Dienstag
21. April 1925
Unterhaltung und Wissen
Die Bürde der Reichspräsidentschaft.
Man muß sich nach der endgültigen Nominierung der Kandidaten für den entscheidenden Kampf um die Präsidentschaft der deut schen Republif immer wieder fragen, wie fonnten" Politiker" so wahnwigig, so verantwortungslos, jo rücksichtslos handeln und sich an dem greifen Hindenburg vergreifen. Hindenburg selbst hat in durchaus richtiger Erkenntnis feiner naturgemäß schwach gewordenen Kräfte zuerst immer und immer unte: Hinweis auf sein Alter die Kandidatur abgelehnt. Bis er schließlich dem Drud jener verantmortungslosen Politiker erlegen ist, die nicht wollen, daß an der Spitze der Nation ein Mann mit fiarem Blick, mit fester Hand, mit ficherem Griff seines Amtes waltet. Die einen Präsidenten oder Monarchen wollen, der Wachs in ihren Händen ist, weil er ihre Hilfe braucht, weil seine eigene Kraft zum Regiment nicht reicht. Es verlohnt wirklich einmal, einen Tag aus dem Leben des Staatsoberhauptes herauszugreifen, sich einmal flarzumachen, welche Fülie von Mannestraft, von geistiger Beweglichkeit, von Temperament dazu gehört, um das hohe Amt des Bräsidenten meistern zu können. Der verstorbene Friedrich Ebert stand im besten Mannesalter. War zeitlebens gewohnt, sich herumzuschlagen im öffentlichen Kampf. Und die Bürde des Amtes hat es ihm dennoch unmöglich gemacht, rechtacitig das für seine Gefundheit zu tun, was notwendig gewesen
wäre.
Der Dienst des Präsidenten beginnt um 9 Uhr. Der Staats. sekretär, der Chef des Bureaus, erscheint zum Vortrag. Er berichtet über die politischen Tagesfragen. Macht dem Reichspräsidenten , der inzwischen sämtliche großen inländischen Blätter gelesen haben muß Reichspräsident Ebert hat die Zeitungen stets selbst durchgearbeitet, sie nicht nur wie Wilhelm II in den ihm angenehmen Ausschnitten gelesen- Vorschläge über das Tagesprogramm. Hierbei entscheidet im wesentlichen die Liste der angesagten Refe= renten der verschiedensten Ministerien über porbereitete Gesezentmürfe, über wichtige geplante Regierungsmaßnahmen auf Grund der Situation. Teilweise ist der Empfang des Ressortministers notwendig. Zudem liegen Anmeldungen der Vertreter der deutschen Einzelstaaten vor. Führende Männer des Wirtschaftslebens, der Wissenschaften und Künste wünschen vorgelassen zu werden. Es iſt eft sehr schwer, rein zeitlich eine Erledigung des notwendigsten Tagesprogramms zu ermöglichen. Aber das ist schließlich im wesentlichen Sache des Bureaus. Viel wichtiger und schwieriger, dabei aber unbedingt erforderlich ist die geistige Beweglichkeit des Präfidenten, die Fähigkeit, von einem Gebiet in das andere, von äußerer in innere Politit, von wissenschaftlichen zu sozialpolitischen Fragen überspringen zu fönnen. Dabei die speziellsten Fragen zu durchdenken. Denn will der Reichspräsident nicht ausführendes Organ fein, will er verantwortungsbewußt entscheiden, dann muß er durch greifen können. Es war geradezu erstaunlich, wie Ebert aus seiner reichen politischen Erfahrung heraus stets persönlich eingriff in die Materie und oft Vorlagen zur neuerlichen Nachprüfung unter unbeachteten Gesichtspunkten zurücwies. Neben diesen vielseitigen Referaten hört der Reichspräsident regelmäßig um 11 Uhr den Vortrag des Reichspressechefs. Hier ließ sich Ebert vor allem auch über die Stimmen der ausländischen Blätter informieren.
Zwischendurch und nebenher ist das Studium der eingegangenen Aften der Aemter notwendig. Hier bereitet sich der Präsident auf die angeführten Referate vor. Hat Gesezentwürfe durchzuarbeiten. Muß die laufenden Berichte des Auswärtigen Amtes durchsehen. Ebert ließ sich die Telegramme der deutschen Diplomaten im Ausland laufend zustellen. Nur so war es möglich, daß er bei Empfängen eine geradezu erstaunliche Kenntnis aller Borgänge im internationalen politischen Leben an den Tag legte.
ein verständnisvolles Kopfniden, ein liebenswürdiges Lächeln, dazu ist vor allem erforderlich ein inniges Vertrautsein mit dem politischen Schlachtfeld, das nur in jahre und jahrzehntelanger Praris zu erwerben ist.
Es würde zu weit führen, wollte man die übrigen Repräsen tationspflichten, die der Tag dem Präsidenten bringt, eingehend be= leuchten. Da müssen Ausstellungen der Kunst und der Wirtschaft, Messen und Kunstwochen besucht werden. Oft dann überſtürzte Rüdreijen des Nachts zu schwierigen Kabinettssigungen. Ein Leben ohne Raft und Ruh, körperlich die stärksten Kräfte erfordernd. Geistig
Diese Empfänge fremder Diplomaten bilden sehr häufig eine bedeutungsvolle Unterbrechung des normalen Tagesprogramms. Gerade durch seine weitgehende Kenntnis der außenpolitischen Fragen hat der verstorbene Reichspräsident es verstanden, in der zwanglosen Unterhaltung, die sich stets dem offiziellen Aft anschließt, den järksten Eindruck bei den Botschaftern und Gesandten hervor zurufen. Ein großes politisch- psychologisches Geschick ist erforderlich, um bei solchen Gelegenheiten den Grund zu legen für die erwünschten Beziehungen zu den ausländischen Mächten. Dasselbe politische Gefchid gilt es zu entwickeln bei den Empfängen innerpolitischer, wirtschaftlicher, gewerkschaftlicher Abordnungen. Dazu genügt nicht
Bon Rudolf G. Binding , dem feinsinnigen Dichter, erscheinen Demnächst bei Mütten u. Löning in Frankfurt a. M. unveränderte Briefe und Tagebuchblätter ,, Aus dem Kriege", woraus wir heute schon einige besonders markante Stilde wiedergeben können. Binding nimmt die auf ihn einstürmenden Erlebnisse unbefangen hin und sucht nach einem Sinn in ihnen, ohne ihn finden zu tönnen. Das gibt diesem Bekenntnisbuch den tragischen Akzent. Drywege, 19. Dezember 1914. Man denkt doch, daß es ein seltsames Weihnachtsfest ist, das mir feiern; man denkt, daß auch ihr dort im deutschen Lande ein seltsames Fest haben sollt. Vielleicht wird sich die große Rechtfertigung, dies Fest des Friedens überhaupt im Krieg zu feiern, nicht einstellen. Widerfinnigfeiten, die unüberwindlich find, fallen mich an wie sich wechselnde Träume bei Nacht. Man fommt nicht zum Bewußtsein des Sinnes oder des Abersinnes, aber man wird auch nicht des Sinnes oder Aberjinnes allen Geschehens dieser Zeit Herr.
Drywege, um diese Zeit. Manchmal ist es mir, als erschlüge der Krieg mir Freundin, Vater und Schwestern, und alles Bergangene in meinem Innern. Nichts was war steht zu ihm, geht zu ihm, paßt zu ihm. Alles ist ohne Sinn ihm gegenüber. Oder er wäre selbst ohne Sinn; und das märe nicht zu ertragen.
Man fann den Krieg nicht leben, ohne allem Frieden Valet gefagt zu haben wie einer andern Welt. Anders, so scheint es mir, ist man fein Kricger. Biele franken daran, daß fie jener andern Welt nicht Lebewohl fagen können. Und die es können, werden es nicht ohne Schauder tun.
Vielleicht läßt der Friede Tote wieder auferstehen ich zweifle nicht daran aber alles was war, gehört einer fremden, wie es fcheint so ganz unberechtigten Welt an, daß man es unbeschwert entläßt wie Träume.
An seinen Bater.
Gerry Wiene
Di!
-
Stresemann
-
-
Friedens
pakt
Oweh!
Hurra!"
Oweh! „ Oh!- Oh!- Oh! Di! Aiwai! Aiwai!
-
AUSWARTIG
AMT
- Di!
Aphorismen.
Beilage des Vorwärts
Bon Johann Jakob Wilhelm Heinse .
Die große Seinfe- Ausgabe des Insel- Verlages, die diesem genialen Dichter der Sturm- und Drangzeit ein dauerndes Denkmal gefekt, wird demnächst mit dem achten Bande voll. ständig werden. Aus der großen Fülle unbekannter Aphorismen, die hier zum ersten Male mitgeteilt werden und Seinse als eigenartigen Denfer enthüllen, teilt das„ Insel schiff " eine Auswahl mit, der wir einige Proben entnehmen. Die Schriftleitung.
Die Menschen gehen jeden am nächsten an. Es ist schön und groß, sie von Uebeln zu befreien und das Gute für jedes an die Stelle zu setzen.
Der Mensch weiß nie recht, was er will; und wenn er einmal hat, was er gewollt hat: so sieht er, daß es das nicht war. Und so geht all unser Bestreben ins unendliche. Wir sind nie groß und glücklich, außer wenn wir aus uns selbst verschwinden. D Plato! Du hattest recht: Wir sind gefangene Gottheiten. Wohl dem, der seinen Kerter bald durchbrochen.
Der wahre Mensch ist immer traurig; seine Freuden sind Blizz in Nacht.
Die unmerflichste Beränderung fühlen, das ist das sicherste Zeichen von gutem Geschmad, philosophischem Geist und Genic; kurz, sicherste Probe von dem lebendigsten Leben.
Mit der ersten Jugend ist der beste Umgang; alle Erwachsenen haben entweder Prätensionen, oder stellen sich wenigstens so an, und dies verbittert die herzliche Freude.
Die Gegenwart in ihrer ganzen Fülle zu empfinden, zu genießen, ist schön und macht lebendig. Sie aber mit der Bergangenheit und Zukunft zu beherrschen, macht groß auf die Dauer, gibt Besiz und erhebt den Menschen über das Tier.
Der Grundtrieb der Geselligkeit ist nicht bloß, mit den Menschen zu plaudern und sich die Zeit zu vertreiben, sondern mit allen Menschen ein Ganzes zu machen, wenigstens mit den Menschen, die einerlei Interesse mit mir haben. Endlich der Trieb, durch das Geschlecht unsterblich zu werden, da es persönlich zu sein der Natur der Dinge nach nicht möglich ist.
Die Schönheit ist die am besten verarbeitete Materie für jede Form.
Neues über die Entstehung der gelben Rasse. Borgeschichtliche Funde in Indochina haben zu Feststellungen geführt, die auf die Ent stehung der gelben Rasse neues Licht werfen. Wie in der Umschau berichtet wird, stieß der Geologe Manjun in einer Grotte des Massivs von Bac Son bei Dong Thuan auf eine Schicht mit schön polierten Steinwerkzeugen; darunter befanden sich Faustfeile, Bohrer wiesen. Zwischen diesen Steinwerkzeugen der Steinzeit lagen zwei und andere Instrumente, die auf ein bedeutend höheres Alter hin sehr gut erhaltene Stelette, deren Messungen zu überraschenden ErPho bin Gia zwei Schädel gefunden, die eine außerordentlich gebrissen führten. Schon 1906 hatte Mansun in der Grotte von Uebereinstimmung mit denen der Menschen der älteren Steinzeit in Westeuropa zeigten. Es waren Langschädel, während die heutigen Bewohner Indochinas einer furzköpfigen Rasse angehören. Die neuen Schädel sind noch bedeutend mehr in die Länge gestredt als
immer des verstorbenen Reichspräsidenten gewesen ist, der war nur bei größter Beweglichkeit zu meistern. Wer einmal im Arbeits: erstaunt, welche Fülle von Büchern aller Gebiete auf seinem Arbeitstijch aufgeftapelt lagen. Spät abends, bis in die Nacht hinein hat Friedrich Ebert hier gearbeitet Es war ihm selbstverständliche Pflicht, sich über alle die schwebenden Fragen nicht nur der Bolitif, sondern der Wissenschaft und Technik, der Literatur und Kunst zu informieren und ihren Problemen nachzugehen. Mit führenden Bersönlichkeiten aller Länder stand er in regem persönlichen Gedanken austausd. Ebert ist in der Volkstraft seiner Jahre flehend an der großen Aufgabe, die das Amt des Reichspräsidenten stellt, großgeworden. Das war nur möglich, weil er sem Leben lang eine überen; fie lassen sich nach ihren Maßverhältnissen nur mit der Kämpfer war. Weil er sein Leben lang das Leben in jeiner Fulle auszuschöpfen bemüht war. Es mag wertvoll sein für einen Militär, ganz in der doch immerhin begrenzten Fragenkreis des Militärischen aufzugehen. Hindenburg ist stolz darauf, jeit seiner Kadettenzeit sich nur mit militärischer Literatur befaßt zu haben. Nun soll er der Achtzigjährige die Bürde der Präsidentschaft auf sich nehmen. Soli er in einer Welt wirken, entscheidend für 60 Millionen Men schen, die ihm bis zur Stunde unbekanntes Land war. Wahrlich ein Verlangen, würdig derer, die es scheuen in der Vollkraft ihrer Jahre die Verantwortung und die Laft des höchsten Aintes zu übernehmen. Würdig derer, die dem Greis Hindenburg die Berantwortung und diese Last gern überlassen, um ihr Geschäft zu machen.
Silvester 1914. Das Jahr geht zu Ende. Es mar ernst genug für uns alle, die wir trotz allen Ernstes, trotz allen Nachdenkens uns eingestehen, den Krieg nicht zu begreifen. Erscheint er uns nicht wie ein ungeheurer Wahn, in welchem die Menschheit taumelno mit gezücktem Schwert dahinftampft und ein Blutbad anrichtet, vor dem sie einst stehen wird wie Ajax vor den gemordeten Widdern? Hüten wir uns vor diesem Gedanken. Er befaßt sich mit der Erscheinung, dem Gichtbaren, ohne deffen Sinn zu verstehen. Wie, wenn die ungeheure Folge von Greueln, von Vernichtung, von Verrohung, von Verstumpfung dennoch für die ganze Welt ein neues Ethos, ein neues Pathos hervorgebäre, wie sich aus der Tiefe der Wunde unter dem Eiter das frische gesunde Fleisch ans Licht emporarbeitet? Wie also, menn und ich versuche die beiden eben gebrauchten Worte halb und halb zu verdeutschen eine Neu
-
-
-
Wer einmal sich flargemacht hat, welche robuste Kraft das Amt des Präsidenten eigentlich fordert, mer ermessen hat, was dieses Amt bedeutet für die Existenz und Entwicklung des deutschen Volkes, der tann Hindenburg seine Stimme nicht geben.
einschätzung des eigenen Menschheitswertes, eine Neuauffassung des Schicksals, Mensch zu sein, in jedem von uns geboren würde ( vielleicht zunächst nur in wenigen) als das ungeheure Gute für das ungeheure llebel?
Das wäre genug! Das würde uns schadlos halten für alles, was der Krieg uns angetan. Mir ist, als sei er ohne diese Hoffnung nicht zu ertragen.
Osterbrief.
Ich habe lange Zeit nicht an Sie geschrieben, dafür umso häufiger an Sie als eine stille Gläubigerin gedacht. Aber wenn man Briefe schuldig wird, so frantt man gleichzeitig gewissermaßen an ihnen. Es ist nämlich nicht so einfach, aus dem Kriege, wirf= lich aus dem Krieg heraus, zu schreiben und das was Sie als Feldpoftbriefe in den Beitungen lesen, ist gewöhnlich unter dem Miß. verstehen, dem Nichtbegreifen entstanden, das den Menschen, trotzdem er mitten darin lebt, den Krieg nicht eigentlich atmen und erfassen läßt. Er ist für jeden gewiß ein fremdes Element; aber ich empfinde ihn wohl noch fremder und noch fremdelementlicher als viele, die über ihn schreiben, weil ich ihm mehr zu Leibe gehe. Je mehr ich in ihn eindringe, um so mehr muß ich es aufgeben, ihn jenen verständlich zu machen, die nur die Begriffe des Friedens kennen und sie, ob sie es wollen oder nicht, auf den Krieg anwenden. Sie vermeinen nur, daß sie ihn begreifen. Aber es ist, als ob die Fische, die im Wasser leben, sich flar sein könnten, was das Leben in der Luft sei. Erst wird er von der Luft wissen. wenn einer ans Land kommt und in der Luft gestorben sein wird,
So ist es mit dem Kriege. Man wird, menn man ernst ist, täglich unfähiger, von ihm zu erzählen. Nicht weil man thn täglich weniger, sondern weil man ihn täglich mehr begreift. Aber er ist ein schweigsamer Lehrer, und wen er lehrt, der wird schmeigjam. Das Nichts Befonderes- Erleben, das dieser Stellungstrieg an sich hat, bringt für den oberflächlichen Beobachter den Anschein von einem fast friedensmäßigen Verhalten. Man ordnet, so gut es geht, die Beziehung mit der Bevölkerung des Landes, man versucht die Berwertung von Grund und Boden für Aussaat und Ernte, man bildet seine Leute aus, wenn es auch nur in Schlamm und Dreck geschehen kann, man besucht Offiziere nachbarlicher Truppenteile, man redet und debattiert. Man übersieht eben den Krieg, weil man ihn nicht in allem und jedem zu erbliden die Gewohnheit oder die Fähigkeit besitzt. Und doch ist er hinter allem und jedem, und das ist das Seltsame! Die Stare, die hier in Scharen überwintern, pfeifen wie die Flintenfugeln, und da die Geschosse ihr Pfeifen nicht von den Staren gelernt haben fönnen, so wird wohl dos imgelehrte der Fall sein. Und alles pfeift sein Lied vom Krieg Häuser, Aeder. Menschen, Tiere, Flüsse und selbst der Himmel. Die Milch wird sauer unter der Gewitterluft, die die Geschosse erzeugen.
Sie denken, ich fabele. Aber es ist nicht so. Nur: die anderen merten es nicht. Sie hören nicht auf die Stare, fie sehen die Neder taum an, die Menschen finden sie wie alle Tage, und die Milch wird fauer, weil sie au lange gestanden hat,
Schabeln der Papuas von Neuguinea vergleichen, die die aus gesprochenften aller Langschädel befizen. Manjun schließt aus dieser Hunden darauf, daß Indochina und Tonkin ursprünglich von einer Rasse bewohnt war, die einen Negertypus mit überlangem Schäbe darstellte. Von dieser stammen die primitiven Werkzeuge, die mit den Efeletten zusammen gefunden wurden und die nur an de Schneide poliert sind. Später ergriff eine andere, vielleicht meiße Rasse von jenen Ländern Besitz, die den Stein in vorzüglid; er Weise zu bearbeiten wußte. Die Reste der vorgeschichtlichen Neger rasse finden sich heute noch auf den Andananen, den Philippinen und der malanischen Halbinsel. Nun hat man in den entlegenster Teilen Chinas bei der Bevölkerung sowohl den negroiden wie der europäischen Typus vertreten gefunden. Die neuen Funde stärker daher die Anschauung, daß die heutige gelbe asiatische Rasse das durch Hunderttausende von Jahren und Milliarden von Individuen er zeugte Kreuzungsprodukt zwischen der weißen und einer neger ähnlichen Rasse darstellt.
Was erfahren Sie denn eigentlich vom Kriege? Daß die Interstände der Schüzengräben wohnlich eingerichtet sind, daß man einen Spiegel und eine Uhr hineingebracht hat, daß Drahtverhaue dovor gezogen sind, daß die Artillerie ihre Geschüße sorgfältig nerstedt, daß die Truppen da und dorthin geworfen werden, daß die Feldposi ihren Dienst tut, daß es Tapfere gibt, die mit dem Eisernen Kreu ausgezeichnet werden.
Und dann sehen Sie noch Wirkungen. Sie sehen Verwundete, miffen von Toten, hören von gestürmten Städten und von eroberten oder wieder aufgegebenen Stellungen. Aber das ist nicht die Melodie des Krieges. Es wäre, als wenn man das Wesen und die Melodie des Windes dadurch bezeichnen und begreifen wollte, daß er dürre Blätter jagt, daß die Wetterfahne freischt und die Wäsche an der Leine trocknet. Das alles ist nicht seine Melodie; wie die Einrich tung des Schüßengrabens, das Eiserne Kreuz und selbst die Toten nur fümmerliche, winzig fieine erkennbare Aeußerungen einer un erkannten und verborgenen Majestät sind, mag dieje nun erhaben oder grausam sein.
-
-
Bielleicht hat ein Dichter diese Majestät schon unverhüllt gesehen, diese Melodie und wenn sie ein Gebrüll wäre schon zum Nach= singen vernommen. Wenn ich von mir reben soll, so vermehren sich wohl die vernehmbaren Töne, aber Rhythmus und Melodie sind bunkel. Und wenn ich alle Dichter vergangener Zeiten aufrufen wollte, den Krieg zu singen, so würden vielleicht alle, die größten auch, schweigen, es sei denn, daß einer antwortet, der durch die Hölle gegangen ist.
An...
Ende Januar 1917.
Ich habe also Deinen Brief vom 26. gelesen; Du magit Dir denten, wie oft! lind ich bin weit' davon entfernt, diese Gedankent, diese Empfindungen als Anwandlungen einzuschätzen, die vorüber. gehen. Damit täte man Euch keine Ehre an.
Das Dasein ist ganz gewiß sehr freudlos und sehr trostios! Es ist nur zu begreiflich, daß darin 3artes. Blühendes, Unberührtes zugrunde geht. Auch die Unruhe im Innern ist klar für mein Ver iftehen. Wenn Du lieft, gewinnt nichts Gestalt von dem Gelefenen; Du möchtest schreiben und vermagst es nicht. Du prüfft nach, ob Du noch Freude hast an Dingen und Menschen, und findest ganz richtig, daß Du für sie gestorben seieft und selbst schon vom Schmerz fern. Das alles ist so, und Du bist schon start gewesen, es unter einsamen Strecken, unter der Glutsonne des Krieges, unter dem zehrenden Mond des Zweifels so lange ausgehalten zu haben. Nun so scheint es Dir sei es mit Deiner Kraft zu Ende. Auch der Kämpfer draußen am Feind seat dies, meint dies. Er fühlt sich tot und liegt tagelang für tot. Aber das Leben gibt ihn nicht auf.
-
-
Ich sage nicht, daß alles wiederkomme an Glanz, Freude und Lachen, was einst mar; das zu sagen wäre töricht, das zu münschen selbst vermessen. Aber Du fannst ebensowenig sagen, daß nichts wiederkomme, oder daß dies und das nicht wiederkomme. Solches ( Schluß folgt.) wiffen wir nicht,