Hinüenburgs Amtsantritt. Vorbereitung des Empfangs. Der neue Reichspräsident wird am 9. Mai nach Berlin über- siedeln und zunächst beim Reichskanzler wohnen. Der Empfang soll in aller Stille durch den stellvertretenden Reichspräsidenten Dr. Simons und die anwesenden Reichsminister erfolgen. Kund- gedungen des Stahlhelms sind vorläufig nicht vor- gesehen und sollen mitRücksichtaufdasAusland vermieden werden. Am 11. oder 12. Mai wird durch den sozialdemokratischen Reichs- tagspiäsidenten Löbe vor versammeltem Reichstag und unter den schwarzrotgoldenen Farben die Vereidigung erfolgen. Anschließend daran nimmt chindenburg die Parade über eine Ehrenkompagnie der Reichswehr ab. Er beabsichtigt, vor dem Reichstag im G e h r o ck und mit all den Orden zu er- scheinen, die er im Kriege bekommen hat. Alle im Frieden ihm verliehenen Orden will er als Reichspräsident nicht mehr tragen. Nach der Parade erfolgt die Rückfahrt in das Palais des Reichs- Präsidenten. Anschließend sind die notwendigen Empfänge vor- gesehen. Der Staatssekretär des Reichspräsidenten Cbert, Dr. M e i ß- n e r, wird vorläufig auch unter chindenburg weiter im Amte bleiben. Eine endgültige Bindung hat chindenburg jedoch noch nicht ausgesprochen.
Gegen Wohnungswucher! Appell des Mietervcreins an Hindenburg . Der Gesamtoorstand des Bundes Deutscher Mieter- vereine e. V., Sitz Dresden , hat in Dresden in einer Gesamt- vorstandssitzung folgende Entschließung zur Wohnungsfrage gefaßt: »Reben der Rot geschmälerten Einkommens und der Rot der Arbeitslosigkeit lastet auf unserem Volke seit Kriegsende der Druck furchtbar st er Wohnungsnot, ohne daß sich Reich, Länder und Gemeinden— im wesentlichen wegen der fehlenden Initiative des Reiches— zu einer systematischen Bekämpfung dieser Rot hätten entschließen können. Alle Erfahrungen, die in den letzten Jahren gemacht worden sind, weisen zwingend darauf hin, daß die Wohnungsnot nicht durch Rückkehr in die Vor- kriegsoerhältn'isse und in die freie Wirtschaft, sondern nur durch eine systematische Umstellung behoben werden kann. Angesichts dieser Lage erwartet die deutsche Mieterschast von dem Reichspräsidenten von Hindenburg , daß er seinen Ein- fluß dahin geltend macht, daß seine Kundgebung als Generalfeld- Marschall vom September 1317 verwirklicht wird:. »Unsere Krieger dürfen nicht mit Wohnung»- elend empfangen oder mit Frau und Kindern der Obdachlosig- keit preisgegeben werden. Das Vaterland soll jedem, der von ehrlickier Arbeit leben will, dazu helfen, ein vor Zvucherhänden geschütztes heim zu gewinnen, in dem deutsche Familien leben und der Aufwuchs an Leib und Seele gesunder Kinder möglich ist." Nach dem Willen der Reichsregierung ist da» nächste Ziel nicht die Schaffung neuer Wohnungen, sondern die Zahlung der vollen Friedensmiete und Rückkehr in die freie wiictschost. Das deutsche Volk wird somit durch den Druck auf seine Lebenshaltung weiterer Verelendung preisgegeben und zu weitcrem Zusammen- pferchen in Wohnungen gezwungen, die kein körperlich, geistig und sittlich gesundes Volk emporwachsen lassen. Heimstätten braucht unser VoltI
präsentierter Wechsel. Die Sparer an Hiudenburg. Die Arbeitsgemeinschaft der Aufwertungsorganisationen, die 33 der führenden Verbände in der Aufwertungs- und Entschädigungs- frage umsaßt, sandte an hindenburg folgendes Telegramm: »Zur Wahrnehmung der gemeinsainen Interessen haben sich die führenden an der Aufwertung-- und Entschädigungsfraae beteiligten Organisationen mit Millionen von Sparern. Rentnern. Kriegsbeschädigten. Kriegerhinterbliebenen. Der- drängten und Geschädigten zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammen- aeschlossen. Die bisherige Behandlung und Nichtachtung unserer Jahrhunderte alten deutschen Rechte und die bittere Not von Mil- lionen deutscher Staatsbürger durch die Reichsregierung unter offenbarem Rlihbrauch der Reichsverfaffung und der Bsrsuch, diesen Zu- stand durch den heute dem Reichstag eingebrachten Gesetzentwurf zu verewigen, erfüllt weite Schichten des Volkes mit ernster Un- ruhe und Verzweiflung. Auf Grund der von Ihnen, Herr Reichspräsident, in der O st e r b o t s ch a f t an das deutsche Volk be- zeugten Anerkennung der Heiligkeit des Rechts vertrauen die wider- rechtlich ihres Besitzes, ihrer Ersparnisse und ihrer rechtmäßigen An- spräche Beraubten auf Ihren edlen Willen, den Notleidenden zu Helsen , um so mehr, als ihre Entrechtung auf der anderen Seite zu einem, bei den Sa>uld»ern überall nachweisbaren gewaltigen Der- mögensvorteil geführt hat. Wir bitten, diesem ernstesten Pro- b l e m der inne-en Politik Deutschlands volle Würdigung zuteil werden zu lassen und kraft der durch die Reichsverfasiung dem Reichs- Präsidenten verliehenen Rechte baldigst auf Wiederherstellung des öffentlichen Rechts, der Unabhängigkeit der Gerichte, von Treue und Glauben hinzuwirken."
Abrechnung...! Ein gewissenloser Amtsrichter. Bei einer Bismarck-Feier auf dem Brocken hielt am 1. April der Amtsrichter Bs inert eine Rede, die von Beleidi- gungen gegen die Republik strotzte, und mit der Aufforderung zum gewaltsamen Umsturz endete. Den ermordeten Minister Erzberger nannte Beinert einen Halunken, er sprach von bestochenen Ministern und bezeichnete als den Zweck der Veranstaltung die Vorbereitung des„Tags der Abrechnung". Gen. K u t t n e r stellte gegen den tinmöglichen Amtsrichter Ctrafantrag. An den I u st i z m i n i st« r wurde die Anfrage gerichtet, was er gegen den Beinert zu unternehmen gedenke. Die Antwort liegt nunmehr vor. Sie lautet: „Mit der Rede, die der Amtsgerichtsrat Dr. Beinert in Wernigerode am 1. April d. I. bei der von ihm geleiteten Bismarck - Feier auf dem Brocken gehalten hat, ist infolge von Presseäuße- ningen und aus Anlaß einer von dem Abg. Kuttner gegen Dr. Beinert erstatteten Strafanzeige der Oberstaatsanwalt in ha i b e r st a d t besaßt gewesen. Er hat die Sache gemäß§ 13 des Gesetzes zum Schutze der Republik zuständigkeitshalber an den Oberreichsanwalt abgegeben. Nach abschließender Ent- jcheidung der für die strafrechtliche Beurteilung zuständigen Stellen wird die Angelegenheit im Disziplinarwege weiter ver- folgt werden." Die Zurückhaltiung des Justizministeriums in diesem Fall mutz Befremden erregen. Die Rede des Beinert ist im Druck erschienen und durch die Presse gegangen, ohne daß von seiner Seit« irgend eine Richtigstellung oder Aufklärung er- folgte. An dem Tatbestand ist also nicht zu zweifeln, Die selbstverständliche Folge müßte eine Suspenbierung vom Dienst sein, Das Verhalten des Beinert zeigt einen
derartigen Mangel an Derantwortungsgefühl, daß er als Beamter an verantwortungsvoller Stelle unmöglich ist. Ein energisches Durchgreifen im Fall Beinert ist schon des- halb notwendig, weil geradeimHarzgebietdie Klagen über pflichtwidriges, antirepublikarnsches Verhalten der Beamten nicht verstummen will. Milde gegenüber derartigen Ele- menten wird der Republik nicht die Achtung verschaffen, die notwendig ist, wenn ihre Stellung nicht unterhöhlt werden soll. Politik im Gerichtssaal. In einer in Gleiwitz erscheinenden oberschlestschen Zeitung finden wir folgende bezeichnende Notiz: „Im Zimmer 241 des Amtsgerichts Gleiwitz siel heute durch den Vorsitzenden, Amtsgerichtsrat N e u m a n n gelegentlich einer Verhandlung gegenüber einem Kläger folgende Aeußerung: „Ja, mein Herr, diese Rechtsprechung können Sie in dem Heu- tigen schwarzroten Preußen nicht verlangen. Gehen Sie zu Severing, solange er noch im Amt ist. Vielleicht kann dieser Herr Ihnen besseren Bescheid geben." Was meint der Herr Iuftizmin ister dazu? Will der Herr Justizminister sich auf die Anfrag« genau so schweigsam oerhalten wie auf die Anfrage nach der Verantwortlichkeit am Tode Höfles?_
Die Flucht aus üer Kpd. Fortschreitende Zersetzung auch in Sachse«. Leipzig . 2. Mai. (Eigener Drahtbericht.) In F r e i b e r g i. Sa. sammelte sich dieser Tage der S t a h l h e l m zu einer großen Parade. Ein der Arbeiterschaft„rühmlichst" bekannter bisheriger Führer derKommunisten, namens Menzel, befand sich unter dieser Garde in Stahlhelmuniform. Roch vor wenigen Wochen war er einer der radikalsten Maulhelden unter den Freiberger Kommunisten und schon jetzt ist er zum Kommandanten im Stahlhelm ernannt worden. In den letzten Wochen sind in den Bezirken Leipzig und Chemnitz eine große Anzahl kommunistischer Ge- meindeoertreter zur Sozialdemokratie zurückgekehrt. So ist u. a. der Gemeindeverordnete Richard Peschel in hohen- dorf, Dezirk Chemnitz, und der kommunistische Stadtverordnete D o h l i tz in Dahlen aus der kommunistischen Partei ausgetreten. Sie haben sich, angewidert von den kommunistischen Wahlhelfer- diensten für hindenburg, unserer Partei wieder angeschlosien. Weitere Austritte in der Tschechoslowakei . Prag . 2. Mai. (Eigener Drahtbericht.) Der Zerfall der kommunistischen Partei in der Tschechoslowakei ist nicht mehr auf- zuhalten. Jetzt sind abermals zwei Abgeordnete, darunter R o u e« k, der Führer der Kommunisten im Bezirk Brünn , aus der Pqxtei ausgetreten. Weitere Austritte werden erwartet.
Stahlhelmattentate in f�alle. Mit Revolver und Säure.— Neun Verletzte. Halle, 2. Mai. (Eigener Drahtbericht.) Im Lauf« der Nacht vom Freitag zum Sonnabend kam es infolge des Verhaltens der schwarzweißroten Banden in Halle zu bedauerlichen Zusammen» stöhen. Wie selbst der Polizeibericht melden muß, sind die am Bor- mittag des 1. Mai veranstalteten Mai umzüge, an denen Tausende von Arbeitern teilnahmen, überall reibungslos ver» lausen. Auch in den Abendveranstallungen der Partei kam es nicht zu Zwischenfällen. Erst gegen Uhr ereigneten sich dicht bei dem Volkspark Tätlichkeiten. E» fielen mehrere Schüsse. Auch wurde mit Säure gespritzt, so daß g Personen verletzt worden find. Die Vorgänge hätten sich mit großer Schnelligkeit abgespiell. Die Polizei, die alsbald zur Stelle gewesen sein soll, hatte die flüchtenden Täter nicht mehr feststellen können. Die Untersuchung soll bereits eingeleitet sein. So kurz der Polizeibeücht ist, um so größer sind die darin zu- gegebenen Tatsachen. Schon nach Anbruch der Dunkelheil umstellten hitlerleute und Slahlhelmer die Straßen, durch die Arbeiter au» den Arbeiterlokalen passieren wußten. Ganze Gruppen von Fest- teilnehmern wurden an den dunklen Straßen angerempelt. Die Polizei griff wiederholt«in und sorgte für Ruhe auf den Straßen. Es ist jedoch einem der Trupps gelungen, durch«ine dunkle Seitengass« bis in die Nähe de» Aolksparks zu kommen. Dort kam es zu einer Schießerei, bei der 9 Personen verletzt wurden. Ein Mann liegt mit schwerem Halsschutz im Krankenhaus, anderen wurden mit der Taschenlampe in» Gesicht geleuchtet, worauf Spritzen mit scharfer Säure ersolgte, die schwere Ler- brennungen, zum Teil Erblindungen heroorriesen. Zahlreich sind die Verletzungen durch Stockhiebe und Messerstiche.
Hitlers Getreue... Verlassen das sinkende Schiff. München , 2. Mai. (Eigener Drahtbericht.) Schon wieder ist einer der engsten Freund« Hitler » ihm und seiner Bewegung untreu geworden, und zwar wieder einer seiner militärischen Führer. der ehemalige Oberleutnant Brückner, der ebenfalls im hitter- Prozeß mit Bewährungsfrist abgeurteilt wurde. Er folgt nunmehr dem Beispiel Röhms und hat ab heute seine sämtlichen Aemter In der nationalsozialistischen Bewegung niedergelegt und seinen Aus- tritt aus allen politischen Verbänden erklärt. Die tiefere Ursache dieser Siegfriedstreue ist darin zu sehen, daß Hitler diesen Desperados, die jahrelang innerhalb seiner Bewegung gutbezahlte Posten innehatten, heut« keine Existenz mehr bieten kann. Anläßlich einer völkischen Interpellation im Landtag wegen des Redeverbotes Hitler « teilte der Innenminister mit. daß für die Regierung nach wie vor die Gründe fortbestehen, die das Rede- verbot rechtfertigen. Die Regierung habe Kenntnis davon, daß Hitler in geschlossenen Versammlungen seiner Partei immer noch seiner negativen Einstellung zum Staate Ausdruck gebe. In der Begründung der Interpellation erklärte der volkische Redner frei heraus, sein« Freunde verlangten von dem mit ihrer Hilse neu gewählten Reichspräsidenten, daß er unvcrzüg- iich Hitler und die mtt ihm Verurteilten voll amnestiert, und daß er ferner Hiller auf Grund sewer Kriegsverdienste das d e u t- sche Bürgerrecht verleihe. Da während der Interpellation kaum die Hälfte der völkischen Abgeordneten anwesend waren, ge- lang es ihnen nicht einmal, mit Hilfe der Deutschnotionalen 25 Stimmen aufzubringen, um die Besprechung der Interpellation durchzusetzen. Das zeigt deullich, welche» Interesse die Porlamen- tarier in Wirklichkett an ihrem»hochverehrten hiller" haben. Oesterreichs Anschluß unü Italien . Rom , 2. Mai. (WTB.) Agenzia di Roma erklärt, genaue Mit- teilungen über die Stellung leitender Kreise Italien ? zur Frage des Anschlusses von Deutsch -Oesterreich a» Deutschland geben zu können. Danach wäre die italienisch« Regierung entschieden gegen jedweden Anschluß. Sie habe auch bereits Gelegen- heit gehabt, diese ihr« Austastung sowohl in den Hauptstädten der «llnerten wie auch in de« dir«« beteiligt«, Länder klar mitzuteilen.
Im völkischen paraöies. Hindenburgs Getreue. Bor einiger Zeit machte ein Buch Aufsehen, das in dem an- gesehenen Verlag von Westermann in Braunschweig erschien und die„Entdeckung des Paradieses" zum Gegenstand hatte. Als Ber- fasser zeichnete ein Jemand mtt dem arischen Namen Franz von Wendrin. Er hat entdeckt, was niemand vor ihm gefunden, daß das Paradies der Bibel, der Garten Eden und alles, was damit zu- sammenhängt, nicht etwa jüdischen, sondern rein germanischen Ursprung» sei und daß die ganze Sage den Germanen nur von den Juden gestohlen sei. Denn in Wirklichkeit sei das Paradies nicht im Lande Kanaan , sondern in— Pommern gelegen, und die Cherubim, die es bewachten, waren blondlockige und blauäugige Germanenhelden. An diese schöne Geschichte vom völkisch-germanischen Paradies an der Recknitz in Pommern erinnert«ine triumphgeschwellte Mit- teilung der„Deutschen Zeitung", in der ernsthast nachgewiesen wird, wie Hindenburg auf den Gütern Pommerns und von Mecklenburg- Sttelitz„gesiegt" hat. Ganze Ortschaften in Pommern , so wird dort versichert, haben ausnahmslos dem Mann des Rechtsbwcks ihre Stimme gegeben, so allein im Kreise Greisenberg die„Ort- schaften" Dadow, Kukehn, Necklatz, Bockenhagen, Man- g e r i n und Z i e l o w. Und aus Mecklenburg-Strelitz wird erzähtt, daß in Neukäbelich Hindenburg LS, Marx 4 und Thälmann gar nur eine Stimme erhalten hat. Daneben lausen mit ähnlichen Ergeb- Nissen Orte mtt den paradiesischen Namen Canzow, Gewezin, Sadel- low, Bassow und— Chemnitz ! Die völkische„Deutsche Zeitung" ist glücklich, daß sie das Paradies der Junker noch einmal entdeckt hat, wenn auch stark wendische, also „fremdstämmige" Namen damit verknüpft sind. Aber es ist doch etwas herrliches, wenn man weiß, daß die Republikaner wieder aus diesem Paradiese vertrieben sind und daß als Erzengel ein junker, licher Landbunddirektor— in Pommern übrigens jener aus Gollnow amnestierte Traugott von Iagow(Ich warne Neugierige!) kappistt- scheu Gedenkens— mit flammender Knute davor aufgestellt ist! Ernsthaft lassen die gigantischen Zahlen aus Wendrins Paradies sich nicht behandeln. Wollte man's versuchen, so müßte man die zahlreichen Städte und Dörfer des von fremden Truppen besetzten Gebiets aufzählen, in denen der„Retter" ganz von Stimmen errettet blieb. Aber wir verzichten darauf. Wir gönnen den hindenbürgern den Triumph, weltgeschichttiche Siege errungen zu haben, sei es auch nur in Dadow, Kukahn und N e k l a tz!
Der Wiener preistreiberproZsj). Generaldirektor Fried verurteilt. Wien , 2. Mai. (Eigener Drahtbericht.) Am Sonnabendoor- mittag ging der große Prozeß zu Ende, der vor dem Wiener Schöffengericht gegen den Generaldirektor der Anker-Broiwerke wegen Verbrechens der Preistreiberei geführt worden war. Der Prozeß wurde vor mehreren Monaten bereits eingeleitet, weil die Regierung gegen die Hammer-Brotwerke der Arbeiter eine Aktion plante. Bekannllich sind die Hammer-Brotwerle dieser Aktion zu- vorgekommen, indem das Werk an eine private Gesellschaft ver- kauft wurde. Der Prozeh wurde aber weitergeführt und am Sonn- abend beendet. Der Generaldirektor Fried wurde wegen Der- brechens der Preistreiberei zu 8 Monaten schweren Kerker», verschärst mit einnial hartem Lager, und zu einer Geldstrafe von 10 Millionen Schilling, das sind etwa 3 Millionen Mark, verurtellt. Im Fall er diese Summe nicht aufbringen kann, soll«ine weitere Arreststrafe von K Monaten eintreten. Es wurde ferner ausgesprochen, daß für die Geldstrafe die Anker-Brot-Gesell- schaft zu haften hat. Nun erst recht Jrieüettspotmu Versammlung des Friedenskartells. So lautete die Tagesordnung einer vom Friedenskartell gestern abend im Herrenhause einberufenen Versammlung. Der Andrang war so groß, daß zwei Paralleloersammwngen abgehalten werden mutzten. Professor O u i d d e führte den Vorsitz. Als erster sprach Karl Dies. Er stellte dem Begrußungs- reiben des Reichskanzlers a. D. Marx hindenburgs Antwort: hr« Wünsche sind die meinigen" gegenüber. Das Mißtrauen in weitesten Schichten der Bevölkerung und des Auslandes kann nicht durch Proklamationen, sondern nur durch politische Taten zerstreut werden. Für den Volksblock heißt es aber ini Augenblick: Nun erst recht Friedenspolitik. Genossin Toni P f ü l f meinte, eine verlorene Schlacht sei noch kein verlorener Krieg. Ist auch hindenburg ein schwerer Schlag für Deutschlands Friedens- Politik, das herz der Republik, Berlin , ist doch republikanisch. Es gilt, das Gelöbnis abzulegen für die Freiheit, für das Menschentum Deutschlands , für die Verständigung der Völker. Pazifismus be- deute ober nicht, kampflos der Reaktion weichen. Es bedeutet Kampf für den Frieden auf der ganzen Linie. Dr. Kurt Hill er schreibt die Schuld an der Niederlage den Republikanern selbst zu. Sie seien zu lau gewesen. Nun heißt es klare Scheidung der Geister. Es heißt auf der Hut sein gegen die- jenigen, die den Krieg anzetteln wollen, die die Wehrpflicht aufs neue einzuführen beabsichtigen. Prof. Paul Oe st reich äußert seine Befürchtungen hinsichtlich des Einflusses der hindenburg-Wahl auf die Schule. Alles, was bis zum Augenblick unter der Decke eine scheue Existenz geführt habe, wird nun in der Schule ossiziell erlaubt werden. � Die höheren Schüler werden ihre Selbstandigkett völlig ein- büßen. Die Parole muß sein, die p a z i s i st i s ch e n Lehrer zusammenzusassen und den sranzösischen pazisistischen Lehrern die Hände zu reichen. Die größte Gefahr für den Volks- block drohe durch den Versuch, die Schule konfessionell werden zu lassen. Pater Ernst Thraselt erklärte im Namen der jungen Katholiken, daß sie um des Pazifismus willen selbst vor Kriegs- Verweigerung nicht zurückschrecken werde». Nur Idioten oder Schurken könnten den Krieg wünschen. DerVolksblock müsse einig bleiben. Auch die Schulfrage dürse ihn nicht sprengen. Ein jeder möge frei zu seinem religiösen Bekenntnis halten. Es gelte, gegen Religionskriege, gegen Klaslenkriege onzukämpfen. Pfarrer Bleier glaubt gegen die republikanische Legende, daß Deutschland der freieste Staat in der Welt sei. ankämpfen zu müssen, hindenburgs Sieg wird endlich auch die Schlafmützen aufrütteln, denn er ist das Symbol des Militarismus. Genossin Klara Bohm-Schuch beklagt« tief die Wahl am 26. April. Sie bedeute eine Niederlag« des neuen Deutsch- l a n d s, den Versuch, die Republik mit dem alten Geist zu erfüllen. Deshalb gelte es nun, an der llmaeflaltung Dout'chtands weiter- zuarbeiten und in den ersten Reihen sollten da die Frauen stehen. helmuth v. Gerlach rief zur Nüchternheit auf. Lieblings- wünsche müßten im Augenblick zurückgestellt werden. Die Parole laute: Schutz der Republik . Denn nur auf dem Boden der Republik könne stch die Demokratie entfalten und nur auf dem Boden der Demokratie kann der Sozialismus aufgerichtet werden. Eenatspräsident am Kammergericht Dr. Freymuth sprach die Hoffnung aus, daß Feldmarschall hindenburg. der erst erklärt habe, von seiner Jugend an kein anderen Bücher als nur mflito- lisch« gelesen zu haben, jetzt mit Hilfe seiner Staatssekretäre das Buch der Weimarer Verfassuno studieren werde. Und da werde er im 8 1 lesen, daß Deutschland eine Republik sei und daß jede Staatsgewalt vom Volke komme. Pros. Dr. Quidde» Schlußworte wurden mit dem stürmischen Beifall begrüßt, der auch den anderen Rednern zuteil geworden war.