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7. Heilage öes vorwärts

Vkettstag, 12. Mal 1»2S

Zum Einzug öes neuen Reichspräsidenten in Herlin. Mit Schwarz-Rot-Gold durch das Spalier der Schwarz-WeiH-Roteu.

Fast lag es«m diesem gerade nicht sehr freundlichen Maientage wie wilhelminische Paradestimmung über den schwarzweißrot- geschmückten Straßen im Westen Berlins . Die Republikaner hatten sich taktvoll zurückgehalten und ließen der reakionären Fahnen- demonstration das ersehnte Vergnügen. Heerstraße! Wem kamen nicht allerhand unzeitgemäße Erinnerungen in den Sinn, als er hörte, der neue Reichspräsident würde von hier aus seinen Einzug antreten, wer dacht« nicht an das Lager von Döberitz , das in einer einzigen, ziemlich geraden Straßenlinie vom Schloß aus zu er- reichen war einst, als die schönen Straßen von Säbelrasseln und Pferdehufen widerhallten. Wer sich besonders in das Bild von da- mals vertiefte, der mochte eine Döberitzer Kanonade vermissen. Sonst war der»alte Geist'(was man preußisch so Geist zu nennen beliebt) wie aus Grüften gestiegen, zur Stelle nur mit dem Unterschied«, daß der Generalfeldmarschall des Kaiser » seinen Ein- zug als Staatsoberhaupt der Republik hielt. Auch über die Heer- straße ist Geschichte gegangen, da draußen in den Hochburgen des Militarismus ist es stille geworden und es wird bei den Er- innerungen bleiben müssen, so wenig es den Heerschasten gefallen mag, die sich an diesem Tage am alten Geist berauschten..,.. Segrüßtmg auf Sem Sahnhof. Der BahnhofHeerstraße war eine Stunde vor dem Ein- treffen des fahrplanmäßigen D-Zuges, der den neuen Reichspräsi- deuten mitbringen sollte, für das Publikum gesperrt worden. Weder auf den Zugängen, noch auf dem Bahnsteig irgendein Schmuck. Lediglich auf dem Dach eine kleine schwarzrotgoldene Fahne und auf dem ersten Treppenpodest einige immergrüne Blattpflanzen. Nach und nach erschienen Reichswehrminister G o ß l e r mit General v. S e e ck t und Admiral Zenker, einige Herren der Reichsregierung, Staatssekretär Meißner, der Chef des Bureaus des Reichspräsidenten , und Polizeivizepräsident Friedensburg mit dem Kommandeur der Schutzpolizei K a u p i f ch. Oberbürgermeister B ö ß war mit dem Stadtverord- neten Dr. T a s p a r i gekommen. Als letzter traf Reichskanzler Luther auf dem Bahnsteig ein. Pünktlich um 5,52 Uhr nach­mittags fuhr der Zug in die Halle. Dem Salonwagen entstieg, gestützt auf seinen Stock, Hindenburg , in Begleitung seiner Tochter,, seines Schwiegersohnes und seines Sohnes. Als erster begrüßte ihn das Töchterchen des Reichskanzlers mit einem Blumen- strauß. Hindenburg nahm den Gruß entgegen. Dann wechselte er mit dem Reichskanzler, den anderen Mitgliedern der Regierung, dem Oberbürgermeister und dem Polizeioizepräsidenten einen Hände- druck und ohne daß auch nur ein Weniges mehr als diese einfachste Formalität geschehen wäre, betrat der neue Reichspräsident den Boden der Reichshauptstadt. In vier Minuten war auf dem Bahn- hos alle» vorbei; Hindenburg stieg die Treppe hinauf, setzte sich in das bereitstehende Auto. dasoieschwarzrotgoldeneRelchs- präsidentenflagge trug, und fuhr in Begleitung des Reichs- kanzlers in außergewöhnlich rascher Fahrt von bannen. Die schnelle Fahrt des Autos, in dem der Präsident faß, ließ den Ge- danken aufkommen, als ob der schwarzrotgoldene Wimpel sich auf der Flucht befände vor den Anblick der unpassenden und in diesem Moment geradezu grotesk wirkenden schwarzweißroten Fahnen. Und mancher kriegslüstern« Hakenkreuzler, mag gezittert hoben: Verdammt, schon wieder«ine Fahrt in die Republik ? Heerstraße unö Kaiferüamm. Motorräder beginnen zu knattern, die vor dem Bahnhof postierte Kraftsahrabteilung der Polizei besteigt ihre Röder, um den soeben eingetrosfenen neuen Reichspräsidenten nach der Wilhelmstraße zu bringen. Auch die vor dem Bahnhos stehenden Press ephotographen geraten in die bekannte.fieberhafte Erregung', Kommandorufe e-tönen. lautlose Stille herrscht. Der alte Herr im Gehrock und �nlinder besteigt das Auto, das mit der s ch w a r z d o t g o l d e- nen Standarte de» Präsidenten geschmückt ist, und im Fluge gebt es durch die Straßen, die Menge zu beiden Seiten ist vielfach enttäuscht, weil alles so schnell geht, denn stundenlang haben sie tapser ausgeharrt. Hakenkreuzverbände, ähnliche reaktionäre Eli-

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Anthony Zohn. Roman von Zerome S. Zerome.

Aber das, was er von ihr verlangt, ist so gar nicht Helden- aft. Die Geringfügigkeit, die Alltäglichkeit der Sache werden e abstoßen: ihr Sinn für Humor wird sich dagegen auflehnen. ann man denn Christus und der Sache des Volkes nicht nders dienen, als wenn man in einem Armenviertel als einer Rechtsanwalt praktiziert? Und noch dazu als Rechts- nwalt, von allen Berufen gerade dieser! Ein Geschäft, das ar so sehr an den Schriftgelehrten und Pharisäer gemahnt? Zürds nicht das ganze Vorhaben in Hohngelachter untergehen? hier, in Millsborough, wo ihn jeder kennt? Sie würden n gestarrt, auf der Straße photographiert. durch die ganze «kale Presse g«zerrt werden: man wird ihnen aus der Straße ipottverse nachrufen. Sie werden zum Gegenstand der Lächer- chkeit für die Stadt werden, eine Last und Beschämung für reunde und Bekannte. Und die Karriere des Sohnes. lle Kameraden werden ihn verlachen. Norahs Verlobung >ird zurückgehen: welcher Mann will die Tochter eines Narren eiraten? Hat es einen Sinn, wenn sich die Nachfolger Christi ichtrlich machen? ' Anthony hatte beschlossen, bei seinem Berus zu bleiben. »eil ibm dies als das einfachste erschien. Eine Zeitlang frei- ch hafte er daran gedacht. Mathew Wiilock in seiner Werk- att zu helfen. Seine alte Geschicklichkeit als Mechaniker >ar ihm nicht verloren gegangen: er wurde nur etwas Uebung rauchen. Die Arbeit hätte ihm Freude gemacht, das Schwm- eu des Hammers, das Sprühen der Funken, die Harmonie Bischen Hand und Gehirn. Die Schrechttschorbeit hatte ihn ets gelangweilt. Der Gedanke an die Werkstatt schien ver- »ckend: dort würde er wieder dem kleinen Knaben begegnen, er er einmal selbst gewesen», und der Wanderpeter würde. uf dem Hocker sit-end. mit ihm plaudern. Aus den Schatten »är« der Vater hervorgetreten, hätte mit ihm gescherzt. Und ?r starke gütig« Mathew mit den verträumten Augen wäre ein eber, hilfreicher Kamerad gewesen. Zusammen hätten sie den orüberkommenden Schritten gelauscht. Und dorthin wäre ielleicht der Meister gekommen. Es hatte Anthony große Überwindung gekostet, diesen Wunsch auszugeben. Alier er »ollte sa das Praktische, da? Rationelle verkünden. Wir können icht alle Schlosser werden. Vermögen nicht alle große, Helden-

aueu, die Adelsgenossenschaft. der Evangelisch« Frauenbund, schwarzweißrot bekränzte und weißgekleidete Jungfrauengruppen, die Krieger- und Schützen- vereine nicht zu vergessen, harrten des großen Augenblicks. Angströhrenschwenker, moderne und vorsintblutliche, kamen noch einmal zur Geltung. Keine gewaltige.Lokal-Anzeiger". Begeisterung und keine.zehn Glieder tiefe Kette nationaler Beoölkerungskreise' war zu sehen, wie das Hugenberg-Blatt prophezeit hatte. Tat- sächlich war überall noch viel, viel Platz, Hunderttau- sende auf beiden Seiten der Straße unterzubringen. Aber wo die Massen hernehmen. Auch die vielen Wagen nämlich einige sich besonders geschäftstüchtig dünkende Wagenlenter wollten für teures Geld erhöhte Plätze vermieten, standen unbesetzt und fuhren, betrübt ob der schlechten Konjunktur, teils schon früher nach Hause. Der eigentliche nationale Spuk begann dann erst, als nach dem Passieren Hindenburgs die Verbände ihre gemieteten Kapellen aus den Kneipen holend, sich in den Nebenstraßen sammelten und lärmend durch die Straßen nach dem Kurfürstendamm und dem Berliner Westen zogeru um dort noch Exttavorstellungen zu geben. Auch an der Eck? Bismarck- und Wilmersdorf «! Straße hatte sich das übliche Publikum eingefunden: sehr viel junge und alte Frauen sowie Schulkinder, wenig Männer, aber keine aus dem arbeitenden Volt.»Sie' waren ganz»unter sich'. In diesem Viertel ging es teilweise oft hoch her. Schon in den frühen Nachmittagsstunden, also in einer Zeit, wo an Hindenburg » Einzug noch nicht z» denken war, konnte man hier verschiedene Gruppen trunkener Nattonalisten eifrig ihr schwarz- weißrote» Papierfähnchen schwingend, beobachten. So amüsierte sich jeder auf seine Art und war bereit zum Empfang. Erwähnens- wert ist, daß viele»Herrschaften' ihre Balkon» geschickt auszunützen verstanden hatten. So kursiert« hartnäckig da» Gerücht, daß so ein Balkonplatz erst gegen Zablung einiger Mark zu haben wäre. Als das Rahen des neuen Präsidenten gemeldet wurde, setzte ein eifrige» Schwenken mit schwarzweißroten Fahnen ein. Eine Musikkapelle irgendeines Kriegeroerbandes, die dem Haufe Lisinarckstraße 79 gegenüberstand, empfing den Wagen mtt dem Ho he u s r i e d b e r- g e r Marsch! Unsere» Wissens bestand für den gestrigen Tag eine polizeilich« Verfügung, wonach da» Aufmarschiere» von Musik- kapellen in der Nähe der Einzuasstraßen zu verhindern war. ver- bände, die sich diesem Verbot nicht fügen, sollten von der Teilnahme des Empfangs ausgeschlossen werden. Wir stellen fest, daß die hier zahlreich vorhandene Polizei die Verfügung de» Polizei. Präsidenten mißachtete und nicht einschritt. Zur Vervollständigung de» Bildes sei noch erwähnt, daß nachdem der Wagen mit Hindenburg vorbei war, einig« Reichswehrmusikanten wiederum im Haufe Bismarckstrahe 79, vorn drei Treppen erschienen und nun das Deutschlandlied hinabschmetterten. vom knie bis Srauöenburger Tor.

Auch auf dieser äußerst langen Strecke hatte mau durchweg den Eindruck, daß die sogenatxmen vaterländischen Ver­bände sich in der Zahl ihrer paradierenden Anhänger de» deutend geirrt haben. Starker Andrang herrschte nur an de» Hauptoerkehrspunkten, wie am Großen Stern und A m Knie, wo aus mehrexen Richtungen die Straßenzüge zusammen- treffen. Am Knie hatte man»Masse' vor allem dadurch zu mar- kieren versucht, daß dort offenbar der Deutschnattonale Baby-Ver- band zusammengezogen war. Auch sonst waren höchst merkroürdige Typen von vollendeten und«erdenden Hindenbürgern zu sehen! Alte Frauen, die den großen Moment, einem richttgen General- feldmarschall ins Aug« zu schauen, schon seit Ausbruch des»großen Krieges ersehnt haben, junge Mädchen, deren Frühlingsrausch daher stammt, daß sie einen Landesvater viel romantischer finden als einen simplen Reichspräsidenten ohne olles nattonalfamiliär« Drumrum, Studenten, brav« Bürger, die aus ihrer»Lokal-An- zeiger'-Lektüre ganz genau wissen, wie not der Retter uns tat, junge Burschen, die mit.siegblitzenden Augen' und kerndeutschen Eichen- stocken dem neuen Präsidenten der Republik bedingt beweisen wall- ten, daß sie der Stolz und die Avantgarde der völkischen Organi- sattonen seien. Aber wie gesagt: Eswaruurvollvondicken

Knüppeln, nicht aber war es knüppelvoll. Und den- noch werden nicht alle der Besucher auf ihre Kosten gekommen sein. denn unerwartet pünkttich und überaus schnell passierte derWagen Hindenburgs, dessen schwarzrotgoldenes Banner mit fürchterlichem Grimm von den wilden Teutonen des Tiergartens beobachtet wurde, die schnurgerade Strecke. Boraus fuhren zwei Trupps von Motorrädern der Schutzpolizei und das Dienstauto des Polizeipräsidenten Friedensburg. Hindenburg , neben dem noch der Reichskanzler Luther Platz genommen hatte, rea­giert« nur wenig oder gar nicht auf die Grüße seiner spalierbilden- den Anhänger, die allerdings sein Kommen fast durchweg zu fpöt bemerkten. So wird manches treudeutsche Herz wieder eiumai enttäuscht worden sein. Der Andrang, der bereits X7 Uhr in den Zellen und in den anderen Bierlokalen in der Nähe des Tiergartens herrschte, ist uns unter Beachtung der alkoholischen Eigenschosten des deutschen Rattonalismus wohl verständlich: man wollte seinen «chmerz wegschwemmen. Ankunft w der Wilhelmstraße. . Am Brandenburger Tor waren von der Polizei sehr umfangreiche Absperrungen vorgenommen worden. Sowohl berittene Polizei als mehrere Hundertschaften der Fußmannschajt hatten den Sichcrungsdienst übernommen. Es war etwa 19 Minuten nach 6 Uhr, als der Zug in der Ferne sichtbar wurde. Voran be- rtttene Schutzpolizei. Hinterihr folgten in einigem Abstand, jedoch in recht schneller Fahrt, die Wagen der Rcichsregierung und des Reichspräsidenten . Das Publikum reagierte z. T. mit Bei- stimmungskundgebungen und Tüchersckwenken, verhielt sich aber zum andern Teil aussallend reserviert. Auch war der Andrang des Publikums nicht sonderlich groß. Es hatten sich kaum 899 bis 1999 Menschen eingefunden. Die beiden.Kraftwagen bogen in die Wilhelmstraße ein und machten vor dem Reicbskanzlerpalais halt. Dicht vor diesem hatte sich die ausländische Presse postiert. U. a. bemerkte man Jules Sauerwein vomMatin'. Sehr stark war auch die englische Presse oertreten. Kaum hatte der Wagen vor dem Garteneingang haltgemacht, als auch schon dic Photographen in fieberhafte Tätigkeit traten. Der Reichspräsidenl saß neben dem Reichskanzler Dr. Luther. Er trug einen schwarze», Gehrock und sah ein wenig vngegrissen aus. Ueber dem Kiihler flatterte die schwarzrotgoldene Reichspräsidentenstandarte. Die Autos fuhren m den Garten, wo sich Reichspräsident von Hindenburg von dem Polizeivizeprüsident Dr. F r t e d e n s b u r g, der die Fahrt von, Bahnhof Heerstraße aus mitgemacht hatte, mit einigen Dankes- warten verabschiedete. Polizeipräsident Dr. Friedensburg trat daraus von dem Kommandeur der Schutzpolizei , Oberst Kaupisch, begleitet, die Rückfahrt an. Auf dem Reichspräsidenten palais wehte die schwarzrotgoldene Fahne der Republik als Hindenburg mtt den Mitgliedern der Reichsregierung und seinen' Schwiegersohn das Haus betrat. Als von einigen Leute» verfuchi wurde, vor dem Haus eine monarchistische Demonstration durch Ab- singen von Liedern zu veranstallen, fanden diese Versuche nicht den geringsten Refönnanzboden und wurden im Keime erstickt. Zusammenstöße mit den Kommunisten. Die Kommunisten hatten ihr« Anhänger auf den Bülowplotz zu- sammengerusen. da die Kundgebungen im Westen der Stadt von der Polizei untersogt waren. Nach Berlaus dieser Kundgebung, in der u. a. Schalem und T o r g e l e r Ansprachen hielten, formierten sich mehrer« Züge, deren Teilnehmer geschlossen nach dem Westen der Stadt zu ziehen beabsichtigten. Di« Polizei forderte die Kommunisten auf. sich zu zerstreuen, da wegen der sehr akuten Gefahr von Zu- sammenstöße» mtt heimkehrenden nationalistischen Verbände» dic Umzüge der Kommunisten unterdrückt werden sollten. Da die Kommunisten sich weigerten auseinanderzugehen, machte die Polizei von ihren Gummiknüppel Gebrauch. Es kam z. T. zu recht erheblichen Zusammenstößen. Zu einem heftigen Zusammen- stoß kam es am MagdeburgerPlatz, wo ein Zug von etwa 259 Kommunisten sich der Polizei entgegenstellte. Hier griff sogar die Feuerwehr ein, um die Linksradikalen auseinander zu bringen. Die Polizei nahm mehrere Verhaftungen vor. Gegen 8 Uhr hatten sich auf dem Winterieldtplatz etwa 2599 Kommunisten, zum größeren Teil Mitglieder des Roten grontkämpferbundes, eingefunden. Es wurden

hafte Taten zu vollbrinsen. Aber wir können, wo immer und in welchem Beruf auch immer, für das Gute wirken: diesen Gedanken will er verkünden. Er will den Menschen begreiflich machen, daß für alle das Christus-Leben möglich fei: für den Krämer, den Handwerker, den Arzt, den Arbeiter. Man arbeitet wieder in seinem Beruf, tut jene Dinge, auf die man sich am besten versteht, wechselt nur den Arbeitgeber, nicht die Arbeit, nimmt anderen Lohn. Und diese Lehre will er gerade in Millsborough verkünden, weil er sich hier Gehör verschaffen kann. An keinem anderen Ort vermöchte er die gleiche Auf- merksamkeit zu erwecken. Und dies will er tun. er will so- zusagen für seine Idee Netlame machen. Der Geschäftsmann in ihm bestand auf Millsborough: hier würde fein Schritt eine Zeitlang das allgemeine Gesprächsthema bilden. Die Leute würden darüber reden, debattieren, darüber nachdenken,� wenn sie allein waren. In MAsborough hatte er Einfluß, hier durste er hoffen, Anhänger zu finden. Seit zwanzig Jahren wurde er der Jugend dieser Stadt als Beispiel vor- gehalten, als der Mann, der emporgekommen, der»vorwärts- gekommen' war, der Mann, der olle Gaben erhalten hatte, die de? Teufel jenen verspricht, die niederfallen und ihn cm- beten: Reichtum, Ehre, Macht die Königreiche der Erde. Er war der Typus des Helden von Millsborough: der geschickte, erfahrene, erfolgreick)« Mensch, der Mensch, der immer ein gutes Geschäft machte, immer an die Spitze gelangt«, der Mensch, der, was auch immer anderen zustieß, stets auf die Füße fiel.Haltet euch an Anthony Strong'nch'arm'. das war in Millsborough fast zum Lehrsaß geworden. Mit diesem Mann muß man gehen, auf ihn muß man sein Geld setzen, auf den Mann, dem Gott bei seinen Unternehmungen beisteht. Er glaubte, die Leute reden zu hören, ihre runden, starrenden Augen zu sehen, und konnte ein Grinsen nicht unterdrücken. Anthony Strong'nth'arm schlägt den Adelstitel aus. Anthony Strong'nth'arm gibt den Direktorposten bei diesem oder jenem blühenden Unternehmen auf. Anthony Strong'nth'arm ver- äußert die hohe Dividenden abwerfenden Aktien von zwanzig soliden, einträglichen Betrieben,«r gibt sein Bureau auf, schreibt an seine reichen Klienten einen hössichen Abfchiedsbries. bezieht ein kleines Haus in Bruton Square, dessen Miete im Jahre zweiunddreißig Pfund ausmacht, nagelt an die Tür ein« Tafel:Anthony John Strong'nth'arm, Rechtsanwalt und Notar. Sprechstunden von zehn bis vier.' Was soll das bedeuten? Der Mann ist kein Idiot. Was fällt ihm ein? Was

bezweckt er? Wenn er an Gott denkt, weshalb genügt ihm dann nicht die Kirche, oder dic Dissidentenkapelle, oder auch der Papst, falls er nach Abwechslung verlangt? Witt er denn eine speziell« Religion für sich allein? Oder beunruhigen ihn die Armen? Er würde ihnen mehr nützen, wollt« er weiterhin Geld verdienen und ihnen zehn, zwanzig, ja fünfzig Prozent vom Reingewinn zukommen lassen. Wie ist das Ganze zu erklären? Was sagt er selbst. Anthony S'rong'nth'arm, dar- über? Sie werden seine Worte hören müssen, wenn auch nur«ms Neugierde. Dann wird der Klatsch die Leute langweilen, dos Gelächter verstummen. Doch das geht ihn nichts an. Er will helfen und erachtet dies für sich persönlich als die beste Art. Anthony hatte nicht gemerkt, daß sich die Tür öffnete: Eleanor stand vor ihm. Sie zog sein Gesicht zu sich nieder und küßte ihn.»Ich danke dir,' flüsterte sie,für«inen der glücklichsten Tage meines Lebens." Er drückte sie einen Augenblick stumm an sich, vernahm das Pochen ihres Herzens. »Ich muß dir etwas sagen," sprach er. Sie legte ihm die Hand auf die Lippen.Ich weiß«s. Noch drei Minuten, dann kannst du sprechen." Sie standen umarmt, bis die alte französisch« Uhr«rf dem Kamin leise schlagend die zwölfte Stunde verkündete. Dann löste sich Eleanor aus seinen Armen, setzte sich aus ihren Liebsingsplatz, blickte zu ihm auf und wartete. 18. Er oerlangte von ihr keine Antwort: sie versprach, sich die Sache zu überlegen. Vielleicht würde sie es auch mit Jim besprechen: Eleanor und ihr Sohn standen einander befon- ders nahe. Auch die Kinder mußten befragt werden. An- thony ließ ihr völlig freie Wahl; alles würde nach ihrem Be- fchluß geregelt werden. Er hatte nicht versucht, sie zu über- reden, hoffte vielleicht, sie durch die Erklärung seiner Ansichten zu beeinflussen. Bis auf ein paar Fragen hatte sie stumm seinen Worten gelauscht. Beschämt, wie«in Äensch. der ein sündhaftes Geheimnis bekennt, sprach er zu ihr. Der Ton seiner Stimme, der Blick seiner Augen war ein unbewußtes Flehen, sie möge mit ihm kommen. Aber ob sie ihm nun folgen werde oder nicht, er würde seinem Entschluß treu bleiben. Und das verhärtete sie. o(Fortsetzung folgt)