Sonntag
26. April 1925
Aus der Film- Welt
Die nationalistische Filmhochflut.
Von einem alten Filmmann.
-
Jahrelang erging an die deutsche Filmindustrie der Ruf: macht internationale" Filme! Werke, die in der ganzen Welt verkäuflich find, deren schlichte Handlung allüberall verstanden wird, die besonders auch mit den jeden Markt an sich reißenden Amerikanern fonfurrieren, ja sogar in das faufmännische wichtigste„ Dollarita" exportiert werden können! Das Bestreben, nun auch um Gotteswillen recht international zu werden, führte sogar zu den grotestesten Mißgriffen: man nahm den deutschen Filmen jede Bodenständigkeit, gab ein Sammelfurium von Stillosigkeiten und ver= mied es selbst peinlich, auch nur irgendwo eine deutschsprachige Aufschrift als Straßenname oder Firmenschild, oder gar eine deutsche Briefträger und Schuhmannsuniform zu zeigen. Und erft, als größte Firmen diese nationale Würdelosigkeit nicht mehr mitmachten, als sich zeigte, daß gerade diese rein deutschen Filme auch im
Die Filme der Woche.
Jadie in Front.
Beilage
des Vorwärts
In beiden genannten Theatern läuft der Naturfarbenfilm Bali. Die Farben decen noch nicht vollkommen, namentlich bei schneller Bewegung, die man auch ängstlich vermied. Alles in allem wurde jedoch eine höchst beachtenswerte Arbeit geleistet.
„ Luxusweibchen".
e. b.
Auslande( sogar in Amerika !) ihr Geschäft machten, bekam man Mut, feht. Das Schiff geht in einem Taifun unter, Jackie, der einzig bem eigenen Chef sein Glück findet. Welche Himbeerlimonade ist
nun Werke, wie„ Die Blumenfrau vom Potsdamer Play" und ähnliche mit Lofaltoforit herauszubringen.
Der naive Außenstehende könnte nun also wohl annehmen, daß auch die augenblickliche Hochflut pon ausgesprochenen Mili tärfilmen auf eine solche nationale Selbstbesinnung zurückzuführen sei. Aber erstens einmal ist von„ national" zu„ nationalistisch" ein weiter Weg! Viele dieser Militärfilme( 3. B.„ Des Königs Grenadiere") haben deutlich hegerisch- nationalistische Tendenz; und selbst ursprünglich antimilitaristisch gemeinte Original werte, wie 3 apfenstreich", dienen der Verfilmung nur noch dazu, durch an sich ganz unnötiges Einfügen von foldatischen Massen fzenen beim Publikum für den abgetakelten alten Klimbim in ver= logenster Form zu werben. Berlogen vor allen Dingen schon deshalb, weil sie nur den äußeren Glanz, bildlich allerdings packende Attaden, Manöver und sonstige Massenszenen darstellen, über den Drill, körperliche und seelische Mihhandlungen und die legte Konsequenz, das organisierte Massenmorden des Krieges und seine unendlichen Greuel mehr als taktvoll hinweggehen.
Bei der urteilslosen Menge, die durch die Freude am schönen Bilde und... durch die prompt einsetzende nationalistische Claque unwillkürlich mitgerissen wird, der die fleißig um ihre nadte Eriſtenz fich abrackernde Republik natürlich nicht so pomphafte Augenweide bieten tann und will, wird durch solche Filme, die propagandistisch wirtungsvoll in die fleinsten Nester unseres Vaterlandes dringen, politisch der schlimmste Schaden angerichtet. Die Leute haben natürlich längst vergessen, daß gerade dieser auf die Spitze getriebene Militarismus es war, der sie in die heutige Not rücksichtslos hineingeritten hat; sie flatschen dumm aber begeistert mit und helfen dadurch immer neuen solchen Giftpilzen zu üppigem Wachstum.
Es ist nahezu unglaublich, was neuerdings an Filmen auf den deutschen Markt tommt, die bewußt auf den Nationalismus spekulieren. Man muß dazu außerdem auch noch Werke rechnen, die fünstlich von rechtsgerichteten Kreisen durch oftentative Kundgebungen während der Vorführungen( benten wir nur an„ Fride. ricus Reg") zu ihren Propagandazmeden umgestempelt werden. Es ist deshalb auch fein Wunder, daß just dieses Wert in der Zeit der augenblicklichen völkischen Hochflut nochmals ausgegraben und in 52(!) funfelnagelneuen Kopien zur Ausfüllung einer flaffenden Lücke angeboten wird.
Als bei unserer Filmindustrie noch auf international" gearbeitet wurde und ein traffer Mangel an Werken bestand, die sich zu rechtspolitischer Propaganda eigneten, hat man es sogar nicht verschmäht, einen wundervollen Schwedenfilm, der die Befreiung Finn lands von Bobritoffs Schreckensregiment schilderte, einfach durch tendenziös vorausgeschickte Landschaftsbilder vom Rhein (!) zu völkischer Mordpropaganda um zufälschen. Erst als da selbst die Fachpresse( Lichtbildbühne" und" Filmfurier") warnte, lenkte man ein. Vor wenigen Tagen sah man, geschichtlich vielfach falsch, den Totengräber eines Kaiserreichs". Künstlich ist da, offenbar zu Zwecken der Wahlpropaganda, Hindenburgs Bild hineingezerrt worden. Die unpolitische" Deuligwoche macht ganz ungeniert ausgiebige Reflame für den Rechtskandidaten und damit das Kino zur Stätte politischer Radauszenen.
Muß man da nicht stußig werden, wenn man sieht, daß unsere sonst so vorsichtig rechnenden Filmfabrikanten offensichtlich alle tauf. männische Berechnung fahren lassen? Sie, die ihrer überwiegenden Abstammung nach bestimmt nicht zu deutschvöltischen Kreisen gehören, sollen mit einem Male ihr nationales Herz sogar gegen ble eigenen Gewinnmöglichkeiten sprechen lassen? So naiv wird wohl niemand sein, daß er ihnen das glaubt! Irgendeine tiefere Ursache muß also dahinter steden; irgendwelche Kreise, die finanziell solche Filme unterstützen. Der Beweis dafür ist natürlich nur durch Indizien zu führen, da aber lückenlos. Und wer diese Kreise find, das fann nach der politischen Richtung dieser Filme und nach den gewaltigen Geldmitteln, die zu ihrer Herstellung gehören, niemandem zweifelhaft bleiben!
Die Rechts parteien sind sich der ungeheuren Propagandagewalt, die dem Film innewohnt, beizeiten bewußt geworden. Sie nußen die schwierige Wirtschaftslage der Filmindustrie mit Hilfe ihrer großen Geldmittel nach Kräften aus und haben sich dadurch por den Republikanern in der Werbung urteilsloser Wähler, insbe sondere der Frauen, einen tüchtigen Vorsprung gesichert, zumal fie ja nicht offen politisch kommen, sondern im Gewande schmachafter leichter Unterhaltung. Man sollte diese Vergiftung der öffentlichen Meinung bei den Linksparteien wirklich nicht so leicht nehmen, wie dies anscheinend geschieht.
Fehlte es also schon bei der dringend notwendigen Abwehr, so ist von direkten Gegenangriffen nun überhaupt nichts zu berichten. Es mag fein, daß es hier am Geldmangel liegt; obwohl uns allzu geringes Verständnis für den Propagandawert des Kinos als leidige Hauptursache erscheint. Wenn man sich aber schon nicht zu eigenen Werten entschließen will oder fann, so möge man wenig. ftens feine ſtarten Organisationen gegen solche Giftpilze mobil machen. Man möge vor allen Dingen den Kinobefizern, die von Arbeitergrofchen leben, flar machen, daß man sich weiterhin eine so einseitige politische Propaganda nicht länger gefallen lasse, daß man aber bei bewußter Renitenz schließlich auch einmal vor deni letzten und schärfsten Mittel des Bontotts nicht zurückschrecken
werde!
Jadie Coogan, biefe große Filmbegabung, der Liebling aller, erfreut uns in einem fechsaftigen Film als Robinjohn( Ufa Turm. straße und Ufa Rollendorfplat). Bon San Franzisko aus, wo seine Mutter früh starb und sein Bater als Schutzmann im Kampf mit Berbrechern sein Leben ließ, fährt das Waisenkind nach Australien . Es kommt an Bord der" Sara Binch", die fein Ontel als Kapitän befehligt. Dieser Onkel ist dem Jackie nicht gut gesonnen, denn er fürchtet, die reiche australische Tante könne den Kleinen zum Erben einsetzen. Infolgedessen gibt es allerlei rührende Momente, wenn dem Jackie durch ungerechte Behandlung Leid zu den Schmerz überzeugend zu spielen, es tommt niemals hohe Thea gefügt wird. Und man muß es eingestehen, der Junge versteht es, tralit bei ihm auf. Natürlich ist Jackie an Bord der Liebling aller, tralit bei ihm auf. Natürlich ist Jackie an Bord der Liebling aller, auch des Kochs, der ihm zu seinem Leidwesen jeden Tag Bohnen vorsind die wunderbarsten, denn der Medizinmann gibt ihn als weißen Ueberlebende, wird unter Kannibalen verschlagen. Seine Erlebnisse Gott aus. Er läßt sich huldigen, er tanzt mit den Schwarzen, er feiert Feste mit ihnen, bis die Kannibalen die nächstgelegene Infei mit Krieg überziehen. Sie bringen einen grausamen Weißen und feine beiden Helfershelfer als Beute mit, um sie zu verzehren. Da erwacht in Jackie das Solidaritätsgefühl. Er eilt mit einem Boot nach der benachbarten Insel, errettet die schöne Tochter des Faftorei besizers und ruft drahtlos( auf der„ Sara Winch" hat er das Fun fen gelernt), ein Kriegesschiff zur Hilfe. Schließlich bringt das Schiff Jackie nach San Franzisto, und die ganze Polizeimannschaft zieht im Parademarsch unter Borantritt einer Mufitkapelle zu Klein. Robinsons Empfang auf. Jackie ist der Held des Tages. Der Film ist mit vielen Drollerien gewürzt. Ganz entzückend ist Jackie, menn er in ernſteſter Situation auf einmal einen Kuchen entdeckt und sich über ihn hermacht. Ebenso ist es unvergeßlich nett, wenn der schla fende Jadie vom Stuhl fällt, weil er träumt, er würde gefressen. Der Hauptreiz der Robinsonade liegt aber darin, daß Jadie diesmal ganz Kind ist.
Ein gefühlvoller Druck gegen die Schläfe- ein schmachtender Blick durch den Spiegeldral Tropfen.Kelke Flöhrs", zart die Schultern pudern1000 Worte galante Sprache- dann ein tiefer Seufzermachen die Frauen reit für
SUNDENBABEL
EINE KOMÖDIE DER VERSUCHUNGEN MIT
REINHOLD SCHUNZEL MALY DELSCHAFT REGIE: CONST. J. DAVID GREENBAUM FILM G. M. B. H.
URAUFFÜHRUNG DONNERSTAG, 30. APRIL 1925
MARMORHAUS
LLMS
BAYERN- FILMS
Der neue Eichberg Film im Marmorhaus am Kur fürstendamm ist von jener Art, die ein geistig anspruchsloses Publikum amüsiert, bei Menschen von Geschmack aber ein Gefühl des Mergers darüber hinterläßt, daß ein großer Apparat in Szene after auszuwalzen, der obendrein noch alle Kitschigkeit des Neugesetzt wird, um eine belanglose Unwahrscheinlichkeit zu einem Sechsreichtums aufweist. Dieser Film will offenbar in heiterer Form finniger Ehemann sein Vermögen durchbringt, um dann zu verzeigen, wie ein Mädchen aus reichem Hause, mit dem sein leichtschwinden, sich in einen tüchtigen Arbeitsmenschen mit voller Dafeinsberechtigung verwandelt und schließlich in einer neuen Ehe mit Darstellerin der Titelrolle, Lee Parry , mit ihrem hübschen, aber aber im„ Lurusweibchen" aus diesem Vorwurf geworden! Der ausdruckslosen Gesicht, glaubt man wohl, daß ihre Verschwendungssucht einen Mann zugrunde richten tann; daß sie aber ernsthaft unter Zurückstellung ihrer Lurusbedürfnisse arbeiten fann und so. gar, wie der Film glauben lassen will, zur Erzieherin von Tauenzienbackfischen gemacht wird, ist von dieser Modedame zu viel rerlangt. Es ist auch wenig glaubhaft, daß sich ein Kaufmann ( Olaf Fjord ), am Rande der Pleite, von seiner verschwenderischen Frau( Lia Eibenschütz ) scheiden läßt, um Lee Barry zu heiraten; hat doch jeder Zuschauer unwillkürlich das Gefühl, daß Film gute darstellerische Arbeit vertan worden ist; Lettinger er damit vom Regen in die Traufe fäme. Schade, daß auf diesen als befümmerter Onfel, Falkenstein als verliebter Türfe, Juntermann als heruntergekommener Adiiger und Garrison als breiter Bankier hätten eine bessere Handlung verdient. Kommen Filmgesellschaften und Regiffeure nicht endlich dahinter, daß die Berniedlichung des Lebens im Film aufhören muß und die progigen Wohns, Schlaf- und Badezimmer, die es eigentlich doch nur im Film gibt, geeignet sind, im Inland den Klassenhaß zu verstärken, im Ausland das Ansehen des deutschen Geschmacks und der deutschen Kultur zu vermindern? f. h. c.
„ Flammende Herzen".
=
Auf Grund der bisherigen Leistungen berechtigen die Schwedenfilme zu ganz besonderen Erwartungen. Daher bringen die " Flammenden Herzen"( Wittelsbach Lichtspiele, Wil mersdorf ) eine ziemliche Enttäuschung. Ein in Schulden verstricter Oberst begeht Selbstmord, eine schwerwiegende Tat, die Jeinem Sohn Jugendgeliebte und Vaterland foftet. Der Sohn gehi ins Ausland, trägt die hinterlassenen Schulden seines Vaters ab und tritt in das Regiment ein, dessen Oberst, ohne daß der Neueintretende es weiß, seine Jugendgeliebte zur Frau hat. Das ergibt einen unbestrittenen Grund zum Seelenfonflikt, der mit sehr anfechtbaren äußeren Berwicklungen verbrämt ist. Der junge Offizier wird fogar beinahe standrechtlich erschossen. Doch wird zum Schluß alles gut, denn erstens handeln alle Leute äußerst ehrenhaft und edelmütig, und zweitens stirbt der Oberst. Das ist die übliche Patentlösung. Nun weiß man doch, dem Glück des jungen Baares wird nichts mehrord im Wege stehen. Victor Sjöstroms Regie hinterließ nicht eine Spur von eigenem Empfinden. Sie war langatmig, spannungslos, ohne die nötige feine Kultur, um den Seelenkonflikt auszunutzen. Die Namen der Schauspieler fonnte man nicht erfahren. Der Film wurde wohl nur eingeführt, weil die lang ausgesponnenen, filmisch unbedingt wirkungsvollen Kriegsszenen in Deutschland ein gutes Geschäft versprechen. An und für sich sind diese Kampffzenen eine grobe Unwahrheit, denn die europäischen Kulturnationen führen gegen ein paar auffärsige Araber feinen regelrechten Kampf, die beseitigen sie höchft bequem durch ein paar Luftbomben. Für ein anspruchsvolles Publikum, das die deutschen Militärschmarren, den amerikanischen Blödsinn und kriegerische Greuelszenen als Erholung ablehnt, ist die Auswahl an guten Filmen eben immer noch eine sehr geringe. e. b.
„ Der Maler und sein Modell".
Unter dem Titel„ Der Maler und sein Modell"( UT. Kur. fürstendamm) läuft eine alltägliche Geschichte, die unter Jean Manoussis Regie sehr hübsch und gefchmadvoll zugleich gefaßt ist. Ein Sohn der Berge ist ein vielversprechender Maler, und ein junges Ding, das ihm sein Herz schenkte, sein Modell. In das Leben der beiden tritt ein berühmter Maler, der dem jungen Mann helfen will und auf das Mädel nicht nur ein, sondern alle beide Augen wirft. Daher steht berechtigte, aber noch mehr unberechtigte Eifersucht zwischen den beiden Männern. Zum Schluß wird alles gut, man weiß, der junge Maler geht einen aufwärtsführenden Weg, Der berühmte Maler wird noch in Zukunft sein Beschüßer sein, und auch die drei Frauen werden glücklich. Die Gattin des Malers wird nach wie vor ihrem Manne ein treuer und fluger Lebensfamerad fein, Mariette wird ihren Vincent heiraten, und die charatterstarte Marcelle hat in dem jungen Paare wahre Freude gefunden. Endlich stößt man hier einmal auf ein Filmmanuskript, das nicht in der üblichen Schwarz- Weiß- Charaftern.alerei schweigt. Die Charaktere sind durchweg verständlich gezeichnet. Die Darsteller, Léon Mathot , Madeleine Ericson, Ginette Maddie , Louis Allibert und Geneviève Poirier, folgten diesen Winken und blieben durch und durch natürlich. Es wurde eine flare Arbeit geliefert, auch photographisch, was Willy Gaebel und Otto Tober zu danken ist. Das Auge befommt allerlei Erfreuliches zu sehen, z. B. aufregende Tanzfzenen, ländliche sowohl wie solche vom Ballett, wirksame Lichtreklamen und sehr gute Naturaufnahmen von Baris. Namentlich ist der Eiffelturm photographisch ganz vorzüglich ausgenugt. -9.
Ankauf
Verkauf
Tanzen Sie schon ,, Kukirolienne"?
Das müssen Sie lernen im
nur urch
PHUSARENFIEBER" PPP
dem grossen Lacherfolg im
AASTA
PRIMUS- PALAST, Potsdamer Strasse 18.