Nr. 722 ♦ 42. Jahrgang
1. Heilage Ses vorwärts
5rettag, 15. März 7425
Zur Aufwertung von Spargrofthen. Anträge in der Berliner Stadtverordnetenversammlung.
Die Berliner Stadtverordnetenversammlung hatte gestern eine Zlufwertung»debatt.e. Zwei Anträge zur Auf- wertung von Sparguthaben, ein sozialdeinokratischer und ein deutsch - nationaler, wurden vom Ausschuß zur Annahme einpfählen. Der sozialdemokratisch« Antrag forderte Ausdehnung der bisherigen Aufwertungsmaßnahmen des Magistrats auf all« über SO Jahr« alten Sparer. In der gestrigen zweiten Beratung kam es noch einmal zu einer langen Auseinandersetzung. Unser Redner. Genosse Reuter, beleuchtete die Haltung der Deutschnationalen des Reichstages in der Aufwertungsfrage. Er geißelte da» demagogisch- agitatorische Treiben dieser Partei, das den Sparern bisher nur Enttäuschungen gebracht hat. Die Abstimmung wurde auf die nächste Sitzung vertagt. * Zu Beginn der gestrigen Sitzung der Berliner Stadtverordneten eifolgte die Einführung de» neuen Stadtmedizinal- rats Prof. Dr. v. Drlgalski. o�-bürgenneister Boß hob m seiner Einführungsansiprache die Venxenste des neuen Magistratsmitgliedes auf kommunalem wie auf wissenschaftlichem Gebiete hervor, gedachte des tragischen Geschicks, das über der Stelle des Stadtmedizinalrats im und nach dem Kriege gewaltet hat. und schloß mit dem Ausdruck der Er- roartung, daß er sein Amt zum Wohle der Stadt und ohne jede Rücksicht auf irgendwelche parteipolitischen Gesichtspunkte führen werde.— Dann hieß auch der Dorsteher Gen. haß namens der Dsrsammlung Herrn v. Drigalski willkommen, der unter 38 Be- werben, als der würdigste und tüchtigste gewählt worden sei. Ins- besonder« werde von dem neuen Iiihaber des Ppstens erwartet, daß er dahin wirke, daß dir Gesundheil unserer Sinder und Erwachsenen. die durch Krieg und Inflation schwer gelitten haben, wiederher- gestellt wird, denn das kostbarste Gut des Volkes sei die Gesund- heit.— Prof Dr. v. Drigalski nahm darauf am Magistratstische seinen Platz ein.— Zur Beantwortung standen zunächst mehrere Anfragen, die indessen entweder zurückgezogen oder zurückge- stellt oder vertagt wurden, da die zuständigen Magistratsmttglieder noch nicht zur Stelle waren. Aus eine Anfrage der Dcutschnatio- nalen, ob die Klagen begründet seien, die in der Tages- und Fach- presse neuerding» vielfach über die Minderwertigkeit der in Berlin in den Handel gebrachten Milch geführt würden, er- widerte Bürgermeister Dr. Scholz, daß nach einer von ihm ein- geholten Auskunft des Hauptgesundheitsamts der Streik bei Bolle ven keiner besonderen Bedeutung für die Berliner Milchversorgung gewesen sei, da das Bolle-MIlch-Ouanhtm gegenüber dem Gesamt- bedarf minimal sei.— Eine Besprechung wurde von den Inter- pellanten nicht beantragt, was Merten(Dem.) oeranlaßte, über diese Bescheidenheit sein Befremden auszudrücken, da man doch über den eigentlichen Gegenstand der Anfrage vom Magistrat nichts er- fahren habe. Aber auch diese Anzapfung der Anfrager blieb wir- kungslos.— Am 19. Februar hat der Magistrat die Versammlung er t'! cht. weqen der W a hl eines unbesoldeten Magistrats- Mitgliedes da» weitere zu veranlassen, nachdem der Oberprä- sido-t dem aus der Wahlvorfchlaaslist« der Kommunisten stehenden Kandidaten die Bestättgung als Nachfolger für den ausgeschiedenen Stadtrat Lux versagt habe. DSrr wisderholte die Dvrgeschichte die- ser Wahlfach« unter so bä»artige« Ausfälle« aus de» Oberpräfldeuteu. daß ihn der Borsteher vor der Wiederholung beleidigender Ausdrücke warnte. Auch der Magistrat kam bei Dörr sehr schlecht weg.-*■ Der Oberbürgermeister stellt« fest, daß er alles getan Hab«, um die Entscheidungen der Aufstchtsbehörde zu beschleunige»! mehr zu tun sei unmöglich gewefen.— Gen. Reimann be- dauerte sehr, daß der Grundsatz der Gleichberechtigung der Parteien gerade von den Kommunisten, namentlich den Sozialdemokraten
gegenüber, nicht anerkannt worden ist: dessenungeachtet beantrage er Ueberweisung an den Wahlausschuß. Nach diesem Antrag be- schloß die Versammlung.— Eine Anfrage der Deutschen Volks- pnrtei will Auskunft haben, weshalb der Magistrat die Schank- k o n z e s s i o n für den Ausschank im Freibad Wannsee bean- tiagt hat. und ob er bereit ist. dem Lerwalter de» Freibade» den Ausschank alkoholischer Getränke zu verbieten.— Nachdem Frau Dr. Mayer<D. Vp.) mit starker Betonung der von dem Alkohol- genuß der Sittlichkeit drohenden Gefahren die Anfrage begründet hatte, führte Stadtrat weg« im Namen des Magistrats aus, daß fich das Freibad Dannsee mit seinem wundervoll?» Bade- strande jedem gutem Ostseebade an die Seite stellen könne. die Bürgerschaft es nicht nur aufsuche, um dort zu baden, sondern sich daselbst tagsüber auszuhalten und daß selbst Familien dort die ganze Ferienzeit verbringen. Dem Wunsche des größten Teils der Besucher, den Flaschenbierverkaus zu gestatten, entsprechend und um das Einschmuggeln von Bier und die lästige Kontrolle unnötig zu machen, hat nicht der Magistrat, sondern der Pächter des kleinen Restaurants die Erteilung der vollen Konzef- fion beantragt. Wie nun sofort von Gefährdung der Sittlichkeit durch Alkohol geredet werden kann, verstehe ich nicht. An Jugend- liche Bier zu verkaufen ist ganz verboten. Schnaps darf der Pächter im Sommer nicht verkaufen: übermäßigem Vertauf von Flaschenbier wird mit aller Strenge entgegengetreten. Gen. Reimann. der sich in der Besprechung als„Nicht-Antiolkohoii- ker" vorstellte, konnte auch nicht fassen, daß es um die Sittlichkeit schlecht bestellt sei, wenn einer eine Flasche Bier trinkt.(Große Heiterkeit.) Mit einem allgemeinen Alkoholverbot für ganz Deutsch- land würde sich diF Sozialdemokratie abfinden, aber die Zweck- Mäßigkeit des Verbots für Wannsee seh« man nicht ein. In den anderen Berliner Freibädern werde langst Flaschenbier verkauft. Für das Verschwinden der Schankstätten aus Wannses wären doch die Interpellanten gewiß nicht zu hoben.— Dr. Steiniger(Dnat.) redete dem im Freibad Wannsee gemachten Versuch da» Wort: gehe er schlecht aus. so könne man ihn rückgängig machen.— Der Wirt- schaftsparteiler Perfchke hob hervor, daß der.B e r« i n der Wanns«aten''im Freibad für musterhafte Ordnung sorgt.— Sofort ging Dr. Caspari(D. Vp.) mit der laxen Moralavfsassung der Flaschenbierfreunde ins Gericht. Alkohol gehöre unter keinen Umständen tn ein Freibad. — Die Vorlage wegen der Freibantordnungen ging auf Antrag des Gen. Arndt in einen Ausschuß.— Der Magistrat hat mitgeteilt, daß er dem Beschluß der Versammlung, von der Wiedereinziehung der Vorschuß- weise geleisteten Winterbeihtlfe» für Kriegsbeschädigte und Hinterbliebene abzusehen, nicht beitreten könne. Gen. Pattloch be- fürwortete hierzu folgenden, von der Bersammlung mit großer Mehr. heit angenommenen Antrag:„Die Versammlung erwartet vom Mo- gistrot, daß er bei der Einziehung auf die wirtschaftliche und soziale Loge der Erstattungspflichtigen Riicksicht nehmen und bei Vor- handenfein einer Notlage keine Einziehung verlangen wird.— Um 7 Uhr wurde die Wahl von 5 Mitgliedern der Versammlung zu Aufsichtsratsmitgliedern der„Gemeinnützigen Berliner Messe- und Ausstellungs-G. m. b. H.* vorgenommen. Unser« Fration ist durch die Gen. haß und vrämert vertreten.—- Im Anschluß an die Wahl erfolgte die vor 8 Tagen zurückgestellte Abstimmung über die zur Frag« der Hockersteuer in der Silvesternacht vorgelegten Amräge der Wirtschaftspartei. Das Ergebnis war die Ablehnung sämtliiyer Anträge, auch desienigsn de» Ausschusses, der die Ablehnung des ersten Antrage« der Wirtschaft». Partei empfahl. Die Ablehnung de» Antrags der Deutschnationa- len:„in der Erwartung, daß in den im Berwolwnasstreiwerfahren anhängigen Sachen die Bezirkssteuerbehörden auf Ansuchen Stmi- düng der Steuer gewähren werden, lehnt die Bersammlung den Antrag ab", erfolgt« mit 95 gegen 88 Stimmen.— Zu der A n- frage der Deutschnationalen betr. den Rummelplatz auf dem Gelände der ehemaligen Pepinier« am Bahnhos Friedrichst'raße. erklärte Oberbürgermeister vöß. daß der Magistrat all es tun wird.
um ihn zu befestigen und zu verhindern, daß ähnliche Einrichtung» dort wieder entstehen. Es folgte dann die zweite Berauwg der Anträge der Deutsch « nationalen und unserer Genossen betreffend Aufwertung von S porkasseugukhabea. D«r Antrag Heimann vom 29. Januar forderte die Ausdehnung der bereits in dieser Richtung vorgesehenen Mahnahmen aus alle über üv Jahre allen Sparer und die Bereitstellung einer eventuell über die schon bewilligten fünf Millionen hinausgehenden Summe, der Antrag Dr. Steiniger ebenfalls die Herabsetzung der Altersgrenze auf 60 Jahre und die Gewährung eines Borschusses von 10 Proz. bis zum Höchstbetraae von 100 M. auch in den Fällen ohne Nach- weis der Bedürstigkeit, in denen Familienereignisse, Krankheits- oder Unglücksfälle eine Reolisterung der Sparguthaben erforderlich machen. Der Haushaltsausschuß hat beide Anträge zur Annahme empfomen. Bon den Deutschnationalcn ist beantragt, die Herabsetzung der Alters- grenze aus ihrem Antrage wieder zu streichen, ebenso den Passus „ohne Nochweis der Bedürftigkeit".— Kämmerer Dr. Karding teilte mit. daß von den fünf Millionen noch eine Million zur Verwendung bereitstehe. Die Durchsübrung des Ausschußbeschlusses stoße aber auf erneute Schwierigkeit, oa die Aufsichtsbehörde der Stadt vorwerfe, die Lösung des Auswertungs- Problems einseitig in Angriff genommen zu haben, während dies nur einheitlich geschehen dürfe. Sie sei auch trotz der Vorstellungen der Stadt, daß es sich nur um eine Maßnahme sozialen Charakters handle, bei ihrer Auffassung verblieben. Die bloß- Normierung eines gewissen Alters sei kein sozialer Maßstab. Ein Ministerialerlaß vom Dezember habe den Gemeinden alle Auf- wertungomaßnalimcn untersagt. So könne der Magistrat den leider unverändert gebliebenen Ausschußbeschluß gar nicht ausführen, auch wenn die Versammlung ihn gutheiße. In der Aussprache bestand Dr. Stetniger(Dnat.) darauf, daß der Magistrat seinen Widerspruch gegen den erwähnten Ministerialerlaß bis zur obersten Instan-, durchfechte: im übrigen nehme die Fraktion den Ausschußantrag an und sei nur bereit, eventuell den Bedenken der Aufsichtsbehörde» wegen der Hereinziehung des Alters Rechnung zu trogen.— Gen. Reuler bedauerte, daß erst so spät die Sache zur Erledigung komme. Ueber die jetzige Haltung des Magistrats müsse man erstaunt sein: es handle sich eigentlich nur noch darum, das Aufwertungsalter auf <50 Jahre herabzusetzen. Hier aber wolle der so rasch aus einem Oppositions- zu einem Regierungspolitiker gewordene Dr. Steiniger sich sofort deni Magistrat fügen! Warum dem Magistrat diesen ihm so bequemen Gefallen tun? In der Wahlkampagne hätten sich die Dcutschnationalen geschlossen für eine anständige Aufwertung erklärt: heut« desavouiere die Reichstagspartci Herrn Best und Herrn Stei- niger, und andererseits habe Reichssinanzminister v. Schlieben den Auespruch gelan, daß die Auswertungssrage sich für Deutschland zu �inem Verhängnis auszuwachsen drohe. Die Dcutschnationalen hätten eben unter falscher Flagge gekämpft und dächten gar nicht daran, jene demagogischen Wahlversprechungen zur Wahrhell zu machen. Das sei bisher das Ergebnis der Rechts- regierung im Reiche. Die Deutschnationalen bätten die Klinke der Steuergesetzgebung in der Hand: mögen sie doch die Tür öffnen, um im Reiche wie in" den Kommunen die Aufwertung zur Tat werden zu lassen!— Rintors(Komm.) forderte für die Aufwertung die Be- schlagnahm« der großen Vermögen.— Richard Kunze ließ sich bci dieser Gelegenheit auch wieder vornehmen, v. Eynern(DVp.5 beklagtr, daß die preußischen Aussick>tsbehörden für diese soziale Maßnahm« der Stadt Berlin kein Verständnis ausgebracht hüllen.— Weiter svrachen noch Sloll(Komm.). Lange(Z.). der sich durchaus auf den Standpunkt des Ausschusses stellte und damit die Deutschnntionalen nochmals auf den Plan rief.— Gen. Reuler führte Herrn Koch zu Gemüte, daß es ihm nicht gelingen werde, den völligen Umfall der deutschnationa len Fraktwnsmehrhell aus der Welt zu roden.— Die Abstimmung wurde oertagt und nach 9 Uhr die Sitzung geschlossen.
Völlige Aufklärung des Mordeö an Frau Mterman«. Der Mord an der Frau Altermann in der Langen Str. 20 ist jetzt vollständig auigeklärt. Es unte, liegt leinem Zweifel mehr, daß der B r a u e r ei a r b e i t e r Aörpel, der sick»ach einem ÄittlickikeiiSveibrecken in Klemmen ertängle, der Täler gewesen ist. Aörpel ist als der Mann wiederersanni worden, der am Tage vor dem Morde in einer SÄankwirtsckiaft erilärte, daß er die
Der Apfel der ENfabekh Hoff. 44] von Wilhelm hegeler. Wer«9 auch immer getvesen sein mag. dachte Hoff, der. mir meine Rache vorweggenommen hat, ich brauchte ihren Lauf nur nicht zu unterbrechen: ehe der Tag herum ist. wäre alles geschehen... Dieser Gedanke hielt jedoch den raschen Lauf seiner Ueber» legUNgen durchaus nicht auf. Bor allem galt es, Instrument« herbeizuschaffen. Ohne die war nichts zu machen. Cr fragte den Chauffeur, ob er im Ort einen Arzt wüßte. Dieser bejahte. „Dann fahren Sie mich sofort hin. Los!" Er schrie der Allen zu, bei dem Verwundeten sitzen zu bleiben, aber nicht anzurühren, und«ille hinaus. Der Arzt war über Land Mfahren. Aber seine Frau stellte dam Professor die nötigen Instrumente zur Verfügung. versprach auch, ihren Mann so schnell wir möglich nachzu- schicken. Die Hinfahrt, dos Suchen der Instrumente hatte kaum eine halb« Stunde in Anspruch genommen. Auf der Rückfahrt dachte Hofs: wenn er stirbt, ist er Sieger. Er muß durchkom- men, um mir Rechenschast zu geben. Helfe ich ihm darum? Unsinn! Man tut nur seine Pflicht. Nachdem er sich überzeugt hatte, daß der Verwundete noch lebte, sagte er zu dem Chauffeur: „Ich habe eine Bitte ckn Sie. Sie sehen, Ihr Herr hat so viel Blut verloren, daß er in kürzester Zeit draufgeht, wenn ihm nicht neues Blut eingepumpt wird. Ich möchte Ihnen ein Schalchen Blut abzapfen. Sind Sie dazu bereit? Be» sondere Gefahr ist bei der Sache nicht. Jedenfalls wird Herr Ryseck, der ja ein reicher Mann ist, Sie dementsprechend belohr/en. Wollen Sie?" Aber der stämmige Chauffeur, der eben noch so betulich und hilfsbereit sich an den Arzt herangedrängt hatte, lyar schon bei dessen ersten Worten ängstlich nach der Tür hin Surückgewichen und erklärte, darauf ließe er sich nicht ein, um keinen Preis! Seine gesunden Glieder seien sein einziges Ka- pital. Wer zahlte ssiner Witwe Pension, wenn er drausginge? „Also dann nicht! Zell haben wir keine zu verlieren. Dann helfen Sie mir wenigstens.— Mutter, setzen Sie mal einen Kessel mit heißem Wasser auf!" schrie er die Alte an. „Aber der Kessel muß ganz sauber sein. Verstehen Si«! Absolut sauber." Er holte den Gummischlauch, an dessen beiden Enden zwei
Kanülen von der Dicke eines Streichholzes befestigt waren, Messer. Schere und Verhandgaze hervor. Nachdem er dann ein« Kanüle in die Armvene des Verwundeten eingeführt und befestigt hatte, legte er mit einigen kurzen Schnitten die Puls- adcr seines linken Armes frei und band die andere Kanüle dort ein. Wie Hoff so am Bettrand saß, die Hand Rnsecks in feiner Linken, und beobachtend sich über ihn beugte, hätte man die beiden siir zwei Freunde halten können, von denen der eine zärtlich über den Schlummer des anderen wacht. Der Chauf- feu, die Azetylenlampe seines Autos hochhaltend, stand noch immer ängstlich auf der Schwelle und schaute mit dummer Verwunderung zu. Nach einiger Zeit begann die Wunde frisch zu bluten. Hoff entfernte die Kanüle aus seinem Arm. klebte die Wund« zu und wickelte einen Verband darum. Dann bereitete er in der Küche eine Kochsalzlösung und injizierte dem Verwundeten davon eine größere Meng«. Aber damit war sein« Kraft auch zu Ende Er setzte sich, gab dem Chauffeur einige Anweisungen, seine Stimme verlor sich jedoch in unverständliches Murmeln. und sein Kopf siel auf die Seite. Der Chauffeur konnte gerade noch herbeispringen und d«n vom Stuhl Rutschenden aus- sangen. Es war ein Glück, daß nach einigen Minuten das Wägel- chen des Arztes vor dem Hause hielt. Er hatte den Amtsrichter und einen Polizeidiener mitgebracht. Der Arzt hiell es filr. das Richtigste, sich zuerst um den Ohnmächtigen zu bekümmern, der nach einiger Zeit wieder zu sich kam. Hoff teilte ihm mit, welche Maßnohmen er er- griffen hatte. Ueber den Unglücksfall selbst tonnte er den beiden Herren keine nähere Auskunst geben. Als bald darauf dieselben Männer, welche Rnstck in das Haus gsbracht hatten, mit der Meldung kamen, daß die Leiche des Försters noch im Walde läge, entfernten der Amtsrichter und der Polizeidiener sich. Hoff und der Arzt begannen den Verwundeten zu verbinden. Nachdem das geschehen war. fuhr Hoff auf Anraten des Arztes, der Ihm mit vorsichtiger Dringlichkeit bemerkte, daß.sein Herz nicht intakt zu sein schein«, in das Gasthaus zurück, sieh sich, ohne nach Elisabeth zu fragen, ein Zimmer geben und wollte sich niederlegen. Aber mehrfach mußte er die"geringe Mühe des Auskleidens unterbrechen und sich mit geschlossenen Augen ausstrecken. Es war nicht der Blutverlust, der diesen ohmnachtähnlichen Zustand rerursachte, und das umflorte Dunkel, hinter dem ihm alles cntzlitt. kam nicht aus körperlicher Schwäche, kam aus der Leere und Traurigkeit feines Herzens.
Kurze Zeit nachdem Hoff fortgefahren war. erschienen Elisabeth und ihre Schwester, die inzwischen eingetroffen war. im Forsthaus. Der Llrzt tellte den beiden Damen mit, was er von den Geheimnissen wußte. Während Margret auf Elisabeths Bitte bei dem Verwundeten blieb, eilte diese in das Gasthaus zurück Als sie vorsichtig ihres Mannes Zimmer öffnete, schlug Höfs die Augen auf, schloß sie aber wieder, sobald er seine Frau erkannte. Elisabeth wollte sprechen, wollte seine Hand ergreifen, als sie aber an deren Gelenk den weißen Verband erkannte, drückte sie auf die unbeweglich nebeneinander aus- gestreckten Finger nur einen inbrünstigen Kuß. Er wies die neben dem Bett Kniende auf einen Stuhl und sagte dann, das an Blässe den Bettüchern gleictze Gesicht zu ihr hinwcnderüZ, mit einer etwas matten und rcnuien, ober von jedem höhnischen Unterton freien Stimme: „Du kannst vollständig beruhigt sein. Er hat Glück gehabt und wird mit dem Leben davonkommen." Sie wollle etwas antworten, aber er schloß yüt ungeduldiger Miene. die Augen. Nach einem kurzen Moment fuhr er fort? „Ich werde morgen abreisen—" Sic unterbrach ihn, er wiederHolle seine Worte: „Ich werde abreisen. Ich wünsche nicht, daß du mit- kommst. Die Kinder mögen einstweilen bei dir bleiben. Ein ferneres Zusammenleben von uns beiden kann ich mir nicht vorstellen. Du hast mir das Bitterste gesag'. was eine Frau einem Manne sagen kann. Zehn Jahre sind wir verheiratet gewesen, du und die Kinder waren mein ganzes Glück, und ich glaubte, daß auch du glücklich feiest. Und nun sagst du, es hätte ein anderer kommen müssen, der dich lehrte, was Liebe ist. Ich will dir offen bekennen, daß mir dies« Art Lieb« fremd ist und immer fremd bleiben wird. Ich will dich nicht halten. Es wäre mir richttger erschienen, wenn du oder dein Freund mir gesagt hätte, wie ihr miteinander steht. Unter- brich mich nicht, gleich bin ich zu Ende.— Ich mein«, so viel Vertrauen und auch so viel Rücksicht auf meine Ehre hätte ich wohl verdient. Ich wollte deinen Freund zur Rechenschaft ziehen. Ich werde es nicht tun Es ist lächerlich, dem Lauf des Schicksals vorgreifen zu wollen. Ich werde eurem Glück nicht im Wege sein. Laß mich doch ausreden! Vielleicht tun dir jetzt deine Worte von vorhin leid und du glaubst, anders zu empfinden. Aber morgen würdest du schon bereuen, was du jetzt sagst.— Zehn Jahre ein glückliches Zusammenleben, und es war nichts als Lüge, nichts als... es fft nichts, so laß doch... was machst du...?" (Fortsetzung folgt.)