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366. und Russen. Kein Weltkongreß. (Von unserem Korrespondenten.) Amsterdam , den 7. Februar. Die Besprechung der Russenfrage, des wichtigsten Punktes der Tagesordnung der am 5. Februar in Amsterdam eröffneten Ausschußsitzung des JGB-, nahm zwei volle Tage in Anspruch. Zur Verhandlung stand das am 29. Januar in Amsterdam eingetroffene Telegramm des Allrussischen Gewerk- schaftsrates, in dem die Russen im Gegensatz zu ihrem Brief vom 23. Oktober, in dem sie von der Notwendigkeit eines ,.W e l t a rbe i te r k o n g re sse s" sprechen, vorschlagen, eine gemeinsame Konferenz von Vertretern des IGB. und des Allrussischen Gewerkschaftsrates", dieMittel und Wege finden soll, die volle Einstimmigkeit sichern und so die Grün- dung einer vereinten internationalen Gewerkschaftsorganisation ermöglichen, der sich alle jetzt dem IGB. und der Roten Ge- werkschaftsinternationale angehörenden Organisationen an- schließen können". Wenn nicht der Zweck dieser Konferenz angegeben wäre, könnte sie harmlos erscheinen; so aber zeigt es sich, daß es sich nur um einen Schritt aus einem Wege standest, von dem die Russen nie abgewichen sind, zu dem Ziele: die Z e r- störung der Amsterdamer Internationale. Als Antwort auf den in allen kommunistischen Blättern in diesem Zusammenhang gemeldetenHausstreit" innerhalb der Amsterdamer Internationale, geben wir nachstehend ein Interview mit Genossen Sassenbach, Sekretär des IGB., wieder, der auf die Frage, in welchem Geist sich die Verhand- lungen über die russische Frage vollziehen, folgendes ausführte: Die Verhandlungen haben von neuem bewiesen, welcher Geist der Zusammengehörigkeit in der Gewerk- schaftsbewegung herrscht, auch dann, wenn über einzelne Punkte Meinungsverschiedenheiten bestehen. Es hat sich bei den Be- sprechungen des Ausschusses herausgestellt, daß verschiedene Mißverständnisse vorlagen, teilweise wegen der verschiedenen Taktik in den einzelnen Ländern, teilweise wegen der irre- führenden Berichte der kommunistischen Presse. Das stellte sich vor allem heraus, als die englischen Vertreter im Ausschuß erklärten, daß sie niemals für den von den Kommunisten propagiertenWeltkongreß" gewesen seien, ja, daß sie diesen als Unsinn betrachten, daß sie nur statt des fort- wahrenden Briefwechsels eine persönliche Aussprache wünschen, um die russischen Gewerkschaften dem IGB. zuzuführen. Gegen eine solche Aussprache haben natürlich auch die übrigen Länder keine Bedenken, da stets der Wunsch bestanden hat, die russischen Gewerkschaften in organisatorische Beziehungen mit den Gewerkschaften der anderen Länder zu bringen. Wenn trotzdem die Vertreter der nichtenglischen Länder dem schriftlichen Vorschlag der Eng- länder betr. eine Konserenz nicht zustimmen konnten,die durch keine Formeln und statutarische Vorschriften gebunden" ist, so hängt dies mit den Erfahrungen zusammen, die sie im Gegen- satz zu den davon verschont gebliebenen Engländern gemacht haben". Die mit 14 gegen 5 Stimmen angenommene Re­solution Stenhuis-Smit, in der der Vorstand des IGB. beauf­tragt wird, dem Allrussischen Gewerkschastsrat mitzuteilen, daß der IGB. sich bereit erklärt, die allrussischen Ge- werkschaften in den IGB. aufzunehmen und ferner gejagt wird, daß mit den Russen in Amsterdam zwecks gegenseitigen Gedankenaustausches eine Konferenz abge- holten werden kann, sobald die russischen Gewerk» schaften diesen Wunsch zum Anschluß äußern, bedeutet eine vollständige Klärung der Lage. Wir geben nachstehend einige Aeußerungen führender Ge- werkschafter und Mitglieder des Allsschusses über die-Bedeu- tung dieser Resolution und ihre Folgen wieder. ' Genosse Oudegeest, Sekretär des IGB.:Bis jetzt waren alle unsere Versuche, die Russen zum Anschluß zu brin- gen, vergeblich. Sie haben sich in Wort und Schrift immer gegen einen Anschluß ausgesprochen und selbst in ihrem Tele- gramm von 29. Januar haben sie dies noch einmal zum Aus- druck gebracht, indem darin eine Vereinigung des IGB. und der RGI. vorgeschlagen wird. Daß davon keine Rede sein kann, besagt die Resolution Stenhuis, derzufolge es sich bei der geplanten Konferenz nicht um eine Besprechung betr. die Vor- bereitungen für einen Weltkongreß oder eine neue Internatio- nalc handeln kann. Durch die Resolution wird die bis jetzt vom Vorstand des IGB. eingenommene.Haltung gutgeheißen. Wir werden mst den Russen über den Eintritt in den IGB. sprechen. Schließen sie sich dem IGB. an, so müssen sie natür- sich die RGI. verlassen." Iouhau� lGeneralsekretär des Französischen Gewerk- schaftsbundes):Die Resolution bestätigt die Haltung des Vor­standes. Wir waren nie gegen den Anschluß der Russen und machen lediglich einen Unterschied zwischen den Russen und der RGI. Der nächste Schritt sollte logischerweise die Aus­hebung der RGI. und der dissidenten Organisationen in den Ländern sein, wo es zu Spaltungen kam. Denn diese Organi- sationen haben die Aufgabe, uns zu zerstören." L e i p a r t(Vorsitzender des ADGB .):Bei den Debatten »nd besonders den Ausführungen der englischen Genossen er- hielt ich den Eindruck, daß a l l e sich gerne mit den Russen ver- tragen würden, andererseits aber die Hoffnung der Kommu- nisten auf eine Spaltung innerhalb der Amsterdamer Internationale nicht in Erfüllung gehen wird." T a y c r l e(Vorsitzender des Tschechoslowakischen Gewerk- schaftsbundes):Die Russen verfolgen allerdings gegenüber England eine andere Taktik, und zwar auf Grund der Erfah- ningen, die sie in den Ländern gemacht haben, wo es zu Spal­tungen kam. Ihr Ziel ist jedoch das g l e i ch e. Ich glaube nicht an ihre Aufrichtigkeit. Die Einheit kann nicht durch einenWeltkongreß" erzielt werden, sondern sie muß auf Grund gegenseitigen Vertrauensund ehrlicher Zu- sammenarbeit kommen." Die Haltung der englischen Delegation kam besonders gut in einer Rede von Fred Bramley (Generalsekretär des Britischen Gcwerkschaftsbundes) zum Ausdruck, der sich der schlimmen Folgen der ru fischen Praktiken genau bewußt ist und dies auch in Rußland elbst nicht verhehlte. Ganz besonders gelte dies für die oft irreführenden Ausführungen S> n o w- je ws. der die Beziehungen der Gewerkschaften auch Gewerk- schaftern überlassen sollte, da seine Manöver der Arbeiter- bewegung nur schaden können. Selbstverständlich dürfe es an der wirklich nötigen Vorsicht gegenüber den Russen nicht fehlen, und es sei auch nicht anzunehmen, daß wir nicht verstehen werden, unsere Interessen wahrzunehmen. In seiner Schlußrede stellte der Vorsitzende. A. P ur c e l l. mit besonderer Genugtming fest, daß die Offenheit und Auf­

richtigkeit. von denen die Debatten beherrscht waren, trotz der schwierigen Fragen ein erfreuliches Zusammen- arbeiten ermöglichten und eine Einigkeit sicherten, von der gewisse Kreise vielleicht mit gemischten Gefühlen Kenntnis nehmen werden.

Wulle-tzenning gegen Luöenöorff. Verschärfung der Krise im völkischen Lager. B. S. München . 9. Februar. Der interne Kampf in der national- sozialistischen Freiheitspartet, der auf der sogenanntenPreußen- tagung" zum Ausdruck kam, scheint nunmehr vor einer entscheidenden Wendung zu stehen. Wie derVölkische Kurier" erfährt, ist für die nächsten Tage beabsichtigt, mit der Gründung emer ..Deutschvölkischen Freiheitsbewegung Groß- d e u t s ch l a n d s" an die Oeffentlichkeit zu treten. Die Bewegung wird in erster Linie den Gedanken der sozialen Ständegcmeinschast betonen. An die Spitze der Partei soll eine mehrgliedrige Führer- schaft treten. Aus dem Kommentar, den das Blatt dieser Meldung anfügt, geht hervor, daß es der Kreis um W u l l e und Henning ist, der mit dieser Initiative die Führerschaft der Nationalsozialisti- schen Freiheitsbewegung(Ludendorff, Graefe, Strasser) vor vollendete Tatsachen stellen will, die zwangsläufig den Rück- tritt der Reichsführerschaft nach sich ziehen würden. Der Völkische Kurier" bedauert das Vorgehen Wulles und Hennings, erkennt ober an, daß eine längere Vertagung der völkischen Krise allerdings kaum mehr zu rechtfertigen sei. Das Blatt rechnet damit, daß die Reichsführerschaft in den allernächsten Tagen beratend Stellung nehmen wird. Diese Stellungnahme wird wohl das Aus- scheiden Ludendorffs und Strasser» aus der aktiven Betätigung mit sich bringen. Pastors Sorgen. Lachen links" und die Drei Könige. Dem republikanischen WitzblattLachen links" ist eine hohe Ehre widerfahren: Die Nationalsozialisten des Preußischen Landtags , an ihrer Spitze der Superintendent Voß, haben seinetwegen eine wutschnaubende Anfrage an das Kultus- Ministerium gerichtet, die in der Forderung eines Gottes- lästerungsprozesses gipfelt. Der Anlaß ist ein Gedicht des bekannten Dichters K l a b u n d zum Dreikönigstag. In süddeutschen Gegenden besteht, was ein ostelbischer Super- intendent natürlich nicht zu wissen braucht, der altertümliche Brauch, daß am Dreikönigstag Bettler und Vaganten als Heilige Drei Könige verkleidet umherziehen und betteln. Einem solchen Bettlertrio hat Klabund in drastisch urwüchsigem Volkston ein Bettellied in den Mund gelegt. Der Superintendent Voß aber redet sich ein, daß mit diesem Lied die Heiligen Drei Könige der Bibel gemeint seien, und außerdem spekuliert man auf gewisse Empfindlichkeiten des Zentrums von wegen der RechtskoalitionI Ein vernünftiger. Mensch, auch ein religiöser, kann sich natür- lich durch die Darstellung eines alten Volksbrauches nicht verletzt fühlen. Aber die Nationalsozialisten sollten überhaupt ihre Finger von den Heiligen Drei Königen lassen. Erinnern sich die anii-' semitischen Herren nicht, daß die Sehnsucht dieser drei Weisen war, den neugeborenen König der Juden zu sehen und ihm zu huldigen? Liebesgabenpolitik. Schliebcn und die Schnapsbrenne«. Das Reich sfinanzministerimn verhandelt, wie wir zuverlässig er» fahren, mit den führenden Interessentenverbänden über dt« Ab» schaffung des Reichsbranntweinmonopol«. Dies« ist von den deutschen Äarwftelbauern und Schnapsbrennern seit langem gefordert worden. Der Abbau des Branntweinmonopols würde den Kontingentierungszwanq. der im Interesse der Bolls- ernährung geboten ist, aufheben und die Spritpreise in die Höhe treiben, außerdem dos Reich einer wichtigen und bisher infolge un- zulässiger Verwaltung und mfolg« der Inflation nur allzu wenig ausgenutzten Einnahmequelle berauben. Di« Verhandlungen werden uns als aussichtsreich bezeichnet. Einig« Gruppen von Graß- brennereien versprechen sich von dem projektierten Abbau der Reichs- Monopolverwaltung größer« Gewinne durch die Bildung eines Zwangssyndikats. das ihnen die unbeschränkt« Herrschaft über den inneren Markt geben würde. Herr von Schlieben, der den Wünschen der Interessenten nicht unzugänglich zu sein scheint, stößt aber bei der Durchführrmg des Planes auf Schwierigkeiten insofern, als das Reichsmonopolamt noch auherordenllich große Sprit» b« st ä n d e hat, zu deren Uebernahme erhebliche und jetzt schwer aufzutreibende Geldmittel gehören, über die die Interessenten nicht verfügen. Sie könnten sie nur durch umfangreiche Kreditgewährungen erholten. Man muß gespannt sein, ob bei der starken Vorliebe des

neuen Reichsfinanzmin isters für die rechtsgerichtete Großlandwirt. schaft die Reichsregierung den Mut finden wird, die Liebes- gabenpolitik des kaiserlichen Deutschlands wieder «inzuführen. öaperischer Ehrverlust. Noch immer ein Fall Fechenbach. Aus unser« Darlegungen über die Behandlung von Fachen- b o ch z Begnadigung hat dos bayerisch-offizlös«Süddeutsche Kor. respondenzbureau" eine offensichllich vom bayerischen Iustizmini- sterium inspirierte Notiz gebracht, in der gesagt wird, daß der gegen Fechenbach und seine beiden Msiv-erurteilten ausgesprochen« Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte bestehen bleibe. Die bayerische Regierung drückt sich durch diese Notiz um«ine amtliche Beantwortung der Frage herum, ob Fechenbach trotz der Begnadigung, oder richtiger Strafminderung, auch weiterhin mit zehn Jahren Ehrverlust belastet bleiben soll. Da« wundert niemanden, der weiß, daß Bayern das tlasstsch« Land politischer Unwahrhastigkeit und Heuchelei ist. Man lese nur die amtliche bayerische Meldung nach, die am 29. Dezember 1924 die Begnadigung Fechmbachs bekanntgab. Sie begnügt sich nicht damit, wahrheitswidrig zu behaupten, daß nach dem Gutachten des Obersten bayerischen Landesgerichts die Schuld der Angeklagteneinwandfrei feststehe"; vielmehr versteigt sich diese amtliche Msiteilung noch zu der heuchlerischen Bemerkung, die Minderung der Strafen sei trotz der feststehenden Schuld erfolgt, weil es angezeigt sei, die Strafen den vom Reichs- gericht in ähnlichen Fällen angewendeten Straf- maßen anzupassen". Nun steht aber heute fest, daß da» Reichsgericht im Falle Ritter-Telegramm zu einem freisprechen- den Urteil gekommen wäre. Vom Volksgericht hat aber Fechenbach für die Veröffentlichung des Ritter-Telegramm» zehn Jahr« Zuchthaus und zehn Jahre Ehrverlust bekommen! Was soll da die innerlich unwahre Phrase von derAnpassung an die Rechtsprechung des Reichsgerichts m ähnlichen Mllen"? Für die B«- richte an das Bureau Gargas wurde Fechenbach zu fünf Iahren Festungshaft verurteilt, umgewandelt in ein Jahr Zuchthaus. Fechcn- dach hat aber schon zwei Jahre vier Monat« Zuchthau» verbüßt! Hätte nian die Anpassung an die Rechtsprechung des Reichs- gerichts wirklich ehrlich gewollt, so gab es nur eines: völlig« Begnadigung Fechenbachs ohne Bewährungsfrist, Beseitigung de« Ehrverlustes und öffentliche Rehabilitierung des zu Unrecht Der- urteilten, wie das vom bayerischen Iustizminister im Landtag bei Beratung des Volksgerichtsgesetzes im Juli 1919 für solche Fälle zu- gesichert wurde. Aber nichts von alledem! Nur verlogene Phrasen, die ver- schieiern sollen, daß im Falle Fechenbach mit der sogenannten Be- gnadigung ein schwerer Fehlspruch des Münchener Volksgerichts in aller Oeffentlichkeit eingestanden werden'mußte. Das letzte Wort über die Urteile der bayerischen Volksgerichte im allgemeinen und über den Fall Fechenbach im besonderen ist noch nicht gesprochen. Und die Ehre kann Fachenbach durch bayerische Institutionen zwar formell, aber nicht tatsächlich abgesprochen werden. Wie die Dinge nun liegen, muß der Reichstag um so mich- drücklicher für die Annahme des Einwurfs über die W i« d« r a u f> nahm« von durch B o l ts ger ich ts ur t« ile abge- schloffen« Verfahren Sorg« tragen. Dann wird«in« große Zahl von Menschen, denen vom Dolksgerichi Unrecht geschehen, zu ihrem Recht kommen und auch Fechenbach bekommt dadurch die Müg- lichkeit, trotz aller Heuchelei, sich in einem Wiederaufnahmeprozeß vor dem Reichsgericht zu rehabilitieren.

Unverfrorenheit von Stinnes. Da» Wirtschaftsorgan der Familie Stinnes , dieIndu» st r i e- und Handelszeitung", verteidigt den 70()-Millioiwn. Skandal mit folgender unoerfrorenen Behauptung: Wenn allerdings derVorwärts" über die Höhe der den Ruhrindustriellen gewährten Entschädigung jammert, so wird man ihn mit aller Höflichkeit darauf aufmerksam machen dürfen, daß ein großer Teil der jetzt zur Auszahlung gelangenden Sum- den in sich die Lohnforderungen birgt, die damals seitens der Arbeiter und Angestellten im Ruhrgebiet er- hoben wurden." Bom 1. Januar 1924 an haben die Ruhrbergindustriellsn die Schichtlöhne um rund 1 Mark gedrückt. Wieviel hundert Millionen hat die Arbeiterschaft ihnen damit schon Eni- schädigung gezahlt? Wie groß ist die Entschädigung, die der Stinnes-Konzern durch diesen Lohndruck aus der Arbeiterschaft herausgepreßt hat? Wieviel von den 799 Millionen hat der Stinnes-Konzern «r- halten?

Der Untersuchungsausfthuß. Tintenfischtaktik der Deutschnationalen.

In: Untersuchungsausschuß des Landtags über die Krcditwirtjchast der Staatsbank teille vor Eintritt in die eigentlichen Verhandlungen der Vorsitzende Dr. Leidig <D. Pp.) mit. daß eine vertrauliche Besprechung zwischen den Ausschuhmilgliedern und verlrelern der Staatsanwallschafk und Untersuchungsrichtern stattgefunden Hab«, die sich mit der Frag« be- schäftigte, inwieweit die Ausschußverhandlungen den schwebenden gerichtlichen Verfahren hinderlich sein könnten. Es handle sich da um dieselbe Aktion, die auch ge-eenüber dem Reichstaqsunter- fuchungsausschuß sich ereignet ljabe. Es fei zuzugeben, daß auf ge- wissen Gebieten und in gewissen Momenten«in Zusammenstoß der beiden nebencinanderliegenden gerichtliche» und parlamentarischen Untersuchungen eintreten könne. Der Ausschuß würde zu gegebener Zeit über diese Frage sich entschließen müssen. Augenblicklich liege ein« Notwendigkeit dafür noch nicht vor. Hierüber sei eine Ver- stänbigung zwischen den Vertretern und der Justiz und den Aus- schußmitglicdern herbeigeführt werden. Abg. kutlner(Soz.) gibt sodann folgende Erklärung ab: In derKrcuzzeitung" bin ich in einem Artikel des Herrn Fernande ? als«in Verteidiger des S ch i e b c r k a p i t a l s bezeichnet worden. Dieser Vorwurf wird ausgedehnt auf meine politischen Freunde, und zwar deswegen, weil wir uns gestattet haben, eine Behauptung des Zeugen Klinghammer einer sachlichen Nachprüfung zu- unterziehen und, soweit die Behauptung unwahr war, sie richtig zu stellen. Wir müssen in einer derartigen schimpflichen Be- hauptung einen erpresserischen versuch gegen Ausschußmitglieder erblicken, durch den sie abgehalten werden sollen, hier an der Er- mittlung der Wahrheit mitzuwirken. Wir nehmen uns das Recht, unwahre Behauptungen, die hier gegen irgendwelche Persönlich- ketten erhoben werden, klarzustellen und auch in dieser Beziehung der Wahrheit zum Durchbruch zu verhelfen. Vorsitzender Dr. Leidig: Die deutsche Presse tut sich selbst den besten Geiatien. wenn sie von Beschimpfungen absteht. Ich will

gar nicht sagen, daß sie objektive Berichte erstaUen soll, denn dann würde sie langweilig sein. sHeiterkeii und Hört, hört!) Zur Tagesordnung selbst teilt Borsitzcndcr Dr. Leidig mit. daß jetzt ln dem verhallen der Reichsbehörden gegenüber dem Unter' fuchungsausschuß ein gewisser Umschwung eingetreten sei. Während, wie anzuerkennen sei, die Reichsbehärden dem Ausschuß bisher in sehr weitgehender Weise Material zur Verfügung gestellt hätten, sei heute ein Brieftelegramm de« Reichswirlschastsministers eingetroffen, in dem mitgeteilt wird, daß die für die Sitzung von heute gewünschten Akten in der dazwischenliegenden kurzen Zeil nicht herausgesucht werden könnten und daß außerdem geqen die Herausgabe der Akte» grundsätzliche Bedenken bestünden. Art. 2Z der preußischen Verfassung enthalte nach Auffassung der Reichsregie. rung keine Verpflichtung für die Reichsbehörden. Unterschrieben ist dieses Brieftelegramm vom Reichswirtschastsminister Neu haus. Der Borfitzendc erklärt, daß diese staatsrechtliche Frage allerdings noch sehr zweifelhaft sei, meist aber aus das Gesetzüber den Beistand der Verwaltungsbehörde»" hin, daß in diesem Falle viel- leicht praktisch werde» könnte. Außerdem gibt der Vorsitzende Kenntnis von einem Schreiben der B o ch u m e r Handelskammer, in dem mitgeteilt wird, daß die Handelskammer die von ihr gewünschten Akten dem Unter. suchungsrichter zu treuen Händen eingereicht habe. Im Ausschuß sind heute als'Zeugen anwesend bzw. vorgesehen Ministerialdirektor Falk. Kriminalkommissar Klinghammer, Kriminalkommissar P i p o, Reichsminister a. D. Wissel!, Abg. H e i l m a n n und Redakteur D a v i d s o h n. 5* Der zur Untersuchung der Vorkommnisse bei der Landes- pfandbriesanstalt auf Beschluß des Landtages eingesetzt« be- sondere Untersuchungsausschuß wird am Dienstag nach- mittag 6 Uhr seine konstituierende Sitzung abhalten und den Arbeits». plan festlegen.