Mittwoch
1. April 1925
Unterhaltung und Wissen
Bon Franz Lauffötter.
Die steigende Bebrüdung des deutschen Bandrolfs durch die geistlichen und weltlichen Grundherren im 15. Jahrh. erzeugte eine teigende Erbitterung. Wenn der Bauer sehen mußte, daß man ihm immer neue Lasten und Frondienste aufbürdete, daß man ihm die Gemeindeländereien einfach wegnahm und in den Befis der Grund. herren überführte, daß man feine Söhne zu landlojen Profetariern machte, die im Dienste des Grundherin fronden mußten, fo ist es erklärlich, daß er sich dagegen innerlich und äußerlich empörte. Es tam zu zahllosen heftigen 3usammenstoßen, bei denen der Bauer aber immer den fürzeren zog. Wenn er fein Recht bei den Gerichten suchte, so wurde er abgewiesen, feste er sich förperlich zur Behr, so wurde er in den Biod gesperrt oder in den Turm geworfen und feines Eigentums gewaltsam be. raubt. Auf diese gewaltsame, allen Rechts- und Moralbegriffen Hohn sprechende Weise sind Tausende von Bauern enteignet worden. Hier haben wir die erste Quelle des Großgrundbefizes, der das Un glück Deutschlands tft, hier stoßen wir auf die Anfänge jenes himmel. Schreienden Unrechts, auf dem die geistlichen und weltlichen Fürsten ihren Besit an Ländereien aufgebaut haben. Die Vorfahren jener Herren, tie noch heute Zehntausende von Morgen Land ihr eigen nennen, haben ihren Befih durch Hinterlift und Betrug, durch Raub ind Dicbstahl, durch gemeine Berbrechen aller Art zusammengebracht.
Jarres
Der fliegende Frosch.
MAMA
Jum
bmarinozzal bmadirbel
biolX
Wenn einer, der mit Mühe kaum Schon meint, daß er ein Vogel wär-- Gekrochen ist auf einen Baum,
|
Beilage des Vorwärts
A nach Wilh. Busch So iert sich der.
Ring zu treten. Es traten zweitausend Bauern und Bürger in den Ring und leifteten den Bundeseid. Unter den Mitgliedern befanden sich auch Amtspersonen und wohlhabende Leute Die Zahl der Berschworenen, von denen viele bewaffnet waren, schmoll immer mehr Der Bauernhaufen, der von Bantelhans, einem früheren Kriegsmann, geführt wurde, rückte zunächst gegen die Stadt Schorn dorf , ließ fich aber vom Herzog Ulrich besänftigen und zog wieder heimwärts. Da die Erregung der Bauern immer größer wurde, hielten sie bald hier, bald da Bersammlungen ab, erhoben ihre Forderungen und drohten mit offenem Aufstande. Auch in den Städten gärte es, und die Obrigkeiten hatten alle Hände voll zu tun, um die Gemüter zu beruhigen.
Als die Bauern nirgends thr Recht finden fonnten, als sie er. Pannten, daß ihnen fein Herrgott und Kaiser helfen werde, blieb ihnen nichts anderes übrig, als zu dem Mittel der Selbsthilfe zu greifen. In ihrer großen Not mandten fie jenes Mittel an, das geeignet ist jenen Menschen Hilfe und Rettung zu bringen, beren Einzeltraft versagt, die sich aus eigener Kraft nicht zu retten Der mögen: fie gründeten Drganisationen, das heißt fie faßten ihre zersplitterten Einzelträfte zu jener Maffentraft zusam men, die sie auf ein gemeinsames Ziel, die Befreiung des Landvolls aus tiefer Rot, richteten. Um das Jahr 1500 wird uns von bäuerlichen Organisationen berichtet, die den Kampf um Recht und Freiheit aufnahmen und planmäßig führten. Besonders handelt es sich um amei Bauernbünde, den Bundschuh und den Armen Konrad. Es labte damals in Süddeutschland ein tüchtiger Mann, ein von seinem Hab und Gut vertriebener Bauer, ber aus Liebe zu feinen mordene Edelleute und frühere Kriegsleute traten dem Bunde bet. Standesgenossen den Bundschuh ins Leben rief. Der Name biefer Es ist ein tiefer Bug in der menschlichen Statur, daß dort, wo Bereinigung rührte davon her, daß die Bauern jener Zeit gebundene fich Menschen zu gemeinsamen 3weden zusammenschließen, das BeSchuhe trugen, im Gegensatz zu den Rittern, die lange Reiterstiefeln dürfnis auftaucht, ein äußeres Symbol, ein Abzeichen oder eine trugen. an. Deshalb führten die Bauern einen Bundschuh in ihrem Sahne, zu besigen. Auch die Mitglieder des Bundes Wappen, während die Ritter einen Reiterstiefel im Wappen hatten. wollten eine Fahne haben. Trotz ihrer Armut brachten sie Der Gründer dieses Bauernbundes hieß Joß Friz, er wird von eine Summe Geldes zusammen, und Job Friz wurde beauftragt, den Chronikenschreibern jener bewegten Tage als ein ungewöhnlich die Fahne zu besorgen. Sie sollte als Symbol einen Bundschuh im tüchtiger Mann geschildert. Nach alten Berichten, die wir über ihn weißen Felbe tragen. Die Ausführung dieses Auftrags war nicht haben, erscheint Joß Friz als einer der hervorragend leicht, denn alle Maler, an die fich Joh Friz wandte, weigerten fich, ften Agitatoren und Organisatoren aller Zeiten. eine falche Fahne zu malen, weil das Gerücht von einem neugegrünEr verft no es in wunderbarer Weise, den Bauern ihre bedrückte beten„ revolutionären Bunde bereits zu den Ohren der Obrigkeiten Lage zu schildern, die Ungerechtigkeiten und Unbilden, die sie zu er- gebrungen mar, die strenge Warnungen erlassen hatten. Bulegt ge- Die revolutionäre Bewegung des Armen Konrad" machte fich leiden hatten, ins rechte Licht zu rücken, er verftand es, den Heber lang es dennoch, cinen Raler in Heilbronn unter allerlei falschen bald auch nach außen hin bemerkbar, aus einem Geheimsund wurde muf der Herren zu geißeln und der hoffnungslosen Berzweiflung der Boripiegelungen zur Herstellung der gewünschten Fahne zu veran- nunmehr ein offener Aufstand. Leider fehlte es an einem einheit unterdrückten Bauern ergreifenden Ausdrud zu verleihen. Mit be- laffen. Hocherfreut eilte Joß Friz mit der Bundesfahne, die er unter lichen Blane und an einer einheitlichen Leitung, es herrschte cine geisternden Worten sprach er von den früheren, gludiicheren Zeiten feinem Brufttuch verborgen trug, nach Lehen zurüd. Unterwegs bebauerliche Uneinigkeit und Zersplitterung unter den Bauern. Der des Bauernstandes, von jenen Tagen, als noch Recht und Gerechtig. befam er bie erschredenbe Nachricht, daß der Geheimound Herzog Ulrich fuchte vergebens, die vor der Stadt Schorndorf er feit auf Erben malteten, und er medte in den Gemütern feiner zu entbedt und auseinandergefprengt fet. Die Mitchienenen Berschworenen, an die 7000 Bewaffneten, zu besänftigen, hörer, deren Augen leuchteten und beren Herzen pochten, eine alteber waren zu unvorsichtig gemelen, und so wurde das Geheimnis er wurde angegriffen und mußte sein Heil in der Flucht suchen. Die glühende Sehnsucht nach einer helleren Zukunft. Er wies barauf verraten. Die Obrigkeiten fchritten sehr strenge ein: Die Häupter Herren und Obrigketten, denen die Bewegung allmählich über den hin, daß die Herren fich zusammengefchloffen hätten, um ihre Machi des Bundes, benen es nicht gelang zu fliehen, murben ergriffen und Kopf zu wachsen brohte, verständigten sich untereinander und holien zu feftigen, und er folgerte barans, bag auch für die Bauern einzig bingerichtet, einige wurden genierteilt, andere mit der Art vom Leben zu einem entscheidenden Schlage aus. Auch die Städte jagten die und allem der Zusammenschluß eine Handhabe biete zur Befreiung zum Tobe gebracht, andere murben zum Schwerte „ begnadigt, die Interſtügung zu. Herzog Ulrich fammelte ein starkes Heer, zu dem aus Anschtschaft und Elend. Borsichtig, in buntlen Andeutungen, gemöhnlichen Mitglieder wurden an ihrem Verurögen bestraft Aber Grafer, Hebte und Städte ihre Hilfstruppen fchickten, der Surfürft machte er Mitteilung banan, baß sich bereits zahlreiche ehrliche, redt felbft auf der Folter wahrten die Berschworenen ihr Geheimnis. Ludwig von der Pfalz , dar Markgraf Philipp von Baden, die Bischöfe liche Männer dem Bunde angeschlossen hatten. Wenn sie Bero Friz felbft entfam feinen Säschern und Henfern, er wurde ron Konstanz und Würzburg sowie der Truchfeß Georg von Baib chmiegenheit bewahren und das Geheimnis nicht verraten mollten, flüchtig unb landfremd, balb hier, balb ba tauchte er in den nächsten burg stießen mit ihren Reitern und Snappen zu dem Herzog. Das werde er bie Anwesenden ebenfalls einmeihen und in den Bund auf Sahcen auf, bis er gulegt im Dunkel des Schwarzwaldes verschwand, Heer der Herren war mit Geschüß ausgerüstet, während das Bauern. nehnien. Diese Aufnahme geschah, wie es ftets bei Geheimbünden mo fich feine Spur verliert. heer noch mit Aerten und Sensen fämpfte. Nachdem man die Bauern der Fall gewesen ist, unter geheimnisvollen Zeremonien. Der Sig burch Versprechungen und Scheinverträge wochenlang hingehalten es Bundes war im Dorfe Lehen bei Freiburg im Breisgau , wo und dadurch 3mietracht in ihre Reihen getragen hatte, war es eine Job Friz seinen Wohnort hatte, die Gründung geschah im Jahre 1512 Leichtigkeit, die Bauern zu überwältigen. Das Bauernheer wurde auf der Hartmatte, einer einsamen Baldwiese in der Nähe von auseinandergesprengt, die Führer verfielen der Rache Lehen. Die Berschmorenen hatten geheime Auzeichen und Losungs der Sieger. Wie immer in den sozialen Kämpfen, legten auch morte, an denen sie sich erkannten. Reben dem Gründer des Bundes hier die siegenden Herren eine geradezu beftialische Grausamkeit wirfte besonders ein Mann, der Stoffel aus Freiburg genannt an den Tag: mit Folter und Rad, mit Galgen und Schwert wurde wurde, der als Ritter hoch zu Roh erichien und überall Mitglieder die Ruhe wiederhergestellt. Eine beliebte Methode war, die gefür den Bund warb. So breitete fich der Bundschuh immer weiter fangenen Bauern reihenweife in die Erde einzugraben und ihnen die aus, an allen Orten wurden Zweigvereine gegründet, auch arm geScöpfe mit der Sense abzumähen.
Auf der Schwelle des Lebens.
2] Bon Eugen Tichirifow. ( Autorifierte Ueberfegung von Abele Bamperi) Wanja verteidigte feinen Bruber, so gut er nur fonnte. Es war aber schwer mit ihnen fertig zu werden, fie maren fo viele, unb er war allein. Und die Streitigkeiten im Hof über Aljofdpa enbigten immer mit Tränen. Wanja tam nach Hause mit rotem, vor Tränen naffem Gesicht und lief schmurstrads zur Mutter.
Mutti! Sie fagen, daß jofcha nie... nie..." " Sprich nicht mit ihnen!"
Sie sagen, daß... Ajofcha hingerichtet wird... Mütter.
chen!... Sag' mir. Sie fügen? Ja?"
Die Mutter beruhigte Wanja, aber wenn er zu meinen qui. hörte und über Ajofcha zu fragen anfing, sentte fie wieder den Kopf und Wanja fühlte es berbarg etwas in ihrem Herzen.
„ Du sprichst nicht die Wahrheit... Und fagft boch, man darf nicht lügen...
Cines Abends fah Banja, daß die Mama vor einem geöffneten Roffer stand und pacte... In den Händen hielt fie Aljofchas Jadett, darum erriet Banja.
Damit mar aber die Bewegung ber Bauern noch nicht zu Ende. Im geheimen bestanden Splitter des Bundschuh weiter, die aber bald den Namen Der arme Konrad" führten. Die Herkunft dieser Bezeichnung ist umstritten, gemeinhin nimmt man an, daß ein Bauer ramens Konrad, der durch seine drolligen Einfälle bekannt war, als Taufpate des Bundes gestanden hat. Als im Jahre 1514 in Bürttemberg eine neue hohe Steuer ausgeschrieben wurde, hielt der Hauptmann des Bundes, Beter Geiß aus Beutelspach, eine Ber fammlung auf freiem Felbe ab. Er z30g mit dem Spaten einen Ring und forderte jeben, ber die Steuer verweigern wollte, auf, in den
Und Wanja jah, wie im nahenden Abenddunfel in der Tante Hände ein fleines meißes Tüchlein schimmerte... Was ist bir, Tante?... Nichts..."
Du weinst boch!....
Rein, ich habe Schnupfen, Wanja..."
.3ft nicht wahr... Ich hab's gesehen. Warinn weinst du?" Bangweilig ift's..."
Ich zieh den Säbel und heb ihn auf! Sie bekommen Angst und laufen davon... Aber, nein! Bor mir lauft ihr nicht fort! Ich hol euch ein und hau' feste drauf! Sie werden um Verzeihung bitten... Tante, nicht wahr, ich will ihnen nicht verzeihen?" Was denn, Liebling?"
3ch foll nicht verzeihen? Nicht wahr?"
Ich weiß nicht...
„ Gar nicht nötig, folchen Leuten zu verzeihen!... Nein, ich
Ohne Mama?... Ohne Mama und Aljofche ist es lang verzeihe um feinen Preis... Sich mal: Aljoscha hat seine Gi weilig... Tut bir Aljoscha leid?"
3a..."
.Bie meinst bu, er ift boch gut?" " Gut..."
"
Barum figt er benn im Gefängnis?"
Wieso im Gefängnis? Wer hat dir..."
tarre vergessen!... Und Mama hat vergeffen, fie ihm zu bringen..." Wann tommt Afjofcha?... Bald?"
Ja, schon bald..."
Bu Ostern?"
Bielleicht..."
Wenn sie ihn zu Ostern nicht gehen lassen, dann werd' ich
Iu' nur nicht so... Der Hausmann selbst hat's gesagt..." ihnen was geben... Banja! Reiß nicht an den Tapeten!
„ Lante, tomm in Aljofchas Zimmer! Willst du?" Ja...
-
Sie gingen in joschas Zimmer. Sie zündeten Aljofchas Lampe an und fetten fich auf Aljofchas Sofa. Ein fleines Simuner. An der Wand eine Gitarre, ein Studentenrod, auf de mTisch roies Löschpapier, ganz in Buchstaben und Tintenfledjen, ein Stüd von einem Schäbel, mit 3igarettestümpfchen Aljoscha hat sie geraucht. .Tantchen! Sieh' boch ein Hahn! Aljofcha hat ihn geUnd wozu Ajoschas Jadett?... Ah! 3ch weiß, ich weiß! Du zeichnet... Ich war bei ihm auf dem Schoß und er zeichnete... fährst zu Ajofcha?... Ja?..."
Was machst du?" „ So..."
Ja, ich fahre..."
-
-
Die Tante betrachtete aufmertfam das Löschpapier auf Aljofchas Lifch, als ob fie mit Hilfe dieser Tintenzeichen etwas erraten wollte, lind wolltest mich foppen... So bist bu!... Und warum dann, ben Kopf auf die hand geftüßt, verfant fie in Nachdenken meinst du benn?.... und härte nicht mehr was Banja( prach...
So... foll ich ihn von dir füssen?"
Ja, gib ihm einen Ruß! Sag' thm, ber Baffta, des Haus manns Sohn, hat ihn Sozialist gefchimpft, und ich hab' ihn dafür burchgebauen...
"
Das soll man nicht, Banja..."
h! Und warum fchimpft er auf Aljofcha?! Das ift es!... Du lacht und weinst doch dazu!..."
Mama mar verreift. Still und langveilig wurbe es in ben Zimmern. Tante Sascha führte die Wirtschaft. Sie ging fo lang. fam durch die Zimmer, mar fo traurig und mübe, midelte fich feft in ein dides Tuch, blieb immer vor Aljofchas Bilb stehen umb fah as lang, lange an. Dann ging fie ans Fenster und blidte hinaus.
„ Tante, du hörst nicht!" „ Bas?"
P
Benn ich mur groß war, ich hätt' ihnen schon was gegeben! Ich Bielleicht...
Wenn ich nur groß war, ich hätt' ihnen schon was gegeben! Ich mürbe Säbel und Flinte nehmen... Und würde fommen! Run! Bersucht's mal, Aljoscha nicht gehen zu laffen!... Dho! Sie wagen's nicht...
Dann legten fie fich auf Aljofchas Bett... Tante streichelte Banjas Lodenfopf, schwieg und Banja schwaßte. Er phantafierte immer über dasselbe Thema: wenn er groß ist, wird er Offizier und tommt zu ihnen...
Und wieder phantafierte Banja und drohte mit furchtbarer Rache für Aljoscha.
Mit dem Säbel grad' in den Bauch!... Aha! Und warum habt ihr Aljoscha fortgebracht? Bauz! Bauz! Bauz! Auf den Hals, über die Beine!... Aljoscha hat ihnen nichts getan... Sie machten die Mama weinen... Da habt ihr! Da! Da! Da!
Und Wanja hämmerte grimmig mit beiden Fäusten aufs Kiffen los. III.
Die Mama fam wieder.... Sie und Tante Sascha fielen sich in die Arme und meinten beide.... Dann hörten sie auf zu meinen, fejten sich auf Aljolchas Bett, sentten beide die Köpfe auf die Brust und schwiegen lange. Banja bekam auch Luft zu weinen... Gewiß ist Aljoscha etwas zugeftoßen. Du tamft zur
Ich habe dich gar nicht erfannt, Mama. Zür herein, und ich dachte es mär' eine Frembe. " Du mußt schon schlafen gehen, mein Junge.... Warum hast du dir einen schwarzen Schwanz an den Hut gehängt?"
Sie antwortete nicht.
Haft Aljofcha gesehen?"
Wohin gehst du?..." „ Gleich"
Wanja jah Tante Sascha an, tam an sie heran und blickte ihr in die Augen. Tante hob ihn schweigend in die Arme und preste ihn fest an sich ( Fortseßung folgt.)