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Nr.78+42. Jahrgang Ausgabe A r. 40

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Zentralorgan der Sozialdemokratifchen Partei Deutschlands

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Sonntag, den 15. Februar 1925

Ein notleidender Ruhrindustrieller.

Thyssen verdient in 10 Jahren über 300 Millionen Goldmark. Groß ist die sittliche Entrüstung der ach so hoch moralischen, von der Schmerindustrie bezahlten Presse über die Unregelmäßigkeiten, die bei der Kreditgebarung der Reichspoft und der Seehandlung in den Fällen Kutister und Barmat vorgekommen sind. Geringer wird die Entrüstung shon bei der Tatsache, daß der Name eines Mannesmann genügte, um an ein innerlich faules Geldinstitut ein Fünfmillionendarlehn ohne jede Dedung aus Mitteln der Reichspoft zu geben. Die Entrüftung gelangt auf den Nullpunft, wenn man den wahr haft Schuldigen, nämlich den verantwortlichen Leiter der Seehandlung, einmal auf den Zahn fühlt. Und das Bathos fchlägt in ungeheure Begeisterung um, wenn man hört, daß der Schwerindustrie 715 Millionen Goldmart für Schäden gegeben worden sind, die die Industrietapitäne nicht einmal nachzuweisen brauchten. In welcher Höhe diese fogenhaften Schäben überhaupt entstanden und in welcher Höhe sie bereits durch Kredite, die mit der Notenpreffe getilgt wurden, abgegolten sind, darüber verweigert man die Aus­funft. Man mutet dem deutschen Volk sogar zu, daß es dafür dankbar sein soll, wenn ihm von ein paar Dugend Prozent­patrioten das Fell über die Ohren gezogen wird. Wie das deutsche Volk von den Leuten, die den Patriotis­mus gepachtet haben, geschröpft worden ist, dafür gibt es rein zahlenmäßig nur wenige Anhaltspunkte. Bo man solche aber findet, beweisen sie bereits, daß die Summen, um die man heute skandaliert, I umpige Pfennige sind im Verhältnis zu den Beträgen. die die großen Kapitalmagnaten an der Ruhr in des Boltes tiefster Not an sich zu ziehen verstanden, p h.ne daß die Staatsanwaltsflugzeuge furren und ohne daß man über die an den Zuwendungen beteiligten Beamten gleich Schlafzimmergeschichten enthüllt.

Kredite werben, reden fie anders, als wenn sie bei der Reichs. regierung um Entschädigung betteln. Da sagen fie, wie sie wirklich beschaffen sind! Die Firma Thyssen will in Ame­rifa einen Kredit von 12 Millionen Dollar aufnehmen. Sie hat dazu einen Prospekt verfaßt, in dem sie ihre geschäftliche Situation, schildert.

Das sieht anders aus wie die beweglichen Klagen über die Notlage der armen Ruhr­industriellen!

Bei der Würdigung der folgenden Zahlen muß man im Auge behalten, daß Thyssen durch das Friedensdiftat große Auslandsbefißtümer verloren und ebenso wie die anderen Auslandsdeutschen nicht vollkommen erseßt er­halten hat. Dann erst wird man die Größe der Zahlen voll ermessen. Auf Zuverlässigkeit haben die Angaben um so größeren Anspruch, als sie der Aufnahme eines Kredits von 12 Millionen Dollar zugrunde gelegt und von einem amerikani­fchen Ingenieurfachverständigen nach geprüft sind.

Dabei hat man es so viel ein'acher bei jenen großen Herr schaften: man braucht sich nicht erst auf das Suchen zu verlegen, sondern sich nur daran zu halten, was sie selbst zu geben.

Bor dem Kriege gehörte der Schwerindustrielle August Thyssen

nur

Demnach beträgt der Vermögenswert der für die Thyssensche Anleihe zugrunde gelegten Bergwerfte und Hütten auf Grund der deutschen Gestehungskosten 117,2 Millionen Dollar 492 Millionen Goldmart. Wollte man die fraglichen Werte heute neu aufbauen, so würden sie rund 166 Millionen Dollar= 697 Millionen Goldmart tosten. Würde man bei diefem Neuaufbau nicht die niedrigen deutschen Löhne aus nutzen, fondern mit ameritanischen Geftehungskosten arbeiten wollen, so betragen die Kosten hierfür 250 Millionen Dollar, #mehr als eine Milf.arde Goldmart!

Die gewaltige Höhe diefer Summe wird erklärlich, wenn man hört, daß in dem Anleiheprospekt allein der Besis Thyssens an Rohlenfeldern als, der größte private Besi dieser Art" bezeichnet wird.

Eine Milliarde Goldmart bizt also Thoffen heute, wenn man die Reproduktionskosten seiner Anlagen nach internationalen Maßstäben zum Ausgangspunkt nimmt. Das ist das Bermögen eines Mannes, dessen Familie 1871 mit ganzen 8000 Dollar angefangen, Gewinne auf Gewinne gehäuft hatte und trozdem vor dem Kriege sicherlich noch keine 200 Millionen Mart als sein Eigentum nannte. Geht man bloß von dem Wert aus, den die Anlagen heute nach den deutschen Gestehungskosten haben, jo erhält man bereits ein Vermögen von annähernd 500 Mil­lionen Goldmart. Thyssen hat- trog Kriegsverluften, Kriegs­gewinnsteuern ufm.feit 1914 mindestens 300 Mil fionen Mark verdient. Andere, wie Stinnes, haben noch mehr eingeheimſt. Sie alle scheuen sich nicht, vom Reiche Gefchente anzunehmen, die in die Hunderte von Millionen gehen!

einer, und längst nicht der größte Schwer. verdiener zu den Leuten, die in der Hochfinanz schon eine Rolle spielten, aber auf Grund der Steuererklärungen blieb fein Bermögen weit hinter dem der Krupp, Hendel von Don nersmard und Hohenlohe- Dehringen zurüd, die alle schon 1908 mehr als 150 Millionen Vermögen besaßen. Derselbe Thyssen hat jetzt eine Bermögenserklärung abgegeben, von der wir zwar bezweifeln möchten, daß sie mit seiner Bermögens ste u er erflärung übereinstimmt, die aber dafür desto zuverlässiger ist Die großen Industrieherren von der Ruhr erklären in der Deffentlichkeit immer wieder, daß sie die notleidendste Be nölkerungsklasse in Deutschland darstellen. Will man ihnen dem Staatsvermögen 700 Millionen Goldmark erhielten, So sehen die notleidenden Ruhrindustriellen aus, die aus glauben, so geht es ihnen noch schlechter als den noileidenden 700 Millionen Goldmart, während das Volk und die Wirts Großagrariern. Sie nehmen deshalb, moher fie friegenschaft unter brüdender Steuerlast feufzte. Für sie können. Sie nahmen die Papierkredite in der Inflations­zeit. Sie nahmen die Lohnsicherungen und die Gelder für unproduktive Aufwendungen. Sie nahmen den Arbeitern die Groschen, die sie ihnen am Lohn abzwadten. Sie nahmen der schmer tragenden, unter der Not feufzenden Bevölkerung den Ueberpreis für Kohle. Sie nahmen als notleidende, um Gottes willen um Reichshilfe bettelnde Unternehmen von dem nur zu willfährigen Finanzministerium den Bettelpfennig von 700 Millionen Goldmark Entschädigung. Sie nehmen auch Kredit, nor allem im Ausland. Arme notleidende Ruhrindustrielle! Aber wenn sie um ausländische

Die Kreditskandale. Engelbert.

wurden die hohen Steuern gezahlt! Haben sie felbft ordnungs­gemäß ihre Steuern gezahlt? Ist diefer enorme Ber mögenszuwachs ordnungsgemäß versteuert

worden?

daß man die Millionen, die vielleicht, durchaus noch Das Bolf zahlt's, und eine recftionäre Breffe forgt dafür, nicht gewiß, an fleine Anfänger verlorengegangen sind, schpe­den und aus der Hungersnot in Krieg und Inflation von rer nimmt als die Milliarden, die aus dem Blut der Kämpfen­menigen Großverdienern gefogen worden sind. schaden.

Ein flein bißchen mehr Augenmaß mürde doch mohl nichts

Dom 17. Februar auf den 10. März, die auf Antrag der Ber­teidiger Rothardts erfolgte, ist die kommissarische Vernehmung worden.

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Rumpelstilzchens Märchenbuch.

Und diamantene Klarheit von Ludendorff . Es war einmal ein deutschnationaler Journalist namens Adolf Stein , der als A" im Hugenbergschen Tag Stim mungsbilder aus den Gerichtsfälen schrieb und noch schreibt. Der Zauberftab des gleichfalls Hugenbergschen Deutschen Pressedienstes" verwandelte dann diesen Stein in eine gemüt volle Märchengestalt, Rumpelstilachen geheißen, die nun lauschig plaudernd durch die Feuilletonnächte der deutsch­nationalen Provinzpresse fhreitet. Rumpelstilzchen ist das Entzüden der Tante aus Ruppin und ein dienstbarer Geist der treubeutschen Schwerindustrie.

Jedoch die deutschnationale Parteileitung berief Rumpel­stilzchen zu höheren Zweden.. Bor uns liegt eine Broschüre: Eberts Prozeß.

Bon einem, der dabei war: A.

Mit Gutachten von

Geheimrai Dr. jur. Traeger

ordentlichen Professor an der Universität Marburg

und

General der Inf. Ludendorff.

1-50 Taufend.

Brunnen- Berlag Karl Winkler, Berlin . Man merkt, daß die Poesie aufhört und die Prosa beginnt. Aber auch der Humor.

*

er­

Einem vielbeschäftigen Journalisten fann mancherlei passieren. Aber man sollte glauben: wenn einem von der deutschnationalen Parteileitung und der treudeutschen Schwer­industrie der ehrenvolle Auftrag erteilt wird. Ebert und bie Sozialdemokratie endgültig ledigen, fo follte er es mit den Pflichten feines hohen Amtes einigermaßen ernst nehmen. Und vor allem follte man glauben: mein einem deutschnationalen. Journalisten die Ehre wider­fährt, zu feiner Schrift einen Beitrag von Ludendorff zu er­halten, sp sollte er sich wenigstens die Mühe nehmen, biefem Beitrag felber auch zu lesen. Daß dies aber bei Rumpelstilzchen nicht der Fall mar, foll hier bewiesen werden. Stein- Rumpelstilzchen bekennt sich zur Theorie, daß der Sieg zum Greifen" nahe war, aber dann fährt er fort:"

Weshalb das deutsche Herr im Siegeslauf erlahmte, weshalb por

Amiens die leßten Brandungswellen des deutschen Ansturms lang­fam verrollten, als die Munitionszufuhr anjing spärlich zu werden,

dafür gibt der Rüstungsstreit im Januar 1918 die Erklärung.

Da haben wir die entscheidende Ursache für die unglüdliche Wendung

des Krieges. Am Schlusse dieses Heftchens in fo diamantener alar­heit von Ludendorff seibst dargestellt, daß selbst ein von der Sozial demotratie ganz Dummgemachter nichts mehr vorzubringen vermöchte.

Also nach Stein- Rumpelstilachen stockte der Siegeslauf, weil die Munition spärlich wurde, und die Munition wurde spärlich wegen des Rüstungsstreits im Januar 1918. Hären wir nun, was Ludendorff ,, in so diamanterer Klarheit" in seinem Gutachten jagt:

Alle Wirkungen des Streits mußten um so schwerer wiegen, je unsicherer die Haltung der Regierung war. Die Ab­

fichten der Streifenden und ihrer Führer formten nur durch eine fefte Haltung der Regierung wenigstens in einem gewiffen Umfange nod verhindert werden. Der materielle Ausfall an Heeresgut frat zurüc vor den Imponderabilien der Arlegführung. Die Oberste Heeres­leitung ließ die Reichsreglerung wiffen, fie nehme eine eintre ende geringer jei als die Folgen etwaiger Nachgiebigkeit gegen die Streif. Berringerung der Kriegslieferungen auf sich, well, dieser Schaden forderungen.

Darauf ist die Feffigkeit der Reichstegierung der Streitleifung gegenüber wohl mit zurückzuführen.

Ludendorffs Klarheit ift wirklich diamanten. Selbst ein non Rumpelstilzchen dunumgemachter Spießbürger muß be­merken, wie da Rumpelstilzchens Dolchftoßmärchen von Luden dorff selbst" totgeschlagen wird.

Boruntersuchung gegen Lange: Hegermann, Werthauer, des Reichspräsidenten auf einen späteren Termin verschoven Deutschland gefährlich werden. Der Parteivorstand der deut­

Wie der Amfliche Preußische Prefsedienst von zuständiger Stelle erfährt, ist auf Antrag der Staatsanwaltschaft gegen den Abgeord­neten Cange- Hegermann wegen der Anschuldigung der Un­freue und des Befruges zum Nachteil des Reichspoftfiskus, fowie gegen die Rechtsanwälte Justizrat Werthauer und Engelbert wegen der Anschuldigung des in Gemeinschaft mit Kutister began. genen Befruges zum Nachteil der Seehandlung die gerichtliche Boruntersuchung eröffnet worden.

Zum Magdeburger Prozeß. Verschiebung der Bernshmung des Reichspräsidenten . In der zweiten Instanz des Magdeburger Rothardt Bro zeffes war auf den gestrigen Tag die tommiffarische Bernehmung des Reichspräsidenten anberaumt morber. Infolge der Bertagung der Berufungsverhandlung

Der empfindliche Beleidiger.

Ein langer Rüstungsstreit fonnte allerdings für schen Sozialdemokratie, der um die Landesverteidigung bee jorgt war, erstrebte daher eine raiche Beilegung des Streifs durch Verhandlungen mit den Streifenden und durch Ent­Dr. Emil Ganßer , der Urheber des standalösen Auftritts gegenfommen an ihre Forderungen. Da fuhr Luben­auf dem Bahnhofsplate in München , der zu dem Magdeburger dorff dazwischen. Ihm fam es gar nicht auf den Aus­Prozeß gegen Rothardt geführt hat, ist selbst sehr empfindlich. fall an Heeresgut" an, sondern auf die von ihm sogenannten Er hat sich durch die Kritik, die Rechtsanwalt Wolfgang Heine Imponderabilien, das heißt auf die Erhaltung des Kriegs­im Magdeburger Prozeß an ihm übte, beleidigt gefühlt und Briaciftes in feinem politisch völlig verständnislosen Sinn. Die battlage erhoben. Nachdem Rechtsanwalt Heine Zeugen über DHL ließ die Regierung wissen, auf ein paar Gra das Betragen Ganßers in München genannt hat und nachgewiesen naten mehr oder weniger fomme es ihr nicht bat, baß es bei allen anständig denfenden Deutschen Aergernis er­an. Hauptsache sei, die Arbeiter unterzu­regen mußte und daß nach einer reichhaltigen Rechtsprechung solche triegen. Fälle als grober Unfug" anzusehen sind, eine Strafrechts. Es stellt sich also armes Rumpelstilzchen!-.. mit dia beffimmung, die bestimmt ist, gaffenbubenartigem Unfug zu steuern, mantener Klarheit" heraus, bag Ebertum hie Muni­hot Herr Dr. Gangar vorgezogen, feine Privattlage zutionserzeugung besorgter war als Luden. rudzunehmen. Wenn er felbft angeflagt ist, wird er befannt Dorff! lich von der Justiz nicht aufgefunden, weil er ins Ausland nach Banern abridt

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Ganz far mit damantener larheit" ergibt fid) folgendes: