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Der Untersuchungsausschuß in Moabit .

Bernehmung Barmats.

Im großen Schmurgerichtssaale von Moabit sejte heute der Reichstagsausschuß für die Kreditangelegenheiten feine Ber handlungen fort. Abg. Saenger eröffnete um 94 Uhr die Sigung. Er belehrt den inzwischen aus der Untersuchungshaft vorgeführten Julius Barmat, daß er unvereidet vernommen werden solle; der Untersuchungsausschuß habe andere Aufgaben zu erfüllen, als die Untersuchungsbehörden; sie seien vorwiegend moralischer Art.

Barmat

erklärt, daß er begreiflicherweise sehr aufgeregt, da er auf so ge­heimnisvolle Weise verhaftet worden sei. Er habe um Material ge­beten, damit er es für seine Aussage verwenden fönne, das sei aber abgeschlagen worden. Ueber seine Bersonalien sagt B. aus: Er fei 37 Jahre alt. 1906/07 jei er aus Barschau nach Amsterdam ge­tommune, wo er in Verbindung mit der Sozialdemokratischen Partei traf. Er war erst nereidigter Dolmetscher für die russische und pol­nische Sprache, später gründete er ein Exportgeschäft, zunächst jur Blumenzwiebel. Das Geschäft vergrößerte fidh; als seine Firma während des Krieges Lebensmittel nach Deutschland lieferte, fei fie von England auf die fdyrarze Lifte gefeßt worden. Neben anderen prominenten deutschen Bersönlichkeiten sei im Jahre 1916 Professor Brintmann, jegt in Heidelberg , zu ihm gekommen, damit er auf die Stimmung in Holland , die damals gegen Deutsch . land gerichtet mar, einmirten jolle. Während des Krieges habe er nach Deutschland besonders an Konsumvereine geliefert. Ueber die politischen Beziehungen zu Deutschland während des Krieges berichtet B.: Nach dem Friedensschluß hätten

die Herren Brinkmann und Malhahn ihm angeboten, die Interessenvertretung der Ukraine in Holland zu übernehmen. Die Führer der Holländischen Komm . Partei Byntopp und Radenftein hätten ihn miederholt besucht, damit er Lebensmittel nach Sowjetrußland liefern solle. Sein Geschäft habe einen großen Aufschwung genommen, die 2 merima murde gegründet, es wurden Lebensmittel, Baren und Rohstoffe exportiert.

Barmat schildert dann die freundschaftlichen Beziehungen, die er mit sozialistischen Führern unterhalten habe. Auf Einladung von Bels und Hermann Müller sei er 1919 nach Deutschland er gekommen, über Geschäfte jet mit beiden niemals ge sprochen worden. Die Einreise erlaubnis habe er auf Beranlassung des Herrn v. Malzahn bekommen. Als Parteigenosse( er mar Mitglied der holländischen Partei) habe Bar­mat wiederholt Angelegenheiten der sozialistischen Bewegung er: lebigt. Er sei mit den Reichsstellen in Verbindung getreten und habe Lieferungen für das Reich übernommen. Mit Herrn Portschom jei er als dem Leiter des diftatorischen Ausschusses zusammengekommen, und zwar deshalb, meil er als einziger fich damals angeboten habe, die Waren in deutscher Mark zu liefern. Mit Heilmann sei er bekannt geworden, weil dieser der Berliner Korrespondent des von Barmat finanzierten sozialdemokratischen ,, Booruit" in Rotterdam war.

Niemals habe er eine Bevorzugung verlangt, er wünschte lediglich, daß seine Offerten objektiv geprüft werden. An Geschäften habe Heilmann niemals teilgenommen. Als Bar­mat seinerzeit in der Volkszeitung" angegriffen wurde, sei er mit

Bauer befannt geworden.

Die neue französische Regierung.

Painlevé Briand Caillaug .

Die sozialistische Partei hat auf Grund des Beschlusses des Nationalrates die aktive Beteiligung an der Bildung mit dem Finanzministerium, der ein grundsählicher Gegner des Kabinetts abgelehnt. Für sie bildet die Befrauung Caillaug jeder Bermögensabgabe iff, eine fiarte Belaffung. Die fo­zialistische Fraktion ist jedoch ist jedoch nach eingehender Beratung zu der Auffaffung gelangt, daß nach Lage der Dinge zu­nächst und unter allen Umständen der Fortbestand des kar­Politik der Unterstützung nicht von der Zusammensetzung des Kabi­tells gesichert werden muß. Sie hat deshalb die Fortjehung der netts, sondern lediglich von deffen Politik abhängig zu machen befchloffen.

Paris , 17. April. ( Eigener Drahtbericht.) Das Kabinett| cheur, dem der Posten des Handelsministers angeboten war, hat Painlevé ist in der Nacht zum Freitag nach erneuten endlosen seine Mitwirkung abgelehnt. Der Parteiangehörigkeit nach jest fich Berhandlungen und Besprechungen, die fich bis gegen 1 Uhr nachts das neue Ministerium zusammen aus 11 Radifaljozialen, 4 republi­hinzogen, endgültig zuffande gekommen. Es ist Painlevé gelungen, tanischen Sozialisten, 4 Mitgliedern der radikalen Linfen und einem fich Politiker allerersten Ranges als Mitarbeiter zu sichern und damit den republikanischen Sozialisten naheftehenden unabhängigen Sozia. feinem Minifterium, das zunächst lediglich dazu bestimmt ist, die liffen( Caval). furze Zeilspanne bis zu den am 4. Mai stattfindenden Gemeinde­wahlen, von denen erft eine endgültige Klärung der Lage zu er­warten ist, auszufüllen, eine ungewöhnliche Widerstandskraft und alle Aussicht auf längere Dauer zu geben. Painlevé selbst hat außer der Ministerpräsidentschaft das Kriegsministerium übernommen, Briand nach langem Zögern. das die Kabinettsbildung am Donnerstag abend erneut in Frage zu stellen drohte, das Ministerium des Aeußeren angenommen. Caillaug, der damit noch vor seiner des Aeußeren angenommen. Caillaug, der damit noch vor seiner Rüdtehr ins Parlament eine Rehabilitierung erfährt, die einem Triumph gleicht, hat als Finanzminister die schwere Aufgabe der Sanierung der französischen Finanzen auf fich genommen. Bon den Ministern des Kabinetts Herriot gehört dem neuen Ministerium lediglich Senator de Monzie, der nur kurze Zeit Finanzminister war, als Unterrichtsminister an. Das neue Kabinett zählt im ganzen 13 Minister und 7 lnterstaatssekretäre. Außer den bereits Genannten gehören ihm an bekannten politischen Persönlich teilen au: die Senatoren Steeg ( Juffiz), Schramet( Janeres), Chaumet( Sandel), Durand( Landwirtschaft), die Abgeordneten Borel( Marine), Durafour( Arbeit), Hesse ( Kolonien), Caval( öffentliche Arbeiten) und Anterion( Penfionen). Cou­

Barmat: Nein.

lichkeiten, insbesondere Angehörige der Sozialdemokratischen Bartei, Breitscheid : Ist Ihnen etwas bekannt, daß politische Persön ich besonders für Sie eingesetzt haben, im Gegensatz zu anderen

Kaufleuten?

Barmat: Nein, das erste Bifum habe ich ohne weiteres erhalten, es ist möglich, daß später, bei entstehenden Schwierigkeiten Herr Heil mann mir dabei behilflich war.

Den Abg. Heilmann hat Barmat überhaupt erst nach seiner Einreise nach Deutschland tennen gelernt. Auf Befragen des Abg. Schred( S03.) fagt Barmat, daß er zuerst einen Stampf fonimen hätten, während man es ihm zuerst verweigert hatte. Er um das Dauervisum geführt habe, da seine Bekannten es leicht be­habe später davon dem Abg. Heilmann erzählt, und es sei möglich, daß er sich deswegen telegraphisch an den Abg. We Is gewandt habe. Der Ausschuß wendet sich jetzt der Frage zu, welche Beziehungen politischer Art zu Deutschland während des Krieges Barmat schon unterhalten habe. Auf Befragen der Abgg. Breitscheid und Aufhäuser sagt Barmat, daß er verhindert habe, daß russische Staatsangehörige in die Armeen der Entente eintraten, und zwar deshalb, meil er gegen den Krieg überhaupt war. Er habe mit den deutschen amtlichen Stellen darüber zwar nicht ge­prochen, es sei ihnen aber bekannt gewesen, und man sei ihm dafür fehr dankbar gewesen. Er habe Lebensmittel an deutsche Firmen geliefert, an das Reich jedoch nicht.

Es kommt die Erörterung der

Auf Befragen des Vorsitzenden, wie er in den Besitz vertrau­licher Mitteilungen gelangt sei, erklärt B., daß er sich auf Einzel. heiten nicht erinnern fönne. Er fönne niemals Herrn Rommel gefagt haben, daß Hermann Müller ihm etwas aus den Aften des Auswärtigen Amtes mitgeteilt habe, niemals habe er mit Hermann Müller über solche Dinge gesprochen. Barmat habe gemußt, daß Graf Baffenheim in der deutschen Botschaft im haag politisch vor. eingenommen gegen ihn gewesen sei, woher er das mußte, fönne er nicht fagen. An Abg. Heilmann habe er sich gewandt, damit dieser feststellen laffe, was ihn vorliege, bestimmte, vertrauliche Berbindungen gehabt. Bergütungen habe Heilmann niemals lich zu haltende Einzelheiten habe er aber nicht gefannt. Es sei schmer für ihn, sich ohne Einsicht in das Material daran zu er innern, ob der frühere Reichstanzler Bauer sich für ihn verwandi

habe.

Barmat schildert auf Befragen einige Geschäfte mit dem Reich. Es sei eine Liige, daß er bei dem Kondensmilchgeschäft das Reich betrogen habe. Er habe stets nach Bertrag geliefert, bei dem Milchgeschäft hätten ihn zwei holländische Fabriken gefchädigt, fie hätten ihm später auch den entstandenen Schaden erjeht.

Auch nach diesem Falle habe er sowohl mit dem Reich mie mit Ländern und Kommunen in geschäftlicher Beziehung gestanden. Er habe zu günstigen Bedingungen geliefert, das Reich habe stets Bor. teile gehabt, häufig habe er zu entwerteter Mart liefern müssen. Dieselben Leute, die sich jest über die Art der Lieferscheine entrüften, häften fie selbst entworfen und aufgestellt. Auf Grund der Liefer­fcheine feien zwar Atzepte gegeben worden, fie wurden aber erst freigegeben, nachdem die Waren non den deutschen Behörden als ordnungsgemäß abgenommen maren.

leber feinen angeblichen schlechten Ruf in Holland sagt Barmat: Aus Konkurrenzgründen habe man zwar ungünstig über ihn gesprochen, aber es gab doch weite Kreise, die ganz anders über ihn geurteilt hätten.

Borf. Saenger : Haben irgendwelche Parteien an dem Gewinn teilgenommen, den Sie aus Ihren Geschäften mit dem Reich oder anderen Behörden gezogen haben? Barmat: Meine Beziehungen zur Sozialistischen Partei Hollands oder zur deutschen Sozialdemokratischen Partei haben nie­mals etwas mit meinen Geschäften zu tun gehabt. Sie ist eine dieser Barteien oder eine andere politische Organisation an den Gewinnen beteiligt gewesen, nie ist an sie Provision oder dergleichen gezahlt worden. Bohl habe ich gelegentlich auf Sammellisten Beiträge gezeichnet, z. B. bei Wahlen, wie ich auch zur Gründung des Rotterdamer Parteiblatts 50 000 Gulden ge­geben habe.

Borf.: Wie steht es mit den Liebesgabenpateten? Barmat: Ich habe ohne Rücksicht auf die politische Zugehörig. feit der Empfänger Liebesgabenpafete nach Deutschland in großer Menge gefandt. So hat das Kinderheim Birna zahlreiche Batete erhalten, ich erinnere mich ferner an einen Herrn Gläser und Ge heimrat Schulze. Ich habe mich lediglich bemüht, Gutes damit zu tun, und nun werde ich jetzt deswegen beschuldigt! Barmat bestreitet dann ganz entschieden, daß er aus feinen Beziehungen zu politischen Persönlichkeiten geschäftliche Vorteile gezogen habe. Es kommt nun zu einer

Auseinandersetzung zwischen Barmat und dem Zeugen Rommel , der behauptet hatte, Barmat habe ihm einen Gesandtenposten in Aussicht gestellt. Es stellt sich heraus, daß Rommel selbst gewünscht hatte, als früherer Offizier und Auslandsdeutscher im Ausland be­fchäftigt zu werden. Barmat scheint ihm lediglich versprochen zu haben, daß er ihm dabei helfen wolle. Es sei ganz ausgeschloijen, daß er fich auf feine guten Beziehungen zum Bräsidenten beri berufen habe, denn diese hätten niemals eriftiert, und wenn sie mirtlich eristiert hätten, so würde er sich gehütet haben, sie zu er­mähnen. Er habe. auch einen Brief von Ebert erhalten. Die Erörterung wendet sich dann der Frage der Einreise nach Deutschland

Abg. Breitscheid: Ihnen ist das Visum zur ersten Einreise nach Deutschland nach dem Kriege von Herrn v. Malgan erteilt worden. Ist Ihnen bekannt, daß irgendeine Stelle auf die Erteilung besonders eingemirft hat? Barmat: Ich glaube nicht, ich gab als 3wed geschäftliche Ange. legenheiten an, und darauf befam ich das Visum. Breitscheid : Sagten Sie damals, baß Sie Geschäfte machen mollten?

politischen Beziehungen nach dem Kriege. Auf die Fragen des Abg. Rosenberg( Komm.), mann er Bauer fennengelernt habe, erklärt Barmat, erst nach seiner Tätig feit als Minister. Zu Heilmann habe er nur freundschaft erhalten. Ob es Belege darüber gebe, das müsse die Staatsanwalt schaft am besten miffen.( Heiterfeit.) Uleber Geschäfte habe er mit Heilmann schon deshalb nicht sprechen können, weil dieser nichts davon verstanden habe. Weder mit Krüger, noch mit Wels oder Hermann Müller hätten jemals geschäftliche Berbindungen be­ſtanden.

Eine längere Erörterung entspinnt sich auf Beranlassung des Abg. v. Freyfag- Loringhoven darüber, ob die Geheimräle Schultz und Gläser, die von Barmat Liebes­gabenpakete erhalten haben, der Deutschnationalen Partei angehören.

Die beiden sollen als Beugen geladen werden.

Auf Fragen des Abg. Hampe sagt Barmat, daß an einem Essen im Zentralhotel u. a. die Abgg. Heilmann, Neumann und Müller teilgenommen haben. Wenn er jemand eingeladen habe, fo habe er selbstverständlich für sie bezahlt. Irgendeine Gegen Leistung habe er meder verlangt noch erhalten, sowohl zu Heilmann wie zum früheren Polizeipräsidenten Richter habe ein remes Freundschaftsverhältnis bestanden. Abg. Bauer habe Bro visionen für Vermittelungsgeschäfte erhalten, daß er ihm die Wohnung eingerichtet habe, jei nicht wahr.

Die bayerischen Gemeindewahlen. Eine Statistik des Gesamtergebnisses. München , 16. April. ( Eigener Drahtbericht.) Auf Grund einer Umfrage des Bayerischen Städtebundes gewinnt man jetzt einen Ueberblick über das Ergebnis der am 7. Dezember v. 3. porgenomme nen Gemeindemahlen in den 212 bayerischen Städten, die mit rund 3 Millionen Einwohnern etwa die Hälfte der bayerischen Bevölkerung ausmachen. Es wurden insgesamt 3810 Stadträte ( Stadtverordnete nach norddeutschem Sprachgebrauch. D. Red.) ge­wählt, von denen 3024 politischen Parteien und 784 Wirtschafts und Interessentengruppen angehören. Von den großen politischen Barteien erhalten die Bayerische Bolfspartet 870 Sige, Deutschnationale, Deutsche Volkspartei und Nationalliberale 191, rechtsstehende Wahlgemeinschaften, zu denen sich in einer Reihe von Städten die obengenannten Parteien zusammengeschloffen hatten, 520 Sige, die Sozialdemokratische Partei 922, der Böltische Blod und die Nationalsozialisten 124, die Demokraten 145, die Kommu­niften 126 und der Bayerische Bauernbund 61 Size. Das partei: politische Bild ist nach diesen Zahlen allerdings nicht ganz flar, weil viele Anhänger in Wahlgemeinschaften, bürgerlichen Bereinigungen, Wirtschaftsgruppen usw. enthalten sind. Wenn man die politischen Parteien und die sonstigen Gruppen zusammennimmt, so erhält man über die Stadträte Bayerns politisch ungefähr folgendes Bild: über die Stadträte Bayerns politisch ungefähr folgendes Bild: rechts stehende bürgerliche Parteien und Gruppen 52 Broz, Sozialdemokraten 27 Pro3., Demofraten 11,5 Braz., Völkische 6,5 Proz. und Kommunisten 3 Proz

Vanderveldes Regierungsprogramm. Beschlüsse der sozialistischen Partei.

Auf dem Gebiete der auswärtigen Politik bietet das neue Minifterium Painlevé volle Bürgschaft für die Fortführung der von Herriot begonnenen Politif des internationalen Ausgleichs und der Berständigung. Der Gedante einer deutsch - franzō­fischen Annäherung findet besonders in Painlevé felbff, daneben aber auch in dem neuen Außenminister Briand und in Caillaug überzeugte Anhänger und Borkämpfer.

Wohnungspolitif. Rampf gegen die Lebensmittelteuerung. Aus der großen Kriegsgewinne. Verschiedene Maßnahmen zugunsten der gleich des Budgets burd) eine gerechte Steuerpolitik und Erfassung

fleinen Handwerfer und Bauern.

Brüffel, 17. April. ( EP.) Der Bollzugsausschuß der Sozialistischen Partei hat sich gestern nachmittag im Boltshause ver sammelt, um den Bericht Banderveldes über seine Bemühungen für die Bildung des Kabinetis anzuhören. Der Bollzugsausschus be­schloß, am nächsten Montag den Rationalrat der Partei einzuberufen und am nächsten Donnerstag den erweiterten Parteifongreß. Vandervelde hat erfiärt, daß, wenn es ihm nicht gelingen Bartei in der Kammer gegen jede Regierung, die ohne die Unter­würde, ein Kabinett auf sozialistischer Grundlage zu bilden, die stützung der Sozialisten gebildet würde, in Opposition treten

werde.

Konferenz der Kleinen Entente .

Wichtige Verschiebungen in Südosteuropa . Prag . 17. April. ( Eigener Drahtbericht.) Die Konferenz der Kleinen Entente , die ursprünglich für den 10. April geplant war. wurde infolge unvorhergesehener außenpolitischer Berwicklungen um einen ganzen Monat verschoben, so daß sie erst am 3. Mai in Bukarest stattfinden wird., Unter den Schwierigkeiten, die sich ihr in den Weg gestellt haben, steht vor allem die plötzlioje Bendung Englands gegenüber dem Genfer Protokoll. Die Folge davon ist, daß Polen Anschluß an seine nächsten Nachbarn, por allem an die Tschechoslowakei fucht. Es perhandelt bereits über den Eintritt in die Kleine Entente , und es scheint, daß Einw.ndungen über seine Aufnahme nicht erhoben werden. Es hat dieser Tage auch in volkswirtschaftlicher und finanzieller Hinsicht beide Staaten den Handelsvertrag mit der Tschechoslowakei vereinbart, so dass gebunden sein werden. Durch den Hinzutritt Polens zur Kleinen Entente wird selbstverständlich ihre Bedeutung steigen, denn sie wird einen Länderfomplex vorstellen, der sich vom Baltischen bis zum Adriatischen Meere und vom Erzgebirge bis zum Schwarzen Meere erstreckt. In dem Gebiet dieser vier verbündeten Staaten wohnen derzeit mehr als 60 Millionen Menschen.

Der Kampf um den Anschluß. Die Sozialdemokratic gegen eine Donauföderation. Wien , 17. April:( Eigener Drahtbericht.) In der Sigung des Hauptausschusses des Nationalrates berichtete der Bundeskanzler über die Absicht der Regierung, vom Bölkerbundsrat eine Unter­fuchung über die wirtschaftspolitischen Verhältnisse Mitteleuropas zu verlangen. Der sozialistische Redner hatte dazu eine Era flärung feiner Partei abgegeben, worin sie sich bereit erflärte, jebe Aktion zu unterstützen, die die Berbefferung der Handels beziehungen Desterreichs mit dem Auslande erleichtert. Sie erflärte aber gleichzeitig, daß fie in dieser Untersuchung eine Gefahr sehe, da sie einen Anlaß zu einer weiteren Einmischung des Auslandes in die inneren Angelegenheiten des Landes biete, und daß diese handelspolitische Aktion von den Gegnern des Anschlusses an Deutschland zu ihren politischen Zweden mißbraucht werde. Im übrigen miesen sie darauf hin, daß Aeußerungen des Außen ministers, die er in Rom abgegeben hat, darauf hindeuten, daß der Schritt der Regierung nicht nur rein handelspolitischen Zwed habe, fondern vielmehr geeignet sei, die Anschlußbewegung an Deutschland einzudämmen, und zwar zugunsten der Bildung einer Donau ? onföderation, wie sie anscheinend von der Regierung, durch Sollbündnisse vorbereitet werde.

Sozialistenverfolgung in Sowjetrußland.

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Wie uns aus Mosfau mitgeteilt wird, hat die Sowjet­regierung einen neuen infamen Gewaltaft gegen den Bruder Martows, den bekannten sozialdemokratischen Schriftsteller Cedera baum- Jeshow und seine Angehörigen verübt. Genosse Jeshow, der seit einigen Jahren in der Stadt Kaschin, Gouvernement Imer, in administrativer Berbannung lebt, sollte Anfang Mai seine Freiheit wiedererlangen. Am 29. März ist er plöglich, zusammen mit feiner Frau und seinem 18jährigen Sohne, verhaftet worden, und zwar auf Befehl der Staatspolitischen Verwaltung( der jetzigen Tscheka ), die ohne irgendwelchen Grund und ohne welche Berechtigung anordnete, daß Genoffe Jeshow und seine Angehörigen für die Dauer von drei Jahren nach Minufinjt, Gouvernement Jenisfeiff in Sibirien , depor­fiert werden. Diese Maßnahme, die nicht einmal unter dem 3arismus gegenüber politischen Gefangenen angewandt wurde, bedeutet natür­lich eine ungeheure Berschlechterung der Lage des Genossen Jeshow. Gie ist ebenso ungefeßlich wie grausam und erklärt sich lediglich aus der fanatischen Rachsucht, die die Sowjetbehörden gegenüber dem Bruder Martoms mie gegen alle Sozialisten an den Tag legen.

Brüffel, 17. April. ( TUL) Das Ereignis des vorgestrigen Tages war die Ablehnung der Christlichdemokraten, sich an der Regierungs bildung zu beteiligen. Die Liberalen haben sich noch nicht end. gültig entschieden. Das Programm Bandervelbes läßt sich wie folgt jusammenrassen: Festhalten an den demokratischen Er­rungerschaften und den gesellschaftlichen Freiheiten. Einschranfung der Militärdienstzeit. liebernahme der Sohlengruben durch eine autonome Regie zugunsten des Staates. Beibehaltung des Acht­stundentages. Reform der Versicherungseinrichtungen. Soziale Tscheka in Wirklichkeit aussieht.

Die englische Gewerffchaftsdelegation hat in ihrem Bericht über Rußland unter anderem erflärt, daß die Staatspolitische Verwaltung nicht berechtigt fei, Urteile gegen politische Gefangene zu erlassen. Der vorstehend geschilderte Gewaltatt gegen den Genossen Jeshom- einer von vielen- zeigt, wie die Praris der modernisierten russischen