fr. 207 42. Jahrg. Ausgabe A nr. 107
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Sonntag, den 3. Mai 1925
Das Eisenbahnunglück im Korridor.
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Die polnische Gesandtschaft in Berlin teilt folgendes mit: ,, Nach neuerdings vorliegenden Meldungen scheint es sich beim Eisenbahnunfall bei Stargard um ein tommu nistisches Attentat zu handeln. Die Täter, welche die Tat nach dem letzten Rundgange der Wächter, der unmittelbar vor der Durchfahrt des in Frage kommenden Buges statt fand, vollbrachten, scheinen auf das Gebiet der Freien Stadt Danzig entkommen zu sein.
Die polnischen Polizeibehörden haben sich sofort mit den Danziger Polizeibehörden in Berbindung gesetzt und die Nach forschungen werden gemeinsam energisch fortgesetzt. Der Unfall geschah dadurch, daß an verschiedenen Stellen der Geleise viermal die Laschen abgeschraubt worden sind, die nachher 50 meter von der Unfallstelle im Grase aufgefunden wurden.
Unmittelbar nach dem Unfall fanden sich die Polizeiorgane von Stargard ein, welche die Unfallstelle absperrten. Der erste Rettungszug traf aus Danzig binnen drei viertel Stunden ein, desgleichen auch Rettungszüge aus Konig, Dirschau und den anderen benachbarten Stationen.
Sämtliche Aerzte aus den Nachbarorten wurden mobilifiert. Morgens traf der Staatsanwalt mit einer Gerichtstommission ein, gleich darauf im Flugzeug aus Warschau der Eisenbahnminister Eberhardt mit dem Direktor des Verkehrs
departements des Ministeriums.
An der Hilfeleistung beteiligten sich sehr intensiv die Wojewodschaften aus Thorn und fämtliche Kreisausschüsse, ebenfalls hat das polnische Rote Kreuz feinen Rettungsapparat zur Verfügung gestellt. Für die Festnahme der Täter hat die polnische Regierung eine Belohnung von 50 000 31oty ausgesetzt.
Der Berkehr war durch den Unfall unterbrochen. In berselben Nacht passierte schon der Berlin - Rigaer D- 3ug, ebenfalls der D- 3ug Berlin - Insterburg , Abfahrt Berlin 10.32 Uhr, desgl. der nach Riga fällige Zug."
Warschau , 2. Mai. ( WTB.) Die nationaldemokratische .Gazeta Poranna" behauptet, man fönne schon vor der Untersuchung getrost sagen, das Verbrechen sei von denjenigen begangen worden, denen es Nutzen brächte. Die heftige Art, mit der sich die deutsche Presse auf den Vorfall geworfen habe, der fieberhafte Versuch, daraus politisches Kapital zu schlagen für die forridorfeindliche Politik Deutschlands , müsse zu denken
geben.
Dazu bemerkt WTB.:
Die hier unternommenen Versuche, die Verantwortung für das entsetzliche Unglück abzuwälzen, müssen auf das schärffte zurüdgewiesen werden. Diese Versuche sind um so plumper, als ganz offen zugegeben wird, daß dadurch dem Ergebnis der Untersuchung vorgegriffen werden soll.
Bon polnischer Seite ist auffallend schnell nach dem Unglüd die Version verbreitet worden, daß ein verbrecherischer Anschlag vorliege. Demgegenüber wird von Augenzeugen
Garantiepakt und Räumungsfrage.
berichtet, daß die Entgleisung des Zuges auf den mangelhaften Zustand der Bahnanlagen zurückzuführen ist.
Am 22. April ist der Schnellzug Warschau - Krakau und wenige Tage vorher der Schnellzug Krakau- Warschau entgleist. Sollen vielleicht hierfür auch Deutsche verantwortlich fein? Eine polnisches Blatt hat damals festgestellt, daß die Entgleifung die Folge verbrecherischen Leichtsinns und bei spielloser Nachlässigkeit der polnischen Eisenbahnverwaltung war, die die Eisenbahnschwellen verfaulen ließ.
Die deutsche Presse würde ihre Pflicht gegenüber der Deffentlichkeit vernachlässigen, wenn sie nicht diese Uebelſtände geißeln und größere Sicherheit für die hauptsächlich von Deut schen befahrene Strecke fordern würde.
Unter diesen Umständen förnen die Versuche der Polen , die Verantwortung für das Unglück, die unzweifelhaft der polnischen Eisenbahnverwaltung zur Last fällt, den Deutschen in die Schuhe zu schieben, mur als unerhörte Berleum dung bezeichnet werden.
Die Opfer der Stargarder Eisenbahnkatastrophe. Weitere Feststellungen.
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Dr. Neumann gleich nach seiner Einlieferung ins Dirschauer KrankenDanzig, 2. Mai. ( TU) Gestern war gemeldet worden, daß ein haus verstorben sei. Bei diesem Verstorbenen handelt es sich nicht Meyer, deffen Leiche bereits von seinen Angehörigen abgeholt um einen Herrn angegebenen Namens, sondern um einen Dr. worden ist. Desgleichen ist der verschiedene Höftmann schon in seine Heimat befördert worden. Der schwer verletzten Frau Gertrud Raiser aus Königsberg find nicht beide Beine, sondern mur ein Bein amputiert worden; ihr Bruder, ein Arzt aus Königsberg , ist in Dirschau eingetroffen, um die Ueberführung der Schwer verletzten zu veranlassen. Die verletzte Elisabeth Dzialkomiti, Bostbeamtin aus Königsberg , ist bereits in ihre Heimat befördert norden. Der polnische Lokomotivführer Garlicki liegt mit mehreren Rippenbrüchen im Dirschauer Krankenhaus.
Die Schuldfrage.
Pr.- Stargard, 2. Mai. ( TU.) Die Untersuchungen und Nach forschungen über die Ursache des furchtbaren Eisenbahnunglücks haben ein sehr wesentliches Ergebnis gezeitigt, durch das die ganze Schuld für das Ausmaß der Katastrophe der pol nischen Regierung zur Last fällt. Es hat sich nämlich herausgestellt, daß der Hauptgrund dafür, daß die Katastrophe einen solchen Umfang annahm, in dem schlechten Zustand des Oberbaus und namentlich der Schwellen liegt. Das Um stürzen des Zuges nach der Entgleisung ist wesentlich darauf zurückzuführen, daß die Schwellen, die seit fünf Jahren in unverantwortlicher Weise verkommen sind, zerbrachen und der Zug dadurch so schnell das Gleichgewicht verlor, daß er offenbar nicht mehr zum personal, das sich bekanntlich durch Absprung gerettet hat, während Halten gebracht werden konnte. Ob das poínische Lokomotivgemacht hat, ist noch nicht befannt geworden. Es wird als selbst die Fahrgäste verunglückt find, den Versuch zu bremsen überhaupt verständlich angenommen, daß das Schiedsgericht sofort zusammentritt. Deutsch - Danzig - polnische
mit Ausnahme Rußlands , vertreten. Die Konferenz erhält ihre besondere Bedeutung durch die Teilnahme Ameritas, dessen Delegationsführer Buston einer der prominentesten amerika nischen Politiker und Anhänger des Völkerbundgedanken ist. Die Hauptaufgabe der Konferenz ist die Unterbindung des illegalen Waffenhandels und die Schaffung internationaler Organisationen, die mit Erlaubnisscheinen den privaten Waffenhandel in der ganzen Welt kontrollieren sollen. Der Völker bundrat ernannte zum Vorsitzenden den Grafen Wiart( Belgien ). Französischer Delegationsführer ist Genosse Paul Boncour .
Die Gründe des Aufschubs. Paris , 2. Mai. ( Eigener Drahtbericht.) Ueber die Gründe, die den bereits angekündigten Aufschub der Verhandlungen über das deutsche Garantieangebot und im Zusammenhang damit auch über die Frage der Räumung von Köln veranlaßt haben, äußert sich am Sonnabendabend der„ Temps": Einmal habe Briand , der soeben erst die Leitung der franzöfifchen Außenpolitik übernommen habe, das Bedürfnis, die schwebenden Fragen gründlichst zu studieren; dann aber sei es sehr begreiflich, daß man sowohl in London wie Paris den Wunsch habe, vor Eintrift in endgültige Verhandlungen fich über die genaue Bedeutung und Tragweite der Wahl Hindenburgs Die Kämpfe in Marokko . tlar zu werden, da der praktische Wert eines Garantievertrages Uebergreifen auf französisches Gebiet. ausschließlich von der Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit der deutschen Angebote bestimmt werde man werde es verstehen müffen, daß spanischen Rifftabylen hat neuerdings von der spanischen auf die Paris , 2. Mai. ( Eig. Drahtbericht.) Die Auflehnung der es für die öffentliche Meinung Frankreichs außerordentlich schwer franzöfifche Zone übergegriffen und zu heftigen Kämpfen Anlaß gefei, an den Friedenswillen der deutschen Regierung zu glauben, geben, die nach den offiziellen Berichten mit einem Sieg der frannachdem der Erfolg der kandidatur Hindenburgs aus- zöfifchen Truppen geendet haben soll. Die halbamtlichen Berichte schließlich das Werk der Parteien zeigt, die nicht nur den Versailler laffen jedoch durchblicken, daß die Aufstandsbewegung hier erst in Bertrag ablehnen, fondern neuerdings auch eine Revision des ihren Anfängen steht und größeren Umfang anzunehmen droht. Dawes- Planes und der Londoner Abmachungen fordern. Marschall yautey, der Generalgouverneur von Maroffo, leitet persönlich die militärischen Operationen, die eine Zusammenziehung fehr beträchtlicher Streitfräfte in der Nähe der spanischen Zone erforderlich gemacht haben. Dagegen wird offiziell die neuerdings durch die Presse gegangene Nachricht bestritten, daß Marschall Genf, 2. Mai. ( Eigener Drahtbericht.) Die Internationale| Cyaufey die Absicht habe, die Grenze der spanischen Zone zu überBaffenhandelstonferenz wird am Montag in Genf eröffnet. Auf schreiten und feinem Borgehen damit einen infernationalen ihr find 41 Staaten, darunter sämtliche europäischen Großftaaten Charakter zu geben,
Internationale Waffenhandelskontrolle.
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Zwei Fronten.
Der Vormarsch des demokratischen Gedankens. Der neu gemählte Reichspräsident wird am 11. Mai in die Reichshauptstadt einziehen, die ihn mit Zweidrittelmehrheit abgelehnt hat. Er wird unter den schwarzrotgoldnen Reichsdes sozialdemokratischen Präsidenten des Reichstags ablegen. farben den Eid auf die demokratische Verfassung in die Hand hat das Prinzip des Obrigkeitsstaates über den demokratischen Gedanken gefiegt?
der preußischen Krise gerungen, nachdem feststeht, daß auch die Im Kampfe der Parteien wird um die Lösung Hindenburg - Wahl den Parteien des Volksblocs in Preußen noch einen Vorsprung vor den Parteien des Rechtsblock's ge= geben hat. Der Reichspräsident hatte nicht nur die Mehrheit deutschen Landes bei der Wahl gegen sich. Hat das Prinzip der Reichshauptstadt, er hatte auch die Mehrheit des größten des Obrigkeitsstaates über den demokratischen Gedanken gefiegt?
feiner Rundgebung an die Republikaner auf die Frage geantDer Kandidat des Boltsblocks, Wilhelm Marr , hat in mortet: Hindenburg ist gewählt, aber der demokratische Gedante marschiert. Die Rechte kämpft gegen diese Antwort, die eine Tatsachenfeststellung ist, an. Sie versucht der Wahl, die der neue Reichspräsident den Evangelischen in Sachsen , den Freidenkern, der Torheit der Kommunisten verdankt, einen prinzipiellen politischen Sinn beizulegen. Sie will darin einen Sieg des aristokratischen Führergedankens, der bis zum letzten über den Gedanken der Demoratie sehen. Ende durchgedacht in dem monarchischen Gedanken gipfelt,
Deutschland fünftighin durch den neuen Reichspräsidenten geHat der aristokratische Führergedante triumphiert? Wird führt werden wie ein monarchischer Staat durch den„ aristo. fratischen Führer"? Wir sprechen nicht von der Problematik des Begriffs des aristokratischen Führers, und nicht davon, daß Monarch und Führer zweierlei ist. Wir sprechen auch nicht davon, daß die Verfassung, auf die der neue Reichspräsident vereidigt wird, die Funktion des aristoratischen Führers nicht fennt und nicht zuläßt eine sehr problematische Funktion übrigens. Wir halten uns an die Tatsachen.
Einer der Führer der Rechten, Graf Westarp , hat in der Kreuzzeitung" den Ruf erhoben: Sieg des aristokratischen Führergedankens über den Gedanken der Demokratie. Er hat versucht, die Lage nach der Wahl unter diesem Gesichtspunkt zu sehen und darzustellen. Aber seine Darlegungen sind ein einziger Beweis gegen den vermeintlichen Sieg des aristofratischen Führergedankens. Noch möchte er für Preußen dem neuen Reichspräsidenten Führerfunktionen zuschreiben:
,, Wer wollte Hindenburg im Stich lassen, wenn es gilt, die Hemmnisse endlich zu beseitigen, die ein sozialdemokra tisches Preußen seinen Absichten in den Weg legt!"
Das ist nun gerade der ungeeignetste Punkt; denn der Reichspräsident hat mit Preußen nichts zu tun. Was sich in gruppierungen, auf den der Reichspräsident verfassungsmäßig Preußen abspielt, ist ein Kampf von Parteien und Barter die preußischen Krisenmacher Repräsentanten eines aristokrafeinen Einfluß hat. Man kann schließlich auch nicht sagen, daß tischen Führerprinzips wären. Sie find lediglich Parteiführer von parlamentarischen Parteien im demokratischen System. Aber vielleicht könnte das aristoratische Führerprinzip, deffen Sieg Westarp feststellen will, sich in der Außen= politik durchsetzen. Hier bemerkt Westarp:
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Wann die Verhandlungen über den Sicherheitspatt Auslande ab, und es steht noch nicht fest, wann dessen Antworten und Völkerbund ihren Fortgang nehmen werden, hängt vom auf die Anregung der deutschen Regierung zu er tion hat sich bekanntlich den Einfluß gesichert, der ihrer Stel warten sind. Die deutsch nationale Reichstagsfrat lung als größte der an der Regierung beteiligten Parteien. und der Berantwortlichkeit des Reichskanzlers für die allgemeine und des Außenministers für die äußere Politit entspricht."
Auch in der Außenpolitik sehen die Deutschnationalen nicht ihre Hoffnung auf den aristokratischen Führer, sondern auf die Partei. Im Parteikampf in der Demokratie, durch den Einfluß der parlamentarischen Partei hoffen sie ihre außenpolitischen Anschauungen durchzusehen. Indem sie vom Sieg des Haltung der Vormarsch des demokratischen Gedankens. aristokratischen Führerprinzips reden, zeigt sich an ihrer
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teiensystem Tendenzen zur Nach der Wahl vom 26. April treten im deutschen Parhervor. Diese Tatsache spricht am lautesten dafür, daß der Sammlung stärker demokratische Gedanke in Deutschland fich immer stärker durch fett. Diese Sammlungstendenzen zielen darauf ab, die Parteien, die am 26. April links und rechts zusammenstanden, auch für die politischen Aufgaben der Zukunft zusammenzuhalten. Die Kundgebung vom Reichskanzler a. D. Mary war ein Ruf an den Volksblock, fest zusammenzustehen. Dieser Rundgebung antworteten Rufe zur Sammlung von rechts her. Diese Sammlungstendenzen sind ein notwendiges Ergebnis demokratischer Erziehung und demokratischen Dentens des
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