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Abendausgabe

Nr. 6942. Jahrgang Ausgabe B Nr. 34

Bezugsbedingungen und Anzeigenpreffe Find in der Morgenausgabe angegeben Redaktion: Sm. 68, Liudenstraße 3 Ferafprecher: Dönhof 292-295 Tel- Adresse: Sozialdemokrat Berlin  

5 Pfennig

Dienstag

10. Februar 1925

Norwärts=

Berliner Volksblatt

Berlag und anzeigenabtetime: Gefchäftszeit 9-5 Uhr

Berleger: Borwärts- Berlag GmbH. Berlin   Sm. 68, Cindenstraße 3 Fernsprecher: Donhoff 2506-2502

Zentralorgan der Sozialdemokratifchen Partei Deutschlands

Deutschnationaler Zeugenkauf.

Paßfälscher, Zuchthäusler, Irrenhäusler und deutschnationaler Vertrauensmann

Noch ist nicht vergessen, welche Ehrenmänner die Deutsch nationalen als Zeugen im Magdeburger   Prozeß des Reichs­präsidenten gegen einen völlischen Berleumder aufmarschie­ren ließen: Der Syrig, der von dem deutschnationalen Landtagsabgeordneten Pfarrer Koch in Wahlversammlungen geworben wurde, und der sich als Lügner und. Dieb erwies; und jener Käsemacher Gobert, der am letzten Tage der Beweisaufnahme als Beuge auftauchte, megen seines ,, graden aufrechten Wesens von der deutschnationalen Bresse über den grünen Klee gelobt wurde und schließlich als viel fach vorbestrafter Unterstützungsschwindler

entlarnt werden konnte.

Die Reihe dieser Kronzeugen scheint aber noch nicht er­schöpft zu sein. Das ,, Berliner Tageblatt" bringt heute neue Enthüllungen über die Art, wie die Deutfchnationalen in trauter Gemeinschaft mit völkischen Agitatoren 3eugen für den Magdeburger   Prozeß zu werben und zu kaufen bemüht waren. Ueber einen von diesen Ehrenbürgern des völkischen Staates fagt das Berliner Tageblatt":

Es gibt einen Herrn Jsid or Kreil aus Rallmünz in Bayern  . Ein Handlungsreisender. Trotz des Vornamens auch für Bölkische annehmbar. 3war mit einigen Schönheitsfehlern behaftet. Der Mann hat einige Jahre im Zuchthaus gefeffen. Wegen schweren Diebstahls. Auch sonst ist er mehrmals wegen Eigentumsvergehens verurteilt. Im Kriege ist er wegen Fahnenflucht bestraft. Nach dem Kriege megen Hochverrats, begangen durch Beteiligung an der Münchener   Räteregierung. Einige Zeit war er auch zur Beob­ochtung seines Geisteszustandes in einer Jrrenanstalt unter gebracht. Gleichwohl Der Mann wird's machen. Er weiß mehr als Syrig und Gobert zusammen..

Diefer Ifidor Kreil hat den leichtgläubigen, aber wiffens hungrigen Deutschnationalen folgendes als sein Geheimmissen

perraten:

Er tot von 1916 bis 1918 Rurierdienste für die deutsche   Mehrheits- Sozialdemokratie. Er brachte verschlossene Leder mappen geheimnisvollen Inhalts vom Gewerkschaftshaus am Engelufer nach Bern   und umgefehrt. Für diese landesverräterische Verbindung mit dem Feind wurden die Mehrheitssozialisten natürlich bezahlt. Fünfhundert tausend Franfen brachte Kreil im Jahre 1917 von Bern  nach Berlin   und lieferte sie prompt im Gewertschaftshause ab. Bor­angegangen waren Briefe des damaligen Reichstagsabgeordneten Ebert Kreil sah dann auch Ebert in Ronstanz am Bodensee  ( der Reichspräsident hat diese Stadt noch nie betreten). In Be. gleitung pon ausländischen Offizieren. Die maren natürlich in Zivil. Im Fremdenbuch des Hotels trug fich Ebert vorsichtig als Ehrensberger ein. Kreil aber, das versprachen ihm damals die Mehrheitssozialisten, sollte in der neuen Republik  Staatsfetretär werden. Die wichtigsten Dokumente, so be hauptet er, find noch in der Schweiz  . Die tann er von dort be­forgen.

Argentinier allerdings gegen Sicherheit bald auf freien| morden. Das hiesige M.-S. Organ hätte uns. Namen mit Bonne Fuß gefeßt, so daß er rechtzeitig verschwinden konnte. Ifidor aufgegriffen. Inwiefern Sie Ünannehmlichfeiten hatten, ist mir Kreil aber wurde wegen Baßfälschung von der badischen dunkel. Hier Klafft eine Lüde. Grenzpolizei verhaftet und figt jest wieder hinter Schloß und Riegel. Dabei wurden ihm allerlei interessante Dotu­mente abgenommen, selbst die, die er an einem verschwiege­nen Orte schleunigst verschwinden lassen mollte.

Einige von den Dokumenten, die der Behörde in die Hände fielen, gibt das Berliner Tageblatt" im Wortlaut wieder, und wir laffen sie weiter unten gleichfalls folgen. Diese Briefe stammen von einem völlischen Agitator Der Thurn legt dem Kreileine fertige Aussage namens Thurn in Augsburg  , und sprechen für sich selbst. nach dem System Koch zur Unterschrift vor. Sie ist indessen gar nicht mehr in die Hände Kreils gekommen, sondern, wie wir erfahren, von der Staatsanwaltschaft direkt beschlagnahmt worden. Rührend ist der Glaube der völkisch­deutschnationalen Gesellschaft, durch die Aussagen eines Irrenhäuslers die Sozialdemokratie niederschlagen zu fönnen. Mehrheitssozialdemokratie stürzt, Bonzen flüchten", schreibt Thurn im Borgefühl des Sieges, und er versichert gleichzeitig: Ihnen wird nie etwas geschehen, im Gegenteil. Geholfen tann Ihnen auch werden!"

die Berufungsverhandlung im Prozeß des Reichs Am 17. Februar foll vor der Magdeburger   Straffammer präsidenten gegen die völkischen Verleumder beginnen. Es fcheint uns notwendig, die Forstner und Bindewald, die Thurn und Kreil als Zeugen zu laden, um vor dem Gericht fest­zustellen, mit welchen mitteln einer höheren Moral die Deutschynationalen noch vor der Wahl Zeugen zu faufen suchten, um den Repräsentanten des Reiches und bie Sozialdemokratie niederzuheben. Es fann für das Be rufungsgericht nicht gleichgültig sein, welcher Art die Mittel und welchen Ursprungs die Gelder sind, die zu diesem Beugenta uf dienten. Auf die ganze Beweisführung des Angeklagten und seiner Helfershelfer würde die Aufrollung dieser Dokumentengeschichte ein noch grelleres Licht werfen, als die Geschichte der Zeugen Syrig und Gobert.

Aber über den Schwurgerichtssaal von Magdeburg   hin weg hat die ganze Deffentlichkeit ein Recht auf die Frage, woher die Deutschnationale Partei die Stirn nimmt, moralische Entrüstung über angebliche Korruption und Un moral der anderen zu heucheln, während sie selbst vor den verwerflichsten Mitteln nicht zurückschredt, wenn es gilt, Wahlgeschäfte auf Kosten des Ansehens des Deutschen Reiches und seines Präsidenten zu machen!

Die fertige Aussage.

Aus den vorliegenden urkundlichen Material veröffent.

lichen wir im folgenden einige Proben:

I.

Borderseite des Briefumschlags. Herrn Ifidor Ktrell, St. Interfudungsgefängnis im Bern  / Schweiz  Bezirtsgefängnis Bern entlaffen menden!

Ganz abgesehen davon, daß der Reichspräsident bis heute noch die Stadt Konstanz   nicht be. treten hat, find die Behauptungen des Ifidor Kreil so mahnmißig, daß fie bei seinem Aufenthalt in der Irren­anstalt erfunden sein tönnten. Nichtsdestoweniger ist er für die deutschnationalen Drahtzieher des Magdeburger Pro geffes ein glaubwürdiger Ehrenmann und hat, immer nach dem Berliner Tageblatt", lebhaften Brief- und Telegrammperfehr mit den prominentesten Berfonen, NB. Bem abgereift, nochfenden! Hauptpoftlagernd i die auf der Seite des Angeklagten in Magdeburg   agierten. Der deutschnationale Parteisekretär von Forstner, Kornettentapitän a. D. und Entdecker der Tatsache, Abf. H. Thurn in Augsburg   i. Bayern  , Karolinenſtr. C. 22-23/ 4.

daß Ludendorff   im September 1918 den Waffenstillstand

Rüdseite des Briefumschlags.

Stuttgart   Deutschland  .

nur deshalb innerhalb 48 Stunden verlangt habe, weil im Boststempel( Aufgabe) Augsburg  , 11. 1. 25 4-5 n. Januar 1918 ein Munitionsarbeiterstreit von wenigen Tagen stattgefunden hatte, dieser Forstner schreibt dem Isidor Kreil ,,, die Sache" müsse noch vor den Wahlen in allen Buntten flargestellt werden. Noch vor den Wahlen müsse man Ebertöffentlich fragen tönnen, weshalb er während des Krieges mit der Schweiz   einen Kurierdienst unterhalten habe. Aber noch vor den Wahlen, dann bekomme man auch reichlich Geld dafür!

Augsburg  , 10. 1. 25. Karolinenftr. C. 22-23/ 4. Herrn If. Kreil, 3. 3t. Bern  . Betreff: Ihr Brief vom 6. 1.

Tatsächlich wurde Kreil auch mit Geld reichlich versorgt. Rothardt, der Angeklagte aus Staßfurt  , schreibt eben falls an Kreil und versichert, daß es an Gelb nichtman­geln solle. Und der Magdeburger   Rechtsanwalt und Notar Bindewald, der Berteidiger Rothardts, schreibt gleich falls, daß, often erfegt werden, und fragt, wie­biel Borschuß gebraucht wird.

Tatsächlich reist der Deserteur und Zuchthäusler Kreil nach der Schweiz  . In seiner Begleitung fährt ein angeblicher Kaufmann Maaß aus Darmstadt  , dem Orte, wo der deutsch nationale Parteisetretär v. Forstner feinen Siz hat. Maaß ist angeblich Argentinier, aber er hat das gleiche Interesse wie Forstner, aus der Schweiz   Dolu mente zu holen, die vermeintlich den deutschen   Reichspräfi­denten moralisch vernichten fönnten.

Aber der Kreil und der Maaß haben falsche Bäife. Sie werden deshalb in Bern   festgenommen. Maaß wird als

Sehr geehrter Herr Kr.,

für Ihre Zuschrift danke ich u. bin über derzeitigen Auf­enthalt erstaunt. Ihre Fragen beantworte ich wie folgt:

1. Es geht mir wie es eben heute geht. Feiertage hätten von mir aus nicht kommen brauchen. Ich habe seit unserem legten Gehen ( Anfang Dezember 1924) sehr viel durchgemacht, mußte alles ausbaden, auch finanziell, auch heute noch.

2. Hochzoll wird befolgt, fommen übrigens sehr selten nach dort. 3. Mit Hr. W. stehe ich nicht in Verbindung, 8. 3t. ist, wie ich erfahre, 3. 3. verreift

tommen.

4. Dr. Fr. ist auch nicht hier, soll aber die nächsten Tage zurück 5. Pfarrer Traub schrieb ich zweimal, feine Antwort, es ist mir gefant worden, er hätte verschiedentlich schlechte Erfahrungen ge­macht. Wenn Sie ihm schreiben wollen, er wohnt: Solln   bei München  , Wolfratshauser Straße( die Adresse genügt).

6. Bezüglich Hr. Heim. Was Sie schreiben, ist mir unbe­tannt. Rann wohl auch taum sein. Die Sache mit dem Brief ist nur Behauptung des Hr. H.,( wenn er es getan hat!), ber jeder Grund fehlt. Der Brief tann ja auch eine Irreführung sein. Einem be­liebigen ohne Beweisgrund, schenkt das Gericht wohl taum Aufmerk

famfeit.

m.-.-.- 3tg., die ihn genau gegeben hat, verfolgt. Da war von Außerdem aber habe ich täglich den Bericht der solchem Brief nicht bie Stebe, auch uns. Name ist nicht genannt

Wenn ich etwas tun fann, ge

Ich bedaure Ihre Lage sehr. schieht es. Unsere Sache fann aber erneut aufgegriffen werden, ich bin eten darüber, aber nicht mit Hr. v. F. tommt auf Sie an. Joh glaube, daß Sie wollen. Ich werde Ihnen in einigen Tagen ent. iprechendes vorlegen.

In Deutschland  ( Berlin  ) geht es 3. 3t. toll zu. Große Kor. ruptions herde( Geldsachen) sind aufgedeckt morden. Barla. T. Riaffe.( Damit ist der Reichspräsident gemeint. Die Red.) Welt­mentarier, Minister schwer belastet, einschl. Ihres ehe maligen Freundes( des ganz großen von Konstanz  ). Schweinerei I. standal. Jetzt ist es Zeit, das Material den Allerhöchsten an den Kopf zu werfen. Weiterer Brief folgt. Besten Gruß. gez. H. Th. II.

-

Borderseite des Briefumschlages! Herrn Isidor Kreil, z. 3t. Untersuchungsgefängnis,

Bern  / Schmetz

Wenden! Rückseite des Briefumschlags! NB. Benn abgereift, nachsenden nach Stuttgart   in Deutschland  . Hauptpostlagernd.

Abs. H. Th. in Augsburg  , Bayern  , C 22/23/4 Berkehrsausstellung: München   1925- Juni- Oktober. Der Brief ist verschlossen mit einer Reflamemarte: Deutsche  Berkehrsausstellung: München   1925

Augsburg   i. B., den 14. 1. 25. Karolinenftr. C 22-23/ 4. Herrn Is. Kreil, z. 3t. Untersuch.- Gef.,

Sehr geehrter Herr Str.! ald

-

Bern

Sache. Ich habe es nun aufgenommen, auch mit her. gesprochen, Im Nachtrag zu m. Brief, fomme ich nun wieder auf unsere aber nicht mit Sr. v. F. In Deutschland   geht es zu mie in einem Affenstall, feine Regierung, täglich neue Enthüllun gen über die MSP.  - Korruption, Bestechungen in bentbar größtem Ausmaß. Die MSP.- Tage sind gezählt. Der Revisionsprozeß Rat hardt soll in Magdeburg   Ende Februar/ Anfang März d. 3. steiger vor dein Landgericht dort. Zuerst gedachten es die Herren MS.   bis Was Sie wissen und bezeugen tönnen, ist von orößter Bichtigkeit Juli zu schieben, aber angesichts der Enthüllungen eilt es ihnen. unsere Sache eitt angesichts des furzen Termins Es genügt aber, wenn Sie vorerst mal die Hauptpuntte, wie zwischen uns oft be sprochen, und wie ich solche anbei beigelegt habe, mit Ihrer Unter schrift beglaubigen.

Ich lege Ihnen das Konzept bei, Herr Kreil, ich bitte Sie, sehen Sie Ihre Unterschrift darunter. Aendern Sie nichts an der von mir verabfaßten Erklärung, wie sie beiliegt. Senden Sie die Erklärung unterschrieben, mit Tinte, wendend, an mich zurüd. Ich sage Ihnen Kr., MSP. ftürzt, Bonzen flüchten. Glauben Sie mir.

Ich versichere Sie, ich werde mich für Sie einfegen, Ihnen wird nie etwas geschehen, im Gegenteil

Geholfen fann Ihnen auch werden. Und was fich gehört, geschieht auch. Also nochmals: Handeln Sie, wie wir so oft besprochen, lassen Sie alle Verstimmungen uff. abseits.

Ich ermarte mendend die Rückgabe der unterschriebenen Er. flärung. Weiteres folgt dann. Mit beftem Gruß Ihr gez. 5. Th.

1 Anlage.

2 Bogen: Erklärung.

1 Rouvert.

-

2 Coupons, umzutauschen gegen Marken zur Rücksendung. NB. 15. I. Sprach gestern mit noch jemand, der etwas zu sagen hat, es wird für Sie eingetreten, bestimmt aber biffe Dokument gleich zurüd. D. D.

III.

Diesem Brief lag die folgende Anlage bei: Festgelegt: Augsburg   i. B.

Erklärung:

T. 1925.

Ich, Unterzeichneter Kaufmann und Journalist Isidor Kreil aus Kallmünz   i. d. Oberpfalz  ( Bayern  ), erfläre mich hiermit bereit, jederzeit nachstehende Punkte vor einem Notar oder Rechts­anwalt, oder vor einem Gericht eidlich zu erhärten.

1. Ich kam im Jahre 1916 nach der Schweiz  , wandte mich an den Gesandten Dr. Jaffee, mir beizustehen, dieser sagte, er habe vielleicht später etwas für mich.( Den Gesandten Jaffee fannte ich von früher.) Hauptstadt Bern   in der Schweiz   und Berlin   Kurier. 2. Später machte mir Dr. Jaffee den Vorschlag, zwischen der dienste zu verrichten.

3. Ich nahm das Angebot zu 2 an, verrichtete, weil in Not, von 1916 bis 1918 zwischen vorgenannten Orten Kurierdienste, die darin bestanden, daß ich jeweils acht bis vierzehntägig zwischen den beiden Orten eine Ledermappe. die verfchloffen und mit Inhalt, hin und her zu befördern hatte und selbe in Berlin   jeweils im Ge wertschaftshause, Engelufer, abzugeben hatte.

Bon dort nahm ich die Ledermappe mit Schriftstiden gefüllt,

jeweils wieder mit nach Berlin  ( foll offenbar Bern   heißen. D. Red.) zurüd.

Ich reifte auf Ronfulatspaß, biefer lautete auf den Namen

Corbular,