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Fr. 90+42. Jahrgang Ausgabe A nr. 46

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Zentralorgan der Sozialdemokratifchen Partei Deutfchlands

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Sonntag, den 22. Februar 1925

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Das Reich muß uns doch bleiben!

Bekenntnis zur freien großdeutschen Einheitsrepublik.

zu bilden, sowohl aus innenpolitischen wie aus außenpoliti schen Gründen.

Mit einer fymbolischen Handlung ist der Reichs| marzlich- preußischen Junters in den Ohren, der das Streben| Ichen Minifter fügten, teine ,, militärischen Organisationen" bannertag in Magdeburg   eröffnet morden: Bei dem nach einem einheitlichen Deutschland   abtat mit dem Bekennt großen Fackelzuge, den die Magdeburger   Kameradschaften nis zum Boruffentum: am Freitagabend veranstalteten, wurden Grenzpfähle in den Wir wollen Breußen bleiben- Farben aller deutschen   Einzelstaaten als Sinn bilder der Der Teufel hor das Treiben, Kleinstaaterei mitgetragen.

Diese Sinnbilder der Bergangenheit wurden den Flam­men übergeben, die sie lodernd umfingen und bald in ein Nichts verwandelten. Hellauf leuchtete das dürre Gehölz in dem reinigenden Feuer des Reichsgedankens

Die

,, Reichsbanner Schwarz- Rot- Gold", der Bund republikani Denn das ist der tiefe Sinn dieser Handlung: das fcher Kriegsteilnehmer, will nicht nur eine Abwehrtruppe zum Schutze der Republik   gegen ihre Feinde sein. Es will vielmehr die heutigen Freunde der Republik   erfüllen mit dem höheren Ideal, das schon vor hundert Jahren die heutigen Reichs farben zu Kampfesfarben machte, mit dem Ideal einer ein heitlichen Republit aller Deutschen  ! Krähwinfelei und Kleinstaaterei, die uns als die Auswirkung ,, berechtigter Stammeseigenarten" geschildert wird, hat sich im letzten Jahrhundert, das hinter uns liegt, immer wieder als reaktionär, als allem Fortschritt hinderlich erwiesen. Die große Hoffnung, daß die Staatsumwälzung von 1918 mit den Resten diefer fleinftaatlichen Bergangenheit aufräumen mürde, ist nicht erfüllt worden. Es sind im Gegenteil Kräfte am Werke, die die Weimarer   Berfassung auch in der Rich­tung aushöhlen möchten, daß die partitularistischen Tendenzen mehr noch als bisher Celtung befommen. Die Symboli? der vert rannten Grenzpfähle verkündet in weithinleuchtender Fammenschrift: Das 3iel und die Sehnsucht der deut fchen Republikaner   ist die Einheitsrepublit und die Bereinigung mit den Stammesgenossen, die durch die Zwangsverträge von Versailles   und St. Germain noch von uns ferngehalten werden!

Es war am 18. Oftober des Jahres 1817, furze Zeit nur stach dem Ende der Befreiungstriege", da veranstalteten Deutsche   Burschenschafter das berühmte Wartburgfest, bei dem die Farben Schwarz- Rot- Gold zum ersten Male öffentlich als Wahrzeichen deutscher Boltseinheit gezeigt wurden. Die deutschen   Studenten und ihre Alten Herren" waren sicher feine Revolutionäre im Sinne Ruth Fischers. Aber ihr Wartburgfest hatte trotzdem eine weithin reichende aufrüttelnde Wirkung. Auch sie errichteten einen Scheiter. haufen, auf dem sie unter anderem einen 3opf, eine Schnürbrust und einen Rorporalstod als die Snm­bole einer Zeit des Rwangs und der bureaukratischen Eng­herzigkeit dem Feuer überlieferten.

Dama's war freilich der Korporalstod noch ebenso start, wie die Schnübruft fest und der bureaukratische Zopf dauer­haft. Die monarchischen Regierungen der Dugend von Klein staaten fühlten durch das starte Feuer auf der Wartburg   ihre heiligsten Heiligtümer bedroht. Der Korporalstock war ihr Etod, die Schnurbruſt ihr Wappen und der 3opf eine vater­ländische Tradition. Auf die wabernde Lohn des Wortburg feuers folgte die Nacht schwärzester Reaktion. In den berüch tigten Karlsbader Beschlüssen legten die in ihrem Snnerften getroffenen dynastischen Klopffechter ein Schnüffel und Dranglalierungsinstem fest, wie es feinesgleichen in der Geschichte sucht. Die Universitäten wurden planmäßig über­wacht und Professoren davongejagt, wenn sie auch nur leise an die Versprechungen zu erinnern wagten, die die Mon­archen vor dem Freiheitsfriege" gegeben hatten.

Die Demagogenheße" begann, ein Schandblatt nach dem anderen wurde der Geschichte deutscher Reaktion eingefügt. Ernst Moriz Arndt, der Kriegssänger von 1813, wurde in den Barn getan, das junge Deutsch  'and" verfemt und ge­ächtet. Die Gefängnisse füllten sich, die Schnurbruft wurde enger geschnürt.

Heute zieren Leute vom Schlage eines Roethe, eines Bahlen und eines Freytagh- Loringhoven die Lehrstühle deut scher Universitäten.

Was die Burschenschafter am Wartburgfeft verkündeten und was die Dynaften mit ihren Korporalstöden niederzu fnüppeln fuchten. das hat Jahrzehnte fang unter der Asche fortglimmen müffen, aber es ist nie erstickt worden: Die Sehn fucht nach einem einheitlichen innerlich freien Deutschland  !

Freilich ist es schwer geworden, den Gedanken an einen großdeutschen Einheitsstaat auf republikanischer Grundlage nicht ersterben zu lassen. Was an reaktionären Intereffen irgendwo vorhanden war, das fand seine Vertretung in der Kleinftaaterei. Noch heute tlingt der freche Reim bes vor­

Das Deutschland   fabriziert Und Preußen ruiniert...!

Die Kreise, die sich heute ,, deutschnational" nennen, find in Wirklichkeit noch immer genau so preußisch oder bayerisch oder lobensteinisch, wie ihre Vorfahren aus dem Bormärz. 3öpfe hinweggegangen ist! Nur daß die Geschichte ein gut Stud Beges über sie und ihre

" 2

Mit seinem Feuermal vom 20. Februar 1925 hat das Reichsbanner" an die Tradition der Demagogen" von 1817 wieder angefnüpft und damit seinen Aufgabenfreis um ein Wesentliches weitergestedt. Als vor einem Jahre der Aufruf zur Gründung eines Bundes von Kriegsteilnehmern zum Schuße der Republik   ins Land ging, da stand man noch allge­mein unter dem Eindruck des Hitler- Ludendorff- Kahr- Putsches. Bis dahin sah man mit Grimm die Stahlhelm"-Trabanten in Stadt und Land paradieren, während die Republikaner   fich fchweigend dem Wunsche auch der sozialdemokrati.

Aber einmal war das Maß pofl. Einmal drängte die zurückgehaltene Tattraft nach Entfaltung. Und heute tann man sagen, daß felten oder niemals vorher ein Aufruf eine folche Wirkung geübt hat, wie der Ruf zur Gründung des Reichsbanner Schwarz- Rot- Gold". Millionen Mitglieder scharen sich heute um die gleichen Farben, die am Wartburg­fest zum ersten Male als Symbol des Einheitsgedankens leuchteten. Bor 100 Jahren tamen rund 500 Akademiker auf der Wartburg   zusammen. Beim Reichsbannertag in Magde­ burg   werden mehr als hunderttausend entschlossene Republi laner die Farben des Reiches zeigen und ehren.

Mehr als das: Diese Hunderttausend sind die Vertreter von Millionen, die an der Donau   und der Eider, am Rhein  und am Bregel, an der Oder wie an der Weser   im gleichen Geifte und gleichen Streben vereinigt sind. Der Reichstanner­tag von Magdeburg   ist der Tag des Reichsgedantens, des Einheitswillens und des Bekenntnisses zur Republik! mafchenknöpfe bemühen fich heute wie ehemals, die ,, födera­Kleingeister und Schnürbrüste, 30pfträger und Ga­tiven Grundlagen" des Reichs zu reaktionären 3weden aus­

Wo ist die Mehrheit?

Die Reaktionsparteien auf dem Scherbenhaufen.

Die Herrschaften von den Rechtsparteien igen auf dem Scherben haufen, den sie zusammengeschlagen haben, und flagen wie Jeremias auf den Trümmern Jerufalems. Herr von Rries, der zweimal Durchgefallene, neben Herrn von Campe, dem Mann der Grund­fäße, der jedesmal Heiterkeitsstürme entfesselt, wenn er von feinen und wer handelt nach demokratischen Grundlägen? Grundsägen spricht. Das Zentrum hat erkennen lassen, daß es sich soll nun werden? Ja, was foll nun werden? von ihnen nicht terrorifieren läßt, und nun fizen fie und tlagen: Was

die Wahl eines gemeinsamen Ministerpräsidenten zu befräftigen. Sollte etwa die kompatte Mehrheit- teine Mehrheit sein?

Die Rechtsparteien führen 183 Stimmen, die Parteien der Regierung Marg 222 Stimmen. Wo ist also die Mehrheit,

ift doch alles! Laut sekundiert der Lokal.Anzeiger" ihren Wir hatten doch die Mehrheit, so flagen sie, und die Mehrheit Klagegefangen:

Bisher hat man angenommen, Demofratie bedeute die Herrschaft der Mehrheit des Boltes im Staat" Stimmt! Barum also die schmerzbewegte Frage, was nun werden foll? Die Herren meinen, sie wären die Mehrheit

-

was

gebärden sie fich wie Jeremias auf den Trümmern? Es ist doch so fehr einfach: sie brauchen nur ihre Mehrheit bei der Neumahl des Herr Don Kries durch. Bei der zweiten Mehrheitsprobe blieb Ministerpräsidenten zu erproben. Bei der ersten Mehrheitsprobe fiel Herr von Richter zweiter Sieger. Wie wäre es diesmal mit einem sichereren Kandidaten einem, bei dem sich die Mehrheit sicher bewährt, wenn die Mannen des Herrn von Kries und die grund­fagfesten Leute des Herrn von Campe nur wollen. Also: wie wär's mit Herrn Bied oder mit Herrn Stolt? Die Herren ge­hören ja wohl auch zur Mehrheit? Wir sind sicher, daß sie nicht ablehnen würden, wenn die übrigen Bestandteile der famosen tom­patten Majorität für sie zu ftimmen bereit wären! Das ist doch patten majorität für sie zu stimmen bereit wären! Das ist doch das Ei des Kolumbus  . Warum es den flugen Leuten von den Rechts­parteien mur nicht einfallen will?

-

Dann ist doch alles andere sehr einfach. Herr Bied tann dann den Grafen Bestarp zum preußischen Innenminister ernennen persteht sich, wenn er dies Portefeuille nicht für einen seiner Bartei­freunde reklamiert- und Herrn von Richter zum Finanzminister. Bielleicht einigt man sich auch über die Bejeßung des Berliner   Polizei­präsidiums- Herr Eberlein würde sich sehr gut dort ausnehmen. 3ur Einarbeitung fönnte man ihm ja Herrn von Jagor   als Bizepräsidenten zuordnen. Die Regierung der tompatten Majorität würde sich sehr repräsentativ ausnehmen. Und das Regierungs­programm?

Aber wozu braucht die kompakte Majorität von Kries über Campe bis Stolt ein Programm und Grundfäße! Erstens hat Herr von Campe Grundfäße genug für alle zusammen, zweitens haben sich die Herren um das Programm von Marg ja auch nicht gefümmert. Haben sie über sein Programm geredet? Haben sie es geprüft? Also wozu ein Programm! Die kompakte Majorität Kries Campe- Stolt ist Programm genug.

Sollte mit dieser Majorität nicht alles in Ordnung sein? Sollten bie Grundfäße des Herrn von Campe trog feiner Leistungsfähig feit auf diesem Gebiete nicht für alle Bestandteile der kompatten Majorität zureichen? Sollten die Herren der deutschnationalen Graftion und die Leute der Deutschen   Bolfspartel empfindlich fein, enn es gilt, bie Bundesgenossenschaft mit den Kommunisten burch

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Ein Zentrums- Rebell.

Der Sentrumsabgeordnete von Bapen, der vom Fraktions­gefordert ist, veröffentlicht folgendes Schreiben, das er an den Vize vorstand des Zentrums zur Niederlegung seines Mandats auf­präsidenten des Preußischen Landtages   Geheimrat Dr. Borsch ge richtet hat:

Euer Hochwohlgeboren bestätige ich den Empfang des Schreibens vom 20. Jebruar 1925, mit welchem der Vorstand der Zentrumsfrattion des Preußischen Landtages mich zur

Niederlegung des Mandats auffordert. Nicht die preußische Landtagsfraktion der Benirumspartei, sondern die landwirt. falen Nord, die mich feinerzeit einstimmig für die Wahlliste fchaftlichen Wähler des Wahlbezirts Weft. präsentierten, haben mich mit dem Mandat betraut. Bei ihnen liegt die Entscheidung meine Stellungnahme gegen. feit dem 6. Februar bekannt. In der Fraktionssigung dieses Tages über dem Kabinett Marg Severing ist der Fraktion habe ich anfäßlich der Debatte über die Betrauung des Reichs fanzlers a D. Marg mit der preußischen Kabinettsbildung folgende Erflärung abgegeben:

Ich habe aus meiner politischen Auffaffung niemals ein Hehl gemacht und wünsche das auch heute nicht zu tun. Ins besondere wünsche ich nicht, später dem Borwurf der Illoyalität ausgesetzt zu werden. Am 30. Januar habe ich die Geschlossenheit der Fraktion hergestellt und mich bereit gefunden, den Minister. präsidenten Braun wiederzuwählen, unter der bestimmten Vor­ausfezung, daß die Fraktion, wie beschlossen, in fein Kabinett der Weimarer Koalition eintreten werde. Ich habe voistes Vertrauen zu der Persönlichkeit des Herrn Reichsfanglers Marr und hoffe, daß es ihm gelingen werde, eine Regierung zu bilden, die den Bedürfnissen des Landes entspricht. Sollte aber Herr Marr ein Kabinett der Weimarer   Koalition fonstruieren wollen, so würde bei einer Vertrauenserklärung dieses Kabinett auf meine Stimme nicht zählen fönnen."

Seit Bestehen der Partei ist von allen ihren großen Führern der Grundsatz vollster Gewissensfreiheit anerkannt worden. Dieser dogmatische Grundsatz duldet feinen Fraktionszwang. Die Aufgabe dieses Grundfages rüttelt an dem weltanschaulichen Fundament der Partei. Es wird damit eine Frage angeschnitten. die weit über das geringfügige Momente einer persönlichen Mandatsniederlegung hin ausreicht. Auch aus diesem Grunde liegt die Entscheidung nicht bei mir, sondern bei den Wählern, deren mellanschaulichen und politi schen Willen zu vertreten meine Pflicht ist. Mit vorzüglicher Hoch achtung gez. von Papen."

Das Schreiben wurde bereits gestern abend in der Zeit", dem Organ ber Brits partei, abgedrudt. Die Bermania", bas Organs des Sentrums, hatte donon noch feine Renntni Das zeigt, wohin him here son Bapen rechnet.