Sonntag
15. März 1925
Unterhaltung und Wissen
Todbringer des Zukunftskrieges
Wiederholt ift in Veröffentlichungen der letzten Zeit darauf hingewiesen worden, welche ungeheuren Fortschritte die Industrie der giftigen Gase seit dem Weltkrieg gemacht hat. Troßdem war es bis. her nicht möglich, sich ein in allen Einzelheiten zutreffendes Bild vom Stand der Dinge zu machen. Desto größere Bedeutung fommt daher den streng wiffenfchaftlichen Darlegungen zu, die Frau Dr. Gertrud Bofer, eine anerkannte Spezialistin der Giftgaschemie, die als Do. zentin und Leiterin des Laboratoriums für biologische Chemie der Universität Bern angehört, foeben in den Illustrated London News " veröffentlicht.
Das Edgewood- Arsenal war noch im Jahre 1918 eine verhältnismäßig bedeutungslose und feineswegs großzügige Anlage. Erst feit Beendigung des Weltkrieges hat es sich zu einem Riefenwert entwickelt, das eine Fläche von nicht weniger als 1000 Morgen bedeckt und den enormen Kostenaufwand von 30 Millionen Dollar ver schlungen hat. Frau Dr. Wofer stattete dem Arsenal im Anschluß an cine Tagung der amerikanischen Gesellschaft für Chemie" einen Besuch ab und war hier Zeugin der furchtbaren Birkungen , die die zur Berwendung in einem fünftigen Krieg bestimmten Giftgase aus. zuüben vermögen. Zwei Flugzeuge freisten über der weiten Fläche und entwidelten, ehe fie niedergingen, um ihre Ladung an Gift. bomben abzuwerfen, dunkelgraue Wolfen, die sie selbst vollständig jeder Sicht entzogen. Andere Flugzeuge führten Manöver mit gas. geladenen Granaten und Schrapnells vor, die in einem Regen von Feuer, Bollen und weißlichem Rauch explodierten. Dann wurde ein Echüßengrabenkampf gezeigt, bei dem Gewehre mit Gasladung und Bhosphorbomben zur Berwendung gelangten. Schließlich gab es einen Sturmangriff zu sehen, bei dem als einzige Baffe Hand. granaten mit Gift- und Tränengasfüllung verwendet wurden. Bon den Soldaten, die diefe Manover zu bestreiten hatten, erlitten nicht wenige trotz aller getroffenen Schuhmaßnahmen mehr oder minder schwere Unfälle.
Die amerikanischen Giftgase verbanken ihre furchtbare Wirkung nicht nur ihren chemischen, sondern auch ihren physikalischen Eigen Ichaften. Es ist ohne weiteres möglich, fie unter entsprechenden Trud- und Temperaturverhältniffen zu verflüssigen, ja fie können auch in feften Aggregarzustand übergeführt werden. Auf solche Werse fann inan große Mengen der giftigen Stoffe auf tleinsten Raum gu fammendrängen, so daß selbst schwächfte Kaliber mit ihnen geladen merden fönnen. Die Explosion des Gefchoffes öffnet dann dem ein gefchloffenen Gifte den Weg ins Freie; es dehnt sich aus und ver. wandelt sich aus dem feften oder flüffigen Zustand in den ursprüng lichen gasförmigen Zustand zurüd.
Um fich eine Borstellung von den Dingen zu machen, die nach Erfindung des Lewifits einem neuen Krieg das Gepräge aufzu trüden drohen, ist es notwendig, fich vor Augen zu halten, daß 12 große Lewisitbomben, von einem Flugzeug abgeworfen, imftande find, in febr furzer Zeit buchstäblich das gesamte Leben in einer Stadt von der Größe von Chitago ober Berlin zu vernichten. Selbft der tiefste Keller oder sonstige Unterstand würde sich als uns zulängliche Zuflucht erweisen; benn das Lewift ft schwer, fintt au verlässig und rasch zu Boden, dringt in alle Hohlräume und würde zweifellos felbft affe unterirdischen Rohr- und Kanalleitungen burch fluten.
Doch Amerita verfügt heute nicht nur über das Lewisit, fondern auch über Methoden, die es gestatten, biefes unerhört wirkende Giftgas anzuwenden, ohne auch nur einen einzigen Angehörigen des eigenen Voltes dabei zu gefährden. Im Batentbureau von Washington befindet sich ein fleines Instrument, das vielleicht den größten Triumph vertörpert, ben das technische Erfindergenie der Menschheit in den letzten zehn Jahren errungen hat. Dieses Instrument gestattet es, Luftfahrzeuge mit nahezu absoluter Pünktlich teit und Genauigkeit vom festen Boden aus über ganz große Ent fernungen hin zu steuern. Eine verhältnismäßig geringfügige Er weiterung der Apparatur genügt, um ein mit Giftgasbomben gewehrtes, ferngelenttes Flugzeug an einem beliebigen Ort zum auto. matischen Abwurf der mitgeführten Bomben zu bringen. Bersuche folcher Art sind bereits gemacht worden und sind in vollem Umfang gelungen.
Der Krieg der Zufünft wird, wenn es nicht gelingen follte, ihn zu verhindern, zweifellos im Zeichen dieser unheimlichen Tod
Karlchenbesuchteinen Tanzpalast
Die Reft faat, ich bin ein Depp. Nun, das ist nichts Neues, das haben mir schon mehr Leute versichert, und ich bin sogar stolz darauf, denn es ist ein Zeichen von Popularität, daß das fo viele Menschen miffen. Wäre ich ein Weiser, so hätte sich das gewiß lange nicht so schnell herumgesprochen, und überhaupt, was hätte ich von meiner Weisheit? Dann hätte mich vielleicht das Wohnungsamt in eine Tomme einquartiert wie Diogenes den Weisen, oder ich ware gar ver. filmt worden wie Nathan der Weise. Nein, da bin ich schon lieber ein Depp und genieße die Wohltaten des Sprichwortes:
Mit viel Dummheit und wenig Berstand Kommt man durch das ganze Land!
Bloß wie die Resi meine Deppizität begründete, das geht mir wider den Strich. Sie sagt nämlich:" Du bist ein solcher Depp. daß du nicht einmal Shimmy tanzen tannst! Also das finde ich ungerecht, denn ich bin überzeugt, nicht einmal die drei Beisen aus dem Morgenland haben Shimmy tanzen gefonnt, und der Weise vom Abendland, Oswald Spengler , tann's wahrscheinlich auch nicht! Aber meil ich doch in der Refi ihren schönen Augen fein Depp bleiben will, und weil ich überhaupt an Bildungserweiterung Leibe, habe ich mir gesagt:„ Gehft halt einmal in ein Tanglokal und schaugft dir die Shimmypansen an! Daß du eine Eleganz friegst und sich die Damen nach dir die Haareinlagen ausreißen."
Gesagt, getan! Also wie ich in das Lotal gefommen bin, ba haben die Musiker gerade gerauft. Besonders ber eine, der hat ganz mild um sich geschlagen, bald auf die große Trommel, bald auf die fleine, dann wieder auf ein Holzbrett oder auf eine lode, und zwischendurch hat er mit einer Autohupe getutet, und es war über. haupt eine höchst zwangsjadenreife Angelegenheit. Und ich wolite Frieben stiften und bin zu dem Kapellmeister hinauf und habe gefragt:„ Soll ich ihn hinauswerfen, den Ladel?
Aber da hätten fie beinahe mid hinausgeworfen, denn das war ja gar teine Rauferet, sondern das vielbemunderte Spiel der prets. gekrönten Jazzbandkapelle The Dran- lltangs Der Bestger des
"
Stresemanns Friedenstaube.
GARANTIES VERTRAG
STRESEMANN
Beilage des Vorwärts
Noah- Stresemann läßt eine Taube fliegen, aber die Viecher an Bord find sehr unzufrieden darüber!
bringer stehen, bie ohne jebe menschliche Bemanmung imftande fein werben, millionenstadte in obe Leichenlammern und fruchtbare Ge filde in Wüsten zu verwandeln.
Ein Forschungsinstitut für Wasserkraft. ber Bafferkräfte für unsere Wirtschaft befißt, ist es notwendig, ein Bei der außerordentlich großen Bedeutung, die die Ausnutzung großes Forschungsinstitut für Wasserkraft und Wasserbau zu schaffen, von dem einheuliche Gesichtspunkte für die Wasserbewirtschaftung aufgestellt werden. Das Programm eines solchen Institutes entwirft Dstar von Miller in den Naturwissenschaften" und teilt zugleich mit, daß bereits eine Reihe von Vorarbeiten für die Errichtung Balchensee ins Leben treten, weil hier die günstigsten Bor. einer solchen Anstalt geleistet worden sind. Das Institut wird ani bedingungen durch das große Walchenseewert geschaffen sind und Bayern als das wasserkraftreichfte Land Deutschlands dem Institut besonderes Intereffe entgegenbringt. Bayern allein hat ja 2 mit fionen PS an ausbaumürdigen Wasserkräften, die eine Jahresleiftung von 15 Milliarden PS Stunden ergeben, und der Bert der bayerischen Wafferfräfte entspricht einer jährlichen Kohlenersparris von 10 Millionen Tonnen. Die Wasserkräfte des übrigen Deutsch land dürften die gleiche Jahresarbeit ergeben, so daß wir für ganz Jahresarbeit von 30 milliarben PS- Stunden und auf eine jähr. Deutschland auf eine Leistung von etwa 4 Millionen PS, auf einte liche Kohlenertparnis von 20 mill. Tonnen tamen,
Lotals erzählte mir, diefe herrliche Kapelle fei erst vorige Woche aus Amerika gekommen, und ich erwiderte:„ Das glaube ich, die sind ja jegt noch jeetrant! Und jetzt weiß ich auch, was ich tue, wenn mir das Geld ausgeht: ich leihe mir ein Klapier und eine Art und gründe damit ein Konservatorium!"
Also das Spiel meiner Stapelle fiel meiner Ansicht nach unter den Glücksspielparagraphen, denn es war ganz und gar Glüdsfache, wie sie gespielt haben. Und das Auswendigspielen tann gar nicht fo schwer fei, denn jeder spielt was ihm gerade einfällt. Die Haupt fache ist, daß der Oberspinnete den richtigen Rhythmus macht, bum bum, und wem das nicht gefällt, der hat eben fein mufifalisches Ber. ständnis, der foll sich das Trommelfell herausnehmen laffen und fich zwei Filzpantoffeln ats Radiohörer an die Ohrmascheln hängen! Was aber ipielte Berzeihung.„ treierte diese mufifalische Irrenhaus- Dependance gerade? Einen Shimmy! Und ich flüsterte. andachtig zu mir: Jeßt paß auf, wie fie tanzen!" Und faßte zu nächst einen jungen Mann ins Auge, der mir ein sehr bedeutender Mensch schien, denn er trug eine Hornbrille, und die tragen die Säuglinge von Schwabing bekanntlich nur deshalb, damit man ihnen die Intelligenz von der Naje ablesen fann! Die Nase ift ja über. haupt ein sehr wichtiges Dentorgan, das Rhinozeros 3. B. hat ein Horn drauf, und bei den meisten Wunderkindern hat die Nase etmas bireft Durchbohrendes.( Mit dem Finger.)
Also der junge Mann tanzte wunderschön, so etwa, als ob er dringend- mal hinaus müßte und es seiner Tänzerin nicht zu sagen wagte. D Gott, dachte ich, wenn ich seine Bewegungen jah, iegt häft er's gleich nicht mehr aus!" Und dabei hätte er ihr's doch ruhig lagen fönnen, denn seiner Tänzerin schien es genau jo zu geben! Jch fonnte es gar nicht mehr mit ansehen, ich habe so ein mitfühlendes Hers, und deshalb beschaute ich mir ein anderes Tänzerpaar.
D weh! Denten schien es noch schlimmer zu ergehen. Denn gang offenfundig war dem Herrn der Hosenträger geplagt, und er machte jetzt die fatalften Berrenkungen, um nicht plöglich im Hemd dazustehen. Denn darauf ist nicht jedes Hemd vorbereitet. lind es war ja auch erst Dienstag. Um liebsten wäre ich hingegangen und hätte ihm ein Stück Bindfaden gebracht. Seine Partnerin hingegen. bie hatte offenbar zum Abendessen Salat gegessen, auf dem noch ein Laubfrosch faß. Denn wie man ohne Laubfrosch im Magen folche
Wie wichtig es bei der Abnahme und allmählichen Erschöpfung unserer Kohlenlager ist ein folches dauerndes und nahezu fostenloses Gut der Nation zu gewinnen, versteht sich von selbst. Der Mensch hat ja bereits in uralten Zeiten versucht, die Wasserkraft für sich zu verwerten, und die Nachrichten über die frühesten Wasserkraft anlagen", bei denen das Waffer durch Holzrinnen zu den Schaufel hundert zurüd. Freilich, eine Ausmuzung im großen ist erst im rädern geleitet wurde, reichen in Deutschland bis ins pierte Jahr Laufe des letzten Jahrhunderts ins Auge gefaßt worden, nachbens man die Kraftmaschinen verbeffert hatte. Der gewaltige Aufschung in der Ausnüßung der Wasserkräfte beginnt mit der Einführung der Turbine, für die die deutschen Gelehrten Gegner und Euler bie theoretische Grundlage schufen. Der franzöfifche Ingenieur Four Schwarzwald, die ein Gefälle von 108 Metern ausnüßte und bei negron erbaute dann 1884 eine Turbine für St. Blasien im 2300 Umbrehungen 40 PS in der minute leistete. Die Maschine die fich jetzt im Deutschen Museum in München befindet, galt lange Seit als ein Wunderwert der Hydraulik. Seitdem man durch die befannten Kraftübertragungsversuche von Lauffen nach Frantfurt gelernt hat, die Mafferfräfte über ganze Brovinzen und Länder zu vertellen, find diele Kräfte fo wertool geworden, baß tein Merer Gefälle unb fein Rubitmeter Waffer verloren gehen barf. Um diese voüftändige Bewirtschaftung burchzuführen, sind aber noch grünb Durchführung aller diefer weitverzweigten Aufgaben wird das neue liche, praktische wie wissenschaftliche Forschungen nötig, und in der große Forschungsinstitut am Walchensee seinen Hauptzmed erbliden.
unglückseligen Körperverdrehungen machen fönnte, wäre unper ftändlich.
Mir famen die Tränen in die Augen, wie ich fie fo leiden fab. ein bißchen tat mir auch der Laubfrosch leid, dem mußte ja ganz schwindlig werden, und weil gerade ein Herr neben mir sagte: Dart das Baar tanzt fabelhaft!" blickte ich borthin.
Es ist schon etwas Schreckliches, wenn man einen Floh m Rücken hat und darf sich nicht tragen. Nein, tatsächlich, Ungeziefer ist was Abscheuliches; das alte Sprichmort hat schon recht: Lieber einen Sperling in der Hand als eine Laus auf dem Dache!" EntJeglich, was der arme Tänzer ausstand! Ja, wenn der Floh noch wenigftens bei ihm geblieben märe! Aber weh!- jetzt Ichien ihn die Tänzerin zu haben, nein, jest hat er ihn wieder- und, Donnerwetter, jest muß er Junge gefriegt haben!
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Ich bin ein gefälliger Mensch, und deshalb nahm ich jetzt eine Gabel in die Hand, und wie das Paar an mir porübertanzte, fragte ich ihm damit den Budel. Aber follte man's für möglich halten, ftatt sich zu bedanken, fagte der Mensch zu mir, ich möchte mal mit ihm hinausgehen, und wie wir draußen sind, haut er mir eine Batsche, daß ich denke: Jezt bist du reis zum Kapellmeister von den Dran- lliangs"!
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Mütend habe ich das Lotal verlassen und war überzeugt: Shimmy, das ist, wenn jeder anders tanzt!"
Zu Hause habe ich meine Schuhe ausgezogen, und gerade mie ich in die Bantoffel, schlüpfen will, trete ich mit dem rechten Sagen in einen Reißnagel. Den hatte wahrscheinlich einer pon meinen Dackeln dorthin gelegt, damit ich ihn nicht übersehe. Es sind sehr ordnungsliebende Tiere.
Himmidelft!!" brüllte ich und hopste wie beseffen herum. Denn was tue ich mit Nägeln in meiner Fußsohle? Ich bin boch fein Gebirgsschuh!
Und wie ich fo por Schmerz bopfe, da tritt auf einmal die Resi hinter dem Wandschirm hervor und jauchzt: Mensch, bu fannst fa Shimmy! O, wie lieb von dir, daß du ihn gelernt haftl
Und tch ftöhnte: Schap, was tue ich nicht dir zu Liebe! Refi, bir zu Liebe lerne ich fogar den aller neuesten Modetang, den Huppa- Huppa, den Huppa Huppa, nur warte damit, bis ich nicht nur einen, Reißnagel in der Sohle, sondern auch einen im Hirn habe!"