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Abendausgabe

Nr. 13942. Jahrgang Ausgabe B Nr. 69

Bezugsbedingungen und Anzeigenpreife Find in der Morgenausgabe angegeben Redaktion: Sm. 68, Lindenstraße 3 Fernsprecher: Dönhoff 282-295 Tel- Adresse: Sozialdemokrat Berlin

Vorwärts

Berliner Volksblatt

5 Pfennig

Montag

23. März 1925

Berlag und Angetgenabteilung: Geschäftszett 9-5 Uhr

Berleger: Borwärts- Berlag GmbH. Berlin S. 68, Cindenstraße 3 Fernsprecher: Dönhoff 2506-250?

Zentralorgan der Sozialdemokratifchen Partei Deutschlands

Die Krise im Jarresblock.

Eine Erklärung der Deutschnationalen.

Wie der Vorwärts" hatte sich auch die Bossische| eine Krise während der Präsidentenwahl zu vermeiden, sah sich 3eitung gestern mit den schweren Differenzen beschäftigt, die deutschnationale Fraktion zu einem Rüdzug genötigt, die innerhalb des Rechtsblocks ausgebrochen find. Nach ihrem der vom Lofal- Anzeiger" zu einer Flucht verwandelt wird. Bericht soll die von uns dem Sinn nach wiedergegebene Ent. Denn nach dem Lokal- Anzeiger" sind die Differenzen zwischen schließung der deutschnationalen Reichstagsfraktion folgenden der Regierung und den Deutschnationalen nur angeblich", Wortlaut haben: die Deutschnationalen sind also volltommen damit ein verstanden, daß Frankreich der Besitz von Elsaß Lothringen , Belgien der von Eupen- Malmedy garantiert wird, daß auf jede gewaltpolitische Lösung der Ostfragen verzichtet und über den Eintritt in den Bölkerbund verhandelt wird mit dem Ziel, ihn auch wirklich zu vollziehen. Auch die gewissen Bedenfen", non benen die offizielle Erklärung der Deutschnationalen mit vorsichtiger Ber hüllung noch spricht, verschwinden hier vollständig. Allbe­herrschend ist die Angst, die Wähler fönnten merken, was sich

Die Fraktion hegt schwerste Bedenten wegen der Boli. tit des Außenministers. Wenn diese Politik fortgeführt wird, behält sich die Fraktion vor, gegen Berträge zu stimmen, die im Ergebnis der jetzt geführten Verhandlungen abge schlossen werden könnten. Sie verlangt, daß die weiteren Berhand­fungen unter unmittelbarer Leitung des Reichstanzlers und in ständigem Einvernehmen mit ihren Vertrauensmännern im Kabinett geführt werden.

Zu dieser Darstellung erläßt nun die deutsch natio In der Boffischen Zeitung" vom Sonntag, den 22. März 1925, Nr. 138, findet sich unter der Ueberschrift: Die Deutschnatio nalen gegen Stresemann" die Mitteilung von einem Be schluß der deutschnationalen Reichstagsfraktion über Fragen der Außenpolitit, aus dem bestimmte Säße wiedergegeben werden, und von einem beabsichtigten Schreiben an den Herrn Reichskanzler und den Herrn Außenminister. Die Wiedergabe ist un richtig. Richtig ist folgendes:

nale Reichstagsfrafti on folgende Erklärung:

Verleumder in Verlegenheit.

Der Barmat- Schwindel am Ende.

Die Berhandlungen in dem Untersuchungsausschuß des Reichstags, der sich mit dem Fall Barmat beschäftigt, sowie auch die Erörterungen in dem Ausschuß des preußischen Landtags, der eigentlich die Hergabe von Krediten der Staatsbant untersuchen sollte, aber sich bisher mehr damit beschäftigt hat, ob Barmat von Sozialdemokraten in feinen geschäftlichen Unternehmungen unterstützt wurde, sind zu einem gewissen Abschluß gekommen und beide Ausschüsse haben ihre weiteren Beratungen bis Mitte April vertagi.

Bei den Verhandlungen, die oftmals sehr in die Breite gingen, ist die eigentliche Grundlage des Beweis themas nicht flar hervorgetreten, weshalb es sich lohnen dürfte, im furzen Zusammenhange darzustellen, welche Bor­würfe gegen die Partei und einzelne Personen in der Partei erhoben wurden und welches Ergebnis die Erörterungen in beiden Ausschüssen bisher zeitigte.

hinter den Stuliffen des Reichsblods" abspielt und sie fönnten Behauptung beschäftigt, die dahin ging: Im Jahre 1919 fer auf Herrn Jarres dankend verzichten.

Alldeutsche gegen Stresemann .

Der Gesamtvorstand des Aldeutschen Verbandes trat am 21. und 22. März in Dresden zu feiner diesjährigen Tagung zusammen, in deren Verlauf Juftigrat Claß sich scharf gegen bae fogenannte Garantieangebot wandte und in diesem Zusammenhang schwere Angriffe gegen Reichsaußenminister Dr. Stresemann richtete. In einer Entschließung, die hierzu gefaßt wurde, trat der Gesamtvorstand in vollem Umfang der Erklärung bei, die die Haupt Leitung des deutschen Verbandes befanntlich fürzlich gegen den Garantiepaft erlaffen hat. Von den Vaterländischen Barteten wird darin erwartet, daß sie diese Politit Stresemanns ver. werfen, ihre Fortsetzung unmöglich machen und darüber hinaus die Erhebung der Anklage gegen den Reichsaußenminister vor dem verfassungsmäßigen Staatsgerichtshof für das Deutsche Reich

betreiben.

Schwankende Rechtsfront.

Auf Wunsch der deutschnationalen Reichstagsfraktion hat in den legten Tagen zwischen dem Herrn Außenminister und verschiedenen Bertretern der Frattion über die schwebenden außenpolitischen Fragen, insbesondere die Sicherheits- und bie Bölter. bundsfrage und über die von dem Herrn Außenminister auf diesem Gebiet für die Zukunft in Aussicht genommenen Maßnahmen eine nähere Aussprache stattgefunden. Im Anschluß an diese orientierende Aussprache hat dann die deutschnationale Frattion dieselben Fragen einer eingehenden Erörterung unterzogen. Das Ergebnis dieser Erörterungen war, daß beschlossen worden ist, in Form eines Schreibens anden Herrn Außenminister Die Deutschnationalen und die von ihnen getragenen auf den Berlauf der Unterredung noch einmal näher einzugehen und Kreise der Schwerindustrie und des Junkeriums find durch gewiffe Bedenten zum Ausdrud zu bringen. Der Artikel der hemmungslose Demagogie bis an die Tore der Macht gelangt. Bossischen Zeitung ist demgegenüber tendenziös entstellt. Ein Die Deutschnationalen haben sich- sehr im Gegensatz zu Mißtrauensvotum gegenüber dem Herrn Außenminister ist ihrem antidemokratischen Programm zu einer Mil von der deutschnationalen Fraftion nicht beschlossen und in ihrem lionenpartei entwickelt, in der alle möglichen Volks Schreiben an den Herrn Außenminister nicht enthalten. Den Vorstoß schichten und Strömungen zusammenfließen, alle möglichen der Bossischen Zeitung" betrachtet die deutschnationale Reichstags und unmöglichen Programme und Wünsche auf Er­fraktion als einen plumpen und böswilligen Versuch, in die Regie füllung drängen. Große Massen ihrer Wähler haben sie da rungsgemeinschaft, der sich die Deutschnationalen loyal angeschlossen durch gewonnen, daß fie ihrer Agitation einen scheinbar haben, Mißtrauen und Unfrieden hineinzutragen. Die deutschnatio antitapitalischen Charakter gaben. Massen bes ent­nale Reichstagsfraktion legt gegen folche Machenschaften schärfste Bererbten mittelstandes , bankrotte Dffiziere, e nt­wahrung ein.

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Durch diese Erklärung erledigen fich auch alle zu dem gleichen Gegenstand im Borwärts" und anderen Blättern erschienenen ähnlichen Ausführungen.

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Diese Erflärung der deutschnationalen Reichstagsfraktion ist mehr eine Bestätigung als eine Berichtigung. Es wird nicht beftritten, daß ein Beschluß vorliegt, der Bedenken gegen die Außenpolitik der Regierung zum Ausdruck bringt. Es mird auch nicht oder nicht flar beftritten, daß die in der Bossischen Zeitung" wörtlich zitierten Säge in dem Beschluß enthalten find. Man bestreitet nur, daß der Beschluß ein Mißtrauensvotum darstelle, da ja ein solches den fo­fortigen Sturz der Luther- Regierung zur Folge haben müßte. Und den möchte man natürlich, solange der Präsidentenwahlkampf dauert, gerne vermeiden. Ueber den Konflikt zwischen den Deutschynationalen und Luther in der Aufwertungsfrage, worüber mir gestern nähere Mitteilungen machen fonnten, schweigt sich die deutschnationale Erklärung vollständig aus.

Nach dem Lotel- Anzeiger" follen am Sonnabend vom Reichstag aus an linksstehende Blätter anonyme 3u fchriften gerichtet worden sein, die von der Krife im Rechts­bin berichteten. Wenn der Lofol- Anzeiger" so gut unters richtet ist, fo wird er uns auch mitteilen fönnen, mer ber Urheber diefer anonymen Buschriften ist und melche Riele mit ihrer Absendung verfolgt werden. Ist die Vermutung des Botal- Anzeigers" richtig und stellt sich am Ende heraus, deß Leute aus dem Rechtslager mit anonymen Rufchriften en die Pintspreffe arbeiten, fo läßt das ja auf recht liebenswürdige Zustände auf der anderen Seite schließen.

Für die Verbreitung der deutic nationalen Ertlärung murde geffern der Rundfunt in Anspruch genommen. Bir fchlichen daraus, deß der Reichsinnenminifter Schiele die richt hat, den Rundfunk nunmehr allen Barteien eich mäßig zur Verfügung zu stellen, denn die einseitige Bean spruchung dieses Apparats durch die Partei des Ministers wäre ein Mißbrauch ichlimmster Art!

Ein aufgeregter Tag in der Reichskanzlei. Der Lotal Anzeiger" meldet:

Am Sonntagnachmittag hat in der Reichstanzlei eine Besprechung ftattgefunden, an der der Reichskanzler, der Außen minister, der Chef der Reichstanzlei und mehrere deutsch nationale Abgeordnete teilgenommen haben. Das Ergebnis dieser Besprechung ist die vorliegende Ertlärung der Deutschnationalen Frattion, die über die angeblichen außenpolitischen Differenzpunkte Aufschluß gibt.

Daraus ergibt sich, daß die Veröffentlichungen des Vor­wärts" und der Boffischen Zeitung" im Regierungslager ge­wirtt haben wie ein Steinwurf in einen Ameisenhaufen. Um

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täuschte Arbeiter sind von ihnen unterschiedslos in ihren Reihen gesammelt; es ist fymptomatisch, daß die Deutschnatio­nalen im Lande Fugblätter verbreiten, die von Kommu nist en geschrieben sein fönnen.

Jezt stehen die Rechtskreise an den Toren der Macht. Der Sieg bei der Reichspräsidentenwahl soll für die nächsten fieben Jahre eine entscheidende Wendung zugunsten der wirtschaftlich herrschenden Schichten bringen. Aber schon ehe es so weit ist, naht sich die rächende Nemesis. Benige Monate deutsch nationaler Regierungskunft genügten, um das Gebäude zu erschüttern, das auf Flugsand gebaut ist. Schon stößt der schwerindustrielle Tag" den Verzweiflungsruf aus: haltet Disziplin":

Der Reichstagsausschuß hat sich sehr eingehend mit der sei ein größerer Auftrag an Barmat infolge einer Anordnung des Ministers Schmidt trotz des Widerstandes der Reichs­stellen zur Ausführung gekommen, dieser Auftrag sei nachher entgegen dem Urteil der Reichsfleisch- und Reichsfettstelle auf­gehoben worden, um Barmat vor einem Schaden zu be wahren, der durch das Fallen der Mart eingetreten wäre. Auch hier habe der Minister Schmidt die Anordnung ge troffen. Aus dem Geschäfte follte fernerhin der sozialdemo fratischen Parteifaffe ein erheblicher Betrag zugeflossen sein, und daher resultiere das lebhafte Interesse unseres Partei­genossen Schmidt an der hier gekennzeichneten Form der Er­ledigung des Vertrags.

Die Bernehmung der Zeugen hat nun ergeben, daß diese Beugen auch nicht im entferntesten die Darstellung der Deutschnationalen stügen fonnten. Niemand von diefen Beugen hat behauptet, daß bei diesem besonderen Ge­schäft oder auch bei anderen ein Einfluß des damaligen Ministers geltend gemacht wurde, weder beim Abschluß des Geschäfts, noch bei der Aufhebung. Es ergab sich vielmehr, besonders aus den Aften, daß kein Anhalt dafür gegeben ist, daß dieses Geschäft auf irgendwelche direkte oder indirekte Einflußnahme durch den Genossen Schmidt zurückzuführen war. Aus den Aften war ersichtlich, daß entgegen der Be­hauptung des Wahrheit- Bruhn der Vertrag aufge löst wurde, weil er nicht für Herrn Barmat ungünstig lag, sondern für die Reichsstellen! Entgegen der veriogenen Darstellung wurde festgestellt, daß die Reichsstellen die Lösung des Bertrags ge­fordert hatten!

Bewiesen ist weiter durch Zeugenaussagen, daß die Be­hauptung die Partei hätte aus folchen Geschäftsabschlüssen von Barmat 3uwendungen erhalten, vollständig erlogen ist. Der Wahrheit Bruhn, der als Richter amtiert, aber als Antläger auftritt, ist nach all diesen Feststellungen in die Enge getrieben worden und mußte im Laufe der Verhand­lungen erflären, daß er gegen Schmidt eine solche Ver­dächtigung gar nicht erheben wollte. Diese Erklärung stand allerdings in sehr schroffem Gegensatz zu einem Antrag, den er dem Ausschuß unterbreitete, und zu den gleichen Be­schuldigungen in der Deutschen Tageszeitung"! Damit ist das Lügengewebe, das um diesen Fall von deutsch­nationalen Berleumdern gesponnen wurde, zerrissen.

Die Zeugenvernehmung hatte insofern ein eigenartiges Gepräge, als einige Herren, ehemalige Geschäfts­führer der Reichsstellen, aus ihrer persönlichen Ab­neigung gegen die Anordnungen des Diktatorischen Aus fchuffes, der damals die Verfügung über die Lebensmittel einfuhr in der Hand hatte, nicht zurückhielten, und aus ihrer Abneigung gegen Barmat ein Hehl machten.

Wir möchten, gerade vom Standpunkt der Sammlungspolitit, die wir im Tag" betreiben, heute, acht Tage vor der Wahl, mir aller Deutlichkeit zum Ausdrud bringen, das diese Disziplin am 29. März vollauf gewahrt werden muß. Wir appellieren an das beffere Jch jedes einzelnen Wählers unserer Gesamtrichtung, daß er alle Fragen der persönlichen Intereffen, ob wirtschaftlich oder politisch, zugunsten des einen Sicher ließ damals die Leitung der Reichsstellen viel zu namens in den Hintergrund stellt. Wirtschaftlich haben die Kreise der Aufwertungsanhän wünschen übrig. Vor allem trat unangenehm in die Er­Wirtschaftlich haben die Streise der Aufwertungsanhän scheinung, daß zu Leitern der geschäftlichen Abteilungen ger im legten Augenblick aus der Linie zu brechen gesucht. Politismänner berufen wurden, die felbft eigene große waren es die engsten Freunde des Generals Ludendorff, die handelsunternehmungen besaßen, oder, wie in Bersplitterung in die Geschlossenheit des Jarres- Blocks bringen. 3ft einigen anderen Fällen, kurz nach dem Austritt aus ihrer es vaterländisch und vollspolitisch gedacht, wennt, wie es geschah, ein Tätigkeit für die Reichsstellen in einer privaten Sparerbund die Parole der Wahlenthaltung für den 29. März Handelsgesellschaft als Teilhaber oder leitende ausgab?" Beamten Unterkunft fanden.

Der Mahnung und den Bormürfen folgt ein Hinweis auf die Notwendigkeit militärischer Disziplin. Anders fönnen diese Spießbürger nicht denken. Sie vergessen nur, daß politische Brobleme nicht mit den Regeln des Rafernenhofbrills gemeistert werden können. Ge rade die Deutschnationalen haben durch ihren hemmungslosen Appell an wirtschaftliche Interessen und Augenblidsnöte am meisten dazu beigetragen, daß die Politisierung auch der Schichten begonnen hat, die früher niemals rolitisch denken lernten. Jekt gilt für diese Schichten das Wort Dr. Steinigers: Die Wähler haben nicht vergeffen, was die Deutsch­nationale Partei versprochen hat."

Sie haben nicht vergessen und der reinfapitalistische Charakter der deutschnationalen Regierungspolitik muk daher wie Scheidemasser auf die Massen wirken, die mit Demagogie, mit Gefühlsargumenten, mit hemmungs'ofen Bersprechungen und mit bewußter Lüne im ein Banner geschart wurden, das ihren eigentlichen Wünschen nie entsprechen fann.

3u spät tommt der Appell an die Disziplin Die Deutschnationalen sterben an der Lüge, die sie groß ge­macht hat.

So war Herr Jfaat Mener in Hamburg Inhaber eines großen Getreideimportgeschäfts, zu gleicher Zeit geschäftlicher Leiter der Reichsgetreidestelle! Man wird es verstehen, wenn dieser Herr in der Zeugenans fage fich sehr abfällig über eine Konkurrenz ausspricht,

während er wohl der Meinung mar, das Geschäft in den Reichsstellen sei nur für seine Leut.

In der Reichsfleischstelle war als Geschäftsleiter feinerzeit Herr Rehbein, der Leiier der Allgemeinen Nahrungsmittelimport Gesellschaft Ham burg, und als er ausirat, folgte ihm Herr Schwoon, der fich nach seinem Austritt aus der Reichsfleischstelle mit Herrn Rehbein zusammenfand in der Leitung der Gesellschaft In ari"!

Wir fonstatieren diese Tatsache, und wir gehen wohl nicht fehl, wenn wir behaupten, daß eine ähnliche Berquidung von privatem Befchäft und Leitung einer Reichsstelle, wenn sie von einem Sozialdemokraten betrieben würde, der deutsch­nationalen Standalpresse Anlaß geben würde zu allen mög­lichen Berdächtigungen!