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Abendausgabe

fir. 14942. Jahrgang Ausgabe B Nr. 74

Bezugsbedingungen und Anzeigenpreise find in der Morgenausgabe angegeben Redaktion: SW. 68, Lindenstraße 3 Fernsprecher: Dönhoff 292-295 Tel- Adreffe: Sozialdemokrat Berlin

Vorwärts

Berliner Volksblatt

5 Pfennig

Sonnabend

28. März 1925

Berlag und Anzeigenabteilung Geschäftszeit 9-5 Uhr

Berleger: Vorwärts- Berlag GmbH. Berlin Sm. 68, Lindenstraße 3 Fernsprecher: Dönhoff 2506-2507

Zentralorgan der Sozialdemokratifchen Partei Deutschlands

Es geht um die Republik !

Selbstentlarvung der Ueberparteilichen".

Mit dem Schlagwort der ,, leberparteilichkeit" hat der Deutschnational- voltsparteiliche Rechtsblock seinen Wahlkampf für Jarres geführt.

Aber, wie geht das zu? Just am Tage vor der Wahl wirft der Rechtsblod in ungeheuren Massen ein Flugblatt auf die Straße, das sich gegen eine überparteiliche Drga­nisation wendet, gegen das Reichsbanner Schwarz­Rot- Gold.

Wenn der Reichsblod, der sich auf die beiden Rechts­parteien stüßt, überparteilich" ist, warum ist es nicht das Reichsbanner Schwarz- Rot- Gold, das für die Republit und ihre verfassungsmäßigen Farben eintritt und zwischen republikanischen Parteien feinen Unterschied macht?

Im Reichsbanner sind Sozialdemokraten, Demokraten und Zentrumsleute vereinigt. Jeder, der auch außerhalb dieser Parteien steht, tann ihm beitreten, wenn er sich nur

die Farben Schwarz- Rot- Gold gegen Schmähungen zu ver­teidigen.

Jungdeutschlandbund,

Altherrenschaft des Hochschulringes Deutscher schon die Kreuzzeitung " mit einem neuen Dolch st in

Art,

Deutscher Offiziersbund, Werwolf,

wifing,

Bereinigte vaterländische Verbände, Stahlhelm,

Nationalverband deutscher Offiziere.

Das also find die Organisationen, die unter der Reichs. präsidentschaft des Herrn Jarres berufen sein werden, an Stelle des Reichsbanners, die Republik zu schüßen und ihren Farben Achtung zu verschaffen.

Das sind des Herrn Jarres Paladine! Boran der Biting­Führer Killinger, der Beschüßer der Mörder Erzbergers,

der Mann von der DC.

-

der ganz verdöhringten Protestanten abrüden, da fällt ihm den Rücken. Sie versichert zwar, sie danke Gott dafür, daß er, die Kirche aus den Fessein des Staatseigentums erlöst und ihr Selbständigkeit und Freiheit gegeben hat!" Ach nein: der liebe Gott? War es nicht die Revolution und die ver­haßte Sozialdemokratie, die diese Trennung vor­nahm? Sollte etwa gar- immer nach dem Begriff der " Kreuzzeitung " der liebe Gott die antideutsche und anti­chriftliche Sozialdemokratie" als sein Werkzeug benutzt haben? Dann müßte das Christentum doch auch diesem ertzeug dankbar fein, anstatt es zu beschimpfen!

"

Aber wie ist uns denn: Unmittelbar nach dem Dank an Gott für die Frelsehung der Rir beschwert sich die ,, Kreuz­ zeitung " darüber, daß auch die römisch- katholische Kirche frei­geworden ist und ihre Einrichtungen felbft in rein evangelischen reifen ungeheuer steigern fonnte. Ja, hat denn der liebe Worauf es antommt, fagt das Blatt der wucherischen Gutsbesitzer am Schluß mit erfrischender Deutlichkeit:

bereit erklärt, die Republit gegen monarchistischen Umsturz, politischer Säugling, doch als ein persönlich anständiger Gott das nicht auch gewollt? Herr Jarres gilt bei denen, die ihn kennen, zwar als ein Mensch. Aber wenn es auch im allgemeinen nicht richtig ist, daß die Politik den Charakter verdirbt die Sorte von Bolitik verdirbt ihn ganz gewiß. Benn Herr Jarres noch ein Mensch von natürlichen Empfindungen wäre, dann müßte es ihn doch felber vor der Verlogenheit, die ihn umgibt und die ihn zum Präsidenten machen will, ef ein!

Ein Republikaner auf den Thron ist ein Wit

Ein Monarchist als Reichspräsident ist ein Wit

Das Deutsche Reich ist eine Republik Jarres ist Kandidat der Monarchisten

Der Kandidat des Rechtsblocks, Herr Jarres, hat in seinen Reden erklärt, daß er entschloffen sei, als Reichs präsident die Verfassung der Republit zu schützen und die Farben Schwarz- Rot- Gold zu ehren. Dieses Bekenntnis würde auch ihm ermöglichen, dem Reichsbanner beizutreten, unter einer Pleinen Voraussetzung allerdings: es müßte e cht sein und aus ehrlicher Ueberzeugung tommen.

Auf der Mannheimer Tagung des Reichsbanners im Herbst v. J. erklärte der damalige badische Staatspräsident, Dr. Röhler, ein Zentrumsmann:

Die badische Staatsregierung betrachtet die Verteidigung der republikanischen Reichsverfassung nicht bloß als ihre juristische Pflicht, sondern als eine Sache ihres Herzens, ihrer Ueber zeugung.

"

Diese Erklärung löste donnernde Beifallsstürme aus. Niemand fragte: Wie steht Köhler zu wirtschaftlichen Fra gen?" oder Wie steht Köhler zu Kulturfragen?" Alles partei­politisch Trennende, das vielleicht vorhanden war, verschwand hinter der einen Tatsache: Dieser Mann steht ehrlich zur Republik!"

In Berlin und überall im Reiche hat das Reichsbanner in diesem Wahlkampf wie in den vorangegangenen alle republikanischen Veranstaltungen, ohne nach der parteipoliti­schen Herkunft der Veranstalter zu fragen, geschützt. Und vor

der Wahl des Reichspräsidenten hat es sich um die Aufstellung eines überparteilichen, gemeinsamen republikanischen Kandi Daten bemüht.

Das Reichsbanner ist überparteilich. Seine Ueberpartei­lichkeit findet ihre Grenze nur dort, wo die Gemeinsam feit der republikanischen Ueberzeugung auf hört. An dieser Grenze aber ist der Kampf zwischen ihm und dem sich überparteilich" nennenden Rechtsblock entbrannt.

Wenn sich jetzt in legter Stunde der Rechtsblod mit einem Flugblatt, das von den infamsten Beschimpfungen strogt, gerade gegen das Reichsbanner wendet, so beweist er damit einmal, was es mit seiner leberparteilichfeit" auf sich hat, und zweitens, mem sein ganzer Haß und seine ganze Feind­schaft gelten.

Dieser Haß und diese Feindschaft gelten dem republitanischen Gebanten!

Herr Jarres behauptet, er wolle als Reichspräsident die Republik schützen und ihre Farben achten. Aber der Jarres­Block führt den Kampf gegen diejenige Organisation, die sich Die Aufgabe gefeßt hat, ihm dabei zu helfen!

Der verstorbene Reichspräsident Ebert hat diese Hilfe zu schätzen gemußt und fich in mehr als einer Aeuße rung zum Reichsbanner und feinen Zielen bekannt. Für Herrn Jarres aber wird geworben mit dem Schlachtruf: Nieder mit dem Reichsbanner!"

Bon wem will sich denn Herr Jarres bei seiner Aufgabe, die Republit zu schühen und ihren Farben Achtung zu ver­fchaffen, helfen laffen, menn nicht vom Reichsbanner? Bir wiffen es aus dem Aufruf, den der Rechtsblock für ihn erlassen hat. Da haben unterzeichnet:

Reinheit des öffentlichen Lebens, die Schwerindustrie be­zahlt alles! Schutz der Verfassung und der verfassungsmäßigen Farben, nieder das Reichsbanner Schwarz- Rot- Gold! Hoch Stahlhelm, hoch Wehrwolf, hoch Wiking, heraus die Fahnen Schwarz- Weiß- Rot!

Einem Volt, das zu den gebildetften der Welt gehört, wagt man eine so verlogene Ritschfomödie vorzuführen, und hofft auf einen Erfolg. Wie müssen doch die Autoren und Regiffeure dieses Bolf verachten, das sie so innig zu lieben Dorgeben!

Freilich, es flappt nicht immer alles. Es flappt nicht, wenn der Evangelische Bund die Katholiken für minderwertig erklärt, die man doch als Wähler braucht. Es flappt nicht, wenn Herr Wulle Herrn Jarres empfiehlt, weil er die un­mittelbare Vorstufe zu Ludendorff ist. Es flappt auch nicht, wenn der unter hohem Hohenzollernprotektorat stehende Bund der Aufrechten " erklärt:

"

Wir müssen wählen, denn Herr Jarres ftellt für uns das erreich­bar Beste dar. Wenn wir nicht wählen, dann wählen wir die Republik .

"

,, Wenn wir nicht wählen, dann wählen wir die Republit." Weil wir die Republik nicht wählen, darum wählen wir Jarres! Wirklich ein Glück, daß es drüben wenigstens noch ein paar aufrichtige Menschen gibt!

Aber auch der plötzliche, politisch ganz unnötige Angriff auf das Reichsbanner ist ein Zeichen dafür, daß es nicht flappt! Die politische Vorsicht gebietet, die Maste aufzubehal ten. Die Frage der Staatsform ist nicht afut!"" Es geht nicht um Monarchie oder Republik !"" Es geht um die Reinheit des öffentlichen Lebens!"

Herr Jarres ist überpartellich". Er ist ein loyaler Mann! Er wird die bestehende Verfassung schützen!

Bergebens! Die gifchende Wut gegen die Republik und alles was überparteilich republikanisch ist, läßt sich nicht zurüc Den Leuten von Stahlhelm, iting,

dämmen.

Wir freuen uns, daß der erwählte Kandidat Dr. Jarres evan­gelisch und preußisch ist. Denn wir Evangelischen bilden die große Mehrheit im Deutschen Reich , und feinem Staat verdankt Deutsch­ land soviel wie Preußen.

Damit das in Bayern , Baden und Württemberg nicht übersehen wird, drucken wir den Sah hier nach. Es fönnte doch sein, daß es dort Wähler gibt, die noch nicht den Vorzug begriffen haben, den jemand genießt, der glücklich ist, Prote­stant und Breuße gleichzeitig zu sein! Als Kulturkampf­tandidat ist der Duisburger Oberbürgermeister gerade noch rechtzeitig vorgestellt worden!

Ludendorff als Historiker.

Judenfreffer und Katholikenhaffer.

Auch Ludendorff meldet sich zum Wort. Der große Führer im Weltkrieg, der Wilhelm II. absehen wollte, der alle schlappen Zivilregierungen während des Krieges megen ihrer politischen Unfähigkeit" bekämpfte, will noch am Tage vor der Wahl beweisen, wie tief sein durchdringender Geist die geschichtlichen und politischen Zusammenhänge durchschaut. Mas er Seinem" Bolte zu sagen hat, wird die Rechtspresse sicher verschweigen. Warum follen wir es nicht verkünden? Berkündet doch Ludendorff mit jedem Saze, den er von sich gibt, nur die grenzenlose Beschränkt­heit des preußischen Unteroffiziers, der glaubt, mit dem Militärftiefel alle Fragen lösen zu können. Wir geben Luden­ dorff am besten selber das Wort:

"

,, Es wurde für die Deutschen eine schicksalsschmere Frage, ob

--

ihre Zukunft von Desterreich oder Preußen anderes tam nicht bestimmt und geleitet werden würde: Ja diese Frage

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nahm weltgeschichtlichen Charakter an, denn ihre Lösung war gleich. laufend, stellenweise aufs engste verquickt mit der Lösung der Fragen, die das immer sichtbar werdende Auftreten jener beiden

Zersplitterung ist Arbeiterverrat!

Arbeiterkandidat ist

ehr wolf macht ja die ganze Wahl keinen Spaß, wenn Wer Thälmann wählt, wählt Jarres! nicht auf das Reichsbanner losgebrofchen wird! Das Ganze aber, ist das eine Geschichte, wie man Bräsi Wer Jarres wählt, wählt das Kapital! bent wird?" Nein, das ist eine Geschichte, wie man nicht Bräsident wird! So tief schäzen wir das deutsche Bolt nicht ein, daß wir glauben tönnten, aus einem solchen Sumpf der Berlogenheit fönnte der deutschen Republik ein Staatsoberhaupt aufsteigen. Herr Jarres wird nicht gewählt werden! Jetzt gilt es, dem Kandidaten gegen die Republik , und Killinger die sch är ffte und klarste Antwort ent­dem Kandidaten von Stahlhelm, Biting, Wehrwolf, Loebell gegenzuschleudern! Die aber heißt:

Otto Braun !

Jarres, der Protestant.

Glücklich, evangelisch und preußisch! Jarres hat, wohl nicht infolge, aber trotz aller Begeiste rungstundgebungen der bestellten Jungbo- Zeute den Schnup fen( oder Grippe?) bekommen. Er fann schon nicht mehr reden und muß andere für sich sprechen laffen. Der fieghafle Eindruck feiner Oberbürgermeisterfigur fann nicht mehr auf politische Kinder und Greise wirken. Und ein Luetge. brune ift da, der ihm einen Kreisarzt ins Haus schicht, um den Krankheitsbefund festzustellen.

Kurz: Der Killinger- Kandidat des Evangelischen Bundes ist start verschnupft! Auch ohne das Märzwetter wäre die Tatsache leicht verständlich. Seine Freunde leisten ihm gerade zu einen Bärendienst nach dem andern. Eben erst mußte er unter der Wucht der süddeutschen Eindrücke von dem Aufruf

Otto Braun .

dauernd erstarkenden, überstaatlichen, durch und durch politischen Mächte aufgeworfen hatte, die die Völker und Staaten des euro­ päischen Kulturkreises in ihren Dienst zu zwingen erstreben. Diese beiden Mächte, die, nur geschärften Sinnen erkennbar, mit den ge schichtesten Rampfmitteln arbeiten und den Völkern gegenüber nur zuerst als international" erscheinen, sind das jüdische Bolt, das 1812 in Preußen Gleichberechtigung erhalten hatte, und der politische Katholizismus, geführt durch den Jesuitenorden, der 1814 durch Papst Pius VII . nach vierzigjährigem Verbot wiederher­gestellt worden war, Religion für feine machtpolitischen Zmede misbrauchte und erhabene religiöse Empfindungen politifierte.

Auf dem Wege zur Inneren Festigung des Reiches traf Bis nard auf die Gegenwirkung der beiden überstaatlichen Mächte. Der politische Katholizismus hatte schon die Niederlage Defterreichs 1866 als eigene, schwere Niederlage empfunden, er bachte aus Selbstfucht eben Großdeutsch". Bismard hat sich über diese Feind­fchaft nie eines 3rrfums hingegeben, er drang gegen diele Macht, die in der Gestalt des Zentrums auftrat- heute im Zentrum und in der Bayerischen Volkspartei nicht vollends durch, da er von den Konservativen im Stich gelassen wurde, die den hier getriebenen Mißbrauch der Religion zu politischen Zweden nicht erkannten.