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Nr. 20242. Jahrg. Ausgabe A nr. 105

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Donnerstag, den 30. April 1925

Wer rettet wen?

Statt Heldenbitter" nur Milch der frommen Denkungsart".

PP

Es geschehen immer noch Zeichen und Wunder und der| schließend wird die Beratung des Haushalts des Reichswirtschafts alte Ben Atiba wird täglich Lügen gestraft.

In der Zeit", dem Sprachrohr des derzeitigen Außen­ministers Siresemann, wird jeht hochoffiziös auseinander gefeßt, daß es feinen treueren Hüter der republikanischen Etaatsform geben werde, als den wilhelminischen Generalissi­mus Hindenburg . Erst durch seinen Amisaniritt, so wird dort mit überlegener Miene dargelegt, wird die Republik richtig befestigt und sein Eid auf die republikanische Verfassung, die auch die Reichsfarben Schwarz- Rot- Cold umschließt, sei mehr wert als alle Reichsfahnen, die zu Demonstrationszwecken um­hergetragen werden.

Das ist eine schöne Reihe von Versprechungen. Sie wird noch unterbrochen durch die Versicherung, Hindenburg fönne gar nicht anders als rein tonftitutionell" regieren. Was so viel heißen soll, als daß Hindenburg nur das zu tun habe, was fein" Reichskanzler und feine" Minister ihm vor­tragen und vorschlagen.

Der Glaube fann bekanntlich Berge, also auch Herrn Stresemann in einen republikanischen Glücksrausch versetzen. Dieser Glaube geht sogar soweit, daß Stresemanns Blatt der Belt versichert, die Außenpolitik der Regierung Stresemann­Buther bleibe durch Hindenburgs Amisontritt unberührt, die Boitit der Erfüllung und der Verständigung werde mit Hindenburgs Billigung weiter getrieben, also werbe auch das unier Hindenburgs Billigung erfolgen, was Mitglieder der ftürfften Regierungspartei als endgül­tige Breisgabe von Elsah- Lothringen und

Don Eupen Malmedy" bezeichnet haben.

=

Es geschehen immer noch Zeichen und Wunder! Die ganze Welt hat Hindenburgs Bahl als einen Sieg des preußischen Militarismus gedeutet und leht stellt sich plötzlich heraus, daß die große Flasche mit dem Etikett, Helden bitter" mur die Milch der frommen Denkungs

art" enthalte!

Es soll also alles beim alten bleiben, wenn man Luthers und Stresemanns Worten Glauben schenken

harf.

Nur erhebt sich die Frage: Warum mußte der Reichsblod flüngel denn den Retter" aus seinem Altersheim in die Un­raft der hohen Politif zerren? Wen soll der Heldengreis nun eigentlich retten? Nur den Doktor Stresemann vor seinen deutschnationa en Regierungsfreunden und Widersachern?

Das hieße doch ein frevelhaftes Spiel mit den Interessen Deutschlands treiben, die durch das Mißtrauen der ganzen Welt aufs äußerste gefährdet wurden und durch die innen­politische Erbitterung nicht minder. Aber da Zeichen und Bunder zur neudeutschen Errungenschaft gehören, so darf die Belt den Berficherungen Stresemanns glauben, daß es keinen treueren Hüter der Republik gibt, als den Retter" aus republikanischen Nöten!

Der Kurs der Außenpolitik. Eine sozialdemokratische Interpellation. Die fozialdemokratische Fraktion hat im Reichstag folgende Interpellation eingebracht:

Die Wahlagitation eines Telles der Parteien, die die Kandidatur des Generalfeldmarschalls Hindenburg aufgestellt hatten, richtete fich gegen die republikanische Staatsform und mit besonderer Heftig teit gegen die bisherige Linie der teutschen Außenpolitit. Ihr Bahlerfolg muß die Befürchtung erwecken, daß die bisherige Grundlage der auf internationale Berständigung und den Ein­fritt Deutschlands in den Böllerbund gerichteten Außenpolitik per Lassen wird.

Wir richten deshalb an die Reichsregierung die Frage, ob sie glaubt, unter den geänderten Berhältnissen an der bisherigen Außenpolitit festhalten zu fönnen?

Der Arbeitsplan des Reichstags. Der Weltestenrat des Reichstages legie am Mittwoch Der Weltestenrat des Reichstages legie am Mittwoch ben Geschäftsplan für bie nächsten Tage feft. Es ist beabsichtigt, mit furzen Unterbrechungen bis zum 4. Juli die wesentlichen Geseze zu verabschieben unb bie erforderlichen Aussprachen über die Innen­bzw. Außenpolitik zu erledigen. Dann soll der Reichstag bis Mitte Not ember in die Ferien gehen.

Am Donnerstag wird der Reichsfinanzminister eine große Rede über die Steuergesetze und die Aufwertung halten. An­

Am 1. Mai

minifteriums fortgesetzt. Am Freitag, dem 1. Mai, findet feine Sigung statt. Der Sonnabend soll zur Verabschiedung des Haushalts des Reichswirtschaftsministeriums benutzt werden. In der neuen Woche ist dann die Beratung der Finanzvorlagen usw. ge­plant Lediglich der Donnerstag bleibt wegen der Festlichkeiten zur Einweihung des Deutschen Museums in München sizungsfrei, da die Reichsregierung und der Reichstag an diesen Festlichkeiten teil­nehmen.

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Gerechtigkeit im Tscheka - Prozeß?

Bon Rechtsanwalt Dr. Brandt- Berlin .

Der Termin für die Bereidigung des neuen Reichs. präsidenten ist noch nicht endgültig festgelegt. Der 9. Mai dürfte hierfür nicht mehr in Frage tommen, da es zweifelhaft tft, ob der Reichswahlleiter bis dahin die amtliche Feststellung des Wahl­ergebnisses abgefchloffen hat. Man rechnet vielmehr mit einer Ber- Ausgang dieses Prozesses nimmt freilich die Lust zu einem cibigung am 11. oder 12. Mai. In den dann folgenden Wochen wird der Haushalt des Auswärtigen Amtes zur Debatte stehen.

Verletzung des Wahlgeheimnisses?

Durchfichtige Stimmzettelumschläge.

Bom Parteivorstand wird uns geschrieben:

Der§ 45 der Reichsstimmordnung bestimmt, daß die Unifchläge für die Stimmzettel un durchsichtig sein müssen, um das Bahl geheimnis zu wahren. Aus verschiedenen Gegenden des Reiches gehen uns jezt Mitteilungen zu, daß gegen diese flare Bestimmung

verstoßen morden ist.

Aus dem Bezirt Magdeburg wird uns ein amtlicher Stimm Bettelumschlag mit einem Stimmzettel zugesandt. Der Umschlag ist hellgrün und von so dünnem Papier, daß man ohne weiteres jeben fann, in welgen ateis das Kreuz gemacht worden ist. Gleichzeitig wird uns berichtet, nommene Rouvert gegen das Licht gehalten und daß die Wahlvorsteher vielfach das vom Wähler entgegenge bei jedem wähler fontrolliert haben, wie er ge wählt hat Aus Halle und aus Bremen gehen uns die gleichen Meldungen zu. Es handelt fiá) um einen gröblichen Verstoß gegen den flaren Wortlaut der Reichsstimmordnung, der überall dort, wo er erfolgt ist, zur Üngültigkeit des Wahlresultats führen muß. benen derartige Kuverts verwendet worden sind, auf, uns fofort Wir fordern unsere Genossen in allen Orten des Reiches, in davon Mitteilung zu machen, damit wir beurteilen fönnen, ob die amtliche Berletzung des Wahlgeheimnisses in einem solchen Umfange erfolgt ist, daß sie von entscheidendem Einfluß auf das Wahlergebnis gewesen sein fann. Jedenfalls werden wir sofort gegen ein solches Berfahren bei den zuständigen Stellen Protest einlegen.

Der Parteivorstand.

Grzesinski Polizeipräsident von Berlin .

Ernennung durch das Staatsministerium. Die preußische Regierung hat auf Vorschlag des Innen­ministers beschlossen, den Oberregierungsrat im preußischen Ministerium des Innern und preußischen Landtagsabgeord­neten Grzesinfti zum Bolizeipräsidenten in Berlin zu ernennen. Die Ernennung ist inzwischen bereits vollzogen. Grzesinski wird in wenigen Tagen das neue Amt antreten. Der neue Berliner Bolizeipräsident gehört schon seit vielen Jahren der Sozialdemokratischen Partei an. Er ist aus dem Arbeiterstande hervorgegangen. Im Jahre 1922 wurde Grzesinski Präsident des Landespolizeiamis mit dem Titel Oberregierungsrat. Als die Aufgaben dieses Amtes erledigt waren, trat er als Referent in das Ministerium des Innern ein. Der sozialdemokratischen Landtagsfraktion gehört Grzesinsti seit 1919 an.

Wir geben nachstehend einem der Berteidiger im Leip ziger Tscheta- Prozeß, der sich gegen die Leitung und Urteils. findung mendet. So flar die politischen Ergeb nisse dieses Prozesses sind und so wenig die Kommu­ nistische Partei irgendeine Beranlassung hat, angesichts der Leipziger Verhandlungen sich noch als Arbeiterpartei aufzuspielen, so bedauerlich bleibt es, daß der Staats­gerichtshof durch die Einseitigkeit der Behandlung der Angeklagten und durch die Härte feines Urteils sich im Gegensaß zu feiner Haltung in anderen Prozessen, 3. B. im Rathenaumord- Prozeß oder im Barchimer Mord­prozeß gesezt hat. Da eine Revision des Urteils nicht möglich ist, muß unbedingt eine Begnadigung oder Ermäßigung der Strafe durchgeführt werden. Red. d. V." Es ist schrecklich), teine Satire zu fahreiben. Der blutig ernste Epilog in Satirenform. Mit drei Todesstrafen und über siebzig Jahren Zuchthaus hat der Staatsgerichtshof die Bergehen der sechzehn Angeklagten fühnen zu müffen geglaubt. Es soll und fann zu diesem Urteil nicht Stellung genommen werden, ehe die schriftlichen Urteilsgründe nicht vorliegen. Die mündlich verfündete Begründung ist unzureichend und wider­fpruchsvoll. Eins aber muß festgestellt werden: Das diesem Urteil vorangegangene Verfahren ist teine ausreichende Grundlage für eine objektive Feststellung, fann es nicht sein, weil es eine einzige Kette von Rechtsverstößen dar­stellt. Die Entscheidungen des Staatsgerichtshofes sind durch feinerlei Rechismittel anfechtbar. Um so mehr muß gefordert werden, daß die gesetzlichen Verfahrensvorschriften peinlichst beachtet werden, daß die wenigen Rechtsgarantien, welche die Strafprozeßordnung, bie moderne Magna Charia, auch dem ärgsten Berbrecher gewährt, nicht durch Will. til rafte ersetzt werden.

Bräsident den von der Berteidigung über die Zulässigkeit Wie anders soll man es nennen, wenn beispielsweise der einer Frage beantragten Gerichtsbeschluß mit der Begründung verweigert, er denfe nicht daran, sich von der Verteidigung dauernd hinausschicken zu lassen".

Wie soll man es rechtfertigen, wenn der Präsident die beantragte Protofollierung eines Antrages ablehnt, obwohl Anträge enthalten muß, obwohl die Nichtaufnahme des Ah­nadh flarer gesetzlicher Vorschrift das Protokoll alle gestellten trages eine Protokollfälschung darstellt. Ein anderes Beispiel: Den Angeklagten war Sprengstoff vergehen zur Last ge­legt. Der Sprengstoff ist zwar beschlagnahmt, aber feltsamer­weise niemals untersucht. Nur eine Photographie ist bei den Atten. Die Verteidigung tritt Beweis dafür an, daß es sich bei dem beschlagnahmten Stoff gar nicht um Sprengstoff, son­dern um wertlose Masse handle. Das Gericht lehnt diesen An­trag ab, da das Gegenteil bereits festgestellt sei". Jeder Renner der Reichsgerichtsjudikatur, die auch dem Staats­lehnung eines Beweisantrages mit dieser Begründung unzu gerichtshof nicht unbekannt sein sollte, weiß, daß die Ab­lässig ist. Man kann niemals das Gegenteil einer entlastenden Behauptung als erwiesen ansehen, ohne den Entlastungs­zeugen überhaupt gehört zu haben. Go setzt sich der Staats­gerichtshof über einen Beweisantrag von unbedingter Erheb­lichkeit bei einer gefeglichen Mindeststrafe von fünf Jahren Buchthaus hinweg.

beweise murden durchweg nicht erhoben. Die bereits vor der Die von der Verteidigung angetretenen Entlastungs Berhandlung beantragte Zeugenvernehmung wurde als un­erheblich" abgelehnt, da es gerichtskundig sei, daß die Kom­munistische Bartei einen gewaltsamen Angriff auf die Ver­faffung geplant habe. Trotzdem hat man fünf Wochen über diese Frage verhandelt und damit dokumentiert, daß das Thema doch wohl erheblich sein müsse. In der Urteils­Die Pariser Wirtschaftsverhandlungen. begründung heißt es, das Gericht habe sich trotz der Gerichts­fundigkeit entschlossen, die Frage im Prozeß nochmals aufzu Paris , 29. April. ( WTB.) In der heutigen Bousigung ber rollen. Warum erhebt man dann aber nicht den von der deutsch - französischen Wirtschaftsdelegationen begrüßte Handelsminister Berteidigung angetretenen Entlastungsbeweis zu diesem doch Chaumet Staatssekretär Dr. Trendelenburg und erklärte, nicht mehr unerheblichen Thema? Die Verteidigung will auf daß nach seiner Ansicht eine Verständigung darauf hinzielen müffe, den Gegenbeweis nicht verzichten. Sie fann es um so weniger, daß man troß der großen Schwierigkeiten befonders auf dem Ge- als jie während der Berhandlung mit völlig neuen brete der Zolliarife zu einer beide Teile befriedigenden Regelung Beweismitteln überrascht wird. Sie macht von dem der Interessen kommen müſſe. Es ist deshalb in beiderseitigem Ein gefeglichen Rechte Gebrauch, ihre Zeugen unmittelbar zu vernehmen beschlossen worden, die Verhandlungen in befleulaben und stellt an einem vorher avisierten Tage 18 ordnungs­nigtem Tempo au führen.

Der Reichstag erledigte gestern in unerheblicher Sigung die zweite Lesung des Pastetats. Heute: Rede des Finanzministers über die Steuer- und Aufwertungsvorlagen, Etat des Wirtschaftsministeriums.

demonstriert die Arbeiterschaft gegen Reaktion, Militarismus und Krieg, für Frieden, Arbeiterschutz und Achtstundentag durch

gemäß geladene Zeugen dem Gericht. Auf die Bernehmung dieser Zeugen, die vielleicht einen Vormittag beansprucht hätte, hatten die Angeklagten nach dem Gesetz ein Recht. Das Ge richt verschwendet nahezu einen Tag auf die Diskussion und lehnt die Bernehmung der Zeugen ab. Selbst wenn das

Arbeitsruhe.