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Nr. 112 42. Jahrgang

2. Beilage des Vorwärts Wiederbeginn der Reichstagsarbeit.

Sozialpolitik- Reichswasserstraßen- Eisenbahnerstreik- Aufwertung.

Bräsident Cõbe eröffnet dic Sigung um 2 Uhr 20 minuten und gibt bekannt, daß anläßlich des Hinscheidens des Oberhauptes der Beutschen Republit von anderen Parlamenten zahlreiche Beileids­fundgebungen eingegangen seien, so aus Danzig , aus Defter. reich, aus Ungarn , aus Rom , aus Prag , aus Peru , aus Liechtenstein , von den beiden medlenburgischen Land­tagen, aus Salzburg und aus Angora( Türkei ). Ferner find zahlreiche Beileidstelegramme von Privatpersonen dem Reichstag übermittelt worden. Der Präsident hat den Abfendern den Dank des Reichstags aussprechen lassen. Eingegangen ist der Gefehentwurf über die Festsetzung des 29. März für die Wahl des Reichspräsidenten und der Gesetzentwurf zur Uebernahme der Kosten der Beerdigung des verstorbenen Reichspräsidenten auf das Reich.

Bor Eintritt in die Tagesordnung verlangt Abg. Stoeder ( Komm.), daß der Reichstag fofort in die Behandlung der Frage der Neuwahl des Reichspräsidenten eintreten solle. Der Versuch des Reichstanzlers Dr. Luther, sich das Amt des Stellvertreters des Reichspräsidenten anzueignen, fei verfaffungswidrig und ein Staatsstreich. Die Rechte sei mit Luther dabei, die republita nische Verfassung monarchistisch sich auswirken zu lassen. Es liegt hier ein Berfassungsbruch vor. Es müsse sofort ein Gefeß über die Stellvertretung des Reichspräsidenten Beraten werden. Der Reichstag müsse den Stellvertreter wählen. Die Wahlkampagne beginne bezeichnenderweise mit dem Berbot der Roten Fahne".( Pfuirufe der Kommunisten.) Auch die fommunistischen Blätter in Halle, Rönigsberg, Breslau und Gleiwig feien verboten. Der Redner beantragt fofortige Auf. hebung dieser Berbote.

Bräsident Cöbe teilt mit, daß der Weltestenrat am Sonnabend die Frage der Präsidentenwahl behandeln werde.

Abg. Fehrenbach( 3.) erhebt Einspruch gegen die Meinung des fommunistischen Redners, als ob der Reichskanzler verfassungswidrig die Stellvertretung des Reichspräsidenten führe. Gegen solche un gerechtfertigten Angriffe müsse Berwahrung eingelegt werden. Der Redner widerspricht darauf den kommunistischen Anträgen. Damit find die kommunistischen Anträge er­ledigt.

Auf der Tagesordnung steht zunächst der Gesezentwurf über Rentenzusatzsteigerung aus der Invalidenversicherung Danach werden bei der Invalidenrente 10 Proz. der seit dem 1. Ja­nuar 1924 gültig entrichteten Beiträge als Steigerungsbetrag ge­währt. Ferner wird für jede ordnungsmäßig verwendete Beitrags­marke der bis zum 30. September 1921 gültigen Lohntlassen 3, 4 und 5 ein Steigerungsbetrag gewährt; er beträgt für jede Beitrags: marke in der Lohntlasse 3 4 Pf., in der Lohnklaffe 4 8 Pf., in der Lohntlasse 5 12 Pf.

Abg. Karsten( Soz.):

Die Sozial- und Invalidenrenter haben von der Regierung mehr erwartet, als sie ihnen mit dieser Vorlage geben will. Sie haben ein Recht, zu verlangen, daß

Sonnabend, 7. März 1925

gen, fo fann die Regierung ihren bisherigen Standpunkt nicht auf- für eine großzügige und einheitliche deutsche Wasserstraßen. rechterhalten, da muß zunächst die Grundrente erhöht werden. Die Sozialrentner hatten vor dem 1. März mit einer Rentenerhöhung gerechnet. Es herrschte überall Entrüstung und Entmutigung, als fie an der Post feine Erhöhung erhielten. Wir fönnen es nicht ver­antworten, daß sich das am 1. April wiederholt. Der einzig mög liche Weg, der jetzt beschritten werden muß. ist die jofortige Er höhung der Grundrente. Wenn der Regierungsentwurf nicht nach unseren Forderungen geändert wird, dann fann die Sozialdemo fratie ihm nicht zustimmen. Wir können den Jammer der Sozial­und Invalidenrentner nicht länger verantworten. Es mögen dann diejenigen die Berantwortung für den Regierungsentwurf über. nehmen, die wohl für die Ruhrindustriellen riesige Summen übrig haben, nicht aber für diejenigen, die ihr ganzes Leben lang gearbeitet haben und jetzt hungern. Wir verlangen schließlich, daß auf die rüdständigen Gemeinden ein Drud ausgeübt wird, damit die Rentenerhöhung nicht von der Fürsorge gefürzt werde. Wir wollen versuchen, Berbesserungen an der Borlage im Ausschuß zu erreichen. Bevor die geplanten Steuerermäßigungen für die besigenden Klassen durchgeführt werden, muß denjenigen geholfen werden, die ohne Erhöhung der Grundrente nicht leben fönnen.( Beifall bei den Sozialdemokraten.)

Dabei müssen selbstverständlich die berechtigten Interessen der Rand politit erforderliche Organisation zu schaffen? wirtschaft Berücksichtigung finden. Das wird durchaus möglich sein. geht davon aus, daß eine Differenz zwischen der Reichswasserstraßen Reichsverkehrsminister Dr. Krohne: verwaltung und den 2ändern über den Umfang der Drgani fationsbefugnis die Durchbildung der Berwaltung von vornherein gehindert habe. Gegenüber den zahlreichen Bedenken der Länder jei der Plan einer einheitlichen Bermaltung jedoch zurüdgestellt jedoch seit Jahresfrist nicht möglich gewesen, die Verhandlungen worden. Trotz lebhaften Drängens der Reichsregierung jei es hierüber mit dem hauptbeteiligten Lande Preußen aufzunehmen. Die Reichsregierung habe daher zur Schaffung einer flaren Rechts­grundlage vor furzem den Staatsgerichtshof angerufen. nach Ueberzeugung der Reichsregierung sei Artitel 97

Abg. Undre( 3.) erfiärt namens seiner Partei, daß sie zu der ersten Lesung in feine fachliche Beratung der Borlage eintreten werde. Wir hoffen, daß es im Ausschuß gelingen wird, die Bor­lage zu verbessern. Ich beantrage Ueberweisung an den sozial. politischen Ausschuß.( Beifall im Zentrum.)

Abg. Rädel( Komm): Wenn der Entwurf angenommen wird, wird die Wirkung auf die Invalidenrentner geradezu nieber: schmetternd sein. Nach den früheren Anträgen dürfte feine Partei für diese Vorlage ftimmen, insbesondere nicht die Demo­fraten, die eine zeitgemäße" Erhöhung der Invalidenrenten ver­langt haben.

Abg. Ziegler( Dem.): Mit agitatorischen Anträgen, die undurchführbar sind, ist den Invaliden nicht geholfen. Auch uns genügt die Vorlage nicht, da sie an den Grundbeträ gen nichts ändert. Der Reichstag hat für diesen 3wed 115 mil. lionen Mark bereits bewilligt, es handelt sich um die Verteilung dieser Summe. Die Rente hat allerdings auch vor dem Kriege nicht zum Lebensunterhalt ausgereicht, aber damals waren die Familienangehörigen noch in der Lage, einem Rentner einen Zu­schuß zu gewähren; das ist heute nicht mehr möglich. Die 115 Miti lionen werden nicht ausreichen, die Grundrenien zu erhöhen, deshalb muß die Regierung mehr anfordern.

Abg. Andre( 3.) widerspricht den Ausführungen des tommu nistischen Redners. Die soziale Lage der russischen rbeiter läßt sich mit derjenigen der deutschen bei weitem nicht vergleichen.( 3u= stimmung.) Die Vorlage wird dem Ausschuß für soziale Angelegenheiten überwiesen.

Arbeiter

Keine Vertagung.

Präsident Cobe: In den Zeitungen ist das Gerücht ver­breitet über eine längere Bertagung des Reichstages wegen der Wahl des Reichspräsidenten . Diefes Gerücht fußt wohl auf mi­verständlichen Aeußerungen im Reichstat. Ich habe nicht die Ab­ficht, dem Reichstag eine längere Bertagung aus diesem Grunde vorzuschlagen. Bei den Ausgaben für die

Wasserstraßen,

die auf das Reich übergegangen sind, führt

Abg. Dr. Most( D. Bp.)

iardie Schäden, die sie erlitten haben, mindestens ebenso gerecht ab­gewogen werden wie die der Industriellen. Zuerst muß den 4 Millionen Invaliden- und Unfallrenf. nern geholfen werden, die feit der Inflation Hunger leiden. Was die Regierungsvorlage jegt gewähren will, entspricht nicht im ent­ferntesten dem, was die Rentner zu verlangen haben. An Stelle der Einheitsrente soll eine gestaffelte Rente treten. An zwei Beispielen will ich zeigen, zu welchen Ergebnissen wir dabei fommen. Wenn jemand 20 Jahre lang Beiträge gezahlt hat, dann soll feine Rente jetzt um 40 m. jährlich, d. h. um 3,30 M. monatlich, er­höht werden. Hat jemand dauernd in der höchsten Klasse Beiträge gezahlt, dann steigt er monatlich um 10 M., anstatt 14 bekommt er 24 M. Das sind schon die günstigsten Fälle. Aber selbst die höchsten Renten reichen nicht an das heran, was in Friedenszeiten Gleichzeitig werden Differenzierungen geschaffen, Die wir nicht wollen. Wir sind mit einer Staffelung einverstanden, zunächst verlangen wir die Erhöhung der Grundrenten. Schon vor dem Kriege waren die Renten außerordentlich gering. Es besteht also jeht um so weniger eine Berechtigung, die Renten noch niedriger zu halten. Dabei ist zu erwägen, daß manche Sozialrentner vor dem Kriege noch andere Einnahmen hatten. Ein Teil von ihnen befaß ein paar Sparpfennige, die ihnen durch die Inflation genommen worden sind. Bei der Aufgreifende Reichswafferstraßenpolitit auf Grund des Art. 97 der wertung werden zunächst diese Kreise berücksichtigt werden müffen, die jetzt bittere Not leiden. Solange aber die Aufwertung nicht durchgeführt wird, muß ein Ausgleich durch Erhöhung der Renten geschaffen werden. In anderen Fällen konnten vor dem Kriege die Eltern, die Sozialrentner waren, unterstützt werden, heute ist das nicht mehr möglich. Dazu kommt noch die Teuerung aller Lebensbedürfnisse. Wenn wir alle diese Momente berücksichti.

aber

MARK

VALAM

aus: Die Binnenschiffahrt erwartet vom neuen Reichsver­fehrsminister eine großzügige und zielbemußte Reichswasser. Straßenpolitif. Deren Voraussetzung ist, daß dabei tein zwischen den einzelnen Ländern und Behörden stattfindet, vielmehr Begeneinanderarbeiten von Reich und Ländern sowie ein völlig einheitlich geleiteter Organismus zur Verfügung steht. Heute ist dies nod, nicht der Ball. Der Zustand, daß die Wasser straßen zwar auf das Reich! c. aegangen sind und dieses auch die rittleren und unteren chorden der Wafferstraßenverwaltung de zahlt, diese selbst aber in der Fant der Länder geblieben sind, ist aus finanziellen urd organ satorischen Gründen, vor allem aber un der Bedicgenheit und Siclsideiheit der Arbeitswillen unhaltbar. Ertmeder muß man die Totausfehungen für eine wirklich durch Reichsverfaffung schaffen, oder aber man gebe die Wasser. raben an die ander zurüd, wie dies erst am 14. Februar d. 3. die preußische Hauptlandwirtschaftskammer ge­fordert hat. Letzteres würden meine Freunde für ein Unglüd hallen und haben deshalb eine Interpellation eingebracht, in der die Re­gierung gefragt wird:" Was gedentt und vermag die Reichsregierung zu unternehmen, um die

nur durch eigene Berwaltung des Reiches zu erreichen. Die 4jährige Mandatsverwaltung habe die Unmöglichfeit ermiefen, auf diesem Wege eine tatkräftige, einheitliche, fparfame Berwaltung zu führen. Die auch in den jezigen Berbandiungen des Reichstags allzeitig anerkannte Notwendigkeit, jämtliche Ber­tehrsmittel nach Abtrennung der Reichsbahn einheitlich straff zu­fammenzufaffen, sei nur zu erreichen, wenn Verwaltung. Bau und Betrieb in eine feste flare Ordnung gebracht würden. Abg. Dr. Dietrich- Baden( Dem.) äußert Bedenten gegen die Sentralisation der Wafferstraßenverwaltung, während der Reichsver fehrsminister Krohne noch einmal auf die Notwendigkeit hinweist, zu einer einheitlichen Verwaltung zu tommen.

Daran anschließend ergibt sich eine längere Debatte über die Verhältnisse auf der Unterweler. Im Verlauf dieser Debatte erklärt Abg. Hünlich( Soz.):

Wir sind keine grundsäglichen Gegner der Bertiefung der Beser, aber die ingeheuren Echwierigkeiten, die sich an der Unterweser im Laufe der letzten Jahre ergeben haben, stehen auch noch mit einigen anderen Fragen in Berbindung. Im wesentlichen ist es doch die vor­genommene Bertiefung der Unterweser, die die Unter­weferhäfen geradezu verödet hat. Der kleine oldenburgische Hafen Brafe hatte 1913 eine Getreideeinfuhr von 808 000 Tonnen, sie ist 1924 auf ganze 119 980 Tonnen zurüdgegangen. Das zeigt Ihnen, wie sich die wirtschaftlichen Verhältnisse an der Unterweser entwidelt haben. Das gleiche trifft auf Nordenham , in erheblichem Maße auch für Wesermünde und Bremerhaven zu. Auf der anderen Seite ist nach der Vertiefung der Weser der Verkehr um ungefähr 40 Proz. in die Höhe gegangen. Wir stehen vor der Frage, ob wir zusehen sollen, wie in den Untermeferhäfen die Wirtschaft vollkommen zurückgeht und wie alles das, mittel in Bremen erneut aufgebaut werden muß. mas dort zusammenbricht, mit Aufwand sehr erheblicher Das Reichsverkehrsministerum hat die Pflicht, dafür zu forgen, daß ein gewisser Ausgleich nach dem Unterwesergebiet hin geschaffen werden muß, und zwar in allererster Linie durch eine tarifliche Bevorzugung der Unterwefer, mie sie auch vor dem Kriege immer bestanden hat. Nur dadurch tann sich das außerordentlich trübe Bild an der Unterweser beffern, ohne daß dabei den berechtigten Intereffen Bremens Abbruch geschieht. Ob darüber hinaus noch weitere Maßnahmen notwendig sind, wird die Zukunft erweisen. Wenn sich herausstellen sollte, daß das Reichsverkehrsministerium die Dinge beim alten läßt, daß nichts, oder soviel wie nichts gegen den tatastrophalen Niederbruch an der Unterweser geschieht, dann würden wir zu unserem sehr großen Bedauern im nächsten Jahre vor der Frage stehen, weitere mittel für die Bertiefung der Unter­mejer nicht mehr zu bewilligen.( Beifall bei den Soz.)

Die einmaligen Ausgaben werden darauf bewilligt. Ange nommen wird ein Antrag des Ausschusses, die Mittel für die Deutsche Berkehrsausstellung in München von 8000 auf 100 000 m. zu erhöhen.

Der Eisenbahnerstreik.

Bei den Einnahmen nimmt dann

Abg. Höllein( Romm.) das Wort, um sich mit den Gründen des Eisenbahnarbeiterftreits in Sachfen zu beschäftigen.

Abg. Schumann- Frankfurt( Soz.):

Bei der Umwandlung der Verhältnisse bei den Reichsbahnen auch für die Arbeiter- und Beamtenschaft eine f haben wir uns feiner Täuschung darüber hingegeben, daß Situation entstehen würde. Weil wir das vorausgesehen haben, schwierige maren unsere Bemühungen darauf gerichtet, daß den Arbeitern, An­gestellten und Beamten das einzige Mittel, das ihnen in dieser Situation zu Gebote steht, die Organisation nicht ger. Ichlagen werde. Den Rommunisten mar es vorbehalten ge­blieben, auch auf diesem Gebiete recht erfolgreiche Arbeit zu leisten.

BRAUN FÜR

FRÜHJAHR UND SOMMER

AP- B

SALAMANDER

DAS MEISTERSTÜCK DER SCHUHFABRIKATION