Dienstag 3. März 1925
Unterhaltung und Wissen
Hinter Hirschberg wurden die Aecker weiß. Es war sechs Uhr abends, und die engen heißen und verräucherten Wagen dritter und pierter Klasse schüttelten eine ungeordnete Masse in bunte Sweater und Halstücher gehüllter Menschen, Schneeschuhe und Rodelschlitten durcheinander. Von Zeit zu Zeit, wenn der Lichtschein aus den Wagenfenstern über die Straße fiel, glizerte der Schnee hell auf.
Alis der Zug hielt, begann eine große Stille um uns laut zu werden. Eine schwarze Winternacht, die Wald und Häufer eng aneinander drängte, ruhte über Krummhübel und schien schwer von Geheimnissen. Nun fingen die Lüfter hinter den hohen Scheiben der Hotels an ihre Lichtarme auszustrecken. Die glatte und steile Hauptstraße war noch von Rodelfahrern belebt. Kleine, geduckte Schlitten jausten an uns vorüber wie flüchtende Hafen, überschlugen sich und rollten weiter. Zuletzt nahm der Wald uns auf, fahle Bäume, schwarze Finger einer verkohlten Hand, die aus dem weißen Laken der Erde griffen. Wir wollten noch in der Nacht auf die Höhe, und schlugen den Weg nach der Hampelbaude ein, während das Rufen der Glockenzeichen und Schlittenfahrer ferner und ferner in der Stille verklang.
Von der ersten Holzung aus fonnten wir den Lichtschein der Brinz- Heinrich- Baude erblicken, der langsam durch den Nebel sickernd über den Kamm herabfloß. Es wurde heller, der Mond stand von Nebel bedeckt wie hinter Seidenpapier. Einige Zeit später begannen die Schultern vom Tragen der Schneeschuhe zu schmerzen. Als wir nach furzer Raft aus der Hampelbaude traten, schlug uns der Sturm mit der flachen Hand in das Gesicht. Die hohe Böschung, die dicht hinter der Baude gegen den Kamm ansteigt, war mit Schnee übermeht und völlig vereist. Wir schnallten unsere Schneeschuhe um, flommen in schräger Linie den Abhang hinauf, und erst als wir die Höhe erreichten, wurde der Weg eben. Die Martungsstangen waren mit breiten Eisbüscheln befiedert, und kaum zu erkennen. In den hohlen Eisstücken flirrte der Wind, und zuweilen blieben wir stehen und lauschten, als hätten mir die Stimme von Menschen vernommen. Wieder orgelte der Wind.
Allmählich begannen die Schneeschuhe unter unseren Füßen zu gleiten. Das odergelbe Licht aus dem Fenster der Baude drang matt durch das Dunkel; Hunde bellten. In dem Lichtschein rauchte der Nebel, als wüchse seine weite Masse aus diesem kleinen brennenden Fenster des Hauses und erfüllte die unendliche Nacht. Stimmengewirr erflang, als wir den Saal betraten. Es war zwölf Uhr nachts, und alle Räume und Kammern waren bis unter das Dach mit Menschen bepact. So zogen wir in das Massenquartier in der Dependance hinüber, in dem eine Anzahl hölzerne Pritschen cufgebaut war. Ueberall von der Decke hingen Kleidungsstücke herab. Nur vorne am Eingang brannte eine magere Kerze. Die Schlafenden rückten zusammen, bis zwei schmale Plätze frei wurden, und mühsam fauerten wir uns auf die hölzernen Bretter, mie zwei Handwerksburschen unter der fröstelnden Decke liegend. Ohne Aufhören drang durch das Dunkel das Schnarchen eines Touristen an unser Ohr, das laut wie eine Holzmaschine sägte. Je mand donnerte mit der Hand gegen die Bretter. Die Schlafenden fuhren zusammen und eine Weile murde es still. Dann begann das Schnarchen von neuem, langjam und zögernd, immer schneller und haftiger wie eine furzatmige Dampfmaschine, bis ein neuer Schlag gegen die Bretter fuhr.
Jemand rief: Bindet ihm doch ein Handtuch unter das Kinn." Und ein anderer:" Eine zu enge Fechtmaste!" Der schmale Lichtschein fladerte und zudte fingernd über die blaffen Gefichter der Liegenden. Erst gegen Morgen schliefen wir ein.
Helle Sonne schäumte über den Schnee. Geiergude und Koppe hoben sich golden gegen den blauen Himmel und tausend Kleine Schneehügel gligerten wie die Wellenfämme des Meeres. Karawanen von Schiläufern zogen den Weg nach der Prinz- HeinrichBaude hinüber. An dem Abhang des zugefrorenen Wiesenbaches war eine Sprungschanze errichtet, und das Aufschlagen der Schnee
Im Kosakendorf.
Bon Magim Gorki.
I.
Der Wind jagt über die Steppe dahin und prallt gegen die Bergwand des Rautajus, der Bergrüden schwillt und bläht sid) wie ein gewaltiges Segel, und die Erde fliegt pfeifend durch die boden lofen, tiefblauen Gründe und läßt die vom Winde zerriffenen Wol fen hinter sich, deren Schatten über die Erde dahinkriechen und sich an ihr festzuhalten suchen, jedoch immer wieder abgleiten und varob meinen und stöhnen.
Die Bäume neigen sich vor, als wenn sie liefen; die Sträucher schütteln sich wie zottige Hunde und breiten sich an der schwarzen Erde hin, die zu rauchen scheint von den aufsteigenden Staubwollen; unaufhörlich erschallt ein trockenes Rauschen, Pfeifen und Heulen, die Störche flappern, die fatten Krähen frächzen, die Steppengrillen zirpen, und über alles hin fönen wie befehlend die lauten Rufe der stämmigen, großgewachsenen Kosaken. Von der fahlen Steppe fliegt goldgelbes Beizenftroh heran, das die Dreschmaschinen zerklopft und zerknüült haben, und auf dem Marktplage der schmuden oſafenftaniza*) tanzen graue Wirbel, fliegen Hühnerfedern, Zwiebels halen und von der Sonnenhize versengte gelbe Blätter empor.
Bon der Steppe her nahen endlose Reihen von Wagen mit dem ausgedroschenen Getreide; in dem Staube, der so schwarz und so fett ist wie Ruß, schreiten die fteilhörnigen Zugochfen gefeßt und schwer fällig daher, die runden Augen mit dem Ausdruck der Geduld zu Boden gerichtet; auf dem Wagen liegt ein Kosat, sein Hemd ist grau von Staub, die zottige hohe Müze figt ihm tief im Nacken, das Gesicht ist schwarz gebrannt von der Sonnenglut, die Augen sind rot vom Winde, und der vom Schweiß zufammentlebende, staubbedeckte Bart erscheint wie aus Stein gemeißelt. Ab und zu geht er dem Wagen voran, neben dem Joche her.
He!... He!..." ruft er von Zeit zu Zeit den Ochsen zu. Sie haben in diesem Jahre eine gute Ernte, sie sind alle gesund und satt, ihr Blick aber hat etwas Finsteres, und sie sprechen nur ungern, durch die Zähne. Bielleicht sind sie müde von der Arbeit... Ich habe jedoch den Eindruck, daß man in diesem Lande der wohlgenährten Leute nur wenig lacht, und nur selten bekommt man ein Lied zu hören.
Mitten im Dorfe ragt der rote Ziegelbau der Kirche mit den fünf Kuppeln und dem Glockenturm über der Vorhalle empor. An der Kirchenmauer, gegen den Wind geschützt, haben sich auf bem trockenen rotbraunen Steppengrafe die Arbeitsuchenden" gelagert. Es sind ihrer an die zwei Duzend, lauter zusammengelaufenes Bolt, Leute von irgenbher, Träumer, die auf einen Glücksfall, ein freundliches Lächeln des Schicksals warten, oder Faulenzer, denen.
Staniza
Dorf
schuhe auf dem hartgefrorenen Schnee gab einen dumpfen Glocken ton, wenn die Läufer hinüberflogen. Die flache Mulde des Kammes, in deren Tiefe die Wiesenbaude liegt, war von springenden Flöhen bedeckt. Alte Damen auf Schneeschuhen watschelten vorüber, schwerfällig gleich alfen Enten.
Wir glitten an der steilen Berglehne entlang, die nach den Richterbauden hinüberführt, weiter zwischen den Tannen hindurch, die mit schneeüberladenen Aesten und geborstenen Kronen unter ihrer meißen Last zu ächzen schienen, schneller und schneller, bis der Bald uns aufnahm, und der Schnee unter unseren Füßen zu singen begann. Erst gegen Abend kehrten wir nach der Wiesenbaude zurück. Der Saal war mit bunten Fähnchen behängt, die überfüllten Tische entlang marschierten Galerien leerer Flaschen, auf die brennende Lichter gepfropft waren. Tannenreiser schaufelten von den Lampen herab; ein buntes Mastengewand war über Tische und Bänke gestreut. Die Lagerfeuer wurden entzündet, von allen Tischen qualmten die hohen Schüsseln, und aus den arrafübergossenen Zuckerblöcken der Feuerbowlen zuckten die kleinen Flämmchen. Wir löschten die Lampen aus, überließen uns ganz dem fladernden Schauspiel der Lichter. Ein Zitterschläger spielte die Wachtparade( immer noch). Dann wurde getanzt, bis die Diele unter den harten Tritten nägelbeschlagener Bergschuhe zu erbeben begann.
Als es zwölf Uhr schlug, drängte die Masse ins Freie hinaus. Eine tiefe und flare Nacht hob sich über den Bergen, der Mond schien. Ein Norweger fletterte mit seinen Schneeschuhen den Dachgiebel hinauf, und sprang die steile Dachfläche entlanggleitend in die weiße Tiefe hinab. Die Paare tanzten auf der geforenen Schneefläche weiter, und ab und zu versank einer mit leisem Aufschrei bis über die Hüften im Schnee.
Wir schnallten noch einmal die Schneeschuhe um und fuhren langsam in die laue Nacht hinaus. Das Lachen der Tanzenden hinter uns klirrte durch die Stille, und Eis und Schnee schienen von den hellen Rufen zu erzittern wie hohles Glas.
*
Am Abend des dritten Tages in Schreiberhau . Eine weite Fahrt über den Kanım, der mit hohen, eisüberdeckten Buckeln, nur an der Peterbaude von einem tiefen Einschnitt unterbrochen, sich wie der weiße Rücken eines mächtigen Dromedars dahinzieht, hat uns bis an die Josephinenhütte hinuntergeführt. Aber nicht lange leidet Schoß der Berge, der die Stürzenden umfängt, einsame Pfade der es uns im Tal. Die sanft geschwungenen Linien der Höhe, der weiße Holzfäller zwischen den Tannen, sind es, die der Schiläufer sucht. Er liebt den Sturm, der seinen fnatternden Mantel um ihn schlägt, die langen, warmen Abende in den Bauden( dem Rettungsschiff aller geweichten Seiten nächtlich im Bett gelesener Bücher, mit furcht Sturm und Schiffbrüchigen), bei Schach- und Zitterspiel, die auf famen Frauenstimmen im Nebengemach, das Zittern der Bretterwände, wenn der Sturm das neue Jahr mit Els und Hagel über das Dach in das Land wirst, und der Schnee hörbar in unseren Traum fällt.
Häuser lagen mit geschlossenen Augen. Nur aus einem breiten Es war noch dunkel, als wir von Schreiberhau aufbrachen. Die. Giebeldache drang einsam ein Lichtschein, wie ein heller Stern, der Vorhängen die glühende Stirn eines Dichters fich in der Morgen über dem Dorfe aufging. Vielleicht hatte hier hinter geschloffenen frühe über weiße Bogen geneigt, und die Bogen schienen unter ihm hinauszuwachsen zu der weiten Schneefläche da draußen, die über die Berge gebreitet lag, und auf der die Gedanken des einsamen Mannes.
geschrieben standen in einer großen, wunderlichen Schrift.
Wir fuhren mit der Bahn über die Grenze hinüber, und es war schon gegen Abend, als mir die Höhe wieder erreichten. Wir ſtanden, bei den Schneegruben; dichte Wollenmassen breiteten fich in der Höhe des Rammes und deckten die Aussicht. Einen Augenblic teilte fich der Nebel, und mir sahen die Spuren unserer Schneeschuhe den Weg hinunter, den wir gekommen. In schmaler Lmie zogen sie am Abhang fort, und wir konnten die Stürze zählen, die sie unterbrachen. In enger Kurve liefen sie an den blauen Schatten eines Abgrunds vorüber, andere Spuren treuzten sie, und die Fährte der Genossen, die sie begleitet hatten, verlor sich in halber Höhe im Wald. Nun schoben sich die Wolken wieder zusammen, drängten dichter und dichter wie ein Meer, eine weiße Sintflut, die um die Spitzen der
die freie Weite des reichen Landes es angetan hat: stille Opfer des russischen Wandertriebes. Sie ziehen in Gruppen von zwei oder drei Mann von einem Kosakendorf zum andern, unter dem Vorwand, daß fie Arbeit suchen", sehen bei der Arbeit wohl zu, munbern fich, daß es soviel Arbeit gibt, legen jedoch nur im äußersten Notfalle selbst mit Hand an, wenn sie ihren Hunger schon gar nicht mehr auf andere Weise, durch Betteln oder Stehlen, stillen können. Morgen ist Mariä Himmelfahrt ), das reiche Kosakendorf feiert das firchliche Fest, und nun sind sie von allen Seiten zusammen gelommen, in der Hoffnung, daß der Feiertag fie reichlich mit Speise und Trank versehen wird, ohne Arbeit von ihrer Seite.
Sie sind alle richtige Russen, aus den zentralen Gouvernements; die Sonne des Südens, an die sie nicht gewöhnt sind. hat ihre Gefichter schwarz gebrannt, ihr Haar ist in der Sonnenglut verschossen, der Wind zerrt und zaust ihre Lumpen, sie stellen sich alle friedlich und ehrbar, müde von der Arbeit, von den Schlägen des Schicksals, und sind hier nur zusammengekommen, um ein flein wenig auszu ruhen und zu beten.
Wenn einer der schwerbeladenen Getreidewagen ächzend und freischend entlang fährt und der ihn lenkende Kojat, einen Strohhalm tauend, an ihnen vorüberschreitet, verneigen fie fich mit zudringlicher Unterwürfigkeit vor ihm, er aber blidt sie geringschäzig von der Seite an, ohne an die Müge zu fassen, oder sieht überhaupt nicht, wie das graue, zerlumpte Rudel fremder Menschen sich vor ihm bückt und frümmt.
Tiefer und in gewiffer Weise auffallender als die andern bückt sich vor den Kosaten der„ von der Hungersnot heimgesuchte" Bauer Ronew aus dem Tulaschen, ein hagerer Mensch, versengt wie ein Feuerbrand, mit einem dürftigen schwarzen Bärtchen, das ungepflegt Lächeln in den dunklen, tief in den Höhlen liegenden Augen. aus dem knochigen Gesicht hervorsproßt, und einem freundlichen Ich habe mich diesen Leuten erst heute angeschlossen, Konew jedoch ist mein alter Bekannter; ich bin ihm auf dem Wege von Kurst nach dem Gebiete des Teref mehr als einmal begegnet. Er ist ein Mensch, der gern niit andern zusammen ist, sich in der Kolonne" am wohlften fühlt, hauptsächlich wohl aus angeborener FurchtsamKreise Alerinst liegenden feit. Wo er auch, außerhalb seines irgendwo in dem fandreichen stets führt er dieselben überzeugungsvollen Worte im Munde: Heimatdorfes meilen und wandern mag, „ Gewiß, das Land hier ist reich, aber die Menschen gefallen mir nicht... ganz und gar nicht! In unserer Gegend ist das Volk viel herzlicher, echt ruffisch eben, nicht zu vergleichen mit dem hiesigen! Hier find fie hart wie Rieselstein, nicht für drei Rubel Seele ist zu finden!"
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In seiner Gesellschaft befinden sich zwei Frauen. Die eine von ihnen mag etwa zwanzig Jahre zählen, sie ist von kleiner, gedrun
*) In Rußland ein hoher Feiertag, wird am 15. August a. St. begangen.
Beilage des Vorwärts
Berge brandete. Einen Augenblick schwebte die Sonne dicht darüber, tauchte zischend in ihre Wellen, übergoß Berge und Wolfenmeer mit roten, gelben, grünen und violetten Tinten, noch einmal schlug eine Feuergarbe empor, dann erlosch alles im Finstern.
Plötzlich empfanden wir die Einsamkeit, und die Kälte ließ uns erzittern. Wir wandten uns der Kuppe des hohen Rades zu. Nebel schlug auf unsere Kleider nieder und erstarrte zu Eis. Es begann zu schneien, und der Wind rannte an uns vorüber wie ein betrunkener Straßenpassant und stieß uns in die Seite. Schnee beftäubte unser Gesicht. Wieder begann der Sturm in den hohlen Eisstücken der Markierungsstangen zu orgeln. Wir fuhren immer weiter... weiter in die Nacht hinein.
Heilung der englischen Krankheit".
In der Regel werden die Kinder mit der Neigung zu geraden und wohlgeformten Gliedern geboren. Wenn soviel Kinder trotzden mit frummen Beinen, mit verkrümmtem Rückgrad, mit deformiertem Schädel und mit zusammengepreßtem Brustkasten, wie ein Bild des und auf dem Lande, zu sehen sind, so liegt es nicht an der OrganiElends in den Straßen der Großstadt, aber auch in der Kleinstadt fation des Körpers oder an irgendeiner Vererbung, sondern an einer ganz bestimmten Krankheit, die sich schon in den ersten Monaten nach der Geburt herauszubilden beginnt. Es ist dies die sogenannte englische Krankheit"( Rachitis).
Die Ursachen und der Charakter dieser Krankheit waren bisher noch nicht völlig erforscht. Man glaubte zum Teil, daß sie auf falscher Ernährung des Säuglings zurückzuführen sei oder daß der Mangel an Luft und Licht die Schuld daran trüge. Die Tatsache, daß nicht die Kinder der Reichen, die sicherlich nicht an Unterernährung leiden, nur die Kinder der Armen an dieser Krankheit leiden, sondern auch gab die Veranlassung, daß man nur in einer falschen Ernährungsweise die Krankheit begründet glaubte. Tatsächlich sind die Kinder, die nicht einseitig mit Milch und Eiern ernährt werden, sondern die wechslung der Ernährungsstoffe Plaz griff, von der Rachitis. geheilt. entweder die Muttermilch erhielten oder bei denen eine richtige AbAuch der Aufenthalt in frischer Luft und Sonne konnte das Fortschreiten der englischen Krankheit" hemmen oder sogar den Beginn verhüten. In lezter Zeit wurde sehr viel die Bestrahlung mit Höhen. fonne angewandt, die auch gute Erfolge zu verzeichnen hatte. Ferner fauren Salzen im Blute zurückzuführen ist. Dieser Mangel von wurde festgestellt, daß die Krankheit auf einen Mangel an phosphorPhosphor im Blute verhindert eine reichhaltige Zuführung von Kalf zu den Knochen, wodurch die Knochen sehr lange weich bleiben. zur Biegung des Rückgrades und anderen schweren Mißbildungen Dadurch sind sie zu Berkrümmungen, zu Bildung von O- Bemen, geneigt. In der Reichsanstalt zur Bekämpfung der Säuglingsterblichkeit" wurde festgestellt, daß mangelhafter Stoffwechsel die Schuld an der englischen Krankheit" trüge. Die Haut des Menschen ist der wesentlichste Faktor des Stoffwechsels, da die in der Haut des Stoffwechsels veranlaßt werden. Auf diesem Prinzip beruht mündenden Nervenenden durch bestimmte Reize zu einer Aenderung auch die wohltätige Wirkung der Bäder, die nicht nur durch ihren Stoffwechsels hervorrufen, wie sie jeder an sich durch ein großes Salzgehalt fräftigen, sondern auch wesentliche Veränderungen des Frischgefühl und eine star? gesteigerte Eslust an der See bereits erlebt haben wird. In richtiger Ahnung der inneren Zusammenhänge hat man auch schon bis jetzt rachitische Kinder in Salzmaffer gebadet, um den Stoffwechsel zu beleben, den Körper zu fräftigen. Es war nun notwendig, ein Mittel zu finden, durch das der Phosphorstoffwechsel im menschlichen Körper, besonders im Körper des Kindes beeinflußt wird.
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Dazu find Salten vermendet worden, die Eierstock und Gchurnanhangs- Substanz enthalten, also Säfte aus Drüfen des menschlichen Körpers, durch die der Stoffwechsel im menschlichen Körper geregelt wird. In der Reichsanstalt" wurde durch Eintelben mit diesen Salben eine starke Berbefferung der Rachitis erzielt, da dadurch der Phosphorgehalt im Blut gesteigert wurde und die schädigende Säureausscheidung im Harn zurückging. Durch diese Verbesserung des Stoffwechsels ist eine stärkere Zufuhr von Kalk zu den Knochen erzielt worden, die von selbst ein Ende der Uebelstände, also eine
gener Gestalt, hat gläserne Augen, und ihr Mund ist immer halb geöffnet. Ihr Gesicht hat einen einfältigen Ausdruck: der untere Teil, mit den sichtbaren Zähnen, scheint zu lachen- blickt man dagegen in die unbeweglichen Augen unter der niedrigen Stirn, so glaubt man, daß sie jeden Augenblick in ein erschrockenes Weinen und Kreischen ausbrechen wird, als sei sie in Krämpfe verfallen.
Mit fremden Leuten hat er mich hierhergehen heißen," flagt fie im Baß, während sie mit dem kurzen Finger ihr ausgebleichtes Haar unter das grüngelbe Kopftuch steckt.
Ein junger Bursche mit dicem Gesicht, vorspringenden Backenfnochen und kleinen Mongolenaugen stößt sie mit dem Ellbogen in die Seite und sagt mit träger, heiserer Stimme:
,, Er hat dich eben laufen lassen, was sollt' er auch mit dir anfangen?" Ja- a," sagte Konem gedehnt, in nachdenklichem Ton, während er in seinem Bündel framt, Beiber fann man jetzt sehr leicht loswerden. Sind überhaupt in diesem Jahre sehr billig, gar nichts foften fie..."
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Die Frau runzelt die Stirn, Hlinzelt erschrocken und verzicht den Mund; ihre Freundin aber jagt fed und scharf:
" So hör' doch nicht auf die frechen Kerle..." Sie ist etwa fünf Jahre älter als die andere und hat ein nicht alltägliches Gesicht: die großen, dunklen Augen spielen in einem und wechseln fast jeden Augenblick den Ausdruck, bald blicken sie scharf und ernst irgendwohin die Dorfstraße entlang, in die Steppe, wo der Wind dahinfegt, bald beginnen sie plöglich voll Haft irgend
etwas in den Gefichtern der Umstehenden zu suchen, blinzeln dann unruhig, während ein Lächeln um die hübschen Lippen huscht, und nachdem sie für einen Augenblick den Kopf gesenkt und das Geficht versteckt hat, legt sie, es wieder emporhebend, in ihre Augen etwas völlig Neues: fie find weit geöffnet und blicken zornig drein, zwischen den feinen Brauen liegt eine herbe Falte, die vertrockneten Lippen des regelmäßig geformten Mundes find fest und trozzig aufeinandergepreßt, und mit den feinen Nüstern der geraden Naje zieht sie ge= räuschvoll, wie ein Pfen, die Luft ein.
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Man spürt aus ihrem Wesen etwas Nichtbäuerisches heraus: unter dem blauen Rocke gucken, wie sie da im Grase sitzt, die riffigen nackten Fußsohlen hervor das sind keine breiten, flachen Dorffüße, das hohe Fußblatt fäßt vielmehr darauf schießen, daß sie an das Tragen von Schuhen gewöhnt waren. Sie bessert eine blaue, weißpunktierte Jacke aus, und man sieht, daß ihr der Gebrauch der Nadel nicht fremd ist: die sonnverbrannten fleinen Hände hantieren rajch und geschickt an dem zerknüllten Stoffe herum. Bergeblich sucht der Wind ihren Händen die Näharbeit zu entreißen. Gie jigt mit porgeneigtem Oberkörper da, und durch einen Riß in dem Leinwand hemd sehe ich den festen, kleinen Busen, den Busen eines Mädchens, aber die vorragende Brustwarze verrät, daß die Frau da vor mir
bereits ein Kind genährt hat. Mitten unter diesen Menschen kommt sie mir vor wie ein Stück Kupfer in einem Haufen verrosteten alten Eifens. ( Fortsegung folgt.)