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MbenSausgabe Hr. 71 42. Jahrgang Musgabe B Hr. 35
S«Stf6i6«»iinfliinetR und«njtiflenpwtf« find in der Morgenausgabe angegeben Sebotfion:£10. 66, Cinbeaflrafje 3 Zernsprecher: VSnhoN 282 296 Xel.'l(brcffe:Sa3ialb(mo(taf Berit»
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Zentralorgan der Sozialdemokratifchen Partei Deutfd�lands
Rechtsblock-Parlamentarismus. Ein neuer Anschlag auf die Reichstagsrechte.
Die Rechtsparteien unternahmen gestern im Steueraus- fchuß des Reichstags auf Grund einer Anregung des Staats- fekretär P o p i tz den Verfluti, durch den Steuerausfchuß be- schließen zu lassen, daß für das Jahr 192S nur die Hälfte der Vermögenssteuer erhoben werden, die andere Hälfte gestundet werden soll. Diese wichtige Entscheidung sollte im Ausschuß, nicht im Plenum vor der gesamten Oeffentlichkeit unter der Hand getroffen werden. Der Versuch soll wiederholt werden Die sozialdemokratischen Mitglieder des Sleucrausschuffes haben darauffhin dem Vorsitzenden des Ausschusses, dem Abg. Dr. Obersohren, folgenden Brief gesandt: .Am Schluß der gestrigen Sitzung des Steuerausschustes des Reichstages ist infolge des von unserer Seite erhobenen Ein- spruches die Absicht ausgegeben worden, den Ausschuß weiter mit dem Plan der Stundung der am 15. Februar fälligen Dermögenssteuerrate zu befassen. Sie selbst, geehrter Herr Kollege stellten als Vorsitzender die Einbringung eines Initiativ- gesetzentwurses zur verfassungsmäßigen Verwirklichung der ron den Parteien der Rechten gehegten Wünsche in Aussicht. Nun geht uns heute dieEinladungzuetnerSitzungdes Steuer- Ausschusses am Freitag, den 13. Februar, zu, mit der Tagesordnung: »Verschiebung der ersten Vorauszahlungsrate auf die Vermögens­steuer vom 15. Februar auf deu 15. Mai 1925." Der Ausschuß hat sich nach§ 38 der Geschäftsordnung nur mit den ihm überwiesenen Gegenständen zu beschäftigen. Der aus der Tagesordnung stehende Gegenstand ist dem Ausschuß nicht über- wiesen Von den Bestimmungen der Geschäftsordnung kann nur abgewichen werden, wenn niemand widerspricht. Wir wider­sprechen hiermit der Beratung des für die Sitzung vom 13. Februar vorgesehenen Gegenstandes und ersuchen Sie, dir Einberufung dieser Sitzung rückgängig zu machen." Die Absicht, unterderhand die Interessen des Besitzes wahrzunehmen unter Verkümmerung der Recht« des Reichs- tags, charakterisiert den Besitzblock! Der Zorn der deutsthnationalen. Wieder wars uischt! Beschimpfung der Rheinländer. Die Wahl von Dr. Marx zum preußischen Minister- Präsidenten wird von der Rechtspresse mit fast noch größerem Zorn aufgenommen als seinerzeit die Wahl von Otto Braun  . Diese Wahl und alles, was inzwischen über die voraussichtlich« Konstruktion des Kabinetts Marx bekannt geworden ist, zeigt den Rechtsparteien, daß ihr Erfolg in Preußen nicht sehr wahr- scheinlich ist, und daß ihr tatsächlicher Erfolg im Reiche auf sehr schwankendem Grunde ruht. Sic verstehen recht gut, was eine Regierung Marxin Preußen für den Rechtsblock im R e i ch e bedeutet. Auf alle Fälle macht die.Zeit", das Organ der Volks- partes, sich stark und schwört Konsequenz in der Opposition auch gegen Marx: .DieGermania  " deutet in sehr durchsichtigen Wendungen an, daß das Zentrum leicht in der Lage wäre, im Reichstag   die Rechnung zu präsentieren, die man ihm im P r e u ß i- schen Landtag nicht honorieren will Derartige E i n s ch ü ch. terungsversuche werden ganz ohne Wirkung bleiben. Die Landtagsfraktion der Deutschen Volkspartei   hat bereits dem Mi. Nisterpräsidenten Braun die Frage verneint, ob sie gegebenenfalls bereit sei, ein Kabinett der Weimarer Koalition unter einer anderen Führung als der des Herrn Braun zu konsolidieren. Wir wissen nicht, ob der neugewählte Ministerpräsident Marx sich mit einer ähnlichen Frage an die Fraktion der Deutschen Volkspartei   wenden wirb Es ist ja vorläufig überhaupt noch ungewiß, auf welche Weise Herr Marx versuchen wird, eine Regierung aus die Deine zu brin- gen. Sicher aber ist, daß sich die Haltung der Landtags- fraktion der Deutschen Volkspartei   in keiner Weise geändert hat und sich auch nicht im geringsten ändern wird" Man wird abwarten müssen, ob der Wein der kon- sequenten Opposition wirklich getrunken wird. Zwischen Lipp' und Kelchesrand kann sich leicht ein Stresemann eindrängen. Die deutschnationale Presse aber tobt. Es war wieder nischt! Heute auch noch keine Portefeuilleverteilung. Sie müssen sich weiter die Füße in den Leib stehen. Da sollen sie nicht schimpfen! Die-. Deutsche Tageszeitung" schreibt: »Ganz abgesehen aber noch von der Person des Herrn Severins bedeutet dieses ganze Kabinett eine direkte Her- ousforderung der bisherigen Opposition, ja des ganzen Landes. Es ist mehr als ein starkes Stück, wem, mau anderen bürgerlichen Parteien zumutet, ein solches Gebilde einseitigster und anspruchsvollster Parteipolitik zu unterstützen oder auch nur ohne allerschärfsten Widerstand zu ertragen. Und ein noch stärkeres Stück, wenn die.Germania" gegenüber der DeiU- schen Volkspartei Andeutungen macht, die sich als ziemlich wwerhüllt« Drohungen charakterisieren." Die Deutschnationalen, deren Herr v. Kries nun den zweiten Durchfall hinter sich hat. tun so. als ob s l e das ganze Lind und das Volk allein wären. In diese Kerbe haut die �K.reuzzeitung", das Organ derecht preußischen Wrumer".«jh� Beschimpfung«« gegen das kommende
Kabinett Marx sind echt konservativ gemein. Unter der Uebcrschrist:Lauter westliche Minister" schreibt sie: .Wird dieses Kabinett Marx Wirklichkeit, dann muß man sich wirklich über den Mut derjenigen wundern, die dem preußischen Volke ein solches Ministerium aufzudringen wagen. Das über- wiegend evangelische Preußen soll von vier katho- lischen Zentrumsministern, einem internationalen Dissi­denten und drei Demokraten regiert werden! AlledieseHerren stammen aus dem Westen; nicht ein Minister ist im Norden oder Osten, in Pommern   oder Schlesien   heimisch." Lauterwestliche Minister", keiner aus Pommern   oder Schlesien   man versteht recht gut, wie es gemeint ist. Westliche Minister" nicht wahr, das hat so einen kleinen Hautgout, so wie nicht patentiert national, daß man beinahe lagen möchte, es riecht fast wie Landesverrat? Im Westen liegt ja auch Frankreich  , undwestliche Minister" nun ja, man weiß schon, wie dieKreuzzeitung  " es meint. Keiner aus Pommern  , keiner aus Schlesienl Nun wissen wir es ja: der echte Preuße und der echte Deutsche   ist ein Ostelbier, die gememen Rheinpreußen, die aus Westfalen  , die N i e d e r s a ch s e n, die wir bisher für kernigste deutsche Männer hielten die sind keine echten Preußen und Deutschen  , die sind zweitklassig, nur gut dazu, Anhängsel an Pommern   und Schlesien   zu"sein. Man denkt an die Mißachtung derNationalpost" gegen dieRhein- ketten". DerRheinkelte" Marx mit lauter west- lichcn Miuistern und kein Ostelbier aus agrarischem Stamm? Da soll die deutschnationale Meute nicht aufheulen? Diese Verleunider sind es, die immer die Rücksicht auf das Staatswohl im Munde führen, wenn sie an der Zersetzung seiner Einheit arbeiten. Anders sieht staatspolitischs Verant- wortung aus als das Treiben der Deutschnationalen. Die Germania  " schreibt: Innenminister bleibt Severing, dessen fachliche Eig- n U n g ernstlich nicht bestritten werden kann. Die Sozialdemo- k r o t i e beuieist jedenfalls ein bedeutendes Maß staats- bürgerlicher Einsicht, wenn sie sich mit dieser Regelung einverstanden erklärt" Die Sozialdemokratie hat in der Tat in Preußen das Staatsinteresie über das reine Agitationsinteresse gestellt. Das Geheul der Deutschnationalen zeigt: sie hat recht getan. Jjiöor Kreils presse. Verlegene Ausrede. Wie auf Kommando wußte die Rechtspresse zu schweigen, als die Enthüllungen über denZeugen" Isidor Krell aus Kallmünz   erfolgten. Die vorliegenden und angedeuteten Dokumente dieses mit falschen Pässen und reichen Geldmitteln ausgestatteten deutschnationalen Vertrauensmannes sind aller- dings zu blamabel, als daß die Stahlhelm-Leute um Rothardt sich eine andere als Ueberraschungswirkung davon hätten ver- sprechen können. Nun sie ohne ihr Zutun doch der Oeffentlichkeit übergeben worden sind, also die Benutzung der Kreil-Aussagen während der Prozeßverhandlungen so gut wie ausgeschlossen sind, suchen einige der Rechtsblätter von dem Kern der Dinge abzu- lenken. Sie veröffentlichen eine Zuschrift der Verteidiger Rothardts, wonach diese zwar sich um Kreil bemüht haben, aber auf seine Aussage keinen Wert mehr legen. Das ist alles: Von den reichen Geldmitteln, die dem Isidor Kreil zugeflossen sind, schweigt die Rechtspresse in allen Sprochea Der Hugen- berg-.,Tag" glaubt die ganze Sache mit einigen Redensarten abtun zu können. Aber in derNationalpost" gibt der Emil Ktoth zu, daß er, der Hauptzeuge und Materialbesorger des völkischen Angeklagten, diesen vor der Hauptoerhandlung mehrfach beraten habe. Er gibt weiter zu. daß Rot- bardt an den Kreil 100 Mark geschickt habe, damit dieser nach Stoßfurt kommen und ihm sein Material unterbreiten könnp. Nun ist die Glaubwürdigkeit dieses Emll Kloch zwar selbst von dem Magdeburger   Gericht entsprechend gewürdigt worden, indem alle seine Behauptungen als glatt widerlegt angesehen wurden aber in diesem Falle wird er doch nicht die Unwahrheit sagen. Also Herr Rotbardt gibt durch Ätoth zu. daß er mit Krell in Briefwechsel gestanden und ihm Geld geschickt hat._ Wer besorgte nun die Pässe und bezahlte die Schweizer  Reise? U. a. w. g.l_ Koenen. Tie KPD. wird sich mit der Angelegenheit beschäftigen." Als die ersten Mitteilungen über Beziehungen finanzieller Art zwischen K o  « n c n und B a r m a t bekannt wurden, erließ Herr Koenen«in« hochgeschossen« Erklärung. DieRote Fahne  " aber setzt« in Fettdruck darunter:Di« Kommunistische Part«l wird sich mit der Ang«legenh«ii beschäf. tigen." Inzwischen sind Im Untersuchnuasausschuß unwidersprochen Mit. teilungen über tM Beziehungen zwischen Koenen und B a r m a t gemocht worden, dt« alle Erklärungen Koenen» Lügen strafen. Hat die Kommunistische Partei sich m't d:r Angelogenhnt beschäftigt? Oder hat mau nur zu Vsrtuschungszwecken den schönen Satz geprägt: .Di« Kommunistisch  « Partei wird sich mit der Angelegenheit be- schäftigen?"
der Tscheka  -prozeß. Die Verhandlungen in Leipzig  . Vor dem Staatsgerichtshof hat in Leipzig   am gestrigen �Tage ein Prozeß begonnen, der bereits jetzt schon geeignet ist, die größte Aufmerksamkeit zu. erregen und der voraus- sielitlich noch weiter das Interesse der Oeffentlichkeit in An- spruch nehmen wird. Es handelt sich um die Untersuchung der sogenannten von der KPD.   organisierten T s ch e k a, der die Beseitigung von politischen Gegnern oder von Spitzeln zur Aufgabe gestellt gewesen sein soll. Die Kommunisten haben ein sehr probates und ein- faches Mittel, ihnen unbequeme Dinge aus der Well zu schaffen. Jeder, der in einem Prozeß in die Lage kommen könnte, die KPD. durch Aussagen irgendwie zu belasten, wird schlankweg für einen Spitzel erklärt. Der Fall Bötzen- Hardt ist in aller Erinnerung. Seine Flucht in das Ec- bäude der russischen Sowjet-Handelsdelegation führte zu dem bekannten Zwischenfall zwischen Deutschland   und Rußland  und zur zweimonatigen Unterbrechung der 5)andelsbLzichun- gen. Da den Moskauern es außerordentlich peinlich war, daß durch diese Flucht das Vorgehen der preußischen Polizei auch nur einen Schein von Berechtigung erhielt, so wurde schlankweg der Befehl ausgegeben, Botzcnhardt zu verleugnen, und prompt wurde dieser Mann, dessen subjektive Ehrlichkell und idealistische Ueberzeugung außer jedem Zweifel steht, in derRoten Fahne" zum Spitzel erklärt. Nicht anders wird die Geschichte jetzt von der KPD.   ge- handhabt Der Hauptangeklagte im Leipziger   Tschckaprozeß, ein gewisser Felix N e u m a n n, war nachweislich und un- widersprochen jahrelang Parteifunktionär und zuletzt ange- stellter Sekretär der KPD  . Die übrigen mit ihm in das Ver- fahren verwickelten Personen sind ebenso unbestreitbar seit Iahren Mitglieder und engere Vertraucnspersonen der KPD   Die Sache ist also brenzlich. Prompt wird mit großem Geschrei von der KPD  . Felix Neumann   offiziell als geisteskranker Spitzel ausgegeben. Tagaus, tagein kreischt die«Rote Fahne  " wie eine hysterische alt« Jungser über die Gemeinheit der bösen Mitwelt, in der die unschuldigen Engel der KPD. zu leben gezwungen sind. Mutig und würdig wird man.ein solches Verfahren nicht nennen können. Wenn nun Neumann ein Spitzel war ist es da nicht sehr merkwürdig, daß seine Aussagen über die militärische Organi- sation der KPD  . so ganz und gar nicht aus den Fin- gern gesogen zu sein scheinen. An der Spitze dieser Organi- sation stand nach der Angabe Neumanns ein gewisser K leine". DieRote Fahne  " geht heute morgen um diese Aussage noch mit einem großen Bogen herum. Wir sind neugierig, wie dieRote Fahne  " morgen den passenden Vers dazu gefunden haben wird. Sollte ihr dieser Kleine wirk- l i ch ganz unbekannt sein? Sollte auch die Redaktion der Roten Fahne" vergessen haben, wer und was dieser Kleine war und welche Nolle er in der Zentrale der KPD. zu Brand- lers Zeiten gespielt hat? Nach den auslührlichen Schilde­rungen Neumanns ging die" Kommunistische Partei   im Sommer 1923 dazu über, ihren militärischen Apparat weiter auszubauen. An die Spitze wurde ein Revolutionskomitee gestellt, das. wie alles in der KPD., nach russischem Muster R e v k a".genannt wurde. An der Svitze stand Herr Kleine". Die Arbeit des Revko gliederte sich in verschiedene Abteilungen: irnlitärische Organisation Ulbrich, operative Lei- tung ein russischer Offizier Skoblewski. Gorew, den man sich von der Exekutive schicken ließ, Verkehrsabteilung Heckert lals Gewerkschaftler!) und Nachrichtendienst Felix Wolfs. Untergeordneter Natur war wohl die Ernährungsabteilung mit Herrn K a tz an der Spitze. lieber Felix Wolfs(der Vorsitzende fragt naiv, ob das ein Russe sei) sagt Neumann aus, daß er in der russischen Handels- delegation gesessen habe. Schon diese eine Bemerkung Neu- manns zeigt, daß er vollkommen unterrichtet ist. Ist er wirklich ein Snitzel. dann baden sich die verantwortlichen Herrschaften der KPD  . diesen Spitzel in sehr unangenehmer Weise zunahe kommen lassen. Sie haben dann e n t s ch i e- den Pech gehabt. Daß der augenblickliche Prozeß eine r e st l o s e Aus- klärung der Vorgänge in der KPD  . geben wird, glauben wir nicht. Er wird aber doch genügend das ganze Milieu dieser verbrecherischen Revolutionsspielcr beleuchten. Mit Revol- vern und Maschinengewehren, mit Stoßtrupps und Svreng- versuchen eine Reoollition zu machen, diese kindische Idee ist in den Köpfen der KPD.  -Führer schwer auszurotten Im Herbst 1923 sind ihre Versuche genau so vorbeigelungen, wie im März 1921. Sie werden immer wieder vorbei- gelingen, aber unendlicher Schaden wird der deutschen Ar- beiterbewegung dadurch zugefiigt, daß diese Phantasten die geschlossene proletarische Bewegung dauernd unterminieren können. Gewiß wird es in erster Linie von der allgemeinen europäischen   Entwicklung abhängen, ob die Rückwärts- cntwicklung der kommunistischen   Bewegung weitere Fort- schritte machen wird. Die Aufklärungen des augenblicklichen Leipziger   Prozesses werden aber zweifellos ebenfalls erheblich zur Ernüchterung der verführten Arbeitermassen bei- tragen. Eine Ernüchterung ist ja bis zu einem gewissen Grade auch in den Reihen der kommunistischen   Führer selbst zu verzeichnen. Beweis das Interview S t a l i n s in derRoten Fahne". Es wird zugegeben, daß zur Weltreoolution, wie die Kommunisten sie sich vorstellen, einstweilen noch alles fehlt: die revolutionäre Situation, die Zurückdrängung der Sozialdemo- kratie zu einer kleinen Minderheit im Proletariat, schließlich