Einzelbild herunterladen
 

Die Mahlsdorfer   Totschlagsaffäre.

Drei Jahre Gefängnis für Cieved.

Die Beweisaufnahme in der Mahlsdorfer   Totschlagsaffäre hat nichts Positives ergeben. Die Staatsanwaltschaft hätte sich wahrlich ben Ausmarsch der 20 Zeugen ersparen fönnen. Die Polizei hatte in der Sache eigentlich leichte Arbeit. Sie kam durch die Aussagen des Zeugen Kalinowiti, ber am verhängnisvollen Abend den Liebed und den Beyer turz vor dem Ereignis in einem leb­haften Gespräch über das Schießen beobachtet hatte, recht bald auf Liebecks Spur.

Berhaftet, leugnete er aber mit aller Entschiedenheit seine Täter­schaft. Er bestritt nicht, am fraglichen Abend mit Beyer zusammen­gewesen zu sein, wollte jedoch sich bereits vor 6 Uhr von ihm ge­trennt haben. Er brach erst unter der Wucht der Zeugenaussagen, der Feststellungen des Schriftfachverständigen und der Gleichartigkeit der bei ihm gefundenen Sicherheitsnadeln mit der bei der Beiche aufgefundenen, zufammen. Er erflärte, den Beyer unbeabsich. tigterschoffen zu haben. Er sei am fraglichen Abend mit dem Jungen zusammengetroffen, um ihn zu einer nationalsozia listischen lebung mitzunehmen. Durch eine Unterhaltung über das Schicßen angeregt, habe nun der 14jährige Günther den Bunsch geäußert, faine Runft zu zeigen, mit verbundenen Augen ein vorher gewähltes Ziel zu treffen. Als der erste Schuß perjagte, habe dann der Junge, dessen Augen bereits mit einem Taschentuch berbunden waren, bent Angellagien den Revolver übergeben, damit er nach der Ursache des Versagens forsche. In dem Augenblick, als er dann dem Beyer die Waffe zurückgab, habe er plöglich einen Krampf am Bein empfunden. Als er nach dem linterfchentel griff, fei der Schuß losgegangen. Um nicht in den Berdacht der Tater­schaft zu fommen, habe er versucht, einen fommunistischen Feine­mord vorzutauschen.

Diese Schilderung hielt der Angeklagte auch in der Gerichts. verhandlung aufrecht. Er machte einen sehr ruhigen und intelligenten Einbrud, ift äußerst beweglich und lebhaft. Seine Entwicklung ist die eines psychopathischen Shantasten. Bon flein auf neigte er zum Bagabondieren und Renommieren. Da erftemal brannte er als 12jähriger Junge zum Bater auf den Kriegsschauplatz durch, hinterher wiederholte er dieses Spiel zu unzähligen Maien, wurde wegen Land­fireicherei und unbefugter Grenzüberschreitung immer wieder fefi­genommen. Er war voll abenteuerlicher Pläne, mußte aus der Schule genommen werden, fonnte auf teiner Lehrstelle dauernd bleiben und fand endlich eine Betätigung im Coolschen Reisebureau, no es mit einer Beruntreuung endete. Jebesmal, wenn er von Hause durchbrannie, fand der Bater bei ihm merkwürbig mit Elempeln versehene Schriftftücke mit fingierten Unterschriften des Staatsanwalts, it folchen eines Chefs der Schwarzen Sanb", mit roter Tinte geschriebene Haftbefehle und dergleichen mehr. Gelt feinem 17. Jahre begann er fich attio in nationalsozialistischen Sereijen 3 betätigen, lef stets in Hitler  - Uniform mit unzähligen Abzeichen und riesengroßem Hakenkreuz gej hmückt umber, nahm an militä rischen Ucbungen teil, trug sich mit dem Gebanken, als Spiel der Kommunistischen Bartel beizutreten, führte sogar im Auftrage jeines vöifijchen Borgefegien entsprechende Unterhandlungen mrit Rommunisten in leitender Stellung, verteilte gefälschte Mitgliedstarten der nationalfozialen Organisation usw. Seine Bekanntschaft mit dem jungen Beyer hatte gemeinsame nationale Bestrebungen zur Unterlage. Er versprach dem Jungen, ihn bem Sturmtrupp zuzuführen. Und gerade an demselben Abend, als das geschehen foute, erichoß er ihn. Am nächsten Morgen be abfichtigte er, fich nach Nürnberg   zu den Hitler Iruppen   zu be geben. Die Beugen bestätigten feine außerordentliche Sucht zur Renonmisteret und auch seine Borliebe auf Menschen zu ichtegen

Unaufgeklärt blieb, was er furg vor der Begegnung mit Beger ber Toilette getan hat, in der er sich nach Aussagen der Zeugen

inertwürdig lange aufgehalten haben foil. Es bestand der Berdacht,

daß er den später an der Leiche des Getöteten aufgefundenen Bettel bereits hier fertiggeftelt hatte. Man fornte bem Staatsanwelt schon nachfühlen, wenn er in seinem Plädoyer die Ansicht äußerte, es fei nicht einfach von der Hand zu weisen, daß der Angeklagte nicht nur in fahrlässiger Beile den 14jährigen Beyer getötet habe. Beweise für das Gegenteil tönnten jedoch nicht erbracht werden. Er beantragte gegen den Angeklagten zwei Jahre Gefängnis. Das Gericht ging darüber hinaus und verurteilte Liebed wegen fahr läffiger Tötung zu drei Jahren Gefängnis unter An­rechnung von neun Monaten Untersuchungshaft.

Nur einige furze Betrachtungen zu dem Fall: Er sollte für die Eltern eine Warnung sein. Der Vater des Jungen gab ihm selbst eine Waffe in die Hand als Schutz gegen einen eventuellen Einbruch. Er glaubte, daß sein Verbot, nicht mit der Waffe zu spielen, von Birtung jein würde. Er hatte aber roeder Ahnung von dem Um­gang des Jungen noch davon, daß er hinter seinem Rüden eine zweite Bajje befaß. Der Fall follte auch als Warnung für die rechts und lintsraditale Jugend dienen. Schuß waffen besigen die eigentümliche Eigenschaft, von selbst los zu gehen. Das gemeingefährliche Treiben diefer unreifen Jungens joilte schließ lich einmal aufhören. Aufgabe der Erwachsenen müßte es sein, hier Ordnung zu schaffen. Das Gericht fonnte sich anscheinend nicht ge­misfer schwerer Bedenten erwehren. Die Kaltblütigkeit des Ange flagten bei seiner Inszenierung des fommunistischen Fememords" und bei der Herbeischaffung von Alibibeweisen sprach von einer er schütternden se elischen Roheit. Eine andere Frage ist es, ob das Gefängnis für diesen schweren Psychopathen diejenige Er ziehungsanstalt ist, aus der er als brauchbarer Mensch in die Ge­fellschaft zurückkehren wird. Daß er bei seiner unbedingten Ge meingefährlichkeit für längere Zeit isoliert werden mußte, unterliegt teinem Broeifel.

Aus Angst vor der Gardinenpredigt.

Einen Mordsrausch hatte sich der Postschaffner Wilhelm 2  . am 29. November, bem Tage der Gehaltszahlung, zugelegt. Nachdem er am Nachmittag auf dem Bahnpostamt 3 am Stettiner Bahnhof fein Gehalt abgehoben hatte, unternahm er eine Bierreise, die bis zum nächsten Morgen dauerte. Was mit ihm paffiert war, mußte er nicht mehr, als er am nächsten Morgen in einem 2bsteige. quartier erwachte. Jebenfalls war das Gelb bis auf ben legten Pfennig weg. Nach Hause traute er sich aus Angst vor ben Vorwürfen feiner Frau richt. In seiner Trumfenheit perfiel er auf die Ibee, zum Bostamt zurückzugehen und auf den Namen eines Bostassistenten, von dem er wußte, daß er erst int Laufe des späteren Bormittags mit dem Bahnzuge, wieder in Berlin  eintreffe, dessen Gehalt abzuheben. Das gelang ihm auch und L. ging befriedigt nach Hause. Unsanft wurde er nach einigen Stunden von dem Postinfpettor aufgewedt und nach dem Gelde gefragt. Da fam ihm erft zum Bewußtsein, was' er angerichtet hatte. Schöffengericht mitte ließ dem alten Beamten gegenüber, der bisher unbestraft war und sich im Dienst einwandsfrei geführt hatte, mit Rücksicht auf deffen Reue größte Milde walten und erkannte auf brei Wochen Gefängnis, wofür er Bewährungsfrist erhielt. Außerdem nahm das Gericht auch Abstand, ihm die Fähig feit zur Bekleidung öffentlicher Aemter abzusprechen.

C

Das

Seifenfacheffe in der ,, Neuen Welt". Gestern nachmittag wurde in sämtlichen Räumen der Neuen Welt" wie alljährlich die große Seifenfachmesse im Beis sein der Vertreter der Behörden und der Preise eröffnet. Die Meffe, die sich immer mehr zu ihren Gunsten entfaltet, gibt einen guten Ueberblick über die Seifenindustrie. Ausgestellt sind: Geifen jeber Art, Parfümerien, Kerzen, Buz- und Scheuermittel, Be­leuchtungsartffel, Gummiwaren, überhaupt sämtliche Artifel zur Toilettenpflege. Auch die Christbaumschmuckindustrie ist neben der der Korbwaren vertreten. Es würbe zu weit führen, wollte man hier all bie mannigfachen Dinge nennen, die dort ausgestellt find. Anerkannt muß werden, daß die Beranstalter der Messe, der Schuß verband beutscher Seifenhändler und die Einkaufszentrale der

Seifenhändler Groß- Berlin G. m. b. S., mit dieser Ausstellung wieder etwas Gutes geschaffen haben. Die Messe, die allerdings nur für Interessenten zugänglich ist, bleibt am Sonnabend von 3 Uhr nach­mittags bis 10 Uhr abends und/ am Sonntag von 2 Uhr nachmittags bis 10 Uhr abends geöffnet. Um aber auch den Hausfrauen den Besuch der sehenswerten Messe zu ermöglichen, findet heute vor mittag ab 11 Uhr ein Frauentag statt. Nach dem Rund­gang wird Dr. Berget einen Vortrag über Die Seife" halten. Der Eintritt ist frei.

Jugendweihen

der Groß- Berliner Arbeiterschaft

Morgen, Sonntag, den 22. März, vormittags 11 Uhr Berlin  , Großes Schauspielhaus, Karlstraße Friedenau  , Aula des Realgymnasiums, Homulhfirahe Cantwig, Aula des Realgymnafiums, Kaulbachstraße Treptow  , Aula des Realgymnasiums. Neue Krugallee6 Pantow, Aula des Lyzeums, Görschstraße

Mitwirkende:

Reformler'e Gefangsgemeinschaft Roseberry d'Arguto Männerchore: Oberipree" Liedertafel Berlin- Welt" Gemischter Ceer Tempelhof"* Männerdjor Pankow   SPD  ." Orgelspiel Mufit Gesang Spredchor Weiheredner: Arthur Crispien  , M. d. R. Carl Bonit, Reffor, Dr. Richard Cohmana Otto Meier  , 2. d. C. Mag Kreuziger Eintrittskarten sind erhältlich.

Amtsmißbrauch.

Der eifersüchtige Kriminalbeamte.

Cine böse Euppe hatte sich der Kriminalbetriebsaffiftent Albert egat von der Bolitischen Abteilung des Polizeipräsidiums ein­gebrodt, der sich gestern vor dem Schöffengericht Mitte wegen un­berechtigter Festnahme und Bedrohung im Amte zu verantworten hatte.

Gegen Demagogie und Gewiffenlosigkeit.

Aus unseren Wählerversammlungen.

In der Wählerversammlung des Bezirks Tiergarten sprach Genosse Lempert. Im Wahlkampfe um den Reichspräsidenten  , so führte er aus, hat die Sozialdemokratie, gerabe wie der Gämann das Unkraut, die politische Trägheit und Einfalt großer Teile des Volkes zu bekämpfen. Nicht ohne Absicht ist das deutsche   Volk früher geleitet und gegängelt worden. Es galt für das wilhelminische Deutschland   stets, seine Herrschaft zu sichern und zu festigen. Der unterste Stand, das Proletariat, sollte ausgebeutet werden zu Nuk und Frommen der Herrschenden. Kapitalismus   und Militarismus waren die Grundlagen, auf denen der Krieg gedeihen fonnte, der schließlich unter Führung der Generale und der Konservativen zur Staatstatastrophe führte. Die Sozialdemokraten retteten das Staatsschiff vor dem Untergang. Staatsverbrecher sollen wir dechalb sein. Und wenn vorher die politische Kurzfichtigkeit und Unfähigkeit der regierenden Kaste den Zusammenbrudh herbeiführte, Ichloffen sie sich nachher von der Mitarbeit des Wiederaufbaus aus, ja mit Demagogie und Gewissenlosigkeit schufen fie die Giftatmosphäre, der die Besten der Republit zum Opfer fielen. Rach all dem Geschrei der Rechtsparteien sieht man jetzt ihre prat tische Außenpolitik, die dieselben Grundsätze verfolgt. wie sie bisher von der Sozialdemokratie angegeben wurden. Um jo starter werfen fie innenpolitisch das Ruder nach rechts. Hier sollen den Unbemittelten die Reparationslast en aufgepackt werden. Wenn jest ter der Präsidentenwahl unter cinem Nebelschwaden von Berleumdungen die schwerindustriell- agrarischen Rechtsparteien die sozialistischen   Staatsmänner verdächtigen, fo wollen sie damit mit der Person auch die Partei treffen. Was unfer Genosse Ebert auf seinem Bosten geleistet hat, erfannte zur Schande des deutschen   Wolfes das Ausland früher als Deutschland  felbft. Der Kampfgegen einen sozialdemokratischen Reichspräsidenten geht gegen die Republit. Des­halb ist die Präsidentenwahl eine Wahl zwischen Monarchie oder Republit. Die Entscheidung fann für jeden arbeitenden Bolfsgenossen nicht schwer fein: Unser Genoffe Ebert mahnt noch aus seinem Grabe heraus: Gebt mir einen würdigen Nachfolger. Darum wählt Otto Braun.  ( Starter Beifall.)

Bohnsdorf  .

In Bohnsdorf   sprach die Genoffin Erna Rreffe in einer Frauenversammlung. Sie fennzeichnete zunächst die Politik der bür­gerlichen Parteien. Die Deutschnationalen versprachen in der Auf­mertung ihren Wählern alles, hielten aber nichts; fie möchten jetzt unter die ganze Aufwertung einen dicken Strich ziehen. Als durch den Tod des Reichspräsidenten   bic Neumahl unerwartet nötig wurde, Wählern ihr wahres Gesicht zu verbergen. Die Sozial­demokratie wat stets bemüht, in der Sozialpolitik die Interessen der arbeitenden Klaffen zu vert nfs wurde bel i ders von der Rednerin auf die Gefährdung der politischen Gleichberechti­gung der Frauen hingewiesen. Das deutsche Belf muß alle Kräfte aufbieten, um den Wegbereiter der Monarchie, Herrn Jarres, aus dem Felde zu schlagen. Wir haben daher die Pflicht, dafür zu sorgen, daß auch die Frauen den Schuh der Republit sicherstellen, in­dem sie einen ganzen Mann wählen. Es gibt feinen würdigeren Nachfolger des verstorbenen Reichspräsidenten als den Genossen Otto Braun  . Gegner meldeten sich nicht zum Wort. Es sprach noch der Genosse Mohr in der Diskussion. Er unterstrich noch ein­mal die Ausführungen der Referentin und forderte die Anwesenden auf: Wer gegen Monarchie, gegen Bürgerkrieg ist, der wähle den kandidaten der Sozialbemotratie.

Begat war in dem Hause Berleberger Straße 14, in dem er wohnt, am 8. Oftober abends eingefehrt und hatte zunächst mit dem Wirt Karten gespielt. In demselben Lokal war auch eine 36jährige Bureaubeamtin Frau B. zugegen, die an diesem Tage ihren Ge­burtstag für sich allein feierte. Wegat war in einer Spielpause an die Dame herangetreten und hatte ihre Bekanntschaft zu machen gezogen die Rechtsparteien schnell die Zollvorlage zurück, um den sucht. Der Wirt hatte ihn aber wieder zum Spiel zurückgeholt. Bu seinem Merger mußte er dann bemerken, daß ein anderer Gast flih an den Lisg der Dame gesetzt hatte und mit dieser in eifriger Unter­haltung blieb. Der fremde Gast begleitete dann die Dame auch nach Hause. Darüber war Begat noch mehr erboßt. Er ging dem Baar nach und stellte den Begleiter an der Leffingbrücke mit den Worten jest: Ich bin Kriminalbeamter, wo wollen Sie mit der Dame hin?" Als er auf diese Frage eine abweisende Ant wort bekam, daß ihn das nichts anginge, zog er den Revolver- und erflärte, er müsse den Mann wegen Mädchenhandels fest nehmen. Die angebotenen Ausmeise, aus denen hervorging, daß es sich um einen Eisenbahninspektor Sch. handelte, der in demselben Hause mit Wegat wohnte, wies ber Kriminalbeamte für ungenügend zurüd und zwang Sh. mit norgehaltenem Revolver, ihm zur Bache zu folgen. Der Dame bedeutete er, daß sie nach Hause geben fönne, da er nur mit dem Herrn zu tun habe. Sie ließ fich aber nicht abweisen und ging mit. Begat wollte ben eft. genommenen zunächst zum Polizeiami Tiergarten bringen. Dieser wandte sich jedoch unterwegs an zwei Schupobeamte und bat um ihre Begleitung zur nächsten Polizeimadhe, was bleje auch

taten. Auf der Polizeimadje mußte der Eisenbahninspektor Stunde warten; dann fam Wegat mit dem Wachthabenden aus einem Nebenzimmer heraus und bedeutete ihm, die Sache wäre er. lebigt, er könne gehen. Eine Vernehmung über die angebliche Straftat fand überhaupt nicht statt.

Der Eisenbahninspektor erstattete daraufhin Anzeige. Der An geflagte blieb dabei, daß der Eisenbahninjpettor ihm verdächtig vor­gefommen sel, da er Aehnlichkeit mit einem Mädchenhändler, den er vor 11 Jahren in Petersburg   fennen lernte, hatte. Festgestellt wurde, daß der Angeklagte mit diesem Dezernat, überhaupt mit dem Mädchenhandelsdezernat, gar nichts zu tun hatte. Die Zeugen waren übereinstimmend der Meinung, daß Wegat angetrunken ge­wesen sei. Der Angeklagte selbst aber wollte nicht angeheitert ge­wesen sein. Das Gericht war der Ueberzeugung, daß Wegat nur aus persönlichem Intereffe an der Zeugin B. zu seinem unberech tigten Vorgehen sich hatte hinreißen lassen. Es wurde ihm aber als Milderungsgrund angerechnet, daß er reichlich 2ltohol getrunken hatte und nicht die Folgen feiner Handlungsweise flar übersehen hatte und nicht die Folgen seiner Handlungsweise flar übersehen fonnte. Deshalb wurde auf die Mindeststrafe von 3 Monaten Gefängnis erfannt.

Ein Kindesmord.

Wegen Ermordung ihres neugeborenen Kindes murde von der Neuköllner   Kriminalpolizet die Aufwärterin Meta R. verhaftet. Im Januar d. J. zog, wie wir damals mitteilten, aus dem Hause Rosenstraße 8/9 zu Neukölln eine Frau aus, die hier unter deni Namen Böhlke gewohnt hatte. Als man nun den Kochherd zu einer Ausbesserung nachsah, entdeckte man in einem Feuerloch hinter Lumpen die Leiche eines neugeborenen Knaben. Die Mörderin konnte nur die bisherige Mieterin sein. Die Nach Diefem war ein Stück eines Strumpfes in den Hals gesteckt worden. forschungen der Kriminalpolizei ergaben, daß sich hinter der Frau Böhlke die Aufwärterin Meta K. versteckt hatte, die auch wegen Betruges fteckbrieflich gesucht wurde. Endlich gelang es den Krimi­nalbeamten, sie in der Ravenéstraße bei einer Freundin, die ihr Unterschlupf gegeben hatte, zu ermitteln und festzunehmen. Sie be­hauptete erst, das Kind sei vor Kälte umgekommen. Nachdem man ihr aber den Fund des Strumpfes vorgehalten hatte, bekannte sie, es umgebracht zu haben. Der Vater sei der Ehemann einer Freundin, die sie einmal in Zehdenick   besucht habe. Dieser habe ihr versprochen, für sie und das Kind zu sorgen, sich aber nicht mehr um sie gefümmert. Es wurde festgestellt, daß schon vor drei Jahren ein Kind der St. kurz nach der Geburt gestorben ist. Die Tobes. urfache konnte damals nicht mit Sicherheit festgestellt werden.

Das Rundfunkprogramm. Sonnabend, den 21. März.

Außer dem üblichen Tagesprogramm: 4 Uhr nachm.: Hans- Bredow- Schule.( Abteilung Bildungskurse). Sprachunterricht: Direktor Julius Glück: Esperanto". 4.30 bis 6 Uhr abends: Unterhaltungsmusik( Berliner   Funkkapelle). 6.40 Uhr abends: Baurat Steiner: Die Berliner Feuerwehr auf der Brandstelle 7-7.55 Uhr abends: Hans- Bredow- Schule.( Ab­teilung Hochschulkurse). 7 Uhr abends: Dr. Franz Leppmann: Deutsche   Lviik von Hölderlin   bis Werfel  ". 4. Vortrag. Von Heine bis Nietscho". 7 35 Uhr abends: Dr. Gustav Leithäuser: Ueber die Empfangstechnik der drahtlosen Telegraphie und TelepLonie". 8.30 Uhr abends: Zum 240. Geburtstage Joh. Seb. Bachs Dirigent: Otto Uraok. 1. Aus der H- Moll- Suite: a) Sara­bande, b) Polonäse, c) Badenèrie( Orchester). 2. a) Rezitativ und Arie Fünfzig Taler bares Geld", b) Rezitativ und Arie Es nehme zehntausend Dukaten"( beide aus der weltlichen Kantate Mer han en neue Oberkeet  ")( Theodor Heß v. d. Wyk. Baẞ). 3. Konzert E- Dur( Kurt Vogel. Violine). 4. Der zufriedengestellte Aeolus( Theodor Heß v. d. Wyk  ). 5. Chaconne( Kurt Vogel). 6. Suite in D- Dur( Ouvertüre. Air. Gavotte, Bourrée   und Gigue) ( Orchester). Das Orchester besteht aus Mitgliedern des Berliner  Philharmonischen Orchesters. Anschließend: Dritte Bekanntgabe der neuesten Tagesnachrichten. Zeitansage. Wetterdienst. Sport­nachrichten, Theaterdienst. 10.30 Uhr abends: Tanzmusik.

Die Spritfchieber Hermann und Heinrich Weber, fowie Dr. Santrop, die von der Tichechoslowakei ausgeliefert find, find Freitag nachmittag 5 Uhr 20 mit dem Prager Schnellzuge in Berlin   ein­

getroffen.

Ordner der Profetari'chen Feierffunden. Sonntag, den 22. März 1925 pünktlich vorm. 9 Uhr im Großen Schauspielhaus zum Drbnerdienst. Bordefpredung der Jugendweihe Canfwlh, Kaulbachstr.( 22. März) heute, nachm. 1,5 ur portselbst.

Borbesprechung der Jugendweihe Treptow  , Neue Krugallee 6( 22. März) heute, nachm. 5 Uhr. bortselbst.

Das Bolfsbildungsomt Reinidendorf veranstaltet am Sonntag, den 22. März, abends 7%, br, in der Aula der Humboldtschule Segel einen Boltslieder abend, ausgeführt vom Voltschor Tegel", Dirigent Hans Fride, unter Mitwirtung von Dr. Heinz Schall( Lieder zur Lante). Eintrittskarten an der Abendkasse.

Die Sturmkatastrophe in Amerika  .

New York  , 20. März.( WTB.) Nach den letzten Nachrichten aus dem Tornado gebiet wurden 15 Drifchaften in Illinois   von bem Sturme heimgesucht, je 5 in Indiana  , Missouri   und Kentucky  , eine in Tennessee  . Die Gesamtzahl der Toten nach den legten Zusammen­stellungen ist 848, fie verteilt sich wie folgt: 11inois 695, Indiana 89. Missouri und Tennessee   je 27, Ren. tudy 10. Berlegt wurden 2909 Personen, piele davon schwer. In Murphysboro, wo 469 umfamen, fino 8000 Menschen obdach­los, es wurden 50 Häuferblods zerstört und der Sachschaden wird auf 3 Millionen Dollar geschäzt. Der Gesamtschaden in Illinois   foll 6 Millionen Dollar betragen. Viele Einwohner entgingen dem Tode

76263

WA

Lousiana

MISSOURI

B

Chicago  

ILLINOIS   INDIANA  

StLouis

O

O

Poplar Bluff

Cairo

Little Rock 0 ARKANSAS

inciner

KENTUCKY  

TENNESSEE  

PENNS

WEST­

NORTH

GEORGIA  

CAROLIN

SOUTH CAROLINA  

TLANTISCH

Übersichtskarte von der Wirbelsturmkatastrophe in den Ver. Staaten. in wunderbarer Weise. Ein Banfier in De Gota fühlte das Bante gebäude einstürzen und troch in das Geldgewölbe. Ein Mann hielt feine Frau fest, als unter furchtbarem Zischen drei Wände ihres Heims davonflogen. Eine andere im Bett liegende Frau blieb da­durch unterlegt, daß die herabfallenden Dachbalten sich quer über die Bettpfeften legten. Vielfach wurden Automobile zerstört, deren Infassen unverlegt blieben.

Chitago, 20. März.(( WTB.) Nach weiteren Nachrichten ist die Bahl der vollständig zerstörten fleinen Ortschaften in dem Birbal ſturmgebiet noch größer als bisher gemeldet. In Murphysboro bat ber Sturm brei Quadratmeilen im Geschäfts- und Wohnbezirk zerstört. Die Kraft des Sturmes war so groß. daß elf Lokomotiven pernichtet wurden. Da befürchtet wird, daß Krankheiten, besonders Tetanus, ausbrechen könnten, hat das Rote Kreuz schon 600 Tuben Antitetanus- Scrum angefordert, welche mittels Flugzeug in den Diftritt Murphysboro gebracht werden sollen.

In dem Tornadogebiet von Illinois   werden besondere Bor fehrungen gegen die Möglichkeit des Ausbruchs der Best getroffen. Der Stellvertreter des Reichspräsidenten  , Simons, hat anläẞ. lich der Unwetterkatastrophe in den Vereinigten Staaten   von Amerita an den Präsidenten Coolidge folgendes Zele gramm gerichtet: Die Nachrichten von der furchtbaren Kata. strophe, die über weite Teile der Bereinigten Staaten herein gebrochen ist und viele Menschenleben vernichtet hat, weden in ganz Deutschland   tiefgefühltes Beiled. Es ist mir ein aufrichtiges Be dürfnis, Ihnen, Herr Präsident und dem amerikanischen   Bolte meine herzlichste Anteilnahme auszusprechen. gez. Simon s, Steliver. freter des Reichspräsidenten  ."