Einzelbild herunterladen
 

Boltes. Sie zeigen aus der hemmenden und einen verhängnis. vollen Zirkel von Dauertrifen bedingenden Aufsplitterung des deutschen Parteisystems heraus zu einer großen Zweiteifung der politischen Kräfte. Die Frankfurter Zeitung " faßt diese Tendenz in folgende Worte:

Kommen wir vorerst zu feinem 3mciparteiensystem, so ist schon die Bildung von zwei großen Parteigruppen ein Fortschritt. Voltsblod und Rechtsblod: darin liegt die natürliche Scheidung aller politischen Bölker und Zeiten zwischen denen, die vorwärts, und denen, die rüd­wärts blicken. Hier Republik , demokratische Staatsgestaltung, demo. tratische Wirtschaftspolitik( im Geiste sozialen Rechts) dort der alte Herrenstaat mit seinen Privilegien und Sonderintereffen! Dort nationalistische Berheizung und Gewaltanbetung hier ehrliche Berständigung und Bille zum Frieden! So steht ein neues Deutsch­ land gegen das aíte. So steht es! und wird es stehen bleiben und sich durchsetzen trotz einer Bahlniederlage gegenüber dem Namen Die Tendenz zur Sammlung ist ein Sieg des demokra­tischen Gedankens. Das deutsche Volt, das im monarchischen Obrigkeitsstaat in ein Vielparteiensystem zersplitterte, ohne feine politischen Kräfte zu sammeln und zusammenzufaffen, will sich in der Demokratie einrichten, die Sammlung der Kräfte vor allem erfordert. Darin liegt nicht nur ein Fort schritt des politischen Denkens überhaupt, sondern auch ein Fortschritt des demokratischen Denkens.

Hindenburg ."

Die Fronten fammeln fich. Die nächste Woche wird ent­scheiden, ob sie sehr bald aufs neue die Kräfte messen werden. Kommt es zum Kräftemessen, so wird die Entscheidung näher am 29. März als am 26. April liegen.

Stresemanns Kölner Prozeß.

Wahrheitsbeweis in der zweiten Instanz.

Herr Stresemann hatte jüngst gegen den verant­wortlichen Redakteur der Rheinischen Beitung", Gen. Trim wortlichen Redakteur der Rheinischen Zeitung", Gen. Trim­born, wegen eines Arfitels, in dem die Beständigkeit feines politischen Charakters angezweifelt wurde, einen Beleidigungs­Prozeß angeſtrengt. Antlage war aus§ 185( formale Beleidi­gung) und§ 186( üble Nachrede) erhoben. Als jedoch der Verteidiger Gen. Landsberg dazu überging, den Wahr­Anflage aus§ 186 fallen, und Gen. Trimborn wurde nur heitsbeweis anzutreten, ließ der Staatsanwalt schleunigst die wegen formaler Beleidigung zu 200 M. Geldstrafe verurteilt. Nun hat Herr Stresemann, wie aus Köln telegraphiert wird, in der Köln . 3tg." zu den Beweisanträgen der Ver­teidigung in folgender Weise Stellung genommen:

Zu der Behauptung Landsbergs, Stresemann habe die Deutsche Bolkspartei lediglich deshalb gegründet, weil er das von ihm bei der Demokratischen Partei erstrebte Reichstags­mandat nicht erhalten habe, erklärt Stresemann , daß ihm der demokratische Abreordnete Fischbed, der die Verhandlungen Diesen Fortschritt zu fördern, liegt auch im Interesse der von seiten der damaligen Fortschrittlichen Volkspartei zum Zwecke werktätigen Massen, die in der Sozialdemokratie des Zusammenschlusses der Fortschrittlichen und der Nationalliberalen organisiert sind. Heute gilt es, zunächst einmal den Boden zu Bartei führte, ausdrücklich bestätigt habe, daß er nie in Verhand­sichern, auf dem Arbeit im Sinne unserer Bestrebungen gelungen wegen eines Beitritts zur Deutschen Demokratischen Partei leistet werden kann. Eine spätere Beit mag andere Gruppierungen bringen jetzt gilt es, für das Heute zu forgen.

-

Angesichts diefer Sammlungstendenzen wird die voll fommene Ueberflüssigkeit der Kommunisti schen Partei so deutlich, daß man eine Beschleunigung des Berfallsprozesses der Kommunistischen Partei erwarten darf. Die Rechte möchte zwar der fommunistischen Bewegung neues Leben einhauchen. Sie läßt durch ihre Presse Märchen über Bündnisverhandlungen zwischen Kommunisten und Sozial­demokratischer Partei verbreiten. Sie deutet an, daß die Sozialdemokratische Partei nicht abgeneigt sei, sich nach den Kommunisten hin zu entwickeln. Der Zweck dieser Märchen­erzählungen ist offenfundig. Man möchte Berwirrung stiften, erzählungen ist offenfundig. Man möchte Berwirrung stiften, man möchte den Kommunisten Mut machen, man möchte bei tommenden Wahlen im trüben fischen.

Diese Märchenerzählungen der Rechten werden genährt durch die Barolen, Vorschläge, Refolutionen, Thesen, offene Briefe, die die kommunistische Zentrale jetzt in fieberhafter Saft von sich gibt, um zu halten, was zu halten ist, und die doch nur den Verfallsprozeß der Kommunistischen Partei beschleunigen werden. Denn daß durch die Kommunistische Partei und ihre Haltung nicht nur ein logischer, sondern auch ein moralischer Bruch geht, das wird den Anhängern der Kommunistischen Partei durch jede neue Verlautbarung ihrer Zentrale demon­striert. Beispiel die Berliner Resolution: wir wollen sozial­demokratische Politif machen, aber mur, um die Sozialdemo­fratie zu entlarven. Uns scheint das eher eine Selbstentlarvung zu fein. Denn einen will man damit betrügen, entweder uns oder die kommunistischen Anhänger. Entweder ist es mit dem Willen zur Reformarbeit Schwindel und nur mit der Ent­larvung ernst dann will man uns betrügen. Oder aber es ist ihnen ernst mit dem Willen zur Reformarbeit und Schwindel mit dem Willen zur Entlarvung, dann will man die kommunistischen Arbeiter betrügen, denen man die Entlarvungsphrase zur Beruhigung hinwirft. Erstens ist die Kommunistische Partei als selbständige Partei absolut über­flüffig, wenn es ernste Reformarbeit gift, zweitens haben wir kein Intereffe, die kommunistischen Arbeiter mit Zentralelügen zu gewinnen. Wir werden sie durch sozialdemokratische Auf­flärungsarbeit gewinnen, und zwar für immer.

-

Die goldenen Zeiten kehren wieder.

( Con tremolo.)

Geliebtes Bolf! Wisch ab die Zähren, Wisch ab die Nase und den Schmerz! Die Republik , die gottverfluchte, sie war ja nur ein fleiner Scherz. Die goldene Zeit, die uns so teuer, Kehrt wieder mit Tsching- bum- Salat, die königliche Hand am Steuer und auch die an der Hofennaht.

Der Freiheitskaviar war uns schnuppe. Dabei war uns ja nie ganz wohl Die alte preuß'sche Wassersuppe tehrt wieder und der Sauerkohl! Es fehrt die langentbehrte Trense, Der Schnurr- und Dummbart ohne Kopf, die Wonnegans und andere Gänse,

der Wilhelm" und manch' anderer Zopf.

"

Die beiden Stühle fehrten wieder

die alle Welt so oft ergött,

auf die der Deutsche fromm und bieder

sich seelenvoll dazwischen setzt.

Laßt jetzt uns die Novemberprügel

auf föniglichen Hintern rächen!

Die alte Herrlichkeit bricht an

und mancher edle Mann muß- brechen.

Gott segne die Hurra- Attrappen! Wir dürfen wieder strammstens stehn vor Achsel- und vor andern Klappen und fleine Prinzen reiten sehn!

Das Maul und treu zur Krone halten, mir dürfens bald, o Bürgerherz! Laß uns gerührt die Hände falten! Die Republik geht himmelwärts...

Gustav Junghans.

Genfer Frühling.

Bon Hans Wesemann .

Unsere lieben Möwen und Wasserhühner sind alle fort, schade darum. Stundenlang fonnte man ihnen von der Pont du Mont­Blanc aus zusehen, wenn fie Algen fischten oder einen Salto­mortale für ein gereichtes Stück Brot vollführten. Als ich heute an der Rousseau- Insel vorbeilam, sah ich nur eine englische Miz, die Bonbon lutschte und in ihrem Magazin" las. Ein Spazz, der dem alten Jean- Jacques auf dem Kopfe saß, jah ihm lange zu. Ich auch. Dann erhob er sich und verschwand, da ihm das Warten zu Dumm wurde

-

mir auch.

eingetreten set.

Bezüglich seiner Haltung zur Großen Koalition, die er gesprengt haben soll, um den Bürgerblod mit den Deutschnationalen herbeizuführen, sagt Stresemann , daß die Sozialdemokratie durch ihr Ausscheiden selbst den Bruch der Großen Roalition herbeigeführt habe. Das Zusammengehen mit den Deutschnationalen Jei nach Annahme des Dames- Gutachtens durch eine Mehrheit der Deutschnationalen erfolgt. Im übrigen habe er, Stresemann, nie. mals die Sozialdemokratie als paterlandslos, landesverräterisch oder wirtschaftsverwüstend

bezeichnet.

Der Vorwurf betreffend feine angeblichen Beziehungen zum Stahlhelm sei vollkommen unberechtigt. Er tenne zwar das Borstandsmitglied der Magdeburger Ortsgruppe der Deutschen Bolkspartei, Seldtke, persönlich, habe aber mit diesem nie über die Einführung der Dittatur in Deutschland gesprochen.

Zur Frage der angeblichen Wirtschaftsverhandlun gen Stinnes' in Paris erklärt der Minister, daß er sich als Minister des Aeußeren allerdings geweigert habe, ein Dokument, in dem außer anderen Herren auch Stinnes zu solchen Verhand­lungen autorisiert wurde, zu unterzeichnen; denn er fönne fich, nach dem er mit Frankreich über die rheinischen Fragen selbst von Re­gierung zu Regierung eine Distuffion erzielen wollte, nicht dadurch desavouieren, daß er Privatpersonen die Möglichkeit zu solchen desavouieren, daß er Privatpersonen die Möglichkeit zu solchen Verhandlungen gibt.

Zum Fall Keßler sagte der Minister, daß Graf Harry Reßler mit Zustimmung des Auswärtigen Amtes zur Bölkerbunds­tagung im September 1924 nach Genf entsandt worden sei, weil Macdonald die Benennung einer deutschen Persönlichkeit wünschte, mit der er sich in Genf vertraulich in Verbindung setzen fönne. Die Angriffe der Preffe( WTB.! Red. d. B.), die behaup teten, Graf Keßler habe sich selbst irgendein Amt angemaßt, habe Stresemann persönlich scharf zurückgewiesen.

Was die Beileidstundgebung des deutschen Bot­schafters in Paris aus Anlaß des Unterganges des französischen Luftschiffes Digmuiden" betrifft, so sei festzustellen, daß Streje­mann nie behauptet habe, der Botschafter hätte ohne Instruktion gehandelt; er habe im Gegenteil ausdrücklich das Vorgehen des Herrn von Hoesch mit seiner Unterschrift gebilligt. Das gleiche gelte bezüglich der Angriffe in der Flaggenangelegenheit in Washington , zu der er noch im Auswärtigen Ausschuß

Auf dem Quai du Léman ergeht sich wieder die Genfer Société. Drüben am anderen Ufer steht das Spiegelbild des Montblanc und vom Rhônetal her weht ein lauer Frühlingswind, der zu Schnupfen und Liebesgedichten inspiriert. Fremde, die zum ersten Male nach Genf fommen, geraten immer noch in entzückende Be­wunderung vor den Landschaftskulissen. Die berufsmäßigen Genfer rührt das schon längst nicht mehr, die gehen in den Kursaal, um zu jazzen und schimpfen über die schlechten Geschäfte, an denen der Bölkerbund schuld sein soll.

Im Garten des Böllerbundpalais aber hartt ein gütiger alter Mann den Tennisplay, auf dem die Beamten in den Zwischenpausen der Weltgeschichte Bälle werfen. Um den gütigen alten Mann herum stehen zehn Bölferbundsleute, begutachten und geben weise Rat­schläge. Der gütige alte Mann läßt sie reden und hartt dann, wie er mill

Merkwürdigerweise fahren in Genf immer die Ehemänner die Kinderwagen. während die holden Gattinnen stolz und wohlwollend nebenherjpazieren. Ich habe über diese merkwürdige Natur­erfcheinung oft nachgedacht. Daß umgekehrt, etwa in Berlin , bei der Rückkehr vom Grunewald, das Haupt der Familie im Kinder­.wagen transportiert wurde, ermattet von Familienglück und un­gezählten Weißen habe ich schon gesehen. Aber dieses- ich kann mir beim besten Willen Gustav Roethe oder Franz von Wendrin finderwagenschiebenderweise nicht vorstellen. Vielleicht ist es auch nur die veredelnde Wirkung der pazifistischen Institutionen, die Genf beherbergt wer kann das alles wissen!

-

-

Ueber einer Gedenktafel, die in die Gartenmauer des Bölker­bundpalais eingelassen ist, stehen eine amerikanische Lady und ihr Begleiter.

Auf der Tafel steht:

A la mémoire

du président

Woodrow Wilson fondateur de la Société des nations.*)

Der Begleiter hält einen fulminanten Vortrag und verliert vor Begeisterung über den großen Landsmann feinen Staugummi. Die Lady jagt:" Noooh" und stellt sich dann malerisch vor die Tafel, um gefodaft zu werden. Und zum Schlusse malen sie ihre Initialen auf die Tafel.

Dann aber tehren sie ins alltägliche Leben zurück und gehen endlich ihr Zitroneneis essen. A0000h.

Staatsoper. Das erste Auftreten von Benjamino Gigli fann wegen verspäteten Eintreffens des Dampfers erst am Donnerstag, den 7. ( Martha") erfolgen. Die Traviata "-Vorstellung mit Gigli wird an einem noch bekanntzugebenden Tage nachgeholt werden. Die für den 5. verkauften Eintrittstarten behalten Gültigkeit für die hinausgeschobene aufpreises zyridgegeben werden. Am Dienstag wird an Stelle von ,, Triviata"-Aufführung. Sie können jedoch auch gegen Erftattung bes Traviata"" Carmen " gegeben werden( 119. Abonnements- Vorstellung). In der Oper am Königsplass findet am gleichen Tage eine Aufführung von Tiefland" statt( 123. Abonnements- Vorstellung).

*) Dem Andenken Wilsons, Gründer des Völkerbundes.

nach Entbindung von Jeiner Amtsverfchwiegenheit Stellung nehmen merde.

Jener Aufsatz in der Presse, der sich seinerzeit gegen die Führung der Londoner Delegation durch Marg richtete und der Zentrumspartei Gelegenheit zu scharfen Angriffen gegen die Bolkspartei und den Minister gab, sei Redaktionsarbeit der Köln . Zeitung gewefen und nie von ihm angeregt worden. Absurd sei auch die Behauptung, er habe im Jahre 1916 die Torpedierung der Lufitiania" begrüßt, weil sie den Krieg mit Amerita gebracht habe, dann aber 1917 die damalige Reichsregierung wegen der Führung des U- Bootfrieges angegriffen. Staatssekretär 3 immermann habe ihm ausdrücklich bestätigt, daß er, Stresemann, weder der Torpedierung zugejubelt, noch nach träglich die Wilhelmstraße angegriffen habe.

"

Zum Schluß erklärt Herr Stresemann, daß er sich dem Prozeß, gegen deffen Urteil von beiden Parteien Be= rufung eingelegt ist, als Nebentläger angeschlossen habe, um zu verhindert, daß in der zweiten Instanz wieder ein völlig tendenziöses und falsches Bild entworfen werde." Man darf daraus wohl schließen, daß die Verhandlung in zweiter Instanz die von der Stactsanwaltschaft in der ersten Instanz eiligst abgeschnittene Beweiserhebung bringen wird. Die deutsche Gerichtschronik wird dadurch um einen sehr interessanten politischen Prozeß reicher werden.

Das Nek um Stresemann .

Es wird außerordentlich fein gesponnen. Herr Martin Schiele hat etwas erffären lassen. Nämlich,

daß die von gewiffer Seite in letzter Zeit ausgespielten und ton­ftruierten Gegensäge und Schärfen zwischen den beiden großen Parteien des bisherigen Reichsblods nichts als tendenziöse Bestrebungen seien und jeder realen Grundlage entbehrten. Die Parteien, die die Kandidatur Hindenburgs ges pflegt und gefördert hätten. zeigten eine sich ere, festgefügte Tendenz, die sich auch in der inner politischen Entwicklung der allernächsten Zeit abzeichnen werde."

Das ist eine selbst für einen Rechtsminister reichlich leichtfertige Darstellung. Denn auch Herrn Schiele muß schließlich bekannt sein, daß aus seiner eigenen Partei heraus dauernd die schärfsten Angrife gegen den Führer der Deutschen Volkspartei , den Außenminister Stresemann, gerichtet werden, daß offen dessen Beseiti­gung und vor allem die Beendigung seiner Außenpolitif ge­fordert worden ist.

Das alles fann ein Deutschnationaler nicht bestreiten, auch wenn er augenblicklich Reichsminister ist. Aber da tommt eine Buschrift an die Tägliche Rundschau", das Organ des Dompredigers Doehring und der Bolkspartei nahestchend. In dieser angeblich aus parlamen­tarischen deutschnationalen Kreisen stammenden Zuschrift wird ver­sichert, die Angriffe auf Stresemann finden nicht die Billigung der Deutschnationalen Partei. Bei der Bertretung im Kabinett hon. delt es sich nicht um die einzelnen Persönlichkeiten, sondern darum, daß der betreffende Minister auch der Vertrauens. mann seiner Partei ist. Eolange also ein Minister das Ber. trauen seiner Partei besize, habe eine andere Partei feine Veranlassung zu einem Borgehen.

Man spinnt das Netz um Stresemann mit großer Schläue. Jetzt soll die eigene Partei ihren Führer stürzen, um Luft und Plaz für Leute vom Schlage des Freytagh- Loringhoven zu schaffen. Wir sind neugierig, wie bald die Partei, Krankheit" den Außenminister des Sicherheitspattes von seinem Posten entfernen wird, nachdem der offene Borstoß der Aldeutschen bisher noch fehlgeschlagen ist.

Freiherr von Kerdering zur Borg hat sein Amt als Mitglied des Reichsparteivorstandes des Zentrums und als Mitglied des Provinzialausschusses des westfälischen Zentrums niedergelegt. Er hat diesen Schritt in einer eingehenden Darlegung an den Partei­vorfizenden damit begründet, daß das Zentrum, ganz besonders in jüngster Zeit, den Charakter als Mittelpartei immer mehr verliere und daß er die Berantwortung für diese Entwicklung nicht mehr tragen fönne, weshalb ihm eine weitere Mitarbeit in den ge­nannten Parteiinstanzen nicht mehr möglich sei.

Hilfe, ein Kind ist vom Himmel gefallen!"

1910, als die jungen Dichter den Allten noch naturalistisch nach­gingen, wurde diese Tragikomödie gedichtet. Sie wurde wahrhaft gedichtet, denn bei Schmidtbonn flingt das Herz stets in die Worte hinein. Er ist unter uns Deutschen der aufrichtigste Schrift steller, der troß seiner nun 20 Jahre schon währenden Arbeit nicht der Routine verfällt. Es ist teine Gefahr, daß er innerlich ermattet. Täglich erblüht ihm die Welt von neuem. Und die Freuden und die Sorgen lassen ihn nicht los. Selbst dort, wo er im Formalen fün­digt, liegt unterhalb des oberflächlichen Zugänglichen eine verborgene zärtlich tönende Schönheit. Auch in diesem Stücke, das man am 3entraltheater spielt. Nur ein unverdorbener Träumer fonnte dieses herrliche Märchen von dem Mädchen erfinden, das schwach wurde am leuchtenden Sommertag und nun um jeben Brels den Vater ihres Kindes an sich reißen will. Der Vater ist ein Baga­bund, sogar ein Halunte, der sich nicht vor dem Einbrecherwerkzeug fürchtet. Nur durch ihre Treue, nur durch ihr unerschütterliches Ver trauen in die Menschengüte gewinnt sie das Spiel. Was tragisch erschien, darf fröhliche Zukunft bringen.

In diesem Stüd wird auch das Soziale angeführt. Im Dred geboren zu sein ist beinahe so viel wie verurteilt sein zur Unmoral und Spizbüberei. Schmidtbonn besinnt sich aber darauf, daß diese Angst beinahe zu düster ist, und er möchte mit Humor den Ausweg aus seiner Niedergeschlagenheit finden. Im Diebesminkel, den er zeichnet, geht es fraus und fomisch zu. Man nimmt das Leben, das sich nicht mit der Staatsanwaltsordnung verträgt, auf die leichte Achsel. Es wird überhaupt fräftig in der Tragikomödie geflunfert und nur, weil die armen und die reichen Leute ein Auge zudrücken, tommt man schließlich miteinander aus.

Im Zentraltheater nahm man diese Humore zu ernst. Der Regiffeur verkannte den Märchencharakter der Komödie und betonte zu stark die Nationalökonomie, die hier und da gestreift wird. Dies literarische Mißverständnis war der Anlaß zu theatralischen Irr­tümern. Besonders Fräulein Hildegard Imhof und Herr Fer dinand Steinhofer, an denen sich all dies tragikomische Schicksal erfüllen soll, verfielen in eine allzu deutliche, durch feine M. H. Munterfeit gemilderte Monotonie.

Kunstabend der Humboldt- Sochschule. Montag, den 4., abends 8 Uhr, veranstaltet Arnold Ebel eine Ausführung von Beethovens Neunter Sin­fonie mit dem Blüthner- Orchester und der Chorvereinigung Scheinpflug­scher Chor und Schöneberger Liebertafel.

Die Galerie Alfred Heller, Kurfürstendamm 44, veranstaltet in Mai eine Rollettivausstellung von Ernst Honigberger.

Kurt Küchler , der bekannte Dichter und Journalist, ti in Sochkamp bei Blankenese im Alter von 42 Jahren gestorben.

Breisgekrönte Journalisten. Bei der Verteilung der von Bulizer ge­stifteten Preise für literarische und journalistische Leistungen, die jest in New York für das Jahr 1924 flattgefunden hat, erhielten zwei junge Reporter der Chicago Daily News" jeder einen Preis von 100 Dollar wegen ihrer Verdienste, die sie durch ihre Berichterstattung in dem Mord­prozeß gegen bie beiden Millionärsföhne Leopold und Loeb zur Aufhellung bes Verbrechens fich erworben haben. Drei hervorragende Schiller ber Echule für Journalismus" erhielten jeber 1500 Dollar zu Siubienreisen stach Europa ,

*