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/luftlarungen üer Handelskammer. Und wieder Patzkleinkram?
Zu Beginn der Sitzung teilt der Vorsitzende Dr. Leidig mit, daß am Freitag, 10 Uhr, noch eine kürzere Sitzung anberaumt werden soll, zu der der frühere Finanzminister Dr. v. Richter geladen wird. Es soll dann eine Pause bis zur nächsten Woche«in- treten. Cs wird zunächst vernommen der Syndikus der Berliner   Handelskammer Dr. Meyer. Er soll sich darüber äußern, weshalb die Industrie- und Handels- kammer das abfällige Gutachten des gerichtlichen Sachver- ständigen Behr über Kutister und die Stcinbank u n. günstig kritisiert Hab«. Der Zeuge gibt an, daß die Kammer zunächst ein eigenes Gutachten an den Generalstaatsanwalt er- stattet habe. Weiter sei beim Landgerichtspräsidenten eine B e- schwerde über die Tätigkeit des Behr erhoben worden auch wegen anderer erstatteter Gutachten. Die Beschwerde lies auf den An- trag hinaus, daß Behr als Sachverständiger in Bank fachen nicht mehr zugezogen würde. Die Gründe dafür lagen darin, Behr war wohl für K I e i d e r s a ch e n als früherer Inhaber eines solchen Geschäfts zuständig, nicht aber für Banksachen qualifiziert. Er führte jedoch einen Stempel mit dem Aufdruck .gerichtlich vereidigter Sachverständiger"', mit dem die Gutachten unterstempelt wurden, daraus war nicht erkennbar, daß er eben nur für Kleider Sachverständiger war. Ferner waren feine Gutachten fast durchgehend falsch. So sei es ihm passiert, daß er in einem Fall« Papier- und Goldmark verwechselt hat. Des weiteren waren sein« Gutachten nicht lediglich sachlicher Natur. Er erhob in ihnen auch persönliche Angriffe, so auch gegen führende Per- söillichkeiten des Bankgewerbes, bei denen«ine Begründung für die Angriffe nicht vorhanden war. Was die Sache Kutisker anlangt, so hat die Industrie- und Handelskammer in ihrer Beschwerde an den Landgerichtspräsidenten für notwendig gehalten zu betonen, daß sie die Persönlichkeit des Kutisker nicht zu schützen beabsichtige. Um einige Fragen der Ausschußmitglieder zu beantworten, ver- liest Syndikus Meyer das Gutachten der Industrie- und Handels- kammer in Sachen Kutisker. Das Gutachten beschäftigt sich zunächst mit der Frage, ob die von Kutisker in Rechnung gestellten 2 2 P r o z. Zinsen taglich für das betr. Darlehen in höhe von 10 000 Bil- l'onen Papiermark an eine Erfurter   Firma, fest für 10 Tage, als zu hoch angesehen werden müssen und kommt zu dem Schluß, daß diel er Zinssatz in der damaligen Zeit nicht als Wucher zu be- zeichnen ist. Es handelt sich um die Tage vom 23. November bis 4. Dezember 1923. Daß später eine Entspannung eingetreten ist, ändert nichts an dieser Beurteilung des Abkommens, es hätte ja auch bei einem weiteren Anziehen des Kurses Geltung behalten. Tatsächlich hat die Firma von Stein-Kutisker das Darlehen nach Ablauf der zehn Tage von dem Erfurter Geldnehmer, der übrigens in Bezug auf Zahlungsfähigkeit nicht über jeden Zweifel erhaben war, nicht zurückerhalten. Die Stein-Bant hat dann für jeden weiteren Tag auf das Grunddarlehen von 10 000 Billionen Papier- mark 4 Proz. Verzugszinsen berechnet. Dieser Satz muß iwar als etwas hoch angesehen werden, kann aber nach Ansicht der Industrie- und Handelskammer   auch nicht als Wucher bezeichnet werden. Auf eine Frage des Abg. Dr. vadk(SozI äußert sich Syndikus Dr. Meyer auch zu der Frage, wie die Handelskammer dazu kam. die Erteilung der Großhandelserlaubnis an die Amerima zu befür- warten. Es log ihr diesbezüglich eine Anfrage des Landes- polizeiamtes Berlin   vor, die sich auch mit dem rechtlichen Charakter dieser Frage, in Bezug darauf, ob«ine solche Erlaubnis botwendig fei, well dos Stammhaus- der Amerima sich in Holland   defind«, besaßt«. Di« Industrie- und Handelskammer äußerte die Austastung, daß ein« Handelserlaubnis erforderlich sei. Die Industrie- und Handelskammer hat dann Nachfrage über die Amerima in Kreisen der deutschen   Lebsnsmittelfinnen gehakten und auf Grund der eingegangenen Antworten erklärt, es dürfte stch bei der Handelzerlaubnis für die Amerima, die äugen- scheinlich ein größeres Unternehmen darstelle, auch um volkswirtschaftliche Bedürfnisse handeln. Ueber die Zuverlässigkeit der Firma hat sich die Industrie- und .Handelskammer nicht geäußert, weil es sich um«in ausländisches Unternehmen handelte und diesbezüglich-' Informtionen daher der Polizei bester bekannt fein mutzten als der Handelskammer. Abg. Dr. Veerberg(Dnat.j: Für die subjektive Seite der Sache war die Polizei zuständig: was das vielleicht der Herr Polizei- Präsident? Borsitzender Dr. Leidig: In Berlin   wird die handelserloubni« nicht vom Polizeipräsidenten, sondern von einer besonderen k o l- kegialen Behörde ausgestellt. Damit sit die Vernehmung des Zeugen Meyer beendet Ministerialdirektor köpke vom Auswärtigen Amt   soll sich äußern über die Beziehungen der Gebrüder Barmat zum Auswärtigen Amt  , wobei e« sich wesentlich »m Paßangelegenheiten handelt. Im Iamiar 1921 erhielt der Zeuge als Vertreter des erkrankten Ministerialdirektors von Stockhammern, der die Ostabteilung leitete, einen Brief vom ileichskanzlsr a. D. Bauer, in dem um Erleichterung der Durch. reis  « der aus der Ukraine   geflüchteten, in Rumänien  nusgeiundenen Familie Barmat nach Holland   gebeten wurde. In den Voraklen besand sich ei» Vermerk:.Der Reichsmimster des Innern ist damst einverstanden.'' Uni die Durchreise dieser Personen kontrollieren zu können, habe ich, so bekundet der Zeuge weiter, um entsprechende Mitteilungen der Grenzbchörden gebeten. Weiter bin ich nicht mit dieser Sache besaßt worden. Als dann im Januar des Jahres dos Bureau des Reichspräsi- deuten sich mit uns in Verbindung setzt«, um die in der Presi« er­hobenen Beschuldigungen dementieren zu können, habe ich Anw«'- !ung gegeben, sämtlich« Barmat betreffenden Akten aus allen Abteilungen zu einem besonderen Band zusammenzuziehen. In dies« Akten hat ledialich die mit der Sache besaßt« Stell« des Bureaus des Reichspräsidenten   Einsicht gehabt. Jetzt befinden sich die Akten beim Reichstags-Untersuchungsausschuß. Ich habe in dem Ersuchen lediglich ein« humanitäre Maßnahme erblickt. Abg. Dr. Saufhold(Dnat.) bittet um Berlesun« eines Blattes. das sich auch auf ein Dauervisum für Julius Barmat im Jahr« 1919 bezieht. Der Zeu ge weiß nur aus den Zeitungen davon: die Vorgänge wüsten in den Akten fem. Abg. Dr. kaufhold(Dnat.): Es bandelt sich um den Vermerk des Reichspräsidenten aus einem Telegramm aus Amster- dam an den Bersttzenden der Sozialdemokratischen Partei Wels. Dieses Telegramm ist auf irgendeinem Weg« in die Hände des Reichspräsidenten gekommen, und dieser hch dann mit Bleistift die Randbemerkung gemacht:Wünsche, daß der Ge- sandte im Haag noch einmal ersucht wird." Zeug« hat im Januar des Jahres im Bureau des Reichspräsi- drnten«in« Feststellung des dort vorhandenen Materials vorge- nmnmen. Mit den Vorgängen im Jahre 1919 selbst Hot er nichts zu tun gehabt. Abg. Dr. veerberg(Dnat.): Mir sit ein« Nachricht zugegangen von einem früheren Angehörigen der deutschen Kolonie Rußlands  , wonach«in großer Teil der Kolon:« vor der deuischen Grenz« zu- qru n de gegangen ist, weil die Flüchtlinge nicht hin üb er kommen kannten. Können Sie darüber irgendein« Auskunft geben? Das wird Sache der Ostobteiiung gswcheo fem.
Borsitzender: Bedeuten die Worte des Reichspräsidenten  Mit dem AnHeim stellen der weiteren Deranlastunz"«in« amtliche Weisung? Zeuge: Nach meiner Auffassung nicht. Aber dem Wunsch noch einer Nachprüfung würde ich an sich unbedenklich Rechnung getragen haben. folgen üer üeutfthaatiooalen Taktik. Wir haben aus Anlaß der uferlosen Debatten, die durch die Aussagen des Kommissars Klinghammer hervorge- rufen wurden, bereits der Meinung Ausdruck gegeben, daß, wenn dies so weitergehe, der preußische Untersuchungsaus- schuß sich um jeden Kredit bringen würde. Am Mittwoch ist es nun so weitergegangen. Schuld daran tragen die Deutschnationalen, die, ebenso wie sie die Vernehmung Klinghammers und Falks beantragt hatten, die Ladung Davidsohns gefordert hatten. Dieser der Ver- lcumdung wiederholt und längst überführte Querulant war wie kein anderer geeignet, die Tintensischpolitik der Deerberg, Kaufhold und Genossen zu fördern. Er hat die sinnlosesten und ungeheuerlich st en Anwürfe gegen Führer der Sozialdemokratie, einschließlich Ebert. ausgestreut mußte allerdings, als er in die Enge getrieben wurde, zugeben, daß er Überhaupt nichts aus eigenem wisse, sondern nur von B a u m e i st e r.(Das gleiche jämmerliche Spiel hatte er bereits in der Sklarz-Affäre getrieben.) Es war nun selbstverständlich, daß unsere Genossen mit Nachdruck die Ladung Baumeisters forderten. Dagegen wandten sich die Vertreter des Zentrums und der Demokraten, sicherlich aus der berechtigten Sorge heraus, daß nun eine neue uferlose Debatte entstehen könnte. Das mag schon sein. Aber unsere Genossen konnten unmöglich die blödsinnigen, angeblich von Baumeister stammenden Verleumdungen Damdsobns auf Ebert, Robert Schmidt und anderen einfach sitzen lassen. Das hätte sich der Ausschuß vorher überlegen müssen, als die
Deutschnationalen aus durchstchöaen Gründen die Berneh- mung Davidsohns beantragten. Der Ausschuß hat nun ein- mal der deutschnational-komnrunistischen Hetze nachgegeben und. wenn er jetzt jcit Tagen alles mögliche Zeugunter-
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sucht", das mit den Krediten der Seehandlung in keinem Zusammenhang steht und dazu geh u. E. auch die Paßangelegenheiten, die heute morgen wieder breitgetreten wurden, so ist das feine eigene Schuld. Das deutsche   Volk wird schließlich durchschauen, welch infame. Spiel die Deutschnationalen in der Presse und in den Aus- schössen unter dem Vorwande derAufklärung" und der Reinigung" seit Wochen mit ihm treiben. Ilm die Heuchelei zu krönen, hat der Deutschnationale Dr. Deerberg gestern behauptet, seine Anträge lägen dock? nurim Interesse des Reichspräsidenten  ". Der Zentrums- abgeordnete Dr. S ch w e r i n g hat diese Aeußcrung halblaut aber treffend alss ch a m l o s" bezeichnet. Bald wird dieses Werturteil Gemeingut aller anständigen Deutschen   hinsichtlich der ganzen politischen Ausnutzung der Barmat-Affäre sein. Und letzten Endes wird der Zweck der ganzen Uebung, die Aufmerksamkeit des ganzen Volkes von dem ungeheuerlichsten Korruptionsskandal der Weltgeschichte abzulenken, kläglich scheitern: wir werden uns durch keinen Terror davon abhalten lasten, in das 7 0 0-M illionen-Panama der deutschnatio­nalen Ruhrindustriellen gründlich hineinzuleuchten'
In dem Bericht der heutigen Morgermummer über den Staat- bankuillersuchuTtgsausschuß hat sich bei der Vernehmung des Zeugen Davidsohn ein sinnstörender Fehler eingeschlichen. Nicht G« nesse Kuttner hat Daumsister brieflich aufgefordert, sein« Beschuldi­gungen gegen Sklarz zu formulieren, wcrous Baumeister gekniffen hat, vielmehr las Genosse Kuttner im Ausschuß einen Brief Davidsohns vor, in dem Davidsohn sich mit äußerster Eni- rüstnng über Baumeistersjämmerliches Verhatten" beschwert, weil Baumeister fortwährend kneif«, wenn er von der Partei out gefordert werde, sein Material vorzulegen. Davidsohn teilt dann in dem Briese mit, daß er Danmeister wegen seines feigen Derhoitens geschnitten" habe. Genosse Kuttner oerlas diesen Brief, weil Davidsohn bei seiner ersten Vernehmung sich mst der höchsten Anerkennung über Baumeister als Mustrrzougen avegesprächen hatte.
Die Katastrophe auf Feche Bn üer Unglücksstätte.
Minister Stein  
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Aus Dortmund   wird uns weiter telegraphisch mitgeteilt:Beim Schichtwechsel hatten sich noch keine Zl n z e i ch e n bemerkbar ge­macht. daß der gefährlichste Feind des Bergmanns  , die schlagenden Wetter, in Bildung begriffen seien. Wenigstens hotten weder die ausfahrenden Bergleute noch die Steiger   irgendwelche Meldungen erstattet, daß in den Wetterstationen und in den Komrollapparaien sich irgendwie verdächtige Anzeichen bemerkbar gemacht haben. Bis zur Stund« ist es noch nicht geklärt, auf welchem Schacht die Explo- sinnen eingesetzt haben. Kurz noch 8,20 Uhr ertönte aus der Grube beraus das bekannte charakteristische Rollen, dem dann mehrere Erplosionen folgten. Die aus der Grube anwesen- den Steiger alarmierten alle?, was über Tinge an Arbeiter» vor- Händen war. Gleichzeitig wurden nach Dortmund   und an Nachbar' schachte Meldungen weitergegeben, die um Hilfe baten. Die gesam- ten Ingenieure der Grube sowie die von der Tagschicht eingekehrten Bergarbeiter eilten sofort an die Arbeitsstätte zurück, wo«in groß zügiger Hilfsdienst organisiert wurde. Trotz der in der Tiefe droherll>ev Gefahren fanden sich mehr als genug Freiwillige. dl« mit Schutzanzügen und Gashelmen unter Leitung der Steiger und Ingenieur« einfuhren, um zu retten, was noch zu retten war. Schon nach den ersten zwei Stunden wurde es leider klar, daß die Schlagwellerkatastrophe fürchterliche Folgen gehabt haben mußte. Ueberall waren duriy die Explosionen die Stempel in den Stollen fortgerissen, die Gänge zun, Teil ver oerschüttet und auf längere Strecken durch Gesteineinbruch jedes Vorwärtskommen verhindert. In ausopsernster Weise drangen die Hilfsmannschaften über entlegene Gänge und vtollen vorwärts. um an die Arbeitsstätten zu gelangen, wo nach menschlicher Berech- nung die Schlagwetterexplosionen Verheerungen unter den Berg- arteitern angerichtet haben mußten. Di« Hoffnung, daß es den Be­legschaften gelungen sein könnte, sich in Qucrstollen zu retten, war bei der Größe der Explosion von vornherein nicht allzu wahrschein­lich. Die Befürchtungen fanden bald ihre Bestätigungen, als man in den Haupt st ollen auf die ersten Leichen der so jäh vom Tode ereilten Arbeiter stieß. In sieborhofter Eile drangen die Retter vorwärts, doch vermochten sie nur in einigen Fällen noch HUs« zu bringen. Die Nachrichten, die im Lause der Nacht zutage drangen. lauteten mehr als trostlos. Bis zum Morgengrauen hatte man etwa 80 Leichen gefunden und an die Förderschächte gebracht. Auf der Grube selbst� wo die Frauen der eingefahrenen Mannschaften mit ihren Kindern harrten, spielten sich herzzerreißende Szenen ab, als nach den Stunden der Ungewißheit die ersten Opfer an die Oberfläche gebracht wurden. Auf Bahren schaffte man die Opfer der Katastrophe in die nahegelegenen Berwoltungsgebäude. wo sie zunächst aufgebahrt wurden. Margens um 5 Uhr wurden die total erschöpften Rettungsmannschaften abgelöst. Die zweite Schicht setzte die Bemühungen, nach etwa abgeschlossenen noch lebenden Gruppen von Bergleuten zu forschen, mit allen Mit- teln fort, doch lauteten die telephonisch weitergegebenen Meldungen wenig trostvoll. Nach den letzten Mitteilungen um 11 Uhr vor- mittags sind außer 80 bereits geborgenen Taten noch weitere 30 aufgefunden worden, die jetzt zutage gefördert werden sollen. vie Ursachen noch nicht onfgeklärt. An der Unglücksstätte wurden an mehreren Stellen Auf- Zeichnungen gesunden, daß einzelne Kolannen noch mehrere Stunden nach der Explosion lebten. Als der Weg zu ihnen freigemacht war, konnten sie aber nur noch als Leichen geborgen werden. Daß von den in der Grube befind- lichen 00 Mann noch ein Teil lebend gerettet werden kann, dafür besteht nach Ansicht der Verwaltung leider nicht die geringste Hoff- nung, zumal ja bereits heute früh um l? 10 Uhr in der Grube selbst 90 Leichen gefunden waren. Die Leichen sind in der neuen Wach- kaue in langen Reihen aufgebahrt und bieten ein erschütterndes Blld. lieber die Ursache der Explosion ist immer noch kein positiver Ausschluß möglich. Verwalter und Vertreter der Bergbehörde, die sofort alle Maßnahmen eingeleitet hatte, erklärten übereinstimmend, daß genaue Feststellungen erst gemacht werden können, wenn die Sohle 1 von den Gasen freigemacht worden sei. Bezeichnend für die Gewakt der Explosion ist die Totiache, daß von ihr die erste, die zweite und die dritte Sohle betroffen wurde». Die erste Sohle be- findet sich 173 Meter unter der Erde: sie ist die niisziehcndc Wetter- sohle, durch die die Ventilation geregelt wird. Gearbeitet wird Haupt- sächlich auf der zweiten und dritten Sohle. Es schwirren die wildesten Gerüchte über die Ursache des Unglücks umher. Unter anderem wird von einer Entzündung der Gase durch die Funken einer Maschine ge- sprachen. Das scheint jedoch noch Ansicht maßgebender Fachleute ak»m möglich. Oberberghauptmann Ooerthun, der mit der Gruben- rettungszentrale Esten ebenfalls hier eingetroffen ist, ist nach seiner ersten Einfahrt van hoitte nacht mit Bergrat Funke, dem General» direktor der Zeche, heute vormittag um 11 Uhr noch einmal in die Grub« eingefahren. Die endgültig« Feststellung wird sich wohl
//' noch über Tage hinziehen. Nach den Vorschrijten werden«ine Fachkommission und dann auch ein parlamentarischer Ausschuß noch eingehende Prüfungen anzustellen haben. Die Rettungsarbeiten sind vom ersten Augenblick an mit voller Energie durchgeführt worden. Um 5�9 Uhr abends rückten bereits die ersten Rettungsmannschaften an. Ihr Vordringen gestaltete sich ober nicht nur dadurch außerordentlich schwierig, daß die Strecken infolge der Explosion starke Brüche erlitten hatten und durch das Gestein versperrt waren, sondern auch dadurch, daß die Zerstörung der Dentilaticm jedes Vordringen jehr gefährlich mochte. Die Rettungsmannschaften mußten infolgedessen mtt aller Eiche- rung arbeiten, indem sie sich einer Vorhut und einer Nachhut de dienten. Von der Verwaltung wird betont, daß die Zeche olle modernen technischen Vorsichtseinrichtungen besaß, die geeignet er schienen, Unglücksfälle Ki vermeiden. Bon den 12 Steigerrevieren sind zwei in Mitleidenschaft gezogen. Der Schacht III. in dessen Nähe sich das Unglück ereignete, hat lediglich die Bedeutting Ber Seilfahrt und der Wetterführung. Wenn das Unglück nicht in der Nähe des Luftschachtes, sondern m eigentlichen Wbaufeld passiert wäre, so könnte man sich von den ohnehin schon jetzt ungeheuer- lichen Ausmaßen de« Unglücks gar keine Vorstellung machen. Die Belegschaft der Zech«Minister Stein  " betrug 3000 Mann ftus der Chronik üer Grubeakatosteophen. Das V-rgweicksirnglück auf der ZecheMinister Stein", diese. furchtbore Katastrophe, fft wieder aus schlagend« Wetter zu- rückzuführen. Unter schlagenden Wettern oder feurigen Schwaden versteht man Grubengas oder Kohlenstaub, der, wenn er in Berührung mit offener Flamme kommt, explodiert. Man schützr stch vor ihm durch geeignete Grubenlampen, z. B. die Fleißnersche. Schlogwetterlamp«, sowie durch Apparat«, welche die Ansarmnluing von Grubengas anzeigen, nach Art der von Prof. Haber erfundenen «chlagwetterpfeif«, welch« auf der Verschiedenheit der vm, verschio- denen Gosen, Lust- und Grubengas, in gleich gestimmten Pfeif«, erzeugten Tönen beruht. Bon den Expiosiönen in deuffchen Gruben. die als Massenunglück« zu bezeichnen sind und ein« große Anzahl von Toten zur Folg« hatten, find nachstehende besonders zu er wähnen: Im Jahre 1809 wurden auf der Zeche Neu-Iserlohn»1 und rn demselben Jahr auf der Zache Burgker Schächte 269 Bergleute getötet. Das Jahr 1876 fordert« auf N« u> I s« r« lohn 33 Tote. Im Jahr« 1879 kamen auf der Zech« Brücken.- berg-Schächte 89 Bergleute ums Leben. 1881 auf der Zeche Luise Tiefbau 17, 1885 auf der Zeche Camphausen 181 Bergleute, im Jahre 1893 aus der Zeche Kais er stuhl 63 und aus der Zeche General Blumenthol 20. 189S fanden auf der Zeche Prinz von Preußen 37 Bergleute den Tod. 1896 gab es auf der K l e o p h a s g r u b« 30 Tot«, im Jahr« 1897 fielen aus Kalserstuhl II 20 Bergleute schlagenden Wettexn zum Opfer. Di« Explosionen im Jahre 1898 auf den Zechen Z o ll e r n und Korolinenglück forderten 165 Opfer, im Jahre 1909 kamen auf den Zechen König Ludwig und K o n s o l i- d a t i o n 28 Bergleute ums Leben und im Jahre 1907 sielen oiif der Zeche Reeden 148 Bergleute schlagenden Wettern zum Opfer. Das Unglück auf der Zeche Rad b od am 16. November 1908 schlug den Rekord in der Massenvernichtung von Bergleuten. In der Unglücksnacht waren 380 Arbeiter und 6 Beamte angefahren. Das Unglück raffte 343 Berglen le hinweg. Dos Unglück auf der Zeche Radbod wird aber noch übertroffen durch die entsetzliche Kata­strophe in dem Bergwerk van Eouri-rs In Frankreich  , hier sielen 1100 Bergleute der Katastrophe zum Opfer. Französifck)« Bergwerk,- betriebe wurden dann noch einmal von einer großen Schlagwetter- katastrophe heimgesucht. Auf der Zeche Mont Cenis wurden fast 200 Tote geborgen. Im Preußischen Handelsministerium hat man heute früh die ersten Nachrichten von dem entsetzlichen Unglück erhalten. Mehrere Herren vom Oberbergamt sind sofort nach Bochum  gefahren, und der Dezernent des Grubensicherheitsamte«, Mini- stcrialrat Hatzfeld  , begibt sich n o ch h e u t c an die Unglücksstelle. Wie uns Geheimrat Flemming»itieilt, steht man in der Berg- Werksdirektion der Ursache des Unglücks zurzeit noch vollständig ratlos gegenüber. Di« Zech«Minister Stein  " war, wie Geheimrat Flemming erwähnte,«ine der nach allen Richtungen auf das beste«ingerichteten Gruben. Man Hot hier besonders gute, d. h. besonders weit« Wetterwege, man hat elektrffche Gruben­lampen, fein« Benzins am pen und in der Gesteinsstaubbekämpfung war man gerade hier auf der ZecheMinister Stein" am weitesten fortgeschritten. Di« Zeche konnte man als mustergültig mtt ihre» Einrichtungen bezeichnen, und man neigt im Bergamt der Ansicht zu, daß es sich bei der Katastrophe um besondere Gasavsbrüche handle. Di« Untersuchung wird ja Näheres ergeben, aber dos eine kann wohl heute schon gesagt werden, daß«» sich hier um Natur- gewatten handelt, die eben allen menschlichen Sicherungen mtt» Bar» sichtsmaßregelp Hoho wrtaKo.