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Nr. 138 42. Jahrgang

1. Beilage des Vorwärts

Sonntag, 22. März 1925

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Am nächsten Sonntag, dem 29. März, wählt das deutsche Bolt den Nachfolger für feinen ersten Reichspräsidenten Friedrich Ebert . Nach dem Stande der Dezemberwahl v. 3. werden 38 980245 Deutsche diesen einen wählen. Dieser Vor­gong ist für die junge Republik Deutschland ganz neu, und viele missen auch heute noch nicht so recht, wie das Ereignis vor sich gehen foll. Der Vorwärts" hat zu wiederholten Malen bereits darauf hin gewiesen Wir wollen an dieser Stelle noch einmal zusammen­faffend alle Bestimmungen, die von der Reichsregierung für die Mahl am 29. März erlassen worden sind, festlegen.

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Stimmzettel und Wahlmodus.

Proficienter

annehmen, daß dieser freie Raum zu allerhand geistreichen" Be­merkungen benutzt werden wird, wodurch der Zettel natürlich seine Gültigkeit verliert. Die Wahlzeit am 29. März ist festgesetzt von 9 Uhr morgens bis 6 Uhr abends.

Der zweite Wahlgang.

Wenn die Wahl am 29. März ergebnislos ausfällt, so soll be: fanntlich am 26. April zum zweitenmal gewählt werden. Hier liegt nun ein wesentlicher Unterschied gegenüber den Bestimmungen für die früheren Reichstagswahlen vor. Es gibt nämlich feine Slich­wahl zwischen den Kandidaten, die die meisten Stimmen erhalten haben. Wenn im ersten Wahlgang feiner der Kan didaten mehr als die Hälfte der abzugebenden gültigen Stimmen erhält, fo hat ein zweiter Wahlgang zu erfolgen. Für den zweiten Wahlgang fönnen von den einzelnen Parteien wieder neue Kandidaten aufgestellt werden, so daß das aufregende Spiel vom 29. März dann noch ein­

Reichspräsidentenwahl

Otto Braun Ministerpräsident a. D. und M. d. R., Berlin

Dr. Heinrich Held Bayerischer Ministerpräsident, München

Dr. Willi Hellpach Badischer Staatspräsident, Karlsruhe

Dr. Karl Jarres Reichsminister a. D., Oberbürgermeister, Duisburg

Erich Ludendorff

General der Infanterie a. D., München

Wilhelm Marx

Ernst Thälmann

Transportarbeiter und M. d. R., Hamburg

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Nach den in der Weimarer Verfassung festgelegten gesetzlichen Bestimmungen über die Wahl eines Reichspräsidenten bleibt nach verschiedensten Richtungen den Einzelheiten des Wahlganges ein ziemlich breiter Spielraum. Eine Wahl zum Reichspräsidenten hat Preußischer Ministerpräsident und M. d. R., Berlin die Republik Deutschland ja bekanntlich noch nicht vornehmen brauchen, weil der verstorbene Reichspräsident damals vom Reichs­tag mit überwältigender Majorität bestimmt worden ist. Jezt aber am 29. März wird zum erstenmal ein Präsident der deutschen Re­publik, und zwar auf 7 Jahre gewählt, und es galt Bestimmungen und Ausführungsgesetze darüber zu erlassen, in welchen Formen fich diese Wahl abspielen soll. Da handelte es sich zunächst um die Stimmzettel. Die Reichsregierung hatte ursprünglich den Stand­punkt vertreten, daß die Herstellung der Stimmzettel den einzelnen Parteien überlassen werden solle. Man wollte nur von Regierungs wegen Ruperts für die Stimmzettel verteilen lassen. Die Reichs regierung hat jetzt aber bestimmt, daß auch die Stimmzettel amtlich von der Regierung hergestellt werden. Für die Parteien be deutet dieser Beschluß übrigens eine bedeutende petuniäre Erleichte­rung. Bei den letzten Reichstagswahlen hat nämlich die Herstellung und der Versand der Stimmzettel die Reichstasse mit der Summe von 105 000 m. belastet. Im allgemeinen ist zu sagen, daß sich die Wahl faft genau in denselben Formen abspielen wird wie die Reichstags- refp. Landtagswahlen. Die Wahlkreise bleiben diefelben, und die Städte und einzelnen Gemeinden haben die Bilicht, innerhalb ihres Territoriums Wahllofale zu bestimmen. Den Gemeinden steht es natürlich frei, die Wahllokale an andere Stellen der Stadt zu legen, als es bei den letzten Reichstags= wahlen der Fall war. Man kann aber wohl annehmen, daß sie aus Zweckmäßigkeitsgründen von dieser Erlaubnis keinen Gebrauch machen werden. Es gibt bei der Wahl am 29. März, ebenso wie bei Reichs- und Landtagswahlen, einen Reichswahlleiter. Zum Reichs: wahlleiter ist Professor Dr. Wagemann, Präsident des Statistischen Reichsamtes, ernannt worden. Er arbeitet zufammen mit einem Reichs mahlausschuß, der aus sechs Beisitzern besteht, für die außerdem noch sechs Stellvertreter er­nannt sind. Außerdem gibt es ebenfalls gleich den Verhältnissen bei der Reichstagswahl ein Wahlprüfungsgericht, das als legte In­stanz darüber zu entscheiden hat, ob die Wahlen in gesetzlich vor­geschriebener und gültiger Wetje vor sich gegangen ist. Es gibt ferner bei der Reichspräsidentenwahl, wie bereits mitgeteilt, einen amtlichen Stimmzettel, der in seinem Aeußeren dem Stimm­zettel für Reichs- und Landtagswahlen durchaus gleicht. Nur ein Pleiner unterschied ist hier zu verzeichnen: der Stimmzettel für den Reichspräsidenten zählt alphabetisch die Namen der auf­gestellten Kandidaten auf, hat aber hinter den einzelnen Namen feine Nummer. Dieser Wahlzettel, den wir im Bilde festhalten, trägt außer den Namen der Kandidaten unten noch einen weißen freien Raum, und hier fann nun derjenige Wähler, dem alle die vorgeschlagenen Kandidaten noch nicht passen, den Namen feines Da es bekanntlich thm angenehmen Standidaten hineinschreiben. immer Mitmenschen gibt, die da glauben, besonders wißig zu fein, wenn fie Unfug treiben, fann man mohl heute schon ohne weiteres

Der allein gültige Stimmzettel

mal beginnt. Ob die Reichsregierung für diesen zweiten Wahlgang auch ihrerseits andere Wahlbestimmungen und Berordnungen er­lassen wird, steht noch dahin. Heute fann man nur sagen, daß die Wahlzeit geändert werden dürfte. Man plant die Wahlzeit am 26. April auf die Stunden von 8 Uhr morgens bis 5 Uhr nach­mittags zu verlegen.

Wann ist der Präsident gewählt?

Wahl!

Wahlgang zu beschließen. Derselbe Vorgang könnte sich auch übri gens ergeben, wenn der erste Wahlgang zwar eine Wahl gebracht hat, der Gewählte aber( doch das dürfte schwerlich vorkommen) die Wahl ablehnen sollte. Auch unter diesen Umständen müßte der Reichsminister des Innern an den Reichstag den An­trag stellen, einen zweiten Wahlgang zu beschließen. Als gewählt im zweiten Wahlgang gilt der Kandidat, der die meisten der av­gegebenen gültigen Stimmen erhalten hat.

Wahlberechtigung.

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Wahlberechtigt find alle 20jährigen männlichen und weiblichen Keichsangehörigen, auch die am 29. März 1905 für den 2. Wahl­gang auch die am 26. April 1905 geborenen. Jeder Wähler hat cine Stimme. Alle Stimmen sind gleichwertig. Bählen fann nur, wer in eine Wählerlifte oder Wahltartei eingetragen ist oder einen Wahlschein hat. Ausgeschloffen von der Stimmabgabe sind Ent­mündigte, unter vorläufiger Vormundschaft oder wegen geistiger

Gebrechen unter Pfleg

schaft Stehende, auch in­folge Richterspruch der bürgerlichen Ehrenrechte Verlustige. An der Stimm­abgabe behindert sind in Heil- oder Pflegeanstalten untergebrachte Geistes­franfe oder-fchwache, Straf- und Untersuchungs­gefangene; politische Schutz­haft ist kein Hindernis. Auslandsdeutsche, d. h. Reichsangehörige ohne

Wohnsiz oder Aufenthalt in Deutschland , werden durch Verlegung ihres Wohnfizes ins Reich wahlberechtigt, auch wenn die Ber­legung nach Ablauf der Einspruchsfrist gegen die Wählerliste erfolgt. Anstalten, deren Infassen infolge Krankheit oder Gebrechlichkeit einen Wahlraum außerhalb des Hauses nicht aufsuchen können( öffentliche oder private Krankenhäuser oder Kliniken, Lazarette, Entbindungs, Wöchnerinnen, Pfründner- Anstalten, Erholungsheime ufm.), werden zu eigenen Wahlbezirken gestaltet, wenn die Zahl der Wahl­berechtigten das Wahlgeheimnis noch verbürgt. Solchen Wahl­berechtigten wird, wenn sie in eine Wählerliste eingetragen sind, nad; Ablauf der Einspruchsfrist ein Wahlschein ausgestellt. Zu diesem Zwecke fordern die Gemeindebehörden ein Berzeichnis der Anstalts. infassen von der Anstaltsleitung ein und übersenden ihr die Wahl fcheine zur Aushändigung an die Wahlberechtigten.

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Hört und liest man von den Propagandaplänen einiger Par­teien aus Anlaß der Präsidentenwahl, so fühlt man heraus, daß ihnen so etwas vorschwebte, wie die berühmte amerikanische Wahl­propaganda. Bas bei uns geplant wird, hat aber mit amerika­ nischen Verhältnissen nur sehr bedingte Aehnlichkeit. Nur der Loebell­Ausschuß wollte seinen Kandidaten, den Herrn Dr. Jarres, in einem Extrazug oder zum mindesten in einem Salonwagen duró das Land fahren lassen. An allen möglichen Stätten und in allen möglichen Städten sollte dieser Zug halten. Herr Dr. Jarres sollte sich der erstaunten Menge zeigen, ein paar Worte sprechen und dem biederen Bürger, auf dessen Stimme er reflektiert, kräftig die Hand fdhütteln. Man hat aber wohlweislich von diesem Plan Abstand genommen. Andere Parteien wieder wollen dem Propagandafeld­zug für ihren Kandidaten Lichtreklame, Radio und Film dienstbar machen. Die Sozialdemokratische Partei wird, wie sie es bei den Reichs und Landtagswahlen immer getan hat, es auch bei der Reichspräsidentenwahl halten. Sie wird das gute Wort ihrer Redner wirken lassen und die eindringliche Mohnung ihrer Flugblätter.. Die Sozialdemokratische Partei wird und kann nur immer wieder mit bestem Gewissen rufen: Wählt Otto Braun ! Damit wählt ihr Republik , damit wählt ihr Freiheit, Kultur und Bölkerversöhnung:

Frühlingsanfang.

Wieder rieseln die Schneemassen in Wasserform zu Tal und die Erde schiebt ihre braune Ackerkrume durch die weiße Fläche, die sich da, wo der Wind sie höher trieb, noch zum verzweifelten Wider­stande rüstet. Aber es dürfte vergebens sein, und Frühlingsanfang bietet uns das Bild einer begrünten Natur. Die Schneebecke hat die Saat vor den Folgen der einbrechenden Kältewelle geschützt; die Knospen der Büsche und Bäume sehen wie neu gewaschen aus und bekommen förmlich einen Schmerbauch; die Blättchen der Rank rosen sieht man sozusagen wachsen und was an winterharten Pflanzen fich zum Hervorbrechen in der Frühlingsluft gerüstet hat, tommt mit Macht hervor, grün, rot, frisch und gesund, zum anbeißen". Die ganze Armee der pflanzlichen Welt ist auf dem Marsche; sie singt ihr hehres Befreiungslied von der Erlösung aus Bann und Zwang. Weiter öffnet sich das Herz des Wanderers, der den Steinstraßen entronnen ist wie der erste Liebesrausch, so ist auch der Frühlings­rausch von ganz besonderer Art. Liegt in diesem stillen und doch so beredten Wirken der Natur, fich neu zu gestalten, nicht eine

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Nach Beendigung der Wahl, fei es nur am 29. März oder am 26. April, find alle bei der Wahl amtlich beteiligten Personen, die Wahlleiter usw., verpflichtet, nachdem die Auszählung der Stimmen erfolgt ist, das Resultat aus ihrem Kreise sofort telegraphisch oder telephonisch, jedenfalls auf dem schnellsten Wege dem Reichswahlausschuß zu übermitteln. Der Reichswahlausschuß prüft nun das eingegangene Material. Hat einer der Kandidaten im ersten Wahlgang mehr als die Hälfte der cbgegebenen gültigen Stimmen erhalten, und ist der Wahlausschuß Mahnung an den Menschen, auch seinerseits den alten Krempel der Ansicht, daß der Wahlaft in geseglichen Formen vor sich ge gangen ist, fo fragt der Vorsitzende des Reichswahlausschusses den gewählten Kandidaten, ob er die Wahl annimmt. Sagt er ja, dann erfolgt zunächst eine Nachprüfung des inzwischen eingesandten aus führlichen Wahl- und Stimmenmaterials. Dieses wird eingehend geprüft und, wie bereits gesagt, von Wahlprüfungsgericht über­prüft. Sind auch diese Instanzen der Ansicht, daß die Wahl den cesetzlichen Bestimmungen entsprochen hat, dann erfolgt eine Ber­öffentlichung des Wahlrefultates im Reichsanzeiger", und erst dann gilt der neue Reichspräsident als offiziell gewählt. Bringt aber der erste Wahlgang am 29. März insofern tein Resultat, als feiner der Kandidaten mehr als die Hälfte der abgegebenen gültigen Stimmen erhalten hat, dann teilt der Reichswahlleiter diefe Tatsache dem Reichsminister des Innern mit, und der Reichs­minifter des Innern stellt beim Reichstag den Antrag, einen zweiten

der Winterunluft über Bord zu werfen und mit neuem Mut, neuem Geist das Schiff zu zimmern, das ihn vorwärts tragen soll. Wen gelüftet es denn, die Weltgeschichte rückwärts zu dirigieren? Doch nur jene, die auch die schöpferische Natur nur mit dem Rechen­ftift in der Hand belauschen, die dem eigenen Ich alles, dem draußen Stehenden nichts zubilligen wollen. Da ist ein Blid in den sproffen­den Frühling wie ein herzerfrischender Trunk: und ein trotz alle­dem!" entringt sich der Brust des modernen Kämpfers. Auferstehung! Natur gibt uns den Fingerzeig; wer sein Fleckchen Land gut betreut hat, sieht jedes Jahr es schöner und reicher werden und unser Bolt, so arbeitsfreudig wie fein zweites, so naturbegeistert wie wenig andere sollte seine Erde nicht gleichfalls schöner und reicher gestalten können? Ein politisch Lied" raunt uns aus Berg und

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