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Abendausgabe

Nr. 113+ 42. Jahrgang Ausgabe B Nr. 56

Bezugsbedingungen und Angelgenbrette Find in der Morgenausgabe angegeben Rebattion: SW. 68, Cindenstraße 3 Fernsprecher: Dönhoff 292-293 Tel- dresse: Sozialdemokrat Beclin

Berliner Volksblatt

5 Pfennig

Sonnabend

7. März 1925

Berlag und Angetgenabteilung: Gefchäftszeit 9-5 Ube

Berleger: Borwärts- Berlag GmbH. Berlin   SW. 68, Cindenstraße 3 Fernsprecher: Donhoff 2506-2507

Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands  

Die Reichspräsidentenwahl.

Allgemeine Ungewißheit.

Echo des deutschen   Angebots.

Zwei Strömungen in Frankreich  .

Bon einem Pariser Korrespondenten wird dem Sozial­demokratischen Pressedienst" geschrieben:

Der Parteiausschuß und die Reichstagsfraktion der So- Inflationsgewinnler wollen den von ihnen erpropriterten gemeinen Interesses gerüdt. In den politischen Kreisen aller Die Sicherheitsfrage ist jetzt in den Vordergrund des all­zialdemokratischen Partei treten heute nachmittag um 2 Uhr Obligationshypotheken- und Anleihebefizern ihre Schulden Richtungen, in allen Blättern wird über das, was die Deffent­zusammen. Sie werden sich mit der Frage beschäftigen, ob nicht zurückzahlen, sie wollen über die Gelder der Reichstaffe Richtungen, in allen Blättern wird über das, was die Deffent­der Anregung, zum ersten Wahlgang einen gemeinsamen allein verfügen( siehe Entschädigung an die Ruhrinduſtrie) hat, diskutiert. An der Leidenschaftlichkeit, mit der diese Dis­lichkeit bisher von den deutschen   Angeboten erfahren republikanischen Kandidaten aus dem bürgerlichen Lager auf und sie wollen feinerlei Ron turrenz öffentlicher Unter fuffion geführt wird, erkennt man am besten, wie sehr die mit zustellen, Folge gegeben, oder ob ein eigener sozialdemokra nehmungen und Betriebe. Die Deutsche   Bolkspartei, die der Sicherheit zusammenhängenden Fragen die Geister be tischer Kandidat aufgestellt werden soll. Danach wird noch Bartei der Unternehmersyndizi und Agenten und mit ihr die schäftigen. Je nach der allgemeinen politischen Auffassung der heute abend der Parteivorstand zusammentreten, um seine Deutschnationale Volkspartei   als politische Handlangerin des einen und anderen ist auch die Stellungnahme gegenüber den Beschlüsse zu fassen. Reichslandbundes und der Schwerindustrie haben Order zu parieren, wenn ihre Geld- und Auftraggeber Anweisun- Bresse des Nationalen Blocks tobt gegen jede Sonderverständi von deutscher   Seite gemachten Angeboten verschieden. gen geben. Die Schwierigkeiten, die im Weg stehen, wer Die Schwierigkeiten, die im Weg stehen, wer ben durch eine Berleumdungstampagne gegen die gung mit Deutschland   die Links presse stellt sich auf Sozialdemokratie beseitigt. den Standpunkt, daß eine ernsthafte, vom Willen zur Verständigung beseelte Prüfung der Vorschläge erfolgen muß die große Boulevardpresse schwankt.

Die Bürgerblodparteien haben einen gemein samen Ausschuß gebildet, der unter dem Borsiz des Präfi benten des Reichsbürgerrats", des föniglich preußischen Mi nisters des Innern v. Loebell, tagt und in dem über die Aufstellung eines gemeinsamen Kandidaten verhandelt wird. Die Zeit" meint, in den letzten Tagen hätten sich die Namen Braun, Marg und Jarres herauskristallisiert, danach wäre Herr Jarres der Kandidat des Bürgerblods. Die National post" dagegen versicherte noch heute morgen, daß eine Ent scheidung noch nicht gefallen sei. Außerdem weiß sie von Berhandlungen zwischen dem Zentrum und der Bayerischen   Bollspartei zu berichten, in denen die Absicht verfolgt wird, eine Brüde zwischen dem Sentrum und den Auffassungen der Rechten zu schlagen und das Zentrum zum Abgehen von der Kandidatur Marg zu veran lassen, die insbesondere in München   als nicht möglich emp­funden wird".

Der Kampf der Industriehäuptlinge gegen die öffentliche Wirtschaft fommt auch in dem famosen Gesetz über die gegenseitige Besteuerung des Reichs, der Länder und Ge­meinden" zum Ausdrud, in dem auch die großen Werts betriebe der Gemeinden zur Zahlung aller Steuern heran­geholt werden sollen. Damit schlägt man zwei Fliegen mit einer Klappe. Der Masse der Konsumenten wird eine ungeheure neue Steuerlast auferlegt, und dem Privattapital soll auf diese Weise der Zugriff zu diesen Betrieben ermöglicht werden. Die verlogene Gesellschaft, die in fommunistischer Aufmachung auf knallrotem Papier   Flug blätter gegen die Sozialdemokratie in Millionen verbreiten läßt, weil fie angeblich dem ,, internationalen jüdischen Ka pital" die Herrschaft verschaffe, mill in Wirklichkeit nur felbft ungehindert das Heft in der hand haben.

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Die

Die Hauptthefen, wie sie formuliert werden, lassen sich ungefähr folgendermaßen zusammenfassen: Deutschland   will uns aufs Glatteis führen" so erklärt man im Lager und den in Mitteleuropa   gelegenen nach dem Krieg entstande des Nationalen Blods- fucht zwischen Frankreich  

nen Staaten, wie Polen   und der Tschechoslowakei  , die Brand­facel zu schleudern, indem es uns alles verspricht, was es in bezug auf die französische   Ostgrenze sowieso nicht verweigern fann, um sich auf diese Weise Handlungsfreiheit vor allem Polen  gegenüber zu erfaufen. Hat sich das jetzt von nationalistischen Elementen regierte Deutschland   erst einmal dadurch die Mög Zur Wahl werden umfassende organisatorische Vorberei­lichkeit geschaffen, seine Ostgrenzen auf Kosten Polens   zu ver hungen notwendig sein. Nach dem gegenwärtigen Stand der andern, so wird auch die Reihe an Frankreich   kommen, denn Gesetzgebung gibt es feine amtlichen Stimmzettel. Die Par auch die Leute, die gegenwärtig in Berlin   an der Regierung teien müssen die Slimmzettel selber drucken lassen und dafür Der Kampf, der zum Beispiel gegen die Deutschen   fizen, huldigen an sich der von ihnen oft und laut ausge forgen, daß überall der erforderliche Vorrat davon zur Bererte von der Schwerindustrie augenblicklich geführt wird, fprochenen Theorie, daß geschriebene Verträge nichts End­fügung steht. Es werden also in diesem Kampf an die per ist nur ein Teilausschnitt dieser Versuche, sich die restlose gültiges feien. Deshalb haben alle sogenannten Sicherheits­fönliche Mitarbeit der Parteigenossen sehr hohe Anforderun. Alleinherrschaft zu sichern. Eine gekaufte, von der pafte, die das gegenwärtige Deutschland   unterzeichnen würde, gen gestellt werden müssen. Schwerindustrie ausgehaltene Bresse besorgt unter dem Dec. nur die Jrreführung, die Berblendung Frankreichs   zum Zwed. mantel der Unparteilichkeit" die Erledigung der Borgefechte. Das Kabinett Herriot  , das schon in London   Frankreichs   einzige Standalaffären, Enthüllungsfampagnen, mit tiefer fittlicher wirksame Waffe, die Ruhr, aus der Hand gab, würde ein Entrüftung vorgetragene Meldungen über Unregelmäßigkeiten noch schwereres Verbrechen an unserem Land begehen, wenn usw., dienen alle nur dem einen Zwed, die Festung sturm- es sich dazu herbeiließe, den Sicherheitspakt unter den Alliier­reif zu machen. Auf die Gedankenlosigkeit des Spießten zu ersehen durch einen Batt, der Deutschlands   Unterschrift bürgertums   wird dabei ebenso spekuliert wie auf die früge und der irgendeinen Teil der polnischen Grenze späterer 3er mürbung der Arbeiterfront durch die deutscher   Interpretationwillfür unterwürfe.... tommunistische Seze. Die deutschnationale Propa ganda in Arbeiterfreifen erfolgt ja überhaupt nur im fom­munistischen Gewande und mit fommunistischen Argumenten. Und doch werden die Herrrschaften sich täuschen. Das deutsche   Volt ist nicht so dumm, daß es nicht durch diese Flut von Lügen hindurch erkennt, worum es eigentlich geht. Die Hugenberg- Presse mag noch soviel Gift sprigen, sie wird nicht verhindern fönnen, daß ihr wahrer Chas rafter erfannt wird und daß die Massen des Volkes fich doch wieder in einheitlicher Front gegen die Hänen des Großfapitals fammeln.

Unentschieden ist auch die Frage des Stellvertre tungsgefeges. Hier hängt die Entscheidung barüber, ob Herr Luther bis in den Mai hinein die Geschäfte des Reichs präsidenten führen foll oder nicht, vom Zentrum ab. Sie wird hoffentlich so ausfallen, mie der Sinn der Verfassung es verlangt, das heißt dahin, daß ein besonderer Stellvertreter für notwendig erklärt wird, der dann sofort vom Reichstag zu wählen ist.

Die Präsidentenwahl

und das Ausland.

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Basel  , 7. März.( Eigener Drahtbericht.) Die Basefer Nachrichten schreiben zur Reichspräsidentenwahl:" Die Bemühungen der Rechten um eine unpolitische Persönlichkeit kennzeichnen das Bestreben, das teinen Republikaner   an der Spige des Reiches will, aber auch feinen Präsidenten, für dessen Tun die Rechtsparteien deutlich haft bar find. Das Blatt beschäftigt sich dann mit der Wirkung der Wahl auf das Ausland und erflärt: Wir begreifen, daß es für einen Patrioten peinlich ist, bei der Wahl des Statsoberhauptes an den Eindrud im Ausland Denken zu müssen. Aber es muß sein. Die Kölner   Räumungs­frage und andere Probleme werden nicht oder für Deutschland  nicht befriedigend gelöst, falange man nicht weiß, ob die Reichs­präsidentenwahl den Charakter einer reattionären Demon stration befommt. Schon deshalb ist es wünschenswert, daß der erfte Wahlgang die Entscheidung bringt."

Die legitime" Wirtschaft.

Die Schwerindustrie will freie Bahu haben. Der Borstand des Reichsverbandes der deutschen  Industrie veröffentlicht folgende Resolution:

Die in der Bernabung ber öffentlichen Gelder bekannt ge wordenen Mißgriffe find dem Reichsnerbande der Deutschen Industrie Veranlassung, für die Zukunft schärfste Kontrolle und genaueste Rechnungslegung über die Verwendung ber fast restlos aus der Wirtschaft stammenden über. schüffigen Gelder durch wirtschaftliche Sachverständige zu verlangen. An fich muß in Zukunft die Entstehung von Ueber schüssen über das unbedingte Erfordernis hinaus durch raionelle Steuer- und Tarifpolitif unter allen Umständen ver.

mieden werden.

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Fernerhin ist insbesondere auch die bisherige Bilanzpolitik und Finanzgebarung der im Besitz des Reiches und der Länder befind­lichen industriellen und faufmännischen Betriebe und ihre Versorgung mit öffentlichen Mitteln zum Gegenstand einer Untersuchung zu machen. Es miffen Garantien dafür geschaffen werden, daß an fich müssen lebensunfähige Gebilde dieser Art nicht zum Schaden der Allgemein­heit durch öffentliche Mitel fünftlich weiter am Leben erhalten werden. 3ur Durchführung dieser Aufgaben müffen bereits in einer unter Mitwirkung der Reichsbank zu schaffenden S'elle selbst der die fünft ge Anlage der öffentlichen Gelder obliegen wird, Kautelen da­für geschaffen werden, daß etwa verfügbare Mittel ohne unnötige Berteuerung der legitimen Wir schaft zugeführt werden."

In dieser Resolution fommt der wahre harafter Des Rechtsblod's unnerhüllt zum Mushrud. Das Brivat topttal und die Schwerindustrie will unter allen Umständen die Alleinherrschaft Die

Ben Akiba   hatte unrecht!

Es ist nicht alles schon dagewesen. Das Berliner Tageblatt" berichtet, daß der deutschrationale Bizepräsident des Reidstages Gräf Thüringen, der bekanntlich dem Antrittsbefuch des Reichstagepräsidiums beim Reichepräsidenten Ebert Mitte Januar demonstrativ ferngeblieben war, fich darüber befchwert hat, daß man ihn nicht zu der Trauer feier für Ebert eingeladen bat.

Jm Reidstag geht ferner das Gerücht, daß ähnliche Be schwerden von den Kronzeugen Gobert, Sprig, Jiibor Rreil, fowie von Pfarrer Koch, M. d. 2. und M. d. R., ein­getroffen find.

Glänzender Wahlfieg in Lettland  . Verdoppelung der sozialdemokratischen Stimmen. Riga  , 6. März.( Eigener Drahtbericht.) Die Gemeinde­wahlen haben der Sozialdemokratischen Partei große Erfolge ge­bracht. Jn Riga   erhielt unsere Partei 60 000 Stimmen, das sind 34 vom Hundert aller Stimmen und 37000 Stimmen mehr als bei der vorigen Wahl Wir befehen 30 Mandaie, davon 12 nene. Die Ergebnisse in der Provinz schließen fich denen in Riga  würdig an.

Stadtratswahlen in London  .

Erfolge der Arbeiterpartei.

gebenen Ergebnisse der geftrigen Stad ratswahl weisen für die Ar. London  , 6. März.( WTB.) Die um Mitternacht bekanntge. beiterpartei einen Gem inn non 9 Eigen und für die städtischen Gewinn Reformisten oder Konservativen einen solchen von 1 Siz auf. Letztere hatten bisher 60 Size, die Arbeiterpartei 25, die Progreffister 7 Size.

Die belgische Kammer aufgelöst.

Neuwahlen am 5. April.

Bröffel, 7. März( 1.) Die, belgische Sammer hielt gestern nachmittag me fette Eikung ab. Des Berlamaut wtb heute durch fönigliches Detret aufgeflift Die Neuwahlen finb für ben 5. Mari ausgeschrieben.

Darauf ermidern führende Elemente der Linken: So einfach steht das Problem nicht. Jeden deutschen   Borsch'ag, weil er vielleicht nicht von vornherein in all seinen Teilen flar oder annehmbar erscheint, abzulehnen oder als Komödie, als Ver­such der Jrreführung hinzustellen, ist der ungeheuren

ichtigkeit des Zieles nicht würdig, um dessen Durch führung es fich handelt: der Schaffung eines mirklichen stabilen Friedens in Europa  , der Ausschaltung jeder Kriegs­möglichkeit. Sich einfach auf den Standpunkt stellen, daß die Vorschläge der deutschen   Regierung deshalb nicht ernst ge­nommen werden dürften, weil diese Regierung sich zum Teil aus Elementen zusammensetzt, deren bisherige Haltung nicht die geringste Garantie für ihren ehrlichen Friedenswillen darstellt, wäre politisch unflug. Selbstverständlich würde einem Sicherheitspatt, der von einer ausgesprochenen Linksregierung angeboten würde, ein stärkeres moralisches Vertrauen ent­gegengebracht werden fönnen und die öffentliche Meinung Frankreichs   würde ihm leichter zugänglich sein. Aber die Ge­ftaltung seiner Regierung ist eine innere Angelegenheit Deutschlands  . So start auch der Wunsch der französischen  Linksrepublikanar fein mag, um der Schaffung einer wirtlichen Bertrauensatmosphäre willen in Berlin   ebenfalls eine links­republikanische Regierung am Ruder zu sehen, so wenig dürfe fich Frankreich   dazu hinreißen lassen, von vornherein einen rein negativen Standpunkt einzunehmen, wenn ernsthafte Borschläge gemacht würden, selbst wenn sie von einer Regie­rung stammten, deren Zusammensetzung an sich den Repu blikanern und Friedensfreunden tein Vertrauen einflöße.

Man geht nicht irre, wenn man annimmt, daß diese lettere Auffaffung derjenigen des Minister­präsidenten Herriot   entspricht. Allerdings wird auch Herriot   wohl auf nichts eingehen, was irgendwie einer Elemente auf der Linken, die die gegenwärtige deutsch  - poinische Preisgabe der polnischen Sicherheit" gleichfäme. Auch jene Grenzziehung und vor allem das Bestehen des Korridors" für nichts weniger als einen Idealzustand ansehen und die eine freundnachbarliche Verständigung zwischen Bolen und Deutschland   zur Ausschaltung gewisser Konfliktquellen für sehr notwendig halten, würden aus vielerlei innen- und außen politischen Gründen gegenwärtig feinem Tegt zustimmen, gerade zu diesem Punkt die Andeutungen, welche die franzö­der sich als eine Bedrohung Polens   deuten ließe. Da fische Presse bisher brachte, der öffentlichen Meinung nicht er lauben, ganz flar zu erkennen, um was es sich handelt, fällt es der nationalistischen und einem Teil der Boulevardpresse vorläufig leicht, alle möglichen Zweifel und Befürchtungen zu erm den. Es ist sicher, daß man in den Linksfreisen und vor allem in der sozialistischen   Partei an Stelle von Sonderpaften lieber den Eintritt Deutschlands   in den Völker. bund und die Lösung etwa vorhandener Konflikte im Geiste des Gen er Broinfalls vom Geptember 1924 gesehen hätte. über man ist sich flar darüber, das gewisse fattoren sowohl ber beutschen als der internationalen Bolitik eine nur letappenmeise Erreichung dieses Zieles heute fast unver­