es der Traum des Schreibers oder hat eine Seelenwandeiung stattgefunden?) Nicht alles ist gestrafft und geglückt. Aber das, was der Kunstfilm auf seinem eigensten Gebiete leisten kann, ist als Ziel vortrefflich erfannt und in Szene gesetzt. Als Darsteller maren Otto Jebühr und Jenny Hasselquist hinzugezogen. Otto Gebühr entwidelte als Schreiber ein höchst bewegliches Mienenspiel und er wählte dann als Fürst den seriösen, gütigen aber auch etwas starren Typ, den wir schon von seinem Fridericus Reg her kennen. Er hatte wundervolle Momente, besonders des beseelten Augenausdruckes. Das junge lockende, lebensfreudige Blut war durch Jenny Hassel. quist finnenfroh verkörpert. Sie hatte einen schönen Rhythmus der bewegten Linie. Henry Stuart , ihr Geliebter, setzte prächtige förperliche Qualitäten ins Spiel. Ein rührendes Bild treuer Hingabe bot der alte Diener Karl Platens.
Die Filme der Woche.
D.
Einen rechten Publikumserfolg hatte der in der Schauburg auf Geführte Film der Münchener Lichtspielkunst„ Aus der Jugendzeit flingt ein Lied Mar Ferner hat es verstanden, ein Spiel ven Liebe und Leid zusammenzustellen, das die Herzen rührt und die durch widrige Schicksale getrennten Jugendgeliebten schließlich dech zum beseligenden Bunde führt. Wirkungsvolle Musik und Ge fung unterstützt die Handlung und steigert die schon durch das Bild gegebene Stimmung. Der Regisseur Franz Osten segt alles in vor. trefflich geratene Bilder um, weiß die Handlung gefchickt zu steigern und hat auch das richtige Menschenmaterial herangezogen. Sehr fimmungsvoll hebt der Film an. Der junge Goldschmied Jurgen Asmussen fommt nach fünfjähriger Wanderzeit wieder heim in die Läterliche Schusterwerkstatt, von Heimweh getrieben. Die Erinne rungen seiner Jugend werden wieder wach in ihm, die Bilder ciner glücklichen Rinderspielzeit fteigen vor ihm auf. Er spielt wieder mit Klein- Anne, der Tochter des Müllers, er lebt noch einmal das erste Regen der Liebe und dann das große Leid, als der gräfliche Rebenbuhler sie ihm verführt und seine ganzen Hoffnungen zertrümmert. Der junge Graf freilich wird selber zum Opfer, als er Anne aus der brennenden Mühle retten will. Ihr Vater hat, um
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sich zu rächen, das Schloß des Grafen angesteckt, aber der Inhalt ber brennenden Benzinfässer ergießt sich in den Bach und entzündet die Mühle. Alles das zieht vor den Augen des Heimgefehrten wieder vorüber, aber seine Liebe zu Anne ist nicht ec loschen. Er wird sie heimführen und das Lied aus der Jugendzeit Wirklichkeit werden lassen.
Maria Minzenti , die bekannte Ballerina der Wiener Staatsoper, die zur Uraufführung erschienen war und ihre vollendete Kunst als Tänzerin im Beiprogramm im Walzer bewährte, ist die richtige jugendliche Geliebte, wie die jungen Mädchen sie sich tiäumen: frisch, anmutig und ausdrucksvoll. Ihr Partner at my long- Münz war ihrer in jeder Weise würdig, auch die onderen Figuren waren gut befeht. Besonders ist der Schuster des Ferdinand Martini hervorzuheben, der auch brillante fomische Wirkungen erzielte. Bon entzückender Natürlichkeit waren die kindlichen Darsteller, die auch in natura erschienen. Die ariftokratische Welt war durch Manfred Koempel und Lilian Gray respektabel vertreten.
U
Geschiedene Frauen" ist der Typus cines amerikanischen Filmes unbestimmbaren Alters, der in feiner Weise, außer vielleicht in seiner Billigkeit, Ansprüche auf eine Uraufführung in einem Berliner Premierentheater hat. Sein Schicksal in Ufa Theater am Kurfürstendamm bewies denn auch, daß unser Publikum von dieser Art Import genug hat. Die Personen sind in diesem Filmdrama nach ältestem Schema schwarz oder weiß: Unschulds lämmer oder Teufel. Insbesondere wird die geschiedene Frau, die einen braven, jungen, plöglich zu Reichtum gefonunenen Ingenieur seiner treu ergebenen, fameradschaftlich mitarbeitenden Frau abspenstig macht, als ein Ausbund von Schlechtigkeit und Raffinement hingestellt. Ein ganz arger Böswicht ist der Kompagnon des Ingenieurs, der bewußte reiche Mann, der die geschiedene Frau zu diesem Streich aufwiegelt, um so selber die Frau seines Partners verführen zu können. Das Ganze endigt mit einer großen Knallszene. Der Verführer wird von seinem Sekretär, dessen Frau er gleichfalls auf dem Gewissen hat, erschossen, die getrennten Che satten finden sich wieder, und das Spiel ist aus. In die Kolportagehandlung sind als Ruhepunkte ein paar luguriöse Szenen gesezt. Das Netteste ist eine Fahrt auf einem Privatdampfer. Von den Darstellern gewinnen Grace Darmond , die treue reine Frau, und Raby Miller, die verführerische geschiedene Frau, ein gewisses Interesse.
Ein deutscher Film, der auch keine großen fünsterischen Ansprüche stellt, aber den Vorzug einer ununterbrochenen Spannung und sicheren Rhythmus hat, ist der Eichberg- Film„ Die Motorbraut ( Marmorhaus). Die Handlung ist etwas wild und unwahr. fcheinlich. Eine Fabrikantentochter, die mit einem Manne ihrer Klasse verlobt ist, hat den Ehrgeiz der Selbständigkeit und des eigenen Lebens. Sie arbeitet an einem Motor, der neue Wege weisen soll. Auf einem Autoausflug, den sie allein unternimmt,
UND
JACK MYLONG MUNZ KOMMEN
ZU DER URAUFFÜHRUNG DES FILMS DER MUNCHENER LICHTSPIELKUNST A. G. AUS DER JUGENDZEIT KLINGT EIN LIED..
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BAYER
FILMS
FILMS
Sonntag, 25. Januar 1925
rettet sie einen entsprungenen Zuchthäusler vor seinen Verfolgern, bringt ihn bei einem Arbeiter ihres Werkes unter und sichert ihm eine Stellung in der Fabrik ihres Vaters. Der Zuchthäusler ist fein gemeiner Verbrcher. Er hat in der Leidenschaft einen jungen Dann schwer verwundet, der seiner Schwester nachstellte. Et vollendet den Motor der Erfinderin, die ihr Mitleid für den Verfolgten cllmählich in innere Teilnahme und Liebe verwandelt. Der neue Motor wird auf einem Motorbootrenner erprobt. Ein sensationeller Brand beendigt die Regatta; aber die beiden Erfinder kommen glücklich davon. Der Zuchthäusler rettet seiner Herrin das Leben, muß aber sogleich fliehen, da die Polizei auf seine Spuren gehez! ist. Er verschwindet aus dem Leben der Frau, die schließlich eine Stüge in dem ersten Verlobten findet. Aber der Verschollene kehrt nach Jahr und Tag zurück, und die Frau steht zwischen beiden Mannern. Durch eine Art Lotteriespiel soll entschieden werden, wem sie gehören soll. Sie fällt dem Zuchthäusler zu, und der andere will sich einsam aus dem Leben stehlen durch einen Absturz( dieser Aft spielt in den Schweizer Bergen). Aber der Sieger sieht, daß ihre Liebe dem anderen gehört, er rettet im letzten Augenblick den Todeskandidaten und stürzt sich selber in den Abgrund. Die Heldin ist Lee Parry . Sie ist ein forsche:, unternehmungsluftiges Mädchen, eine vortreffliche Sportlerin und sieht immer vortrefflich aus. Im Ausdruck seelischer Hochspannung versagt fie freilich noch, aber in diesem Film ist das nicht entscheidend; es ist mehr ein Sports und Sensations- denn ein Seelenfilm, der besonders allen sportlich Interessierten mancherlei Genüsse bietet.
I.
Der Amerikaner verlangt scheinbar nicht nach den Filmdar. ftellern ganz großen Formats, er ist befriedigt, wenn jeder seine eigene Note hat. Er freut sich über die Plattfüße des einen, die fautschufartige Gelentigkeit des anderen, er ist frohgelaunt, menn Baby Peppy große, erstaunte Augen macht, Jackie lächelt und Tom Mig mit Lasso und Revolver umzugehen versteht. Es ist ein Züchten con Spezialitäten.
So erleben wir in Der Bon von Flandern "( UT. Nol lendorfplatz) wieder die Geschichte von dem armen Kinde, dem es endlich gut ergeht, weil Jadie Coogan die Hauptrolle spielt. Diese ist ihm filmficher auf den Leib geschrieben, so daß jede Szene der regsten, um nicht zu sagen der innigften Anteilnahme gewiß ist. Man sieht Jackie in der für ihn recht fleidsamen holländischen Tracht, mit den großen Holzschuhen und den langen Hosen. Oft spielt er schon etwas recht bewußt, aber es bleibt dennoch so viel unbewußt wirkendes übrig, daß man die Freude an dem Kinde behält. Wie nett ist Jackie, wenn er, als Glanznummer einer Kindergeburtstagsgesellschaft, in Mädchenkleidern mit seinem Rivalen liebäugelt, ihn fnufft und pufft oder tanzt und tanzt, bis die ver ratenden Hosen unterm Rock zum Vorschein kommen. Außer Jackie fieht man noch andere, recht gut spielende Kinder. Ferner hat man an einem prächtigen Hund seine Freude. Der deutsche Text, der u. a. die zeitgemäße Anfrage bringt:" Petrus , tommen Hausbesizer auch in den Himmel?", schlägt leider manches tot.
Damit das Publikum Tom Mir in gewohnten Heldentaten bewundern kann, beehrt sich Fox, Wölfe in tief verschneiten Gegenden drehen zu lassen. Der Film bekam den Titel„ Unter den Wölfen von Alaska ". Er wurde im früheren Bafag- Theater aufgeführt, das jegt og im Palmenhaus" heißt. Der Film ist start getürzt, Tom Mir bekommt aber auch dort unten in der tiefsten Wildnis, obwohl er fälschlich des Mordes verdächtigt wird, leine Goldmine und fein Mädel. Mit hervorragend guten Landschaftsbildern umrahmte man die beiden Sensationen, eine Fahrt durch Stromschnellen und einen Ringkampf mit Wölfen. Erstklassige Varieté nummern werden als Beiprogramm geboten. Das erinnert an die allerersten Anfänge des Films, wo er auch nur als Nachspeise eines Barieté programms serviert wurde.
Die Amerikaner unterbieten sich im Film„ Die Probierdame" ( Tauenzien- Balast). Dieser grobe Unfug wird ein Film Melodrama genannt. Es ist ein wüftes Durcheinander von Unwahrscheinlichkeiten und Brutalitäten. Schlaganfälle, Entführungen, Mordversuche, Verfolgungen und dergleichen Ergöglichkeiten mehr wechseln miteinander ab. Aber die Millionenerbin erhält ihr Vermögen und ihre Mama, wenn sie auch eine Zeitlang zu unserer Augenweide als fabelhaft schöne Probierdame ging.
Filmnotizen.
e. b.
Der Flug um den Erdball", der neue Ellen- Richter- Film, deffen Aufnahmen auf einer Expedition nach Dftafien ausgeführt wurden, gelangt Mitte Februar im UT., Surfürstendamm, zur Aufführung.
Die Deutiche Vereins- Film A... wird ihren For Film, Tom Mig, der Damenfreund" im Theater Filmed", Stalizer Str. 94, als Uraufführung starten laffen. Gleichzeitig läuft der Film in zwanzig nam haften Berliner Theatern.
Friedrich 8eInit hat im Rahmen der Phoebus- Produktion die Aufnabmen zu feinem neuen Großfilm, Athleten nach dem Roman von Dlga Bohlbrüd beendet. Die weibliche Hauptrolle spielt Asta Nielsen .
Die Kulturabteilung des Universum- Films plant für Anfang März eine zweite Einatter Presseborführung, die ein ausgewähltes Borführungsprogramm enthalten wird.
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Die Export- Film- Bertrieb G. m. b. H., die unter der Regie von Fris Staufmann die Soldatentragödie Reveille das große Beden herstellt, hat für die Hauptrolle Berner Strauß verpflichtet.
9
Einen großen Erfolg hatte der Nibelungen Film bei feiner Uraufführung in Etodholm. Der Film wurde mit großer Begeisterung aufgenommen, und die Presse begrüßte den Film als eine neue große Tat. Das„ Svenska Dagbladet" spricht von einer glänzenden Filmschöpfung.
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