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Freitag

27. März 1925

Unterhaltung und Wissen

,, Cherchez le pétrole!"

Bon Richard Rainer.

Washington, San Remo, die merikanische Rebellion, Sachalin , und neuerdings erst wieder der ganz unmotivierte und dem Unein­gemeihten abenteuerlich anmutende Aufstand der wilden Kurden­stämme: das Petroleum steckt dahinter! ,, Cherchez le pétrole!"

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Unter den Flügeln, die in unseren Tagen diesem Worte flugs gewachsen sind, hält es eine ebenso allgemeine Erklärung für die Konflikte zwischen den modernen imperialistischen, Staaten ver­borgen, wie das schon von dem römischen Dichter Juvenal beschwingte und seit den Tagen des Rokoko in der französischen Fassung weiter­gegebene Schwestermort Cherchez la femme"( Suchet die Frau) für diejenigen zwischen Individuen von Uranbeginn jeder bestehenden Gesellschaft. Nur ist da ein Unterschied. Während es nämlich von Frauen überall da auf dem Erdenrunde, wo menschliche Zusammen­rottungen entstehen, im Regelfalle wimmelt und man nieistens nach der Urheberin der Verwicklungen im einzelnen Falle nicht lange zu muten braucht, ist es um das Petroleum wesentlich knapper bestellt: Von den sämtlichen Energievorräten der Erdkruste an werdender und vollendeter Kohle, an Wasserkräften und Erdölvorkommen, die man beiläufig auf insgesamt 10 Billionen Tonnen Steinkohlenwert schäßt, trägt das Petroleum nur 10 Milliarden bei; das Erdöl ist also der Benjamin unter den Energieriesen, die unsere Zivilisation in jagender Bewegung halten, es bringt nur lumpige 0,1 Prozent des den heutigen Energieverwandlungsmethoden überhaupt zugän gigen Vorkommens an schlummernden Energien auf. Aber die großen Bölker, die sich bis heute nicht anders betragen wie große Kinder ( nur daß sie aus ihrem Eigenwillen ein System gemacht haben, das sie mit dem hochtönenden Namen Politik belegen) alle wollen fich ausgerechnet von diesem Benjamin vorzugsweise bedienen lassen. Gerade feine Seltenheit, die mit einer schillernden Bielseitigkeit der Berwendung gepaart ist, verleiht dem ekelhaften Fäulnisprodukt irgendwelcher vorzeitlicher Organismen die relative Kostbarkeit. Die Menschen stellen ihren technischen Produktionsapparat darauf um, um es zugleich zu erobern, zu verbrauchen und argwöhnisch zu hüten. Während also die Geschlechterproportion nur in den Regionen härtesten Daseinskampfes eine Frau mit mehreren männlichen An­wärtern umgibt so ber den Eskimos und bei einigen mongolischen Gebirgsvölkern- findet jedes Erdölvorkommen seit den leßten zwanzig Jahren mehrere eifersüchtige Bewerbergruppen, die auf der höchsten Stufe wirtschaftlicher Machtzusammenfassung zumeist eine eigenartige, aber für die Struktur anderer Wirtschaften typische Kom­bination zwischen privatwirtschaftlichen und staatlichen Interessen verförpern.

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Gesellschaftliche Organisationen unterliegen denselben Gesetzen bes Dajeinskampfes ,, wie physische Organismen, und da sie zudem lockerer, beweglicher, verschmelzbarer sind, da Vereinigung unter ihnen alles, Jolierung aber den Tod bedeutet, haben diese Geseze zudem die Tendenz zu einem beschleunigten Ablauf, der im Bergleich mit den Zeiträumen der Darwinschen natürlichen Artenauslese ein geradezu wahnsinniges Tempo aufweist. Diese Auslese der Stärferen hat auf dem Delmarkte die winzige Spanne von 25 Jahren erfüllt und nur zwei große Partner und zwei kleine, annähernde Selbst­versorger, übrig gelassen.

Die letzte Hoffnnng.

Versackungs­

Politik

OROESTER.

Wenn der nicht zieht was zieht dann?!

tuierung der Kräfteverteilung, wie sie nun einmal war. Man konnte annäherungsweise von einem angelsächsischen Weltimonopol reden, Denn seither fontrollieren die Engländer praktisch die Hälfte, die Amerikaner ein weiteres Drittel der Weltproduktion.

für die blutwichtige Rolle, die es innerhalb der imperialistischen Auch die Bewirtschaftungsform des Erdöls ist ein Symbol Machtorganisationen einnimmt: Seine Vertruſtung ist eine univer­sale. Die Trustgiganten beherrschen nicht nur die gesamte Erzeu­gung, sondern sie erledigen auch selbst den Transport mit eigenen Lanfflotten und den Absatz mi teinem über Kontinente ausgespannten Netz von Vertriebsgesellschaften. Die Welt ist weggegeben" was das Machtzauber bergende Del, seine Felder und seine Märkte anbelangt.

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Nur zwei Militärmächte haben es verstanden, wenigstens einen Teil ihres Bedarfs sicherzustellen absieht, das etwas abseits von dem allgemeinen Rüstungswahnsinn wenn man dabei von Rußland steht. Da ist einmal Frankreich mit dem elsässischen Borkommen bei Pechelbrunn, das es auf den überwiegenden Anteil an seinem Eigenbedarfe zu steigern hofft, und mit Interessen in Polen , der Tschechoslowakei und Rumänien , die es durch eine Verflechtung diplo­matischer Allianzen und militärischer Konventionen sichergestellt zu haben glaubt. Auf der anderen Hemisphäre aber ist es Japan , das durch den Vertrag von Sachalin in die Reihe der Selbstversorger tritt und damit überhaupt erst wieder zu einer im Ernstfall aftions fähigen, technisch gleichwertigen Flotte fommt.

Bei der Teilung der Versailler Beute an deutschen Erdöl­interessen, die England mit Frankreich im Jahre 1920 in San Remo vornahm, überließen die Franzosen in ihrem Ottupationstaumel den feilen der Turkish Oil Company für den vergänglichen Dienst einer diplomatischen Duldung der Uebergriffe im besetzten Gebiete. Japan ist durch den Vertrag von Sachalin von der amerikanisch englischen Petroleumherrschaft frei geworden und hat dadurch die

Seit dem Jahre 1900 wälzte sich der Standard Oil Trust, jene erste große Trustlawine, die sich inmitten der aufschießenden Pro- Briten den Löwenanteil von 75 Broz. des deutschen Besizes an An­duftion des Dollarlandes zusammengeballt hatte, mit einer erdrücken­ben Kapitalsgewalt auf die europäischen Erzeugungs- und Abjah gebiete. Er drang in die russische Produktion ein, wo die alten Namen Nobel und Rothschild bisher unumstritten herrschten und nun jäh verblassen sollten, er griff in Rumänien um sich, wo deutsche Bantgruppen unter der wohlwollenden Protektion der prodeutschen Carol- Regierung interessiert waren, er gründete die British Petroleum Company und frönte seine Feste in der Alten Welt mit der Euro­päischen Petroleum- Union" in Bremen . Das war 1907.

Jeht aber traten die Engländer auf den Plan, die fühlten, daß es ihrer Weltherrschaft an die Gurgel ging. Und es gelang ihnen, indem sie mit der Steuer- und Anleihenpumpe des Staatsapparates einen guten Teil der freiwerdenden Kapitalien der Nation in das Betroleumgeschäft preßten, die rein private Initiative der Ameri­faner in wenigen Jahren einzuholen und sogar zu überflügeln. Die 1907 ins Leben gerufene Royal Dutch Shell Combine, eine englisch­holländische Kombination, und die ihr 1909 folgende Anglo- Persian Oil Company waren die beiden großen Kapitalsfäulen, die fie ins Treffen schickten. Auf allen damals findigen Gebieten wurde ein zäher Kampf ausgefochten: In Südamerika , in Merito, in Persien , Mesopotamien und Indonesien ; ja die Engländer bemächtigten sich fogar eines Teiles der Produktion in den USA . Als die Methoden der privaten Konkurrenz nicht mehr ausreichten, plünderte man das Waffenarsenal der Diplomatie; scharfe Noten wurden gewechselt. Erst als das Wettrennen beendet war aus Mangel an ölfündigem Gelände vertrug man sich im Delfrieden von Washington" von 1921. her nichts anderes war als eine Machtbilanz, eine Konsti­

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Die Hölle.

Bon Otto Bärmann.

( Schluß.)

Die Schmerzen verbeißend schafft Hacker wieder, schiebt Wagen, fippt mit einer Hand. Ein Mann steigt die Treppe herab. Saubere blaue Montur, oben sieht weißer Kragen heraus; überblidt prüfend die Feuerknechte, geht langsam hinter den Aschenschächten Dorbei. Hacer braust es in den Ohren, flimmernde Bunkte tanzen var den Augen, darinnen ein großer, blauer Fleck. Er greift nach der Eisenstange, schwingt sie hoch mit der rechten Hand, läßt sie auf den Hellblauen niedersausen. Dieser wirft sich herum; Funken stieben am Boden auf. Der Oberheizer sagt fein Wort, geht langjam weiter, steigt die hintere Treppe hinauf. Kollegen umringen den zittern­den Mann: Was ist denn los? Nichts getan. Böse Sache, Borgesetzter stellvertretender Kesselmeister." Hacker stößt sie meg, faßt am Wagen an, tippt, schiebt wieder zurüc Zehn Uhr vormittag. Um einen langen Tisch sihen Männer im Arbeitskittel, am einem Schmalende fuchtelt ein fleiner Mann mit den Armen, redet. Hinten in der einen Ecke steht der Oberheizer im Straßenanzug, sieht gelassen über den Tisch; in der anderen Ede

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Deutsche Treue

Jarres

Ludendorff

oder: Der Doppel- Dolchstoß.

O.KOESTER

Ich muß leider erklären, daß die Firma in Anbetracht der Schwere des Falles auf Entlassung bestehen muß, so leid mir persön­lich der Mann tut."

Ein älteres Mitglied des Betriebsrates meldet sich zum Wort. Ich war früher selbst zwei Jahre lang da unten und weiß, wie es einem, da zumute ist. Stellen Sie sich vor, Herr Doktor, es hat Ihnen einer was Schreckliches, Gemeines angetan, Sie sind frant, haben Husten, Brandwunden an der Hand schmerzen, der beißende Rauch quält Sie. Und nun kommt der andere auf Sie zu, bläst sich auf als Vorgesezter. Können Sie sich denn da nicht vor­stellen, daß Ihnen die Sinne vergehen und Sie nicht mehr wissen, was Sie tun?"

Der Angesprochene sieht sinnend zum Fenster hinaus, vann räuspert er sich und antwortet: ,, Gut, ich habe einen Borschlag, den ich glaube, in der Direktion verantworten zu können: Der Mann bleibt hier. Aber er wird nicht in eine andere Abteilung versetzt. Er bleibt unten und soll zeigen, daß er sich beherrschen kann. Borher hat er aber hier den Oberheizer um Entschuldigung zu bitten."

Der Vorsitzende macht Notizen auf ein Blatt, dann dreht er sich nach Hacker herum uno spricht: Kollege, ich meine der Vor­Schlag ist annehmbar. Bist du einverstanden?"

Hacker dreht sich gegen die Wand um, lehnt den Kopf an; eln

er auf.

Beilage des Vorwärts

Hände frei bekommen zu einer grundsätzlichen Frontschwenkung im fernen Often, wo sich die Union der SSR., das Land der aufgehen­den Sonne und das Reich der Mitte zu einem Dreibund zusammen­gefunden haben, deffen Schwergewicht auf der jenseitigen Halbkugel sich sehr bald auswirken wird. In diesen Zusammenhängen liegt die Bedeutung des Vertrags über die Petroleumkonzessionen auf Sacha­ lin , und die magische Kraft des Cherchez le pétrole" trat dent auch sofort in einer entsprechenden Schwenkung der politischen Mei­nung der Vereinigten Staaten gegenüber den. Sowjets zutage, die auf dem politischen Schachbrett durch den Austausch des Russomanen Hughes mit dem sowjetfreundlichen Senator Borah auf dem Posten des Außensekretärs marfiert wurde.

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Die Bedeutung der Weltproduktion durch absolute Zahlen zu veranschaulichen, ist ganz zwecklos; und auch relative Zahlen können nur den Sinn haben, das rasende Tempo der Entwicklung zu versinn­bildlichen. Die Welterzeugung schritt von 20 Millionen Metertonnen im Jahre 1900 auf 50 im Jahre 1913 und betrug 120 im Jahre 1922. Damals hatten die Vereinigten Staaten noch mit 65 Proz., Mexiko mit 21 Proz. ihr Anteil; die übrigen Erzeugungsgebiete folgten in weitem Abstande. Doch ist zu bedenken, daß der aufgeblähte Automobil­verkehr in den USA . die inländische Produktion absorbiert, so daß noch 11,8 Pro3. über sie hinaus eingeführt werden müssen. Die Amerifaner rechnen mit einer Erschöpfung ihrer Quellen in wenigen Jahrzehnten ein Umstand, der geeignet erscheint, die Gefahr inter­nationaler Berwicklungen beim Kampf um neue Fundstätten noch zu verstärken und wieder befeuernd auf den Rüstungswahnsinn- und damit auf den Petroleumverbrauch einwirkt.

Hechte werden nur 80 Jahre alt. Ueber die Lebensdauer der

Fische war bis jetzt nicht nur im Bolt, sondern auch in Forscherkreisen hohes Alter erreichen, ja sogar mehrere hundert Jahre alt werden

faft allgemein die Ansicht verbreitet, daß Fische ein außerordentlich fönnten. Es lagen auch verschiedene Angaben vor, die jene An­Jahre alt wären, und in einem anderen, dem auch vielfach Glauben daß in Teichen in der Lausitz Karpfen lebten, die nachweisbar 200 nahme zu bestätigen schienen. So meldete beispielsweise ein Bericht, bronn in Schwaben einen Hecht ausgefischt hätte, der mit einem Ring geschenkt worden war, hieß es, daß man im Jahre 1497 zu Heil­versehen war, dessen Inschrift fündete, daß Kaiser Friedrich II. den Hecht im Jahre 1230 in den See habe einsehen lassen. Demnach wäre dieser Hecht 267 Jahre alt geworden. Sein Gewicht sollte 140 Kilo und seine Länge 570 Zentimeter betragen haben. prüfen, wurden nun in jüngster Zeit von Mayenne eingehende Un­Um diese verschiedenen Angaben einmal auf ihre Richtigkeit zu zeiger" berichtet. Die Untersuchungen, die auf Grund neuer Metho­tersuchungen angestellt, über die der Forscher im Zoologischen An­den erfolgten, nämlich unter Berücksichtigung der jährlich periodischen Ablagerungen sowohl auf den Knochen wie auch auf den Schuppen, ergaben nun, daß die Altersgrenze der Hechte viel weiter zurückgesetzt Hechtes ergaben sich überhaupt nur 30 bis 35- Kilo. Da nach 7 bis werden muß, als man bisher annahm. Als Höchstgewicht des 8 Jahren das Gewicht im Laufe eines Jahres um etwa 3 bis 5 Proz steigt, so kann man im Zusammenhang mit dem von den Tieren erreichten Höchstgewicht als längste Lebensdauer ein Alter von 70 bis 80 Jahren annehmen. Auch die Literaturangaben über die Le­bensdauer anderer Fische führen zu ähnlichen Schlüssen, indem z. B. der Fisch Huso dauricus Georgi, der zu den langlebigsten Arten gehört, bei einem Gewicht von 655 Kilo und einer Länge von 5 Me­ter nicht älter als 50 bis 55 Jahre alt wird. Welches After der Hecht des Barbarossa in Wirklichkeit erreicht hatte, wird sich wohl niemals feststellen lassen; daß er aber nicht. 267 Jahre alt war, dürfte nach den genannten Untersuchungen flar sein.

Ueber die Bakterienflora im Büchsenfleisch hat das englische Nahrungsmittel- Untersuchungsamt fürzlich eine interessante Arbeit veröffentlicht. Sie stüßt sich auf die Untersuchung von 344 Proben und will feststellen, ob und welche Rolle Bakterien bei dem Ver­derben solchen Büchfenmaterials spielen. Nach diesem Bericht kommen Schimmel- und Hefepilze faum vor und sind wahrscheinlich auch von ganz geringer Bedeutung. Anaerobe Bakterien, d. h. folche, die m bei Abwesenheit von Sauerstoff gedeihen können, sind in unver sehrten und gut erhaltenen Büchsen nur selten anzutreffen, dagegen nahezu immer vorhanden, wenn bereits Zersehungserscheinungen eingetreten sind. Weit häufiger werden anaerobe Batterien in den untersuchten Proben gefunden, allerdings nur als harmlose fch liche Reime, da sie ja nicht fähig sind, sich in feblerfreien Büchten, die vor Luftzutritt gesichert sind, zu entwickeln. Auch nach wärme­liebenden Bakterien, die bei 55° Celsius am besten wachsen, wurde gesucht; man fand, daß sie zwar ganz besonders vorherrschen, aber ungeeignet sind, den Büchseninhalt zu verderben. Mikrofoften find felten. Nahezu 62% der fehlerfreien Büchsen sind nicht steril. Selbst Sterilität ist darum fein Unterscheidungsmerkmal für völlige Unver­sehrtheit des Inhalts, doch beeinträchtigen die diefem Sterilisieren entgangenen Batterien in feiner Weise das Material, weil sie unter den vorhandenen Verhältnissen unfähig sind, fich zu vermehren und Zersehung und Verderben hervorzurufen.

Die Prostitution in Rußland .

Die Moskauer Isweftija", das amtliche Organ der Sowjetregie­rung, teilte por kurzem mit, daß in einem Moskauer Stadtteil unter den Prostituierten eine Umfrage veranstaltet wurde, hauptsächlich über die Frage ihrer sozialen Herkunft. Diese Umfrage wurde von 623 Personen beantwortet, die sich ihrer Herkunft nach folgender­maßen verteilen: Arbeiterklasse( b. h. 60 Broz.), Adelsstand 32, Bürgertum 25, Angehörige freier Berufe 31.( Der Rest entfällt an= scheinend auf die Bauernschaft.)

Diese Zahlen werfen ein grelles Licht auf die sozialen Verhält nisse in Rußland . Die russische Arbeiterklasse, die sich, nach Angabe leichtgläubiger Berichterstatter, angeblich auf dem richtigen Wege zum Sozialismus" befindet, liefert ebenso wie die Arbeiterklasse in allen kapitalistischen Ländern den größten Prozentsaz der Prosti­tuierten. Und wenn der Niedergang von der Arbeiterin zur berufs­mäßigen Prostituierten ein charakteristisches Zeichen des allgemeinen Zustandes des Proletariats ist, so sprechen die offiziellen Angaben des Sowjetorgans deutlich genug von der Not und dem Elend, die un­geachtet aller großfpurigen Versprechungen im russischen Proletariat herrschen.

Die beträchtliche Anzahl von Prostituierten aus anderen Gesell­

Mar Hader, noch im geschwärzten, schmierigen Anzug, Kopf gesenkt. Herr mit schmalem Geficht und großer Brille, in dunklem Anzug friegen, bist sowieso nicht gefund. Der Doktor und wir meinen' s Expropriationen". Sehr charakteristisch ist auch die verhältnismäßig

Um anderen Ende des Tisches hat ein hoch gewachsener, schlanker

Blaz genommen: Außerordentliche Sigung des Betriebsrates. Der Borsigende spricht:... obwohl also nach der Arbeits­ordnung die Firma zur fristlosen Entlassung berechtigt ist, stelle ich dennoch den Antrag, den Mann im Betrieb zu lassen. Er hat eine alte Mutter zu ernähren, hat vier Jahre zur Zufriedenheit geschafft, bort unten in dem entfeßlichen Raum, den die Arbeiter Hölle nennen. Warum er den Oberheizer niederschlagen wollte, konnten auch wir nicht herausbringen, da beide fchweigen. Wir vom Betriebsrat glauben- und er wendet sich um gegen die beiden Stehenden daß eine Weibergeschichte dahinterstedt. Herr Doftor, Sie wollen also bitte die Entlassung zurücknehmen. Bersetzen sie den Hacker in eine andere Abteilung, und der Betriebsrat garantiert, daß nichts mehr vorkommt."

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Der Herr gegenüber seht seine Brille ab und sieht in ein Atten­tüd. Er ist der Borstand der Wohlfahrtsabteilung der Kopos- Werke, Megte Instanz in Fragen von Einstellungen, Entlajfungen, Strafen,

Zuden stößt den Körper, die Knie schlagen zitternd. Nein!" schreit ,, Mar, dent an deine alte Mutter! Wo willst du jetzt Arbeit gut mit dir. Mag der andere dir getan haben, was er will. Du mußt dich beherrschen."

Immer noch steht Hacker in der Ede. Die Betriebsräte sind aufgesprungen, drängen auf ihn zu, reben auf ihn ein. Der Ober­heizer überblickt mit spöttischer Miene die Bewegung.

Da wendet sich Hacer langsam von der Wano ab. Kalfweiß ist die Haut zwischen den Rußfleden im Gesicht, der Kopf zwischen die Schultern gezogen, schlapp hängt die verbundene linke Hand herab. Er macht Schritte vorwärts, hebt die rechte Hand, erfaßt, die des Oberheizers, orückt sie, läßt sie los und geht langsam zur Türe. Alle sind aufgestanden und sehen ihm schweigend nach. Er aber schleppt sich durch Straken und über Höfe, den Kopf auf die Brust gesenkt Nun wird er sich waschen, umkleiden, wird nach Hause zur Mutter gehen, ein paar Tage bleiben, bis die Hand geheilt ist. Dann muß er wieber pünktlich hier fein, muß hinunter in die Hölle.

schaftsklassen, im Vergleich mit der vorrevolutionären Zeit, erklärt sich aus der Verarmung der besitzenden Klassen in der Periode der große Zahl von Prostituierten, die aus den Kreisen der Angehörigen der freien Berufe stammen. Unter ihnen befinden sich auch eine An­zahl Lehrerinnen. In einem Lande mit zahlreichen Analpha­beten, wo der Mangel an Lehrkräften eines der Haupthindernisse der Einführung des allgemeinen Schulunterrichtes ist, sind zahlreiche Lehrerinnen in Ermangelung von Arbeit und Beschäftigung ge­zwungen, auf die Straße zu gehen, um sich notdürftig ernähren zu fönnen.

Der Termin ist längst vorüber, bis zu welchem die russischen Kommunisten die Aufhebung der Prostitution im kommunistischen Rußland" versprachen. Jetzt müssen sie selber feststellen, daß es ihnen nicht nur nicht gelungen ist, dieses furchtbare Uebel der fapitalistischen Welt zu beseitigen, sondern daß die Prostitution in Rußland , nach einer Reihe von Hungerjahren, einen ungeheuerlichen Umfang an­genommen hat,