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,VJ stellen berechtigt ist. Die Verteidiger Kraners bemühten sich, diese gute Meinung zu erschüttern. Sie stellten unter das Zeugnis des Herrn Bewersdorff, daß er in seinem früheren Wirkungskreise Kottbus als die erste politische Aufgabe der Gegenwart bezeichnet habe,den Sattlergesellen da oben" baldmöglichst von seinem Posten verschwinden zu lassen und durch Herrn Ludendorff zu ersetzen, und daß er ferner nach dem Urteil sich von seinen Kottbuscr Gesinnungsgenossen als denSieger von Magdeburg  " habe beglückwünschen und feiern lassen. Die Verteidigung folgert- aus diesen Bor- gängen, daß Herr Bewersdorff an der Findung des Urteils in einer Sache nicht hätte mitwirken dürfen, in der der An- geklagte auf die Erreichung des Herrn Bewersdorff so sympathischen Zieles der Entfernung des Reichspräsidenten von seinem Amte hinarbeitete. Herr Bewersdorff bewies ein bedauernswert schlechtes Gedächtnis, indem er zu dem ersten Vunkt als Nebenkläger erklärte, mangels näherer Angaben könne er sich über die Behauptung der Verteidigung nicht äußern: M dem zweiten Punkt gebe er überhaupt keine Er» klärung ab. Das Gericht ersparte ihm die Peinlichkeit einer eidlichen Zeugenvernehmung, indem es den Beweis- antrag der Verteidigung ablehnte! Nun waren alle Hindernisse, die der für fein Recht kämpfende Angeklagte seiner Verurteilung entgegenstellte, be» seitlgt, und der für die Ehre und das Ansehen der Republik  und der deutschen   Justiz eintretende republikanische Richter konnte unter dem Vorsitz eines m a n a r ch i st i» s ch e n Richters wegen Beleidigung zweier seiner monarchisti» schen Kollegen zu einer Geldstrafe verurteilt werden, die die von dem Vertreter der Anklogebehörde in Antrag ge» rächte um das Dreifache übertrifft. Kroner konnte aber den Gerichtssoal erhobenen Hauptes verlassen. Das Urteil bedeutet eine neue Wunde, aber nicht für den Ver­urteilten, fondern für das deutsche Gerichtswesen! Sewersüorff/Kroner. Ter Republikaner zu SO«« M. Geldstrafe verurteilt. In dem Bcleidigungsprozefj gegen den Vorsitzenden des Re- publikanifchen Richterbundes. Landgenchtsdirektor Kroner. wegen Beleidigung der Magdeburger   Ebert. Richter, lehnte dos Gericht den Bertagungsantrog ab. über den wir im Abendblatt   berichtet haben. (?s komme nicht auf die Gründe des Magdeburger  Urteils an, sondern man kann sogar dem Angeklagten unter. itellen, daß er damals der lkberzeugung war. die Gründe des Urteils a«g«n Rothordt seien unzutreffend gewesen. R.-A. S ch a p e r: Es könnte das Gefühl aufkommen, als wenn sich die Schöffen, die damals zu dem Magdeburger   Gericht gehörten, durch den Artikel des Angskragten nicht beleidigt fühlten. Das ist jedoch nicht der Fall: ich habe vielmehr den Auftrog, den Beklagten zu fragen, ob er auch die Schössen mit seinem Artikel beleidigen wollte. Landgerichtsrat K r o n e r: Mir log es fern, die Laienrichter zu treffen. Die Sache richtete sich mehr gegen die Berufsrichter. Das Gericht beschloß ferner, die Gründe des Magdeburger   Urteils nicht zur Verlesung zu bringen, da sie für den vorliegenden Fall unerheblich seien. R.-A. Dr. Landsberg: Durch die Presse und durch die Anfrage des demokratiichen Abgeordneten Riedel ist bekannt geworden, Herr Landgerichtsdirektor Bewersdorss habe noch zur Zell   seiner Richtertätigkeit in Kottbus e r k l a r t, der einzig mögliche Reichs- Präsident sei Ludendorff  , und der Sattlergeselle Ebert müsse so bald wie möglich verschwinden. Ich bitte, Herrn Bewers» dorff über diese Angelegenheit hier als Zeugen zu hören. Weiter ist uns bekannt geworden, daß Herr Bewersdorff nach dem Urteil in Magdeburg  sich als den Sieg« von Magdeburg Hot feiern lassen. daß er Glückwünsche entgegengenommen hat und daß er es nicht für notwendig befunden Hot, diese Glückwünsch« zu seinem Urteil zurück» zuweisen. Bors.: Es ist Ihnen doch wohl bekannt. Herr Rechtsanwatt, daß Herr Landgerichtsdirektor Bewersdorff d i e n st l i ch dem Justiz« Ministerium erklärt hat, er könne sich aus eine Bemerkung, wie sie hm von dem Abgeordneten Riedel vorgeworfen wurde, nicht«nt> Innen.
Gester«, Heute, Morgen. Sonzerkumschau von Kurt Singer  . Als Erich Kleiber   die Konzert« der Staatsopernkapellc über. nahm, wollte man wissen, daß er mit ungeheurer Energie, die ihn ja gewiß ziert, mit dem konservativen Einschlag der Konzert- Programme endgültig brechen werde. Ab und zu nahm«r einen Anlauf, doch sank er jedesmal wieder in den alten Mechanismus zurück. Dabei ist«r doch selbst so voller Impuls, so angefüllt mit musikantischer Sehnsucht und letzten Endes so differenziert nervös, daß es ihn unbedingt nach neuem gelüsten muß. Zudem hat er, wie kein anderer Kapellmeister in Berlin  , die Möglichkeit, durch ge- naueste Vorarbeit auch schwierigste und problematischst- Werke der Deffentttchkeit in vollendeter Form vorzustellen. Mag fein, daß ihm in seinem ersten Konzertjohr, das vielleicht das erste seines ganzen Lebens ist, baß ihm unter der verantwortungsvollen Lost der künst- lerischsn Opernleitung bisher noch die Sammlung und Ruhe gefehlt hat, in die Programme der Staatsopernkapelle Richtung. Stil und Ziel zu oerweben: fest steht, daß die Gesamtauffrifchung des Berliner  Durchschnittsmusizierens, was den Inhatt, nicht was die Leistung anbelangt, durch Kleiber bisher nicht erfolgt ist. Trotzdem glauben wir an feinen Willen, wie uns fein Können immer wieder über Vorbehalte hinweg zu ihm hingetrieben hat. Im letzten Konzert gab es allerdings auch eine Uraufführung, wenn auch eine von vor-, gestern. Die Bogriffe Gestern, Heute und Morgen sind ja in der Musik etwas sehr Relatives. Ein Werk, wie etwa derBoris Godounow", der in den Stzcr Jahren geschrieben wurde, ist ent- schieden Musik von Heute und Morgen, und manches als futuristisch imponierende Stück etwa von Straoinski ist trotz aller modernen Zutaten ein Sttick von Vorvorgestern. Die S-renade G-Dur von Reznicek. die Kleiber«rstaustührt«. ist im Jahre 1903, ihrem Entstehungsjahr, schon 50 Jahre alt gewesen. Es ist fein und sachlich geschrieben« Unterhaltungsmusik höchsten Formats, die sich anlehnt an die Suiten alter Meister. Das fünffätzige Wert fdefstn Walzer ausgelassen winde) klingt sehr durchsichtig und verbindet in seiner Kontrapunktik den Reiz des Antiquierien mit der Blässe des oft Dagewesenen. Di« Erfindung ist nicht sehr stark; eigentlich hört man ein« gut gefaßte Thematik erst in dem Augenblick, wo der Türkische Marsch aus denRuinen von Athen" zitiert wird. Von einem so illustren Streichkörper wie dem der Staat so per exekutiert, hatte das Werk unter der sehr schmiegsamen Leitung Kleibers   stärkeren Erfolg als die sinfonisch« DichtungSchlemihl", die in ihrer Strauß- Abhängigkeit heute wohl auch von Reznicek nicht mehr voll ge> uommen werden dürfte. Fritz Goldschmidt leitete sein drittes Konzert mit dem Philharmonischen Orchester. Auch diesmal bewährte er sich alz ein sehr geschickter Dirigent, vorläufig ohne besondere Kennzeichen einer überragenden Begabung. Das Meistersingervorspiel, ein Idealwerk von Gestern, Heute und Morgen, also von Ewigkeit zu Ewigkeit, litt unter dem Versuch, möglichst viel Abwechslung in die Zeitmaße hineinzutraHen. So ging die Stufung verloren,"und während der Anfang wirklich meistersingerhast, in heroischem, kräftigem Puls in uns hineinklang, stahl sich das allzu breit und pastos gebrachte Ende wieder schnell aus unserem Gedächtnis heraus. Dieses Vorspiel
R.-A. Landsberg: Man weiß, wie solche Dinge den Bs- Hörden gegenüber gehandhabt werden. Ich ziele deshalb auf eid­liche Vernehmung des Herrn Vewersdorff hin. Gleichzeitig über- -eiche ich dem Gericht eine Aufzeichnung, die von meinem dama- ligen Mitoerteidiger Wolfgang Heine   und von mir stammt, und aus der die Voreingenommenheit des Landgerichtsdirektars Bewersdorff im Magdeburger   Prozeß deutlich hervorgeht. R.-A. Roth: Dem Abgeordneten Riedel ist nur auf eine An- frage hin die Antwort ertellt worden, daß dem preußischen Justiz- Ministerium von der fraglichen Aeußerung des Herrn Bewersdorff in K g t t b u s nichts bekannt sei. Der Amtliche Preußische Presic- dienst ist dagegen in der Lage gewesen, über diese Sache eine sehr lange Darstellung zu geben. Es bedarf noch der Aufklärung, wie der Amtliche Preußische Presiedienst hier Mitteilungen der Presse zuleiten konnte, die den Tatsachen nicht entsprechen. Generalswatsanwatt Lindow  : Das alles geht ins Ufer« los«. Wichtig für dos Gericht ist doch lediglich die Meinung, die Herr Kroner hatte, als er den Artikel schrieb. Herr Kroner hatte damals noch keine Ahnung, daß die llnpartellichkest des Herrn Bewersdorff angezweifett werden könne und auch von der angeblichen Kottbuscr Aeußerung konnte ihm nicht» be» könnt sein. R.-A. Dr. L a n d s b e r g: Es muß dem Beklagten ab« ge- stattet werden, hier den Beweis dafür zu führen, daß Herr Bewers- dorff tatsächlich voreingenommen gewesen ist. Der Le- Nagte hat das Recht, hierüber Beweisführung zu verlangen. R.-A. Roth: Herr Bewersdorff hätte sich damals selbst schon in dem Prozeß des Reichspräsidenten gegen Rothardt als be- fangen ablehnen müsien. R.-A. Bock: Wir haben die Vernehmung des Landgerichrs- direktars Bewersdorff nicht zu fürchten. Landgerichtsdirektor Bewersdorff: Ich lege Wert darauf, hier öffentlich zu der Anfrage Riedel Stellung zu nehmen. Alles. was darüber in der Presse verbrettet ist, trifft nicht zu. Man hat den ersten Satz meiner Antwort in dem Justizministerium sortgelassen. Ich habe folgendes erklärt:.Mangels näh«« An­gaben über Zeit. Ort und Veranlassung kann ich mich nicht ent- sinnen ustv...." Das ist etwas ganz anderes, als mir immer vorgehalten wird. Wenn Herr Riedel nähere Angaben macht, dann werde ich mich gern äußern. Der Justizminister hat aus die Int«- pellation nur mit einem Satz geantwortet, weil er auch nur ge- fragt wurde, ob vor meiner Ernennung zum Landgerichtsdirektor von diesen Aeußerungen dem Ministerium etwas bekannt gewesen sei. Es war dem Ministerium von solchen Denunziationen eben nichts bekannt. Im übrigen hat in dem Prozeß gegen Rothardt Rechtsanwatt Landsberg noch der Vernehmung des.Leichenmüller" mir tatsächlich den Vorwurf mangelnd« Obsektlottäl gemacht. Ein solcher Vorwurf war unerhört und ist auch als unerhört dem Schöffengericht und mir gegenüber von vielen Richtern bezeichnet worden. R.-A. Landsberg: Ob dieser Vorwurf unerhört war, dar- über haben Sie, Herr Nebenkläger, nicht zu entscheiden. Ich will an dieser Stelle auch nicht näher erörtern, ob die Art, wie Sie den Prozeß gegen Rothardt geführt haben, unerhört war. obgleich ich den nötigen Anlaß dazu hätte. Ich habe mich lediglich vor der A n w a l t s k a m ni e r z» verantworten. Wenn Sie glauben, daß ich die Grenzen überschritten habe, dann ergreifen Sie gegen mich doch die nötigen Schritte. Im übrigen bestehe ich nun noch mehr ouf der Vernehmung des Landgsrichtsdircktors Bewersdorif. Hätte ich einmal-ine derartige Aeußerung getan:Der Sattler. geselle da oben muß verschwinden", dann würde ich wich auch ohne nähere Angaben daraus besinnen. Landgerichtsdirektor K r o n e r: Ich möchte nur noch betonen, baß das Maß des E h r e n s ch u tz e s, ouf das ein Richter An- spruch hat, natürlich davon abhängt, ob es sich um«inen unantaft- baren Richter oder um einen handelt, gegen den mit Recht Angriffe erhoben werden. Nach kurzer Beratung lehnte das Gericht die gestellten Beweis- onträge als unerheblich ab, worauf Ecneraiftaatsanwall Lindow das Wort zu seinem Plädoyer ergriff. Er beantragte eine Geld» straf« oon 1000 M. oder SO Tage Gefängnis. Der Pertreter des Nebenklägers, Dtahlhelmrschtsan» wolt Schaper-Magdeburz, forderte gar Gefängnisstrafe! Als Verteidiger des Angeklagten besprach R.-A. Otto Lands- berg kurz die Widersprüche des Magdeburger   Urteils und fuhr dann' fort: Wcnn durch das Magdeburger Urteil der Ehr« des deutschen   Volkes und des deutschen   Namens im Auslande Abtrag geschehen ist, so ist das die Schuld des Magdeburger G e- r i ch t s, das Deuischland draußen in der Welt als den Gegen- satz eines Rechtsstaates erscheinen ließ. Der Angeklagte
ist viel einfacher, als sich Herr Goidschnridt da« henkt. Wer sein« Plastik und seine Form erkannt hat, dürste nicht so abseitig dirigieren. Der große Erfolg des Abends war Gregor Piatigorsti. Man sagt wohl olles, und dennoch nicht zuviel, wenn man diesen Solo- Cellisten des Philharmonischen Orchesters den Kreisler der Kniegeige nennt. Sein Ton erinnert an den von Pablo Cosals, feine Technik ist so virtuos, gelenkig, spielend, wie man es ükwrhaupt nur sonst bei Geigern findet. Widerstände des Instrument» oder der Hand gibt es nicht für ihn, und fem Gesang ist oon so unerhörter Schönheit, sein Vibrato so männlich durchdringend, daß man von ihm nur in Superlativen der B-egeistcrunq sprechen kann. Er erwies fein« Künsth'rschaft im H-Moll-Konzert oon Dvorak. M usik oon Heute" nannte Felix Günther einen musikalischen Abend, der erweisen sollte, daß"moderne Kunst ohne die Fesseln der Atonalitttt wirksam sein kann. Da eine Programm- Umstellung geschaffen war. so entgingen mir die vielgerühmtcn Lieder von Werner Wolsf. Die Gesänge oon Ciwara und Rejpighi, von Lotte Leonard inbrünstig dargeboten, waren allerdings Ableger von Gestern, zum Teil sehr peinlich an Puccini anklingend. Günther durfte einen Teil des Erfolges der sehr eingängigen Werke auch auf seine feinfühlige Begleitung setzen. Der Name Tans, mann begegnete uns zum ersten Male im Kammermusikabend des Roth-Quartetts. Ein Streichquartett von Mozart er- klang unter den Fingern dieser auf Moderne» eingeschworenen Musiker wie eine Neugeburt. Dies« Herren haben das spritzige Temperament und den Sinn für Gesangliches, der, auch bei Tempo- Übertreibungen, Mozart ewig jung erscheinen läßt. Das urauf- geführte 2. Streichquartett des genannten Tansmann ist schal. arm an eigenem Ausdruck, geschickt im Satz, klanglich ein wenig interessierender Nachkomme von Debussy   Zwei Klavierspieler ließen aufhorchen. Zu Edwin Fischer   zog es eine große Monge in einen längst ausverkauften Beethovsnsaal. Fischer hatte seinen ganz großen Tag, und er machte ihn besonders reizvoll dadurch, daß er vom Klavier aus(beim Vortrag des 1. Konzerts von Beethoven  , des 7. von Bach und des 9. von Mozart  ) das Philharmonische Orchester dirigierte. Daß er in Vorspielen und Zwischenspielen zu . der Last des Spiclens auch noch die des Zeichengebens aus sich nahm, ist Beweis dafür, daß er die Werke ganz nach fernem Stil- aefühl zu gestalten wünschte. Das gelang ausgezeichnet. Ob dos Taktieren mit dem Kopf während des Spiels für die Dauer nicht allzu anstrengend ist, dürfte in Frage gestellt bleib«,,. Aber auch die andere Frage taucht auf. ob bei Begleitkonzecten, wenn man ein Philharmomsches Orchester zu Gebote hat, der Dirigent wirklich noch die starke Position besitzt, die ihm im allgemeinen«ingeräumt wird Es war ein Hand-in-Hand-Gehen zwischen Solist und Orchester, wie es auch bei fremder Taktierung nicht sachlicher, nicht nuancierter, nicht seiner gemacht werden konnte. So blieb nur di« kotette Art der Kadenzen zu beanstanden, die allerdings in der Fischerschen Manier sehr delikat einen Kontrast zu o:m mozart- ähnlichen jungen Beethoven   bildeten. Der zweite auserwählte Pianist ist Wilhelm K e m p f s. Dieser junge Mann spiett geniehaft. Es scheint zuweilen, als gehe ihn das Instrument gar nichts an, und als bedeute das Werk, dos er interpretiert, ihm alles. Er macht Musik, scheinbar gairz für sich, ebenso verwegen wie selbständig, ebenso ernst wie amüsant.
hat unter dem frischen Eindruck des Urteils den Artikel geschrieben, der objektiv sicherlich beleidigend ist. Aber es fragt sich doch, ab ihm nicht§ 193 zur Seite stand. Der Generalstaat-anwatt hat dem Angeklagten das Recht der Kritik ohne weiteres zuerkannt. Die Vorstellung, die den Angeklagten zu serner ljandlungsweise veranlaßt«, war die, daß da» höchste Gut des Volkes ang-kastek war. In diesem Falle, in dem die höchsten Ideale de» Volke» auf d-nr Spiel standen, hatte der Angeklagte da» Recht, in dem Arteil eine Herausforderung der Republik   zu«blicken, der sein Herz nun einmal gehört. Jeder Schriftsteller und Künstler muß sich eine Kritik an seinem Wert gefallen lassen und dem Kritiker steht das Recht des§ 193 zur Seite. Dadurch will ich nicht gesagt haben, daß das Urteil des Magdeburger   Schöffengerichts etwa eins wissenschaftlich« oder künstlerische Arbeit gewesen ist. (Heiterkeit im ganzen Saal.) Jeder Bürg« muß das Recht haben. Kritik zu üben an der Rechtsprechung, schon aus-dem Grunde, weil das Volk ja immer mehr zur Rechtsprechung herangezogen wird. In einem demokratischen Staate muß der Bürg« auch das Recht haben, an der Justiz tadelnde Kritik zu üben. Dos Gericht ha- bi« zu prüfen, ob die Beleidigungen in dem Artikel lediglich formaler Natur sind, oder ob der ganze Inhall beleidigend ist. D-r Angeklagte hatte den Eindruck, daß das Magdeburger   Arieil von Parteipolikik gelragen war. daß die Richter eine bestimmt g e- färbte Brille auf hatten und daß sie sich mit dem neuen System nicht befreunden konnten. Die Magdeburger   Richter haben es nicht verstanden, daß einem Menschen nm so höhere An«kennu»g zn zollen ist, wenn et au» der Tiefe in die höchsten höhen steig», als wenn dies einem Mann gelingt, der durch Geburt und Er- Ziehung besondere Chancen besitzt. Der Angeklagt« hat sich mit hohem Mute auch heute wieder zu seinen Worten bekanM. Er wehrt« einen Angriff auf die höchsten Güter der Nation ab. Der Angeklagte wußte, daß man ihm nach dieser Stellungnahme ins Gefangnis zu bringen, versuchen werde, daß, wie das Urteil auch immer ausgehe, seine Existenz vernichtet sei. Gleichwohl wagte er es. in den Abgrund zu springen, der ihn verschlingen mußte. Landgerichtsdirektor K r o n« r sagte im Schlußwort: E» ist richtig, daß bei der Niederschrift des Artikels mir die Personen der Magdeburger   Richter und meine eigene Person ganz neben, sächlich waren. Ich habe mich nur als das Instrument gefühlt. Ich habe es als meine Aufgabe betrachtet, für die höchsten Belange von Volk und Vaterland und besrnbers auch des Richtertums einzutreten. Deshalb glaube ich, auch für mich meine Freisprechung beantragen zu dürfen. Das Urteil. Nach längerer Beratung verkündete der Vorsitzende folgendes Urteil: Was die angeblichen Aeußerungen des Landgerichtsdirektors Bewersdorff in Kottbus anbetreftcn, so mögen sie wahr o d e r s o l s ch s e i n. In der Urtellssindung in der vorliegenden Sache können sie überhaupt nicht in Betracht kommen. Gegen de» Landgerichtsrat Schultz log nach dieser Richtung überhaupt nichts vor. Das Gericht hat ausführlich die Motive geprüft, die den Angeklagten zu seiner Handlung veranlaßten. So hat das Gericht angenommen, daß der Angeklagte im Affekt gehandelt hat, hin­gerissen von politischer Leidenschast, und es hat ihn deshalb zu einer Geldstrafe von 3090 Mark oder je«inen Tag Hast für je 60 M verurteilt. Den Nebenklägern wird die Genehmigung der Veröffentlichung des Urteils in der Vossischen Zeitung", derDeutschen Richter-estung" und der Magdeburger Zeitung" erteilt.
Kredite für die kleinen Küstenfische?. Ein sozialdemokratischer Antrag. Die sozialdemokratiiche ReickSiagSsraktion hat zugunsten der kleinen Küstensucher folgenden Antrag gestellt: Der Reichstag wolle beschließen, die Reichsregierung zu«fuil en 1. im Hinblick auf die außerordentliche Rotlag« der Küsten- fiicherei, ganz besonders der Kleinbetriebe, größere Kredite auf lange Frist zu einem niedrigen Zinsuß den Kleinbetrieben zu gewähren und für diesen Zweck ReichSmittel bereitzustellen: 2. bei der Durchführung dieser Maßnahmen und bei der Gr« Währung der Kredite im einzelnen den ReichSverband der deutschen   See- und Küstenfischerei beratend hinzu« zuziehen.
Ganz versteckt wollen wir auf das noch ungescklossene, doch technisch freier gewordene Spiel von Kläre K ö h n l e i n. den nicht mehr sehr frischen, aber kultivierten Gesang von Gertrud B r a n- des hinweisen. Lotte Schräder, die Geigerin, ist noch vor dem Stadium, in dem man öffentlich konzertiert. Bei sichilicher Be­gabung wird sie Ton und Technik noch gründlichst festen müssen.
Die Ansänge der vttliner Volksbühne." Zu unserem Bericht in Nr. 58 schreibt uns Genosse Kurt Baske: Ihr sehr sympathi- scher Bericht über meine PlaudereiVon den Ansängen der Volts- bühnenbeipegung" enthält einen Irrtum, den ich richtigstellen muß. Bnmo Wille hat nicht die Freie Bühne gegründet. S>« ist aus Grund eines Aufrufs entstanden, der im Frühjahr 1889 erschien und vm, Theodor Wolfs und Maximilian Haiden unterzeichnet war. Ihre Leitung lag in den Händen von Brahm und Schienther. Wille hatte mit der Leitung nichts zu tun, ist aber entscheidend zur Grün- dung der Freien Bolksbühnc durch das Bestehen der Freien Bühne angeregt worden. Was ich schildern wollte, waren die Elemente, denen der Willesche Aufruf zur Gründung einer Freien Volksbühne  im März 1890 seinen beispiellosen Erfolg zu verdanken hatte: die Hochspannung der Berliner   Arbeiterbewegung in den letzten Jahren des Sozialistengesetzes und das Heraufkommen des Naturalismus mit seinem sozialkrittschen Geist. Daß die Freie Bühne für Ar- deilxr zu teuer war. kann nur als Nebenumstand gelten. Berliner Sezession und Freie Sezession. Lovis Corinth  , der Vorsitzende der Berliner Sezession  , schreibt uns:Um Irrtümern vorzubeugen, teste ich Ihnen im Namen der Berliner Sezession   mit, daß ditselbe für März bis April eine große Aquarell-Ausstellung plant. Der Vorstand der Berliner Sezession   empfindet die Auflösung der Freien Sezession   auf dos Allerschmerzlichste. Mit mir ist die Berliner Sezession   sich einig, daß wir wenn es auch noch so bc- stritten wird es für unsere verdammte Pflicht und Schuldigkeit hatten, jetzt gerode mit allen Kräften und aller Energie die Ber  - liner Sezession aufrechtzuerhalten, als Hort und Schutz der Freiheit und des Friedens." Berichtigung. Der unermüdliche und unausrottbare Druck- fehlersatan hat in dem Artikel überCduard v. Gebhardt" in der gestrigen Morgennummer aus Fritz v. U h d e einen Fritz v. Unruh gemacht. Den gibt's auch, aber er matt keine Christus- bilder.
Spielplanändernng. Die für den S. anqesehte Premiere von Kerbort Hauptmanns.Biberpelz" sindet am 10., abends"'/, llbr, in der Tribüne ilatt. Max varlhel liest am Gonntaq. den 8.. abends 8 Uhr im Jugendheim, Lindenstr. Z, bei den Jungsozialisten ouS eigenen Werken. Gäste sind will-. lammen. Uebrr.Sünstlerische Form als werbende Suast- spricht Prot. Peter Behren« im Zentialiuitilut für Erziehung und Unterricht. Potsdamer Sirahe 120. am 13., abends 8 Uhr, im Rahmen des Bunde» Deutscher Gebrauchsgraphiker®. B. Der Vortrag ist von Lichtbildern und Werbe- filmen'owte von Ausstellungen»on Warenpackungen und Werbemitteln degleitet. Sine neue Veizensorte. Bleringiam. ein Wisienschastler deS Institut« Basteur, brachte durch die Kreuzung von wildem Weizen und gewöhnlichem Weizen eine neue Weizeulorl« hervor, die außerordentlich ergiebig sein soll und mit Zustimmung de« Londwirtschastsmintsteriu«« in ganz Frankreich  eingeführt werden wird.