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Sonntag

3. Mai 1925

Alus der Film- Welt

Kulturfilm und Publikum.

leber 15 Jahre sind es her, als ich meine ersten Filme ge­ftaltete. Wissenschaftliche Filme" nannte man sie damals, trotzdem fie ganz volkstümlich gehalten waren. Aber das Bolt schien von folchen Künsten nicht viel zu halten; faft unverfäuflich ruhten die fchönen, aus aller Welt mühsam zusammengeholten Aufnahmen im Trefor. Nur wenn jemand sie gratis geliehen befam, zeigte es sich, daß die Interesselosigkeit eigentlich gar nicht beim Bolte lag, sondern bei den damaligen intopp"-Besizern, die glaubten, daß jo eimas als furzes Beiprogramm zu ihren Räuberpistolen allenfalls vom Bublifum mitgenommen, nie aber geliebt würde. Jahrzehnte hat es gebraucht, bis der Kulturfilm sich soweit durchsetzen konnte, daß er nun auch seinen Herstellern wenigstens die Selbstfosten einbrachte. Aber noch heute schätzt ihn wirklich nicht der Gebildete, der es vorzieht, seine Belehrung außerhalb des Kinos zu suchen, sondern der fleine Mann", dem die Volksschule nur das allernotwendigste ins harte Leben mitgab. Gewiß, es gibt auch Kulturfulme, die geschäftliche Massenerfolge geworden sind. Wenn man sich aber ihre Titel genauer befieht, so ist es fast stets das feruelle Moment gewesen, das die Leute ins Kino gelodt hat; wobei es dann immer recht spaßig anzusehen war, wie bitter enttäuscht diese lieben Leutchen aussahen, wenn sie nun gezwungen waren, einen ganzen Abend lang schwere gelehrige Roft zu genießen, wo sie so ganz anderes erwartet hatten.

Aber auch der ehrlich Lernbedürftige will das Gebotene nicht in der nüchternen Form eines Schulbuches sehen. Ebenso wie Haedel, Bolsche und Françé   reiner Wissenschaft durch sprachlich edelste Kunstform zu ungeheurer Verbreitung verholfen haben, ebenso wird auch jener Kulturfilm den schönsten Erfolg erringen, der durch angenehme Unterhaltsamkeit und Bracht seiner Bilder nicht nur den Verstand, sondern auch unserem Gefühl etwas zu bieten vermag. Wobei der Humor eine nicht zu unterschäzende Rolle spielt! Aller­dings darf auch nun die Betonung des Unterhaltsamen im Kultur­film nicht so weit gehen, daß er, wie das in letzter Zeit mehrfach geschehen ist, völlig verflacht und seinen Hauptzwed vergist.

Es ist wirklich nicht leicht, gute Kulturfilme zu schaffen. Wollte man auf die Meinung aller hören, die darüber schreiben oder ge­schrieben haben, man müßte überhaupt nicht mehr, wie die Sache anzupaden fei. Wie weit solche Meinungen auseinander gehen tönnen, wieviel Hochinteressantes aber auch über das Problem des Kulturfilms an sich gesagt werden kann, wird am besten bewiesen durch das nahezu vierhundert Seiten starte Kulturfilmbuch ( Dr. Benfuß und A. Kossowsty: Das Kulturfilmbuch", Berlin   1924. Gryfeliusscher Verlag), wo über hundert der bekanntesten Kulturfilmleute ihre Ansichten, zum Teil sogar in wunder­schön illustrierten Artikeln zum Ausdruc brachten. Es

ift schade, daß der naturgemäß hohe Preis dieses Buch feiner Verbreitung in weiteren Boltstreisen im Wege steht. Wir möchten, da ohnehin fo manches weniger Wertvolle auch unter jenen Artikeln enthalten ist, eine Siebung und Kürzung empfehlen, um danach in einer billigen Ausgabe das Wert auch jenen zugänglich zu machen, die am Kulturfilm noch das regste Interesse haben: der großen Menge des bildungshungrigen werftätigen Bolfes. Dr. G. B.

Die Filme der Woche.

Die Liebschaften der Hella von Gilsa". Mozartjaal.

Diefer neue Eichbergfilm beansprucht nicht, der Reihe der Filme mit hochfünstlerischen Tendenzen anzugehören. Aber er ift ein guter Bublifumsfilm von lebendiger Handlung, reich an wechseln. den Szenerien, spannend bis zum Schluß und ausgezeichnet in der Photographie. Wer ihn nur von dieser Seite ansieht, tommt voll auf seine Kosten. Aber freilich nachher werden auch dem gutwilligen Mitgänger die Schwächen des Films bewußt werden. Er stellt doch allzu große Ansprüche an die Vertrauensseligkeit, man darf ihn nicht mit psychologischem Maßstab messen und nicht die Wahrscheinlichkeit der Vorgänge und die Echtheit der Motive kritisch unter die Lupe nehmen. Dieser alternde Gutsbesizer, der kurz vor der Hochzeit seine Braut erschießt, weil er irgendeinen dummen Zufall falsch deutet, und dann zum fürsorgenden väterlichen Freund für die arme Schwester der Erschossenen, die angehende Schauspielerin Hella von Gilsa wird, stammt aus einer Romanliteratur, die uns heute nicht mehr eingehen will. Aber das Milieu der jungen Schauspielerin, die in einem kleinen Theater mehr durch die Künfte ihrer Kniekehle als der Kehle gefällt, hübsche Bühnenbilder, das Leben hinter den Kulissen, und dann der Flirt auf dem Landgut mit dem Wintersport und schließlich die tragische Zufpigung der Handlung, in der der alte Gutsbefizer fein Leben opfert, um seinem Sohn die Liebe der Hella zu sichern, sind sehr lebendig gezeichnet. Das Beste am Film sind die schönen Winterbilder, besonders nach diesem schneearmen Winter, mit den großen Renntierherden der Film spielt in Schweden  und der Schlittenfahrt über das Eis. Als Darstellerin der Hella präsentierte sich Lilian Harvey  , die besonders schön in ihren Tanzbewegungen ist und wenn auch nach der Seite des Ausdrucks noch nicht reif, doch eine gute Filmbegabung erkennen ließ. Der Gutsbefizer war Otto Gebühr  , der die ganze Kunst seiner Gesten und Mienen in die Rolle legte, freilich auch manchmal über­charakterisierte. Eine ausgezeichnete Charge bot Lydia Pote. china, die eine tomische Alte voll Urwüchfigkeit hinlegte. Unter den jugendlichen Darstellern zeichnete sich die anmutige Camilla von Hollay   und Gorin als Kunstmaler aus.

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Als Beigabe wurde ein Jac Dempsey- Film geboten, die diesen Helden des Ringes in einer romantisch aufgemachten Handlung zeigte. Besonders gefiel natürlich der Borkampf, der Höhepunkt des Films,

r.

Friseur Reinhold Schünzel  . Sündenbabel"( Marmorhaus) verspricht durch seinen Titel allerlei Fahrnisse und tefe Fälle, jedoch ist der Text sehr harmlos. Sie bleiben alle beieinander, die zusammengehorenden Baare, folglich behält der reiche Ontel den gefeierten Barietéstar, der junge Ehemann seine junge Ehefrau und der Friseur seine Verlobte. Und dieser Friseur ist Reinhold Schünzel  , der gegebene

Ein Wunder

der Technik und der Wissenschaft

Mittelpunkt der Komödie der Versuchungen. Er macht alle Frauen schön und immer für andere. Ditunter flingt so etwas wie leise Tragif in diesem typischen Einzelschicksal auf. Aber man will luftig fein, und namentlich Schünzel   will auch andere luftig stimmen, so flicht man viele höchst vergnügliche Episoden ein. Const. J. David ift Manuskriptverfasser und Regiffeur. Er weiß von Schünzels Er weiß von Schünzels Bublifumserfolgen und ließ daher durch diesen begabten Schauspieler sein Manuskript illustrieren. So erstand ein Film vieler schöner Kleinigkeiten, umschlungen von Routine und beachtenswerter Spiel filmtultur. Auch diese Genre sind heute Geschäftsfilme. Alle Dar steller boten gute Leistungen. Babara von Annentoff ist eine Schönheit, die sehr vorteilhaft auffällt. Die Arbeit des Photo­graphen ist von entscheidender Bedeutung für jeden Film. Im Sündenbabel hatte ut Greenbaum bie photographische Leitung in Händen, er handhabte fie so, daß er sich durch diese tüchtige Leistung selbst einen neuen Ruhmesfranz flocht.<-g.

Wunder der Wildnis".

Alhambra am Kurfürstendamm  .

Eine der schönsten Aufgaben des Filmes ist es, uns die intime Kenntnis der Tierwelt zu vermitteln. Auf diesem Gebiete ist er nahezu fonkurrenzlos, weil wir das Tier in Bewegung sehen wollen, und feine Beschreibung, sei es auch der geübtesten und begeiſteriften Feder, teine plastische Darstellung im Museum uns den unmittel­baren Eindruck des Lebens erjeten tann. Man tann ruhig fagen: erst seitdem wir den Film haben, tönnen wir uns eine wahrheits­getreue Borstellung von dem Leben frember Tiere, mie es fich in der Freiheit abspielt, und darauf kommt es an wirklich machen und an den Eindrücken teilhaben, die der erotische Forscher, ber geduldige Jäger mit der Filmfamera erzielt. Es erfüllt uns deshalb immer mit neuem Entzücken, wenn uns Gelegenheit geboten wird, Tiere, die wir sonst nur aus dem Zoologischen Garten oder aus der Literatur fennen, nun in voller Natürlichkeit im Film beobachten zu tönnen. Zu den guten Tierfilmen, die uns das Großtierleben Afritas fennen lehren, ist ein vorzüglicher neuer getreten, ben wir dem

ANGIPT

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VOR DER EHE

FLAMMENDE JUGEND! Jazz- Band und Tanz! Jugend von heute, die Sie hineinzieht in den tollen Wirbel ihres Erlebens!

COLLEEN MOORE  MILTON SILLS  

URAUFFÜHRUNG FREITAG, DEN 8. MAI 1925

ALHAMBRA

68 KURFÜRSTENDAMM 68

HAYER

FILMS

BAYERN  - FILMS

Bellage des Vorwärts

Amerikaner Martin Johnson verdanten. Er hat mit seiner Frau Kreuz- und Querzüge gemacht durch Britisch- Ostafrika   bis hinauf an die Grenze von Abessinien und hier wahre Tierparadiefe entdeckt. Hier war wirklich Gelegenheit, die sozial lebenden Tiere in ganzen Gruppen und Rudeln vor die Platte der Filmfamera zu bringen, die in besonderen Blenden eingebaut war, so daß sie den Tieren unsichtbar blieb und sich höchstens durch Geräusche verriet. Wir sehen also aus größter Nähe die Zebras  ( zwei Sorten), die mannigfachen Antilopenarten, die hochsteizigen Giraffen, die plum­pen Nashorne, die wuchtigen Büffel und die riesigen Elefanten sich im afritanischen Bartwalde oder auf der Steppe tummeln, ganz ohne Rücksicht auf den Menschen, dessen Gegenwart sie nicht einmal ahnen. Die Natur ist hier also wirklich vollkommen, wie Schiller   es wünschte, weil der Mensch mit seiner Qual ausgeschaltet ist. Freilich ist die menschliche Qual doch nicht ganz beseitigt, denn insbesondere die trophäenbegierige Frau Johnson tann es sich nicht versagen, Löwen  , Nashorne und Elefanten zur Strede zu bringen, um fich dann, lässig an die großen Kadaver gelehnt, mit triumphierendem Lächeln filmen zu lassen. Die ersten afrikanischen Tierfilme, die mir in Europa   zu sehen bekamen, endigten immer mit der Er­bie rechte Art ist, daß man nicht mit der Flinte, sondern mit der legung der Beute. Inzwischen hat man eingesehen, daß das nicht guten Erklärungen begleitete und aus eigener Praxis auf die vielen Kamera schießen soll. Herr Schomburgt, der den Film mit Schwierigkeiten, Entbehrungen und großen Gefahren eines solchen Schießerei grundsäglich verzichtet; und das sollte zur Regel werben! Filmes hinweisen konnte, hat in seinem Liberia  - Film auf die Ostafrika   ist heute noch ein Paradies der Großtierwelt, die hier in ungeheuren Scharen fich ihrer Freiheit erfreut. Aber niemand meiß, wie lange die Tiere noch vor unserer Zivilisation geschützt sein bietet. Bielleicht wird nicht bas geringste seiner Berdienste sein, werden, und darum ist es doppelt wertvoll, was dieser Film uns beglückt, bestimmt, ernstlich dafür Sorge zu tragen, daß uns dieser wenn er die Menschheit, die er mit seinen wunderbaren Bildern riefige natürliche Naturschutzpart noch länger erhalten bleibt. D.

Tom Mig als Tegasreiter. Tom Mig, der flaffische Comboy, war letzte Woche in Berlin  , und viele Menschen werden sehr entzückt gewesen sein, den Helden so vieler Abenteuer und fühnen Ritte in Person gesehen zu haben. Er ist wie ein kleiner Gott gefeiert wor den. Leider hatte er sein berühmtes Roß nicht mit, und seine hiesigen Berehrer mußten sich damit begnügen, die große Bulldogge zu bewundern, die er in Berlin   zum Geschenk erhalten hat. Schade, daß Karl Man nicht mehr lebt, er hätte einen guten Teil der Lorbeeren für sich beanspruchen tönnen, die jetzt so freigebig Tom Mig in den Schoß fallen. Im Palmenhaus, das zum Spezial filmtheater für Tom Mig geworden ist, wurden ihm zu Ehren Die Tegasreiter gegeben, in denen Tom in allen Künsten brilliert, in denen er Meister ist. Diesem Wildwestfilm, der sich in seiner Wild heit und im Ungestüm feines Tempos nicht beschreiben läßt, ging eine überaus groteste, wirbelnde Forangelegenheit Das Affenbaby"

Doran.

Wege zur Schönheit und Kraft." Diese bisher beste filmische Leiftung auf dem Gebiete der Körperkultur und Körpererziehung fonnte bereits im Ufa   Balast am 300 seine hundertste Aufführung erleben. Wie feinerzeit hier ausführlich bei der Besprechung des Films dargelegt wurde, ift es auch heute nicht recht erfichtlich. inwiefern durch die Betonung der Schönheit des unbe fleideten Körpers als Symbol förperlicher und geistiger Bollendung die Lüfternheit" gefördert werden tann wie es in einer Anfrage an das Staatsministerium behauptet wird. Es gehört schon mehr als mucerische Befangenheit dazu, von diesem Film eine Aufftachelung verbrauchter Sinne zu erwarten. Das rhythmische Gebundensein dieser Körper an Luft, Wasser und Sonne erzieht gerade zur Abkehr von den meisten Sinnesreizungen der Großstadt. Vor allem sollte es aber auch erziehen zur Abfehr von jenem findischen Baradedrill der Militaristen, von dem der Film eine Probe am Schluß mir mollen hoffen nur zur Abschredung darbietet. K.

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Sonntag, ben 3. Mat, vormittags 11½ Uhr, veranstaltet die November gruppe in Gemeinschaft mit der Stulturabteilung der Ufa   im Ufa  - Theater Rurfürstendamm eine einmalige Filmmatinee, bei der Werte von Eggeling­Berlin, Herzfeld( Bauhaus), Leger- Paris, Nichter- Berlin, Nuttmann- Berlin und Piccabia- Paris   zur Vorführung gelangen. Es ist dies das erftemal, baß Werke der absoluten Filmtun ft einem breiteren Publikum zugängig gemacht werben.

Die Export- Film- Vertrieb G. m. b. 5. erwarb von Frau Jane Beß  bas Manuskript Die Moral ber Gasse". Für die Regie wurbe Herr Jaap Speyer   verpflichtet. Ms zweiter Film der Produktion wird ber Film ,, obon man nicht spricht erscheinen.

Der Film Kleine Sommerwelt" wurde von der Kultur­abteilung der Afa fertiggestellt. Der Film führt den Beschauer an Hand einer einen Spielhandlung durch den beutschen Wald und seine Tierwelt: ein biologischer Film mit Spielhandlung.

Das Produktionsprogramm ber Ufa   für die neue Spiel­selt enthält 33 neue Filme, barunter ,, Metropoles" von Friß Lang ,,, Tar­tüffe" bon F. M. Murnau   und Faust"( nach einem Manuskript von Kyser).

Die Phoebus- Film A.-G. beginnt in den nächsten Tagen mit den Außenaufnahmen zu zwei Seefilmen, betitelt Schiff in Not" and Friesenblut. Regie: Fred Sauer  .

Intendant von Gerlach wird für die Ufa   einen Film inszenieren, dessen Stoff Heinrich von Kleists   Prinz von Homburg   entnommen ist.

Die Deufig hat foeben einen Film fertiggestellt, der sich mit ben Ergebnissen der modernen Heilmethode beschäftigt. Der Film Sonne  ift geben wurde von Dr. Ulrich Kayser als veiafter gebreht und gibt in populärer Form einen Einblick in die Heilwirkung der natürlichen und fünftlichen Sonnenftrahlen.

,, Das Gesicht des roten Rußland" betitelt fich ber nenefte Kulturfilm ber Dafu. Der Film zeigt zum ersten Male das Sowjet­rußland im Bilde.

Ankauf

Verkauf

Vermittlung von Kinos KINO- ZENTRALE BROCKHAUSEN Berlin   SW 68, Friedrichstr. 207

Die Wunder des Meeres"

99

nur durch

Abenteuer

auf dem Meeresgrunde

in 6 Akten

Der Film, von dem die Tagespresse Deutschlands   seit Monaten berichtet

Uraufführung demnächst:

Primus- Palast, Potsdamer Straße 19

Filmhaus Bruckmann& Co.

AKTIEN GESELLSCHAFT