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Sechs Jahre Reichspräsident.
11. Februar 1919- 1925.
Mit dem heutigen Tage vollenden sich sechs Jahre, seit die Nationalversammlung in Beimar die Wahl des ersten Reichspräsidenten der Deutschen Republik vollzogen hat. Es wurden damals 379 Stimmzettel abgegeben, von denen 277 auf Friedrich Ebert lauteten und 49 auf Posa= domsfy, 51 Bettel waren unbeschrieben, zwei Stimmen maren zerfplittert. In der Rede, mit der er die Annahme der Wahl erklärte, sagte Genosse Ebert u. a.:
Ich will und werde als Beauftragter des ganzen deutschen Boltes handeln, nicht als Bormann einer einzigen Partei. Ich befenne aber, daß ich ein Sohn des Arbeiterstandes bin, aufgewachsen in der Gedankenwelt des Sozialismus, und daß ich weder meine Herkunft noch meine leberzeugung jemals zu ver leugnen gesonnen bin...
Nun hat Genoffe Ebert sein Amt sechs Jahre lang inne. Man tenn wohl fagen, daß noch felten in der Geschichte auf die Schultern eines Mannes eine so schwere Aufgabe gelegt worden ist. Härteste Bedrängnis von außen, tiefste Erschütterung im Innern, soziale Nöte, drohender Zerfall, das waren die Zeichen, unter denen Ebert sein Amt antrat. Es kam die Entscheidung über Oberschlesien , das Londoner Ulti matum, der Ruhrkampf, es tamen die Putsche von links, die Butsche von rechts, die politischen Morde, der Separatismus im Westen und in Bayern , es tamen Hungerfrawalle und Inflation. Aber die Republik blieb, das Reich hielt zusammen, der Druck von außen ließ nach, es befestigte sich die Ordnung im Innern. Und wenn auch die Gefahren noch immer groß find, so ist doch die Hoffnung auf eine bessere Zukunft wieder gewachsen.
Eberts Aufgabe war es, zu verhindern, daß die Krisen zu Katastrophen wurden. Ueber die Mittel, die dazu anzuwenden waren, konnte man verschiedener Meinung sein. Der Präsident war in seinen Handlungen durch den Willen wechselnder Regierungen konstitutionell beschränkt. Seine Stellung war einzigartig und ohne Vorbild, ihr Inhaber fonnte weder auf Gewohnheitsrecht noch auf Erfahrungen der Bergänger zurückgreifen. Jede Tradition fehlte, es mußte
in furzer Zeit in eine Prüfung der verfassungsrecht- blatt" noch nachgeprüft und mit den Wirklichkeiten verglichen lichen Wünsche der Länder eintreten werde.
Abends fand in der Dienstwohnung des Ministerpräsidenten ein Empfang der führenden Persönlichkeiten in der Politik und Birt schaft statt. Am Mittwoch früh reist der Kanzler weiter nach Stutt gart .
Aufhebung des bayerischen Ausnahmezustandes.
werden.
Der Appell Beckers an die anständige Presse" ist von der rechten Seite des Reichstags mit lebhaftem Beifall aufgenommen worden. Ob dieser Beifall bei der Rechtspresse allerdings Beifall findet, wagen wir zu bezweifeln, denn vom " Tag" bis zur Kreuz- Zeitung " und vom Agrarierblatt bis zum Claß- Organ wetteifert sie in dem Bestreben, sich nicht als München ; 10. Februar.( Eigener Drahtbericht.) Der Mi im Sinne Beckers, anständig" zu erweisen. Seit Monaten nisterrat hat sich am Dienstag mit der endgültigen. Auf besteht ihr einziges erkennbares Bestreben darin, durch Enthebung des Ausnahmezustandes in Bayern befaßt und hüllungen" dem Ausland Material gegen die Republik zu beschlossen, dem Landtag in den nächsten Tagen eine entsprechende liefern und an dem höchsten zu rühren, was ein politischer Vorlage zu unterbreiten. Auf Grund dieser Borlage, die der Land- Gegner besiẞt, nämlich an seiner persönlichen Ehre". tag zu verabschieden hat, werden mit sofortiger Wirkung aufgehoben die Verbote der Nationalsozialistischen deutschen Arbeiterpartei und der Kommunistischen Partei, ferner die Verbote des Bundes Oberland" und der Reichstriegsflagge". Gleichzeitig werden auch die Verordnungen außer Kraft gesetzt, die bei der Errichtung des Generalstaatsfommissariats erlaffen worden sind und die fich auf Schußhaft, Standrecht und Streifrecht beziehen; bestehen bleibt lediglich die Verordnung zum Schutze der Jugend, die sich gegen die fommunistische Agitation in den Schulben richtet; das Berfammlungsrecht wird insofern eingeschränkt bleiben, als alle er fammlungen unter freiem Himmel verboten bleiben. Die Versammlungen in geschlossenen Räumen find nicht mehr genehmigungspflichtig, dagegen sind die Platate, die derartige Bersammlungen ankündigen, der Polizei auch in Zukunft zur Genehmigung vorzulegen.
Die Gelder der„ Hika".
Freilich: diese politischen Gegner sind Sozialdemo fraten und Republikaner ! Wir haben nicht gehört, daß Herr Beder und seine Freunde Einspruch gegen deren Berleumdung erhoben hätten.
Berurteilung der letzten Rede Herriots. Grenoble , 10. Februar.( Eigener Drahtbericht.) Auf dem sozialistischen Barteitag sprach für die Minderheit 3yromiti, ber, ohne die Politik der Unterstützung grundsäglich zu bekämpfen, indem sie ein organisches Element der Regierungsmehrheit geworden der Fraktion den Vorwurf machte, daß sie zu weit gegangen fei. sei und mit der Regierung durch dick und dünn gehe; diese Politik merde dadurch zu einer Politik der direkten Zusammenarbeit. Man müsse endlich den Mut haben, sich zu, entscheiden zwischen dieser Politik und der Politit des Klaffentampfs, die das A und O aller sozialistischen Lehren bilde. Nach Bonnefou, der ebenfalls Kritik an der Parlamentsfraktion übte, griff Léon Blum
Eine Erklärung Dr. Beckers im Reichstag. und Wirtschaftsminister im Cuno- Kabinett, Dr. Bedertaß fie zu weit nach rechts gegangen sei, dann aber, daß die posi Der volksparteiliche Vertrauensmann der Schwerindustrie in die Debatte ein: Die Fraktion sei lediglich ein Exekutivorgan der Partei. Man habe ihr den doppelten Borwurf gemacht, einmal Hessen , hat gestern im Reichstag vor Eintritt in die Tagesliven Ergebnisse ihrer Politit unzulänglich gewesen seien. Das crdnung eine lange Berteidigungsrede gehalten, in der er Baradore der Politik der Unterſtügung sei, daß fie um so weni. seine Mitwirkung an der Unterstützung der Ruhrindustrie durch die" Hika", die Hilfskaffe beim Wirtschaftsministerium, in Abrede stellte. Becker behauptet u. a.:
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er nach außen in Erscheinung trete, je wirffamer fie fei Die Bartei müsse unzweideutig jagen, was fie mun eigentlich wolle. Die Frattion müsse endlich wissen, was man von ihr verlange. Er sei unbedingt für die Fortsetzung der bisherigen Politit, vor wahrscheinlich nicht begreifen würde. Die Fraktion brauche die ein mütige Zustimmung der Partei. Die Fraktion frage sich jeden Tag von neuem, wie weit fie in ihren Bugeständnissen achen dürfe. In der gleichen Richtung bewegten fich die Aus.. führungen Faures und Compère Morels. Der Beifall, ben diese drei Redner fanden, zeigte, daß die Gegner der Frak tionspolitit m verschwindender Minderheit find. tionspolitik m verschwindender Minderheit find. Am Dienstagvormittag führte der Parteitag diese Aussprache zu Ende. Jean Longuet warnte die Fratiton davor, den laffentampf charakter der Partei zu verwischen. Wenn er Herriot auch nicht mit Poincaré vergleiche, so biete doch die Außen politik der gegenwärtigen Regierung und insbesondere
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alles neu geschaffen werden. Das ging nun nicht so, daß auch fleineren und mittleren Unternehmungen mit Krediten beizu allem, weil das Land einen Wechsel der Taftit ohne triftigen Grund Als es sich während des Ruhrkampfes als notwendig erwies, alle damit hätten zufrieden sein können, das versteht sich von Selbst. springen, benußte man der Einfachheit halber die schon bestehende Organisation der„ Hita". Die Großindustrie war schen wegen Aber dennoch gebietet die Gerechtigkeit zu sagen: Beschränkung dieser Mittel von vornherein ausgeschloffen, Dieser Sohn des Arbeiterstandes, dieser Sofie hat fie mit Ausnahme eines Falles nicht benut.. Die Entscheidung zialdemokrat, hat sich in der bedeutungsüber die Gewährung von Mitteln der hita" stand auch nicht dem nollen geschichtlichen Rolle, die ihm auge Reichswirtschaftsministerium, fondern einer Rommiffion 3u, fallen war, bewährt. Daß wir durch alle Krisen hin zu der das Ministerium nur ein Mitglied entandte. Nachdem ich durchkamen, ohne daß der Reichszerfall eintrat und ein finn- 1918 als hessischer Finanzminister ausschied, glaubte ich, in meinem Alter noch nicht von loser volksvernichtender Kampf aller gegen alle ausbrach, ist in hohem. Grade fe in Verdienst. Dieses Verdienst wird nicht u sollen, und ich war dann im Vorstand der Rheini nur in unserer. Partei, sondern auch in allen republikanisch Guno eintrat, löfte ich selbstverständlich dieses Verhältnis, das ein denkenden bürgerlichen Kreisen und ganz besonders im Aus: zige, das mich mit der Schwerindustrie verbunden hat. Während Lande anerkannt. Ebert hat durch seine Persönlichkeit mehr meiner Amt's eit habe ich mit dieser Industrie weiter teine dazu getan, um das Ansehen des deutschen Boltes im Auslande Berbindungen unterhalten, als mit allen übrigen Kreifen der Wirt wiederherzustellen als alle nationalistischen Wahrer von„ AnIchaft. fehen und Würde":"
Ein Sohn des Arbeiferstandes, ein Sozialdemokrat als erfolgreicher Staatsmann und als allgemein geachtete Person lichkeit das ist etwas, was die Rechte nicht ertragen tann, as bedeutet die Bernichtung aller Borousfegang ihrer Bolifit. Kein Wunder, daß Ebert für sie fein Staatsmann don Rang, fein Ehrenmann fein darf ein Wunder, daß sie in der Form des schmugigsten Berleumdungsfeldzugs, den die Gechichte tennt, ihre Borbereitungen zur Reichspräsidentenwahl betreibt, die im Mai dieses Jahres durch Boltswahl er folgen foll
Der 11. Februar mahnt uns an diesen Schicksalstag. Un ihm wird es sich entscheiden, ob sich das deutsche Volf als reif zur Selbstregierung erweist oder ob es durch die Bahl eines un würdigen sich selbst verliert.
fchen Stahlwerte
meinem Ruhegehalt leben
Als ich dann in das Rabinett
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Weifer, sprach Beder über die ihm gemachten Borwürfe wegen der Grundlagen der Krebife. Die offiziole Be richtigung hat bereits festgestellt, daß Papiertredit nur zu zu Unjang gegeben wurden, der Reſt teils in Papier, teils in Gold beredinung. Die Oberflächlichkeit der Behauptungen des Berliner Zageblatt" ergibt sich aus der weiteren Behauptung, ich jei im Februar unb Wars 1923 to optimistisch gewefen zu glauben, die Mart werde bei dem damaligen Dollar stand auf achttau feno ftabit bleiben. Damals ftand aber der Dollar tatsächlich nicht achttausend, fondern zwischen einunddreißigtausend umb fieben unboierzigtausend und fein niedrigster Stand mar in jener Zeit über haupt nierzehntausend fünfhundert.
Berücksichtigung föderalistischer Wünsche ,, ohne besondere treter eines Werkes in Düsseldorf , der Firma Dobro.
Verfassungsänderung".
München , 10. Februar.( Eigener Drahtbericht.) Am Dienstag Mittag traf Reichstanzler Luther in München ein, wo er am Bahnhof von dem Ministerpräsidenten Held, dem bayerischen Ge fandten in Berlin und von einem Vertreter des erkrankten Reichsgesandten in München empfangen wurde. Unmittelbar darauf begab sich der Kanzler in das Ministerium des Aeußern, wo ihm fämtliche Minister und Staatsräte vorgestellt wurden. Hierauf fand in der ehemaligen Kammer der Reichsräte eine Begrüßung des Kanz lers durch den Landtag statt, wobei dessen Präsident u. a. erklärte: Wir erblicken in dem Besuch des Reichstanziers in erster Linie eine Anerkennung der verfassungsmäßigen Rechte des bayerischen Barlaments. Wir vom Landtag vertreten die Auffassung, daß unter meitgehender Anerkennung der staatspolitischen Rechte der Länder Eingriffe der Reichsgewalt in die historisch gewordenen Aufgaben der Länder, in die Verwaltung, Rechtspflege und fulturellen Belange nach Möglichkeit unterbleiben follen. Wir find ferner der Auffassung, wenn eine Wiedergenesung unserer bayerischen Wirtschaft möglich sein soll, daß dann nach der eigenartigen inirtschaftlichen Struktur unseres engeren Baterlandes es notwendig sist, daß die furchtbare Kreditnot der Landwirtschaft befeitigt wird."
In seiner Erwiderung erflärte Reichstanzler Luther , daß er auf das Eigenleben der Länder als einen geschichtlich gemordenen Grundpfeiler des Deutschen Reiches großes Gewicht Tege und sich bemühe, in der praktischen Arbeit die Bestrebungen der Länderregierungen zur Lösung gemeinsamer Aufgaben mit der Reichs regierung mit allen Kräften zu unterstützen. Er wisse sehr wohl die Tatsache zu würdigen, daß auf der einen Seite die Vertretung des deutschen Volkes im Reichstag und in den Bolfsvertretimgen der Länder liege. Auf der anderen Seite müsse aber auch die Tatsache beachtet werden, daß auch die Volksvertretungen der Länder ihre Gesamtarbeit so einstellen, daß Volt und Vaterland in seiner Gesamt heit, also dem ganzen Deutschen Reich, gedient fei.
Biertens: Das Berliner Tageblatt" behauptet, die, hiha habe den Ruhrindustriellen dirett Kredite zugeführt gemacht, besonders die Bestdeutsche Gruppe der Großindustrie. Im und der größte Teil der Industriellen hätte davon ausgiebig Gebrauch ganzen feien es etwa über hundert Industrielle gewesen. Diese Behauptung ist mit Ausnahme eines einzigen Falles völlig aus der Luft gegriffen. Die Genannten haben niemals einen Pfennig dus der Hita" erhalten. Wohl aber ist es dem Ber treter eines Wertes in Düsseldorf , der Firma Dobro molsti, gelungen, die Kommission zur Hergabe eines größe ren Betrages zu bewegen, unter der Behauptung, er müsse fouft schon anderen Tages feine Betriebe sperren und Arbeiter entlassen; andererfeits sei ihm hilfe vom Ministerium bereits zugesagt. Darauf habe ich, als ich vom Referenten des Wirtschafts ministeriums davon die erste Kenntnis erhielt, sofort angeordnet, daß der Betrag zurücgefordert werde und eine eingehende Untersuchung angestellt merde, ob nicht eine Vorspiegelung des Kreditnehmers vorliege und strafrechtlich gegen ihn vorzugehen sei. Kreditnehmers vorliege und strafrechtlich gegen ihn vorzugehen fei. ( Hört! hört! rechts.) Die Rückzahlung ist demnächst er= folgt. Die Untersuchung wurde von der Staatsanwaltschaft fort geführt, murde aber lange nach meinem Ausscheiden aus dem Reichswirtschaftsministerium eingestellt.
Fünftens: Das Berliner Tageblatt" nennt die Namen der be. treffenden Referenten im Reichswirtschaftsministerium. Beide Herren sind von mir beim Eintritt in das Minifterium von meinem Bergänger, dem sozialdemokratischen Kollegen Schmidt, übernommen worden. Die Objektivität des einen wird wohl auch das Berliner Tageblatt" nicht bestreiten, menn ich hier ohne jede Nebenabficht fest stelle, daß er der Sozialdemokratischen Partei angehört.
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fich um mehr als zweitausend Goldmillionen handeln, fo genügt es, Sechstens: Wenn das Berliner Tageblatt" behauptet, es dürfte auf die offiziöse Feststellung hinzuweisen, daß der Ausschuß zur Unterstützung der Industrie überhaupt nur zur Ausgabe von zweihundert Goldmillionen ermächtigt war, denen nur zehn Goldmillionen verwendet worden sind. Also der weihundertste Teil dessen, mas das Berliner Tageblatt" be hauptet hat.
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und das Urteil darüber, wie leichtfertig das Berliner Tageblatt" Ich kann mich auf diese tatsächlichen Feststellungen beschränken mit den Tatsachen und Zahlen umgesprungen ist, diesem Hause und allen Anständigen außerhalb dieses Hauses überlassen. Vielleicht darf ich noch darauf hinweisen, daß eine anständige Breffe in diesen Zeiten fich gewiß nicht dazu hergeben wird, dem Ausland Kampfmaterial zu liefern.( Große Unruhe und Erregung links. Lebhafte Buftimmung rechts.) Und daß man nicht an dem höchsten rühren darf, was ein parteipolitischer Gegner besitzt, nämlich an seiner persönlichen Ehre!
Anschließend fand ein Empfang des Reichstanzlers durch die Im Reichstag hat diese vor der Tagesordnung" abgeMünchener und auswärtige Bresse und hierauf eine Begrüßung durchgebene Erklärung des gewesenen Wirtschaftsministers nicht so die städtischen Behörden im Rathaus statt. Dann folgte der Reichs- fort besprochen werden können. Sie geht deshalb in den fanzler einer Einladung des Ministerpräsidenten zu einer privaten Parlamentsberichten als unwidersprochen ins Land. Daß Aussprache, in der man sich über die spezifisch bayeri- fie dadurch richtiger und gewichtiger werde, muß allerdings schen Wünsche zur Ausgestaltung der Selbständigteits bezweifelt werden. rechte der Bänder beschäftigte. Im Mittelpunkt dieser Unterrebung stand naturgemäß die befannte Dentschrift der baneri fchen Regierung zur Revision der Weimarer Berfassung Der Kanzler machte dem Ministerpräsidenten Held dabei eine Reihe von Vorschlägen, wie den Wünschen Bayerns ohne bejon dere Verfassungsänderung Rechnung getragen werden fönnte. Der Kanzler wies auch darauf hin, daß der Reichsrat fchon
Denn wenn es auch richtig ist, daß der Ausschuß zur Unterstützung der Industrie" etatmäßig nur zur Ausgabe von zweihundert Goldmillionen berechtigt war, so find bekannt. lich während des Ruhrkampfes so viele Geldmittel ohne Rüd ficht auf irgendeinen Etat an die Ruhr geflossen, daß die ganze deutsche Währung dadurch ruiniert wurde. Im übrigen werden die Zahlen des Herrn Becker doch sicher vom Berliner Tage
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die letzte Rede des Ministerpräsidenten Anlaß zu schärferer Kritik. Jedenfalls jei es ungeheuerfio, ben Rhein als für die Erhaltung des Friedens notwendige Grenze zu bezeichnen. Longuet schloß mit der Erflärung, daß er unter der Bedingung, mit der vorgeschlagenen Entschließung einverstanden sei, daß diese wirklich den Ausdrud der verfchiedenen Strömun gen bilde. Drouot und Grumbach traten für die Fraktionspolitif ein und polemisierten gegen die Behauptung der Minderheit, die Partet fet von ihren Prinzipien abgewichen. Dumoulin, ber ehe malige Sekretär des Gewerkschaftsbundes, bezeichnete die letzte Rede herrlots als im höchsten Grade gefährlich, da fie die Erfolge der Politit non London und Genf endgültig zu tom promittie ten drohe. Er sprach sich aber für uneingeschränkte Bortfehung der bisherigen Politie aus.
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her Führer der Opposition, faßte dann noch einmal alle gegen die Haltung der Frafiton geltend gemachten Argumente zusammen, gab aber zugleich in glänzenden Ausführungen der Auffassung Ausdrud, te inen Umständen die Rede sein fänne. daß von einer Preisgabe der unterstügungspolitik unter Die Frattion müsse sich nur hüten, in allzu große Abhängigkeit von den anderen Parteien der Mehrheit zu geraten. Auch Bracke trat dafür ein, daß sich der Parteitag auf eine einheitliche Entschließung über die allgemeine Bofitif einige. allgemeine Bofitit einige. Am Dienstagnachmittag begann die Aussprache über die bei den bevorstehenden Gemeindewahlen einzuschlagende Taktik.
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Kolonien statt Bargeld?
Brüffel, 10. Februar.( Eigener Drahtbericht.) Belgische Blätter lassen sich aus Paris melden, daß dort augenblicklich ernsthaft die Möglichkeit erwogen und erörtert werde, die französischen Kriegsschulden an England und Amerika durch Abtretung gewiffer Französischer Kolonien zu begleichen. Dabei sollen in Be tracht kommen für die Abtretung an England die Hebriden und eu- kaledonien nebst den umliegenden Inseln, an die Vereinigten Staaten die französischen Antillen, ferner Tahiti , sowie die Gesellschafts- und Marquis- Inseln. 3mar sträube sich noch die öffentliche Meinung Frankreichs sowie die Regierung dagegen, aber die Strömung, die diesen Vorschlag für diskutabel halte, wachse, zumal Frankreich bei dem großen strategischen Wert dieser Kolonien für die angelsächsischen Mächte einen großen Breis fordern, könnte. Außerdem gebiete die finanzielle Lage Frankreichs eine derartige Lösung, denn die genannten Kolonien liefen ohnehin Gefahr, unter die Kontrolle der Gläubigerstaaten zu gelangen, da Franfreich ohne Aufnahme von neuen Anleihen dieje Kolonien taum meiterhin verwalten förne.
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Prag . 10. Februar.( Eigener Drahtbericht.) Die Rommunistische Partei hatte für heute abend auf dem Altstädter Ring eine Demonstrationsversammlung gegen die Leuerung einberufen. fam hierauf in der Stadt, besonders auf dem Wenzelsplak, An der Bersammlung nahmen mehrere tausend Personen teil. Es zu Zusammenstößen mit der Polizei, die gegen die Menge vorging. Der offizielle Polizeibericht fagt, daß gegen die Polizei Riefelsteine geworfen worden seien. Darauf gab die Polizei eine Revolver alve gegen die Menge ab; fünf Personen wurden perfekt, darunter follen drei Schwerverletzte sein. Auch einige Polizeibeamie wurden durch Schüsse verlegt. Die Zusammenrottungen dauerten längere Zeit, die Polizei ging wiederholt gegen die Menge vor. Gegen 29 Uhr abends erschien Gendarmerie, die den Blaz raumte. In der ganzen Stadt herrscht große Aufregung, besonders, in der Bevölkerung der Arbeiterviertel. Die Stimmung ist sehr gereizt, zumal morgen sich das Parlament mit der Teuerung beschäftigen soll, bis jetzt aber noch nichts über Absichten der Regierung gegen die Teuerung und den Bucher bekannt ist.
Ohrfeigen statt Hilfe. Der Finanzausschuß des Völlerbundes hat auf die dringendsten Hilfegefuche der deutschWirtschaft und österreichischen Regierungsabordnung- Industrie sind am Ende eine Enticließung gefaßt, die in gebäifigen Ausbrüden die( drückend barte) Turchführung ber Sanierung und die Regierung tabelt. In Deutschösterreich berricht große Erregung, unsere Genossen fordern, daß der Hauptausschuß des Nationalrats fich von der Abordnung Bericht erstatten lassen.