Nr. 196+42. Jahrgang
2. Beilage des Vorwärts
Bei der Beratung des Haushalts des Reichsarbeitsministeriums im Reichstag haben die sozialdemokratischen Redner wiederholt und mit besonderer Eindringlichkeit gefordert, daß für die im Erwerbsleben stehenden swangeren Frauen ein erhöhter Schuß geschaffen werde. Seit 1907 haben wir feine Gewerbezählung mehr gehabt, aber wir wissen aus den Zahlen der Krankenversicherung , daß die Beteiligung der Frauen an der Lohnarbeit stetig zunimmt. Im Jahre 1907 waren von 100 versicherungspflichtigen Personen 21,6 Proz. weiblichen Geschlechts, 1924 dagegen betrug der Anteil der meiblichen Versicherten an der Gesamtzahl 35,3 Broz. Aber nicht nur die Zahl der arbeitenden Frauen und ihr verhältnis. mäßiger Anteil an der Produktion ist beträchtlich gestiegen, starf zugenommen hat besonders die Zahl der erwerbstätigen Frauen in dem Alter, in dem sie auch von Gatten- und Hausfrauenpflichten in Anspruch genommen werden. Man fann annehmen, daß sich heute rund die Hälfte aller arbeitenden Frauen in diesem Alter befinden, also zwischen 20 und 40 Jahren. Ist die industrielle Arbeit an sich schon für die Frau mit höheren Gefahren für die Gesundheit verknüpft als für den muskelstärkeren Mann, so wirft fie geradezu als gefellschaftliches Verbrechen, wenn auch die schwangeren Frauen und die jungen Mütter zur Erwerbstätigkeit gezwungen sind.
Es wirkte geradezu erschütternd auf die Zuhörer, als die weiblichen Mitglieder der sozialdemokratischen Fraktion im Reichstag unter Hinweis auf die Gefahren der weiblichen Berufsarbeit einen erhöhten Sozialschutz für die Frauen forderten, und als dann Genosse Dr. Moses als Arzt die Verhältnisse in der Textilindustrie schilderte. Er berichtete über Bersammlungen in den sächsischen Tertilbezirken, wo zahllose schwangere Frauen ihre Not hinausschrien und Hilfe in ihrem Elend forderten. Er legte auf den Tisch des Hauses eine Reihe Photographien nieder, auf denen man schwangere Frauen bei der Arbeit an Textilmaschinen erblicken tennte. Aber die bürgerliche Mehrheit des Reichstags hat für diesen Jammer höchstens ein bedauerliches Achselzucken; die Luther - Regierung muß den fapitalistischen Kreisen so viele Liebesgaben zuwenden, daß für eine bessere materielle Ausstattung des Reichsarbeitsministeriums teine Mittel mehr übrig bleiben. Ein stärterer Drud der arbeitenden Schichten auf Regierung und Reichstag ist notwendig, um die Sozialgesetzgebung wieder fräftig vorwärts zu treiben.
Der Deutsche Textilarbeiterverband hat jetzt an die Regierungen, den Reichstag und die Landtage Forderungen auf nachhaltigen und wirksamen Schutz der in Erwerbsarbeit tätigen Frauen und Mädchen gestellt. Als Uebergangsbestimmungen sollen geschaffen werden:
1. Berbot der Erwerbsarbeit der schwangeren Bersonen für die letzten drei Monate der Schwangerschaft,
2. Beschränkung der Erwerbsarbeit schwangerer Perfonen im 5. und 6. Monat der Schwangerschaft auf höchstens 4 Stunden pro Tag
3. Vergütung des entgehenden Arbeitsverdienftes aus Mitteln des Staates oder einer zu schaffenden obligatorischen Kollektivverficherung.
Sonntag, 26. April 1925
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FLORATH
Zum Schuße der schwangeren Frauen und Mädchen wer- Majestät können ganz beruhigt sein. Ich bin mit den Russen fertig geworden, ich werde auch mit
den noch folgende Maßnahmen verlangt: Schaffung von Siz gelegenheit, Bereitstellung besonderer Zimmer in Großbe trieben, Bereitstellung von Medikamenten sowie von Speisen und Getränken, die den besonderen Bedürfnissen der schwangeren Arbeiterinnen entsprechen, Einstellung von Fabritärzten, Einrichtung von ärztlichen Sprechstunden, Einstellung weiblicher Aerzte als Gewerbeaufsichtsbeamtinnen, Verpflichtung der weiblichen Gewerbeaufsichtsbeamtinnen zur besonderen fürsorgenden Beaufsichtigung der Schwangeren im Arbeits prozeß, Einrichtung ärztlicher Beratungsstellen in den Gemeinden, Anerkennung der Schwangerschaftsbeschwerden als Krankheiten und ärztliche Versorgung durch die Krankenkassen.
Zur Begründung dieser Forderungen führt der Borfizende des Deutschen Tertilarbeiterverbandes, Genosse Her mann Jädel, aus, daß in der deutschen Textilindufirie ständig mindestens 90'000 schwangere Frauen und Mädchen beschäftigt werden, für die die Erwerbsarbeit eine ununterbrochene neun Monate andauernde Qual sei. Die Arbeit der Schwangeren in der Tertilindustrie erfordere entweder ununterbrochenes Stehen oder ununterbrochenes Laufen oder ununterbrochenes Sigen. Im einzelnen wird in der Eingabe, der eine Bilderreihe von schwangeren Frauen an den Textilmaschinen beigefügt ist, ausgeführt:
" Die Maschinen der Textilindustrie laufen sehr schnell. Ein schwerer Tuchwebstuhl macht 90 Touren pro Minute, ein Baumwoll stuhl 200 Touren und mehr. Eine Spindel macht bis zu 10 000 Umdrehungen pro Minute. Jede einzelne Person bedient viele Spindeln, viele Webstühle usw. Entsprechend dem schnellen Gang der Maschinen müssen die Bewegungen der schwangeren Arbeiterin schnell erfolgen. Sie muß sich also schnell bücken, schnell drehen, schnell langen, streden, drücken, ziehen, heben usw. Die schwangere Arbeiterin hat sich demnach viele hundertmal pro Tag 9 Monate lang in ihrem gesegneten Zustand bis zum hochschwangeren Zustand zu streden, zu dehnen, zu stoßen, zu legen, zu büden usw. und alle möglichen Bewegungen und Arbeitsmanipulationen auszuüben. Der
Wechselstener. Amtlich wird auf folgenbes aufmerksam gemacht: Solange fie noch nicht mit einem inländischen Indossement nerfehen sind, dürfen inländische Wechsel vom Aussteller und ausländische vom ersten inländischen Inhaber noch unversteuert zur Annehme verschickt oder vorgelegt werden. Der inländische Atzeptant darf aber meder diese Bechfel noch Blanko- Alzepte irrig, inländische angenommene Wechsel und Blanto- Atzepte brauchten nicht
unperſteuert aus der Sand geben. Daher ist bie meitverbreitete, Meinung
verfteuert zu werden, wenn fie, wie in der Regel Depotmechfel, nicht giriert
sber in Rahlung gegeben werben
DAB MARULIN
schwangere Leib wird dabei ständig sozusagen gefoltert. Er wird gestoßen, gepreßt und gedrückt. An eine normale Entwicklung der Leibesfrucht ist dabei nicht zu denken. Der Deutsche Textilarbeiter. perband ist mit der Fertigstellen einer Statistit beschäftigt. 1110 Frauen und Mädchen, welche entbunden hatten, haben bisher über den Verlauf der Entbindung berichtet. Von diesen 1110 Frauen und Mädchen haben nur 309 über normalen Berlauf der Entbindung berichtet. 801 Frauen und Mädchen, das sind 72,16 Proz., haben unter den größten Schwierigkeiten und unter den entseglichsten Qualen das neue Menschenfind zur Welt gebracht.
Für die Frau bedeutet die Erwerbsarbeit enorme Steigerung der Uebel, welche mit der Schwangerschaft ohnehin verbunden find. Sämtliche befragten weiblichen Mitglieber des Deutschen Textil arbeiterverbandes, welche den Zustand der Schwangerschaft durchgemacht hatten, berichten über Brennen und Stechen im Rücken, in Armen und Beinen, im Leibe, über Seitenstechen, starten Schwindel, Mattigkeit, anhaltende Atemnot, nervöse allgemeine leberreizungen, Schwächeanfälle, Erbrechen bei der Arbeit, Appetitlosigkeit, abwechselnd mit Heißhunger und vieles andere. Eine solche Frau gehört nicht in die Fabrit, an die Erwerbsarbeit. Die Tatsachen lassen aber cuch erkennen, welche furchtbaren Gefahren diese Erwerbsarbeit für das Kind im Mutterleibe bildet."
Die Eingabe des Tetilarbeiterverbandes fagt mit Recht, daß Deutschlands Eristenz bedroht jei, wenn es nicht für den Schutz der Frauen und Mütter forgen werde. Bei der Armut des arbeitenden Volkes sei aber dieser Schutz ohne materielle Entschädigung für entgangenen Arbeitsverdienst nicht möglich. Der Eingabe ist ein Gutachten einer der ersten Autoritäten auf dem Gebiete der Frauenkunde, Dr. Mar Hirsch in Berlin , beigefügt, das in eindringlicher Weise aus der Fülle der ärztlichen Beobachtungen die Forderungen der Gewerkschaft unterstützt. Dieses Gutachten, so sagt der Textil arbeiterverband dazu, bilde zugleich eine sch mere Antlage gegen die hauptsächlich von Männern geschaffene und durch geführte Gesetzgebung, die es bisher versäumt habe, auf diesem, einem der wichtigsten Gebiete der Wirtschafts-, Sozial- und Bevölkerungspolitik irgend etwas zu leisten.
Forderungen des Deutschen Textilarbeiterverbandes zu ihren Die sozialdemokratische Fraktion wird die
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eigenen machen und vom Reichstage verlangen, daß er unverzüglich die notwendigen gesetzgeberischen Maßnahmen trifft. Nicht nur in der Textilindustrie bedürfen die schwangeren Frauen und Mädchen einer ganz besonderen Fürsorge; wir haben noch eine ganze Anzahl anderer Industrien und Gewerbe, in denen die Arbeit für die werdende Mutter mit nicht weniger großen Gefahren verbunden ist. Jezt darf nicht mehr davon geredet werden, daß keine Mittel für diesen dringenden Ausbau der sozialen Fürsorge vorhanden sind. Die Mittel find da, sie müssen in ausreichendem Maße zur Verfügung gestellt, dem unmenschlichen Zustande muß ein Ende gemacht werden, daß Hunderttausende von Frauen die Zeit ihres Lebens, die eigentlich die schönste und hoffnungsreichste fein müßte, zu einer Zeit des Elends und des Jammers wird!
Tuberkulose und Gefängniswesen.
Ein besonders trübes Kapitel in unserem Gefängniswesen bildet die unzureichende Versorgung schwer erfrankter Intersuchungsund Strafgefangener. Es ist deshalb ein außerordentliches Verdienst, das sich der Leiter des staatlichen Krankenhauses des Ver liner Untersuchungsgefängnisses, Dr. Thiele, erwirbt, indem er die tuberkulöjen Strafanstaltsinfassen werden zurzeit eine leichte den Finger in die offene Wunde des Staatsförpers legt. Besonders Beute ihrer Krankheit.
Nach Ausführungen Dr. Thieles fehlt es in Preußen überhaupt an geeigneten Unterbringungsgelegenheiten für die genannten Stranten; unter der neuerdings verminderten Ernährung haben dieje
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