Feste Front der Republikaner .
Eine Kundgebung von Marx. Reichskanzler a. D. Marg hat an die Parteien und Wähler des Boltsblocks die nachstehende Kundgebung erlassen: Es ist mir ein tief empfundenes Bedürfnis, den über dreizehneinhalb Millionen deutschen Männern und Frauen, die am Wahltag mit mir ein aufrichtiges Bekenntnis zum republikanisch- demokratischen Staat abgelegt haben, herzlichsten Dank zu sagen. Dant für die Mitarbeit, die sie geleistet haben; Dant vor allem aber für die Treue, die sie unserer jungen deutschen Republik bekundet haben. Die Entscheidung ist gegen uns gefallen. Generalfeldmarschall von Hindenburg ist zwar nicht mit absoluter Mehrheit zum Reichspräsidenten gewählt, aber infolge der staats- und arbeiterfeindlichen Haltung der Kommunistischen Partei hat sich doch eine relative Mehrheit des deutschen Bolles für den Kandidaten des Reichsblods ergeben. Es ist für uns indes ein stolzes Bewußtsein, daß die Wähler des Bolfsblocks fich von flarer politischer Ertenntnis leiten ließen, sehr viele Wähler des Reichsblods aber, von denen nicht wenige dasselbe wollen wie wir, haben fich aus unpolitischen Stimmungen zur Wahl des General feldmarschalls von Hindenburg entschieden, hinter dem Diänner, Gruppen und Schichten stehen, die in ihren innen- und außenpolifischen Wünschen und Forderungen auseinanderfallen.
Wir haben im Voltsblod mur dem Vaterlande dienen wollen und weil uns der Dienst am Baterlande über alles geht, werden wir uns in echt demokratischer Gesinnung der getroffenen Ent scheidung einer Mehrheit des Boltes willig fügen. Wir als die Schüßer der Verfassung haben die heilige Pflicht, in dem verfaffungsmäßig gewählten Reichspräsidenten den Repräsentanten des deutschen Volkes und der deutschen Republit zu achten. Wir dürfen nicht in den Fehler unserer Gegner verfallen, die ehedem vor feiner Berunglimpfung und Verdächtigung des Vorgängers des jeßigen Reichspräsidenten zurückschredten und damit sich gegen die Gebote Der Staatsautorität schwer verfündigt haben.
Es wird aber auch weiterhin die Pflicht der Republikaner sein, jetzt erst recht feft zusammenzustehen, um der Idee, für die wir gekämpft haben, zum endgültigen Siege zu verhelfen. Bir müssen jetzt der Belt den Beweis erbringen, daß nicht die deutsche Republit am letzten Sonntag unterlegen ist, daß in Deutsch land der Geist wahrhaft demokratischer und sozialer Gesinnung lebendig bleibt und daß wir festhalten an dem Entschluß, auf dem Wege ehrlicher Verständigung mit den anderen Nationen zu einer Befriedung Europas und der Welt zu gelangen.
Bir schämen uns nicht unserer Niederlage, denn wir haben als
aufrechte Männer und Frauen ehrenvoll und nicht ohne Erfolg ge
tämpft. Wir find stolz darauf, daß unser Kampf fachlich geführt
murde; wir haben dem Gegner niemals die gebührende Achtung verfagt; wir haben ihm niemals die vaterländische Gesinnung abgeftritten; wir haben niemals durch Entfachung tonfessioneller Leiden fchaften unserer Sache zu dienen versucht. Der große Gedante der Beltsgemeinschaft wurde von uns auch im Wahlkampfe nicht preisgegeben.
Uns eint die flare Erkenntnis der harten Notwendigkeiten unferer Außenpolitit; uns eint das Bewußtsein, daß ein unzweideutiges Betenntnis zur deutschen Republik die notwendige Voraussetzung einer ftarten Staatsautorität ist; uns eint der Wille, unfer ganzes öffentliches Leben mit fozialem Geifte zu durchdringen.
Wir vergeffen auch nicht, daß noch Millionen unserer Bolts. genossen unter der Last fremder Befagung leiden. Kein Opfer darf uns zu groß sein, um ihnen und dem ganzen deutschen Vaterlande die Freiheit zu bringen.
Für diese großen Ziele fämpfen wir gemeinsam weiter. Dem Baterlande unsere Liebe, dem Vaterlande unsere Arbeit!
Marg, Reichstanzler a. D.
Aus dem Aufruf des Kandidaten des Boltsblods spricht die fefte Zuversicht, daß trop des Sieges des Kandidaten des Rechtsblods die deutsche Politik die Bahn der Demokratie und der internationalen Berständigung nicht verlassen fann.
Die relative Mehrheit des Volkes hat sich für Hindenburg entschieden. Die Berantwortung für diese Entscheidung wird in der Marrschen Rundgebung ausdrücklich festgestellt. Die unpolitische Einstellung eines Teils des Boltes hier, politische Berantwortungslosigkeit dort haben sie herbeigeführt. Nach dieser Entscheidung aus Enttäuschung in die Tafit zu verfallen, die die Rechtsparteien den Reichspräsidenten Friedrich Ebert gegenüber eingeschlagen haben, würde nicht dem Geifte der Demokratie entsprechen. Es würde ledig lich den gewiffenlosen Hegern, die den Feldzug der Verleumbung und Niedertracht gegen Friedrich Ebert organisiert haben, nachträglich Argumente zur Rechtfertigung ihres Treibens liefern und das Odium der Gewiffenlosigkeit von ihnen nehmen, das sie mit diesem Feldzug auf sich geladen haben.
Für Sozialdemokraten ist es eine Selbstverständlichkeit, baß einer nach den Vorschriften der Semotratie gefallenen Entscheidung die Minderheit sich fügen muß. So, wie Ignaz Auer sagte: Esel seid Ihr zwar, aber ich füge mich. Dies Sich- Bescheiden der Minderheit schließt den Kampf um die eigenen Biele, um die Herbeiführung einer besseren Entschei bung nicht aus.
Ein anderes aber ist es, menn Parteien des Rechtsblods einen Kampf um die großen Linien der deutschen Politik im Anschluß an die Präsidentenmahl herbeiführen wollen. Sie merden die Barteien des Boltsblods, sie werben vor allem die Sozialdemokratie auf dem Posten finden!
Die Parteien des Rechtsblocks haben während des Wahltampfes solche Absichten geleugnet. Wollen fie nun diese Wahl ausnußen, um reaktionäre Absichten gegen die Demofratie und die Politit der internationalen Verständigung durchzuführen, so werden fie erfahren, daß die Entscheidung Dom 26. April nicht jene Wendung durch Gottes Fügung herbeigeführt hat, von der einige ihrer Organe reden.
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Die lebendigen politischen Kräfte des deutschen Boltes stehen im Lager der Parteien des Bolfsblod gegen politische Reaktion und triegerische Abenteuergelüfte. Sie sind zum Kampfe enischlossen. Benn die Parteien des Rechtsblods eine politische Entscheidung herbeiführen wollen, so werden sie die Abrechnung haben: im Reiche wie in Preußen.
Nach der Wahl.
Dank des Volksblocks an Mary. Unter Führung des Reichstagsabgeordneten Dr. Ha as. Karls. ruhe hat sich eine Abordnung des Boltsblocks zum Reichstanzler a. D. Marg nach Sigmaringen begeben, um ihm namens des Bolfsblocks Dant zu sagen für die aufopferungsvolle Arbeit, die er als Präsi dentschaftskandidat für die vom Beltsblod vertretene republikanischbemokratische Idee geleistet hat. Reichskanzler a. D. Marg, der bat,
bet feiner bevorstehenden Rüdfehr von jeglichem Empfang absehen| laffenen Gefellen merden in dem Umfange, in dem Arbeit vorhanden zu wollen, wird noch einige Tage in Sigmaringen verbringen.
Generalfeldmarschall von Hindenburg folgendes Schreiben gerichtet: Reichstanzler a. D. Marr hat von Sigmaringen aus an den Das deutsche Volt hat Eure Exzellenz zum Reichspräsidenten gewählt. Es entspricht dem Geifte echter Demokratie, daß nunmehr jeder, der sich zu ihr bekennt, zur Entscheidung der verfassungsmäßigen Mehrheit des Volkes steht. Darum ist es mir ein Bedürfnis, Eurer Erzellenz meinen aufrichtigen Wunsch und die Hoffnung auszusprechen, daß unter Ihrer Präsidentschaft das deutsche Vol? die innere Ruhe und den äußeren Frieden finden möge, wonach unser aller Streben geht. Möge der eingeleitete wirtschaftliche Ges fundungsprozeß zum Segen von Bolt und Reich ungestört fortschreiten; möge die Durchdringung des ganzen öffent lichen Lebens von wahrhaft demofratischem und sozialem Geiste jene Krankheitserscheinungen heilen, die der Krieg und Deutschlands Zusammenbruch hinterlassen haben, und fomit die fittliche Reinigung und Erneuerung unseres Boltes beschleunigen. Möge es unserem deutschen Bolle vergönnt sein, auf dem eingeschlagenen Wege der internationalen Verstän bigung in Frieden und Wohlfahrt recht bald wieder die Stellung in der Welt einzunehmen, auf die es dank seinen Fähigkeiten und seinen Leistungen Anspruch hat. Mit der Versicherung meiner besonderen Hochachtung bin ich Eurer Erzellenz ergebener Marg, Reichstanzler a. D.
Stahlhelm- Terror in Magdeburg .
Vier Reichsbannerleute schwer verletzt. Magdeburg , 30. April. ( TU.) Die Ortsgruppe Magde. burg des Stahlhelm" veranstaltete gestern abend einen Fadelzug mit anschließender Hindenburg - Feier auf dem Domplatz. Am Dome wurden die Fadeln zusammengeworfen und der Bundesführer, Franz Seldte , hielt eine Ansprache. Nach Schluß der Feierlichkeit fam es zwischen Reichsbannergruppen, die eine Gegendemonstration veranstalteten, und Stahlhelmangehörigen zu einem blutigen Zusammenstoß, nach dem etma vier Reichs, bannerleute in schmerverlegtem 3ust and dem Kran tenhaus überwiesen werden mußten.
Die Rheinregulierung. Annahme des Schweizer Planes. Straßburg , 30. April. ( Eigener Drahtbericht.) Die Sentral. rheinlandkommission befaßte sich am Mittwoch mit dem Schweizer Plan einer Rheinregulierung von Straßburg bis Basel , der auf deutsche Vorschläge zurückgeht und mit dem französischen Plan eines Rheinfeitenfanals von Hüningen bis Straßburg . Grundfäßlich wurde wurde der Schweizer Plan angenommen, allerdings mit einigen Zugeständnissen an den französischen Standpunkt. Die deutfchen Vertreter enthielten sich der Stimme.
Gewerkschaftsbewegung
Gemeingefährliche Arbeitszeit.
Dienstschichten von 26 Stunden bei der Reichsbahn. Die Unfall statistit aus der letzten Zeit hat ergeben, daß nicht nur die Unfälle des Personals der Reichsbahn, sondern auch die Unfälle, die den Reisenden zustoßen, sich mehren. Einer der Gründe für die hohe Unfallziffer ist die teilweise ganz underständliche Arbeitsschichtlänge des Reichsbahnpersonals, besonders des Personals im Betriebsbienst. Den Reford der Arbeitsschichtlänge scheint die Reichsbahndirektion Dresden zu schlagen, denn sie beschäftigt trotz Widerspruchs der betreffenden Be amten und der Beamtenvertretung eine Anzahl von Lokomotiv führern und Heizern in Schichten, die 26 Stunden dauern. Sie beginnen ihre Schicht um 1 Uhr mittags und beenden fie am nächsten Nachmittag 3 Uhr. In der ganzen 26- Stunden- Schicht ist eine Ruhepause von 4% Stunden enthalten, die natürlich durch Verspätungen, durch irgendwelche Reparaturen sehr oft in Frage gestellt wird. Es ist notwendig, daß die Deffentlichkeit einmal von diesen Dingen erfährt; denn es kann einen fchließlich nicht Bunder nehmen, wenn einem Lokomotivführer, der 26 Stunden auf den Beinen gewesen ist und diese lange Schicht in regelmäßigen Abständen dauernd zu leisten hat, in gefährlichen Augenbliden die Nervenkraft versagt und ein folgenschweres Unglück entsteht.
Anmertung der Redaktion: Für ein derartiges Verbrechen, wie die Anordnung solcher Dienstschichten, ist kein Wort der Kritik zu fcharf, wäre teine Strafe zu hart. Wo aber fände fich heute ein Richter in Deutschland , der bei einem Eisenbahnunglüd die wahren Schuldigen zu Rechenschaft ziehen würde? Die Eisenbahner fönnen nur auf sich felbst zählen, und das Bublifum fann auch nur auf die Entschlossenheit der Eisenbahner zählen, mit dieser Schmach Der Achtftundentag muß aufzuräumen. hergestellt werden! Er tann es nur durch eine mächtige Einheitsorganisation aller Eisenbahner. Dentt daran, Eisenbahner, besonders am 1. Mai.
M
wieder.
Zu den Wahlen in den Deutschen Werken. Die Berliner Bramba bringt in ihrer Nummer 90 vom 22. April eine Notiz über die Betriebsratswahlen in den Deutschen Werken und zetert darin über die Feststellung im Vorwärts", daß die Rapedisten eine gemeinsame Stampffront mit den Gelben gegen die Freigemertschaften gebildet haben. Es soll über diese gemeinsame Front noch folgendes nachgeholt werden:
Im August 1924 sollte von den drei freigestellten Betriebsräten ( 2 KPD . und 1 Amsterdamer) einer an die Arbeit zurückgehen. Es wurde von uns der Vorschlag gemacht, den Vorsitzenden des Werks betriebsrats, einen Amsterdamer, freizustellen. Da aber der zweite betriebsrats, einen RBD.- Mann, und den Vorsitzenden des GesamtKPD.- Mann nicht mehr arbeiten wollte und die Aussicht für ihn nicht besonders günstig war, bettelte man um die drei Stimmen der Gelben und die Fahnejünger hatten auch vollen Erfolg, denn der zweite Kapedist fonnte seinen Biermartenvertrieb fortsezen. Bei der Wahl des Betriebsrats am 22. April haben sich wieder APD. und Gelbe auf einer gemeinsamen Liste zu schüttert. Dieser gelbe Rapede- Mischmasch wird damit auch der Bus sammengefunden, die gemeinsame Front war demnach noch nicht erfriedenheit des Leiters der sozialen Abteilung, des getreuen Ecard friedenheit des Leiters der sozialen Abteilung, des getreuen Edard feines Herrn und Offizialvertreters in den Geisler Bersammlungen und des Förderers der Nothelfer bei Eisenbahn - und Landarbeiterstreits sicher sein. Wenn der„ Roten Fahne" diese Ber wandtschaft wenigstens in der Deffentlichkeit nicht angenehm erscheint, so muß sie ihre Betriebszelle untaufen. Nicht unverschwiegen soll bleiben, daß die Liste der Opposition" eine reine Rapede List e war und daß die alten Gewerkschafter in der KPD . wegen der gelben Verbindung der Wahl ferngeblieben find.
Anfgehobene Sperre im Fleischergewerbe.
Die Sperre über die Fleischerer Paul Hemmann u. Co, früher Rudded, Berlin , Elfaffer Straße 67, ist aufgehoben. Die ent
ist, sofort wieder eingestellt. 3mei Gesellen, die die Sperre durchbrochen haben, werden entlassen. Die Organisation wurde anerkannt. Jedenfalls steht fest, daß die Notizen in der Maßnahmen zu treffen. Arbeiterpresse gewirkt haben, so daß es überflüssig wurde, weitere
Verbindlichkeitserklärung im Bankgewerbe.
teilt, hat der Reichsarbeitsminister den am 7. April gefällten Wie der Allgemeine Verband der deutschen Bankangestellten mitSchiedsspruch für verbindlich erflärt.
Freigewerkschaftliche Angestellte Berlins !
Auf zur Maifeier, Freitag vorm. 10 Uhr im Lehrer- Vereins. haus! Mitwirkende: Gertrud Ensoldt, Berliner Sänger- Chor. Festrede: Dr. Rudolf Breitscheid , M. d. R. Das Mitgliedsbuch der Anwesenden erhält den Maistempel. Afa- Bund, Ortstartell Berlin .
Ein seltenes Jubiläum.
Am 1. Mai d. J. find es 25 Jahre her, daß Genosse Robert Dißmann , der Vorsitzende des Deutschen Metallarbeiterverbandes, als Angestellter in der deutschen Arbeiterbewegung tätig ist. 1897 trat Dißmann der Sozialdemokratischen Partei und dem Metallmerkschaft, und als die Barmer Metallarbeiter einen Kollegen zur arbeiterverbande bei. Er wurde bald Bevollmächtigter seiner GeLeitung der Geschäfte freistellen mußten, fiel die Wahl auf den damals erst 21jährigen Dißmann. Am 1. Mai 1900, also vor 25 Jahren, trat er sein Amt an. Fünf Jahre später übernahm er die Geschäfte des Metallarbeiterverbandes in Frankfurt a. M. 1908 trat er in die Dienste der Sozialdemokratischen Partei, erst als örts licher Sekretär in Hanau , später als Sekretär für den Bezirk HeffenNaffau. Auf dem Verbandstage 1919 wurde er zum Vorsitzenden des Deutschen Metallarbeiterverbandes gewählt. Seit 1920 gehört er dem Deutschen Reichstag an.
Es wird nicht viele geben, die gleich Dißmann schon als 46jähriger auf ein 25jähriges Angestelltenverhältnis in der Arbeiter. bewegung zurücbliden fönnen. Im Streit der Meinungen hat er oft eine scharfe Fehde geführt, aber immer war für ihn das Interesse der arbeitenden Bevölkerung bestimmend.
Tagung der Bergarbeiter- Internationale.
zum ständigen internationalen Sekretär der Bergarbeiter mit dem
on.
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Brüffel, 29. April. ( Eigener Drahtbericht.) Das Internationale Bergarbeiterfomitee setzte am Mittwoch seine Beratungen fort. Es Schritt zunächst zur Wahl des ständigen internationalen Sekretärs. Nachdem die Franzosen ihren Kandidaten zurückgezogen hatten, wurde Frant Hodges, der Leiter des Internationalen Getre Bivillord der Admiralität im Kabinett Macdonald, einstimmig tariats und früher Sekretär des Britischen Bergarbeiterverbandes. Sitz in London gewählt. Hodges tritt sein 2mt bereits am 1. Mai Anschließend folgen die Berichte der Delegationen der einzelnen Länder über die Lage der Kohlenindustrie. Einer nach dem anderen der Redner entrollte ein überaus trauriges Bild. Fast ausnahmslos berichteten sie von schwerer Absazkrise, ungeheuren Haldenbeständen, zunehmender Arbeitslosigkeit, von den Versuchen der Unternehmer, die Löhne zu kürzen und die Arbeitszeit zu verlängern, denten sich die Arbeiter nur mit größter Mühe widersetzen können. In verschiedenen Ländern drohen schwere Konflitte, so vor allem in Belgien und England. Ueberall berufen sich die Unternehmer bei ihrem Vorgehen auf die ausländische Konkurrenz, auf die niedri geren Herstellungskosten, die geringeren Löhne und die längere Arbeitszeit im Konkurrenzlande. England, Belgien und Holland flagen namentlich über die deutsche Konturrenz. Die Vertreter dieser Länder appellierten an die deutschen Bergarbeiter, die Unternehmer zu zwingen, zu der früheren fürzeren Arbeitsgeit zurückzukehren. Für die deutsche Delegation antwortete ihnen Husemann, der hervorhob, daß auch in Deutschland die Lage feineswegs rofig sei, daß Deutschland gleichfalls unter Absatzftodung leide und der Unmöglichkeit, felbft in Hamburg mit englischer Kohle zu ton furrieren. Im übrigen täten die deutschen Bergarbeiter unter schwersten Verhältnissen ihr möglichstes, un eine Kürzung der Arbeitszeit zu erreichen, aber die deutschen Grubenherren wiesen immer wieder darauf hin, daß die Reparationslieferungen unver meidlich zu einer längeren Arbeitszeit führen müßten. Als Schlußfolgerung der Debatte wurde hervorgehoben, daß den Argumentan der Internehmer in allen Ländern nur dann wirksam entgegen. getreten werden könnte, wenn die Arbeiter genaues, zuverlässiges Tatsachenmaterial und Zahlen über die Produktion, die Ein- und Ausfuhr, die Reallöhne, die Arbeitszeit und die sonstigen Arbeitsbedingungen aus allen Ländern befäßen.
Der Belgier Delatre schlug deshalb eine Entschließung vor, die eine internationale Untersuchung über die Berhältnisse in den Kohlenindustrien verlangt und das Genfer Internationale Arbeitsamt ersucht, bei dieser Untersuchung behilflich zu sein. Das Ersuchen soll durch die Arbeitervertretung schon im nächsten Monat auf der Konferenz des Internationalen Arbeitsamtes gestellt werden. Ueber diesen Antrag entspann sich eine lange Debatte, namentlich weil die Engländer Bedenken dagegen vorbrachten, die äußerste Hilfe des Genfer Arbeitsamtes anzurufen, da die englischen Gewerkschaften wenig Vertrauen zu diesem Amte hätten. Troß dieser Einwendungen wurde die Entschließung mit allen Stimmen gegen die der Engländer angenommen.
Konflikt im rheinisch- westfälischen Baugewerbe.
Köln , 29. April. ( Eigener Drahtbericht.) Die Bauarbeiterschaft des Rheinlandes und Westfalens steht in einem schweren Lohn tampf, der, wenn in den nächsten Tagen teine Verständigung mit den Arbeitgebern erzielt merben fann, zu Arbeitsniederlegungen in größtem Umfange führen wird. In Düsseldorf fanden Verhand lungen zwischen den Parteien statt, die nach mehrstündigen Debatten ohne Verständigung abgebrochen werden mußten. Die Arbeit nehmer hatten beantragt, die umstrittenen Fragen der Arbeits. zeit und der Trennung des Tarifgebietes zurückzustellen und einem besonderen Schiedsgericht zu unterbreiten, um zunächst die Lohnfrage zu regeln. Dieser Forderung setzten die Arbeitgeberverbände fchroffen Widerstand entgegen. Im Laufe dieser Woche wird der amtliche Schlichter eine Entscheidung treffen. Am kommenden Sonntag werden die Bauarbeiter in einer Konferenz zu der kritischen Situation Stellung nehmen.
Hamburg , 29. April. ( Eigener Drahtbericht.) Der Kampf im Bangewerbe in Hamburg und Schleswig- Holstein hat eine neue BerIchärfung erfahren. Die Verhandlungen, die auf Veranlassung des Schlichters am Dienstag stattfanden, find ergebnislos verlaufen, weil die Vertreter des Bauunternehmerverbandes sich weigerten, über Erhöhung des Stundenlohnes um 12 Bf. zusprach, hinauszugehen. den Ende März gefallien Schiedsspruch, der den Bauarbeitern eine Die Bauarbeiter denken nicht daran, sich dem Willen der Unternehmer zu unterwerfen, so daß jezt damit zu rechnen ist, daß eine große Anzahl der Facharbeiter das Aussperrungsgebiet verlassen wird, um in anderen Teilen des Reiches Arbeit zu suchen. Das dürfte bei der augenblicklichen Konjunktur im Baugewerbe nicht schmer fallen. Für den Wohnungsbau in Norddeutschland wird dieser Kampf, wenn die Unternehmer nicht bald nachgeben, außerordentlich schädigend sein.
Berantmortlich für Bolitit: Ernst Renter: Wirtschaft: Arthur Saternus: Gewerkschaftsbewegung: Friedr. Ekkorn; Feuilleton: Dr. John Chikowski; Lokales und Sonstiges: Frip Karstädt; Anzelaen Th. Glede; sämtlich in Berlin . Berlag: Borwärts- Berlag G. m. b. S.. Berlin . Druck: Borwäris- Buchdruckerei und Berlagsanstalt Baul Singer u. Co. Berlin SB. 68, Lindenitrof Sierzu 1 Bellage.