flr. S4 ♦ 42. Jahrgang
1. Beilage öes vorwärts
voanerstag, lY.Iebruar 1925
llehrergesinnung!
Gefetze gegen die Nepublik.— Beschimpfung der Verfassung.— Berächtlichmachuna der Volksvertreter.
Ebenso wie jeder Beamte muß auch der Lehrer den Eid aus die Verfassung leisten. Wie„ernst" es manche Lehrer mit diesem Eid nehmen, wie sie fast keine Gelegenheit vorhergehen lassen, gegen die Republik , auf deren Boden st« stehen sollen, und von der sie chr Gehakt empfangen, zu Hetzen, wie sie immer wieder den strafwürdigen Versuch machen, in die Herzen der ihnen anvertrauten Schulkinder ein« republtffemdliche Gesinnung einzupflanzen, davon haben wir im Lause der letzten gahre wiederholt Beispiele gebracht. Wie weit die Hetze mancher Jugenderzieher gegen die RepuWft geht, wie gewissen, und gesinnungslos sie sich gegenüber den Schülern und Schüle-nmien benehmen, soll an einem besonderen Fall gezeigt werden. Erziehung gegen Sie Republik . Bach Art. 14« der Verfassung müssen den zur Entlassung kommenden Schülern bei Beerdigung der Schulpflicht Abdrucke d-r Reich so« osasiimg mit auf den Lebensweg gegeben werden Der Lehrer oder die Lehrerin sind vervflichtet, den Schülern die Reichs- verfasiung kurz zu erläutern und sie sollen sich davon überzeugen, ob und wie weit die Schüler die ihnen eneilte Information verbanden haben. In welch geradezu ungeheuerlicher Weise biswellen dieser önfonnationsunterricht erteilt wird, bewcifen die Won«, mit denen an der 2. Gemcindeschul« in Reiiflckend.rf-West den Schülern dt» Ber- faflung.erklärt" worden ist. Man hat hier den Kinden, folgende» gejagt:„Wir haben jetzt«ine Verfassung. Darin steht, daß man mit 2Ü Jahren wählen darf. In ein paar Wochen oder Monaten wird es aber raus kommen, daß man erst von 25 Jahren ab wählen darf, denn ein Mensch von 20 Zähren hat noch nickt die richtige Ueber- leguag. Die Abgeordneten werden vom Vol. gewählt. Diesmal f'.rd es 400. Ungefähr 150 davon sind Verbrecher, die schon im Zuchthau» oder im Gefängnis gefesje» haben. Das ist deshalb möglich, weil jeder Abgeordnet« eine Immunität hat. Das bedeutet, er kann nicht bestraft werden, wenn er jemanoen ermoedel hak. Der Sipo darf ihn nicht einmal vechaflen. wenn er ihn nicht direkt beim Mord gesehen hat. Er kann ruhig noch den blutlgcn Anzug anhaben, wo man ganz genau erkennen kann, daß er einen Menschen ermordet hat. Nur dann darf der Beamte ihn oerhaften, wenn er ihn dabei sieht. Wenn«in Abgeordneter reden will, so schreien die anderen dazwischen. Verbietet der Leiter das Johlen, dann rer- hauen sie ihn. Zm Reichstag sind sogar Maurer und kaitträger mit liner langen und einer breiten Schulter. Aber eine Aktenmappe haben sie unterm Arm. Und einer sagte:.Laß man, mit die Affen", die füllen sich die Taschen. Ein echter Deutscher wählt solche Ausländer nicht, weil sie bloß den Fran- z° s e n helfen. Wenn jemand gerichtlich bestraft ist, muß ihm das Wahlrecht entzogen wertten ober so einer«I« der Buchdrucker, der den Reichi-prabdenten Eberl beleldigl hat. der soll weiter wählen. weil er doch lm herzen eto auker treuer Deutscher ist. Es kann das doch jedem einmal passieren. So wogt man vom Ratheder eines Schulzimmers zu Schulern und Schülermnen zu sprechen, die dem. nächst die Schule verlassen. Was üie Schüler ,0c(rrnt' hoben. Dir habe» bereit« erwähnt, daß Schüler und Schülerinnen durch kleine Aulsäße, die sie nach den Belehrungen des Lehrers über die Verfassung anfertigen, zeigen müssen, wie viel sie davon verstanden haben. Es kann niemanden wurde rnehmen, daß das Echo bei den Schulkindern auf die Art der Belehrung, wie sie oben mitgeteilt worden ist, und nach dem Stil, von dem wir ein« Probe gegeben haben, so kurlos und kraus ausfällt, daß man es nicht für möglich halten sollte, daß diese Rinder die Volksschule bi» zur ersten ftlalse besucht haben. Die Kinder stehen etwa im Alter von 13 bi« 14 Jahren. Uns Legen drei Auflätze von Schülern vor. die wir im folgenden wortgetreu veröffentlichen: .Meine erste Stunde war am Sonnabend. Als es lSutete, trat der Lehrer ein. Wir standen auf zum Beten. Als wir fertig waren, teilte uns der Lehrer die Lerfassungsbücher aus. Als er damit fertig, erzählte er uns von den Abgeordneten. Die werden vom Wölke selbst gewählt. Ein Mensch hat von 20 Jahren an das Wahl»
recht. An 150 sollen schon Im Zuchthon» gesessen haben. Und wenn wir echte Deutsche sein wollen, so müssen wir solche Männer nicht wählen imd denn sollen auch keine Ausländer gewählt weiden. Wenn sich der Reichstag aufgelöst hat, so sind eine ganze Menge verschwunden, die was begangen haben. So wie Katze, der sogar mit einem fälschen Paß gereift ist. Man kann keinen oerhaften, wenn man ihn nicht direkt bei der Tat abfaßt. Es sollen sogar Maurer im Reichstag fein, die ihr« eine Schulter 1 Meter lang ist und die andere!W Zentimeter. Und daß die sich immer die Tafchen füllen." „Am Sonnabend hotten wir unsere erste Verfassungsstunde. Als der Lehrer hineinkam, beteten wir. Dann gab er uns ein Buch von
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Seolcavcrgiftuag ia der Sckulstube, der Verfassung des deutschen Reich«. Wir mußten nun unseren Namen auf diesem schreiben. Nun erzählte uns der Lehrer von den Abgeordneten. Er sagen:„Bon den Herren Abgeordneten wären 150 Zuchthausler und die Abgeoiunet«, wären von dem Dolk« gewählt. Er erzählte uns gleich, als er im Jahr« 1918 aus der Elektrischen fuhr, hörte er, wie sich M>«i Abgeordnet« unter» hielten. Der Lehrer sagt«, wie der«In« aussah, nämlich er hätte eine breite und eine lange Schulter. Er hatte nun immer fort- während aehöri, aber manche» tuschelten sie und er konnte es nicht hören. Als sie sich mm verabschiedet locken, sagte der eine zum andern, ob er heute zum roden käme, er sprach.Latz doch die Assen", und sie stiegen au». Da klingelte es und die Stunde war vorbei." „Unser Lehrer, der die Derfassungsstunde gibt, hatte am Sonn. abend den 10. Jamear 1825 unsere erste Verfassungsstunde gegoben. Er erzählie ans, daß wir eine Bersossung haben und was in der- selben steht. Darin ist enthalten:„Daß man wählen mußl" Jeder Mensch, welcher das 20. Lebensjahr überschritten Hot. darf wählen. ijat da:m auch Rechte und auch Pflichten. Der Lehrer sagte auch noch: Daß es vielleicht nach einen paar Wochen oder Monaten rauskommt, das man eist von 25 Jahren ob wählen darf; denn ein Mensch von 20 Jahren kann noch nicht die Ucberlegirng haben, wie einer von 25 und mehr Jahren. Diese» mal sind 400 Abgeordnete
gewählt worden. Darunter sind 150 Abgeordnete, welche schon«tamal im Zuchthaus oder im Gr- fängnis gesessen haben. Die Abgeordneten sind auch im» verletzlich. Die Sipo darf ihn nicht einmal in Hast nehmen, wenn er ihn nicht beim Morde gesehen hat. Er kann ruhig noch den blutigen Anzug anhabe«, wo man ganz genau er- kennen kann, daß er einen Menschen ermordet hat. Nur dann darf der Beamte ihn verhaften, wenn er ihn dabei sieht. Wenn wir einen Abgeordneten wäkgsn, so sollen wir einen Deutschen und«inen solchen, der dem Baterlande hilft, wählen. Di« Leute die einmal bestraft sind, dürfen nicht wählen. Aber diesem Buchdrucker. den Reichspräsidenten Ebert beleidigt hat, müßt« eigentlich nicht das Wohlrecht«nt» zogen werden. Weit er doch im Gerzen ein guter, treuer Deutscher i st. Es kmm doch jedem einmal passieren. Wenn nun ein Abgeordneter reden will, so sprechen und schreien die mdern dazwischen. Verbietet der Leiter des Reichstags oder der Leiter des Landtag » ihnen da» Johen und Schreien, so wollen sie ihn verhauen." vergiftet für öas Leben. Di« Schüler und die Schülerstmen verlassen nun die Schul«. Ein altes Sprichwort sagt: Man lemt nicht für die Schule und für den Lehrer, sondern für da» Leben. Wenn man aber erfährt, was ver- schieden« Schüler gelernt und was sie iür das Leben von der Schule mitbekommen haben, so kann man nicht anders, als rundheraus er- klären, diese Schüler sind vergiftet für da» Leben, vergistetvon der Schule und van gewissenlosen Lehrern. Der Lehrer und die Lehrerin besitzen den Schülern gegenüber eine große Autorität. Und da, ist auch richtig so. Die Kinder schwören aus die Wort« de» Lehrers. Nun treten sie in dos Leben hinaus. Sie kommen w Berührung und Beziehimg zu den verschiedensten Verhältnissen und Personen. Sie erfahren hier, daß die Ding« ganz ander» liegen. Langsam kommt e» ihnen zur Erkennt- n i,, daß der Lehrer ihnen Falsches gesogt, daß er sie belogen hat. Judesien, die Autorität des Lehrers und der Lehrerin wirkt ja bekanntlich noch lange nach in jugendlichen Gemütern, lange nachdem ftz die Schute verlas, en haben. Kein Wunder, wenn es ihnen schwer fällt, manchen woht unmöglich wird, die Worte des Lebvers als Lüge klar zu erkennen und jenen anderen zu glauben, die nn Leben stehen, die aus dem Boden der Republik und der Wirklichkeit leben und ihnen die Dinge so schildern wie sie wirklich sind. Ein« furchtbare Verheerung wird aus diese Weise in den Herzen fugendlichec Menschen angerichtet. Sie sind für da» Leben überhaupt unbrauchbar geworden. Sehr bald geraten sie— wenn sie wertvoll« Charakter« und denkende Menschen sind— in seelische Konflikte und nicht immer werden sie. gut beraten durch Elten , oder durch treu« Freundr, «Inen AulMteg aus diesen Konflikten finden. «- Was wir hier veröffentlicht haben, dies« Auslassungen von Lehrperscmen über die Verfasiung, diese Auffätze van Schülern und Schüterinnen, angefertigt nach der Belehrung auf dem Katheber, sind getreu nach den uns vorliegenden Dokumenten verfaßt. Die Auf- sichtsbehörde für Lehrer und Lehrerinnen in Berlin ist bekanntlich das P r ov in z i alschul k oll« g»um. Und dieser Behörde unterbreiten wir das Material und wir sind gespannt, ob das Pravmziolschulkollegium eingreifen und rückfichstsos alle diejenige» Lehrer und Lehrerinnen entfernen wird, die sich dermaßen schwer an den Kindern versündigen.
Werber für die Fremdenlegion in Berlin ? Die groß« Arbeitslosigkeit in Deutschland scheint jetzt von dunklen Etementen ausgenutzt zu werden. So wird ein Werber für die Fremdenlegion in einem Mann« vermutet, der an- gebltch junge Leute für den Rorddsutlchen Lloyd sucht. Einem Packer Kart Matzke aus Neukölln erzählt» er, daß junge Leute, die in Berlin ärbeitsloe seien, anderswo sehr gut verdienen könnten. Er oerabredet« mit ihm«ine Zusammenkunst vor dem Hotel„Kteler Hof" in der Mittelstraße. Statt nun aber in dies«» .fiotel mit ihm zu oerlxmdeln, führte er ihn in ein Lokal in der Mauerstraße und legte ihm hier zur Unterschrift«inen Revers vor, durch den er"sich für etnen zweijährigen D i« n st angeblich beim Norddeutschen Lloyd verpflichtete. Er ließ Motzte aber nur den Kopsvordruck dieses Reverses sehen. Der junge Mann schöpjte deshalb Aerdacht, verschwand heimlich und aina zur Kriminalpolizei. Es ist jestgesteUt. daß die Werber für die Fremdenlegion, die nicht mehr offen auszutreten wogen, jetzt häufig bekannte Betriebe vorschützen, um ihre Opfer zunächst einmal
Der Apfel der Elisabeth Hoff. 25] Bon Wilhelm Hegeler . Der Augenblick würde kommen, tDO Ryseck den Blick von ihr abwandte zur Schwester hin, wo die scher- zenden Worte über sie wegflatterten, wo sie die dritte sein würde, die ausgeschattet war in dem heißer werdenden Spiel zu zweien... Dieser Augenblick wird kommen, und sie fühlt schon im voraus die spannende Erwartung, das Glück und den leisen eifersüchtigen Schmerz dieser Minute. Und ein anderer Augenblick wird ihm folgen, ein Augenblick des ver- räterifchen Schweigens. Ein Blick ist gewechselt, ein Wort gefallen, und plötzlich wird es still... so still, daß man meint, der eigene Herzschlag müsse vom anderen gehört werden. Aber rein Herz wird so heftig pochen wie das ihre, und sie weiß nicht, bedeutet es Freude oder Schmerz, dies stürmische Hämmern, das sie im voraus empfindet. Aber was kann sie Besseres wünschen, als daß der Freund und die Schwester sich finden! Und ihre Phantasie setzt das Spiel fort, indem sie sich ausmalt, wie die beiden sie zu irgend- einer Stunde allein lassen und sich fortstehlen, ein bißchen verlegen und schuldbewußt. Ryseck wird die Sache sehr sein. wie er glaubt, einfädeln, wird einen klug ausgedachten, und ach, so lächerlich durchfichtigen Vorwand finden, und sein ver- liebtes Gesicht wird seine erkünstelte Harmlosigkeit Lllaen strafen, während er zugleich überzeugt ist. ein Meister der Berstellungskunst zu fein. Margret aber— nichts, nicht das geringste wird ihr anzumerken sein, und sie wird doch wissen. daß die Schwester alles durchschaut hat... Sie gehen. ,.In fünf Minuten sind wir wieder da. sagen sie. Aber sie sind in einer Stimmung, wo das Herz die Stelle der Uhr vertritt. Fünf Minuten, das bedeutet für die beiden den Beginn einer neuen Zeitrechnung. Sie schlendern langsam, schweigsam zu irgendeinem einsamen Fleck, lagern sich, und nach einer kurzen, bänglichen Stille wird Ryseck zu sprechen beginnen, und alle zärtlichen, heißen, überschwenglichen Worte, die sein Hmsür El' abeth aufgesammelt hat. werden nun den Weg ZU Mar- greis Herzen finden. Glückliche Schwester! Glückliche Schwester!... „Mama, setz' doch die Brille auf. Die Sonne blendet dich gewiß. Dir tränen ja die Augen/ unterbrach die kleine echter ihre Träumereien. xson nun an sorgten die Kinder dafür, daß die Unter-
Haltung im Gang blieb. Unaushörlich erregten nie gesehene oder nur aus Bcldcrbüchern bekannte Dinge die Llufmerk- samkeit. Gegen Mittag machten sie an einer Watdlichtung halt. und Ryseck erklärte, jetzt würde gefrühstückt, auf Wildwcstart. Von dem Koch eines amerikanischen Bekannten hatte er sich einige nette Heimatgerichte zubereiten lassen Der Chauffeur trug einen kloinen Kochherd herbei, sowie ein Picknickset, das Rickelkasserollen, Pfannen, Teller, Eßbestecke, Servietten, alles Zubehör einer Mahlzeit enthielt. Die Kinder sammelten Holz und Tannenzapfen. Bald prasselte unter dem Ofen«in lustiges Feuer. Ryseck aber, in Hemdärmeln, rührte und arrangierte mit den geschickten Händen eines Kochs in den Schüsseln ge- heimnisvoll köstliche Dinge, während er zugleich ein Stück Fleisch auf der Pfanne briet. Auf Elisabeths Frage, von wem er diese Künste gelernt hätte, erzählte er von seinem alten chinesischen Koch, der in dem kleinen Bungalo. den er anfangs unweit San Franziska bewohnte. sein Leben geteilt hatte, als sein williger Diener und sein eigensinniger Tyrann. „Nie in meinem Leben bin ich besser versorgt worden als von dem würdigen Wing und seinem Cousin. Der Cousin war irgendein Ehinesenjunge, der als Entgelt für den Koch- unterrlcht, den er bekam, die gröberen Hausarbeiten verrichten mußte. Die Lehrjungen wechselten oft, aber sie waren alle die Cousins des alten Wing. Das Kochen betrieb er mit solcher Kunstfertigkeit, daß' ich ihm oft, wenn ich nichts Besseres zu tun hatte, zugesehen habe. Sechs Jahre war er mein einziger Hausgenosse und zeigte jeden Tag dieselbe heiter würdige Miene. Rur einmal machte er ein betrübtes Gesicht. Da hatte er aus China die Nachricht erhalten, daß sein ein- ziges Söhnchen gestorben fei. Ich gab ihm Urlaub, und nach einiger Zeit kehrte er würdig heiter zurück. Er hatte sich die Gewißheit verschafft, daß seine Frau ihm einen neuen Spröß- llng bescheren würde. Er wäre noch heut« mein Diener, wenn er nicht die schlechte Gewohnheit besessen hätte, die lebenden Hummern in kaltem Wasser aufzusetzen. Ich konnte ihm nicht begreiflich machen, daß das eine grausame, unerträgliche Be- Handlung sei. Als ich ihn eines Tages dabei überraschte, zauste ich ihn etwas unsanft an seinem Zopf. Das hielt er wieder für eine grausame, unerträglich« Behandlung, und deswegen haben wir uns getrennt.— Aber nun zu Tisch. meine Herrschaften! Hofsenllich mache ich meinem alten Lehr» meist« keine Unehre."
Er schenkte den Silberbccher voll und reichte ihn Elisabeth, die ihn lächelnd leerte. Als er ihn wieder gefüllt hatte, suchte sein Mund die Stelle, die ihre Lippen berührt hatten. Das prasselnde Feuer verglühte leise. Der Chauffeur hatte sich mit dem Geschirr eittfernt, um es in einer nahen Quelle zu reinigen. Die Kinder suchten im Walde Beeren. Die beiden waren allein. Elisabeth mit dem Rücken gegen den glatten Stamm einer Fichte gelehnt und zu ihren Füßen hingestreckt Ryseck. Nichts störte die köstliche Waldstilte. die doch kein totes Schweigen war, sondern leises Getön und spielende Bewegung: sanftes Rauschen hoher Fichtenkronen,- summende Bienen, schwebende Wolken und in ihrer Nähe ein Schmetterling, der seine Flügel ausbreitete wie ein Künstler sein Meisterwerk, um sommerselig weiterzuflattern. Wie lind, wie gut! Ganz überließ Elisabeth sich dem Glück dieser Stunde. Zu Hause hatte sie in dem auf sie go- richteten Blick des Freundes immer das dunkel brennende Be» Seyren gefühlt, hatte sich in Furcht und Scham verschlossen. ier aber sah sie in den verträumten Augen, die über sie hin- glitten zu den Blumen, den Bäumen, den Wolken und stet» wieder ,zu ihr zurückkehrten, nur wunschlofe Zärtlichkeit, das gleiche Glück, das auch sie empfand, und sie ließ es offenen Herzens in sich einströmen, mit dem Gefühl so voll Unschuld und Sicherheit, daß es nur diese eine kurze Stunde währte. daß morgen alles vorüber sei, und mit der ganz leisen Sehn- sucht doch, daß es immer dauern möge. Sie sprachen kein Wort, nur manchmal, wenn ihre Augtn sich begegneten, lächelten sie einander zu. Da klang' ganz samtweich und dunkel der Ruf eines Kuckucks in die Still«. Elisabeth wandte rasch den Kopf zur Seite, in lächelndem Hinhorchen, lautlos mit den Lippen die Rufs mitzählend, indes ihre Finger, wie schlanke Taktstöcke, einer nach dem anderen emporschnellten. „Run habe ich doch vergessen, wie viele es waren," sagte sie, als der Vogel dann schwieg. In Rysecks Augen lag ein tiefes Erstaunen. „Beinah möchte ich glauben, ich hätte geträumt. Nicht Sie saßen eben hier, sondern die andere Elisabeth, die Elisabeth von damals. So ganz und gar waren Sie das junss« Mäd- chen, daß ich vor mir selbst erschrak, als wäre auch ich nicht mehr, d-r ich bin. Wir müssen schon einmal hier gesessen haben, damals, an ganz der gleichen stelle. Erinnern Sie sich?" (Fortsetzung folgt.)