Dienstag 12. Mai 1925
Unterhaltung unö �Nissen
Vellage öes vorwärts
öerliner Einzugsmarsch. Im Westen war's ein großer Tag: Das sprühte vor Verlangen, Mit Trommelruf und Paukenschlag Alt-Deutschland zu empfangen. Urpreußische Ertüchtigung War trippelnd aus den Beinen. Selbst Urgroßmütter mußten jung An solchem Tag erscheinen. Bei Blumenstrauß und Festgedicht Gab's löbliches Erröten Pariser Einzugsmarsch kam nicht Zu vorbestelltem Flöten. Man putzt die Leutnantsgarnitur Und schabt Novemberrosten, Man kauft sich Stern und. Gardeschnur, Das Boll bezahlt die Kosten. Der Wicking und der Werwolf sind Die neuen Reichsbewahrer, Sie haben guten Fyhnenwind Und sehen Zukunft klarer. Pastoren wittern Erntefest Und läuten mit den Glocken. Drei Tage tanzt Wilhelma-West Auf zarten Seiden-Socken. Die Republik bleibt ernst zu chaus Und hält ein strenges Wachen. Ein Mann der Freiheit schlägt es aus, chonneurs dem Spott zu machen. Doch sollt' aus Deutschlands Winternacht Der Spuk noch ärger rasen, Wird schwarzrotgold'ne Fahnenwacht Zum Sturm der Geister blasen. Franz Rothenfelder. hanöel mit Untertanen. Aus der Geschichte deutscher Wrstenhäuser. Don Elli Radlke-Darmuth. Unsere Monarchisten werden nicht müde, dem deutschm Volk immer wieder die Segnungen der glorreichen Zeit vor Augen zu führen, da noch ein treusorgender fürstlicher Landesoater mit Liebe und persönlicher Aufopferung die Geschicke des Voltes leitete und es herrlichen Zeiten entgegenführte. Es lohnt sich schon, von Zeit zu Zeit einmal einen kurzen Blick auf die Geschichte der beut- schen Fürstenhäuser zurück zu werfen. Gern erinnert man sich dabei so mancher Dinge, die sehr wohl geeignet sind, die Liebe und Ver» ehrung für unsere angestammten fürstlichen Landesväter und zum monarchistischen System überhaupt wieder etwas aufzufrischen. Da ist z. B. ein sehr interessantes Kapitel in der deutschen Kulturgeschichte über den Handel mit Menschenfleisch, den viele dieser sürstlichen Landesoäter getrieben haben. Es ist das Verdienst de» früheren.liberalen Reichstagsabgeordneten Friedrich Kapp , über dieses traurige Stück deutscher Geschichte umfangreiches Mate- rial gesammelt und unter dem Titel„Der Soldatenhandel deutscher Fürsten nach Amerika" im Jahre 1874 bei Julius Springer heraus- gegeben zu haben. Das Material stammte aus den Dokumenten des englischen Staatsarchivs, aus seinerzeitigen englischen Parlaments» berichten, den Korrespondenzakten der betreffenden fürstlichen Per- sonen und sonstigen amtlichen Quellen und mutz daher wohl al« durchaus glaubwürdig angesprochen werden. Aus diesen Dokumenten erfährt die Nachwelt, daß die Landesväter einer ganzen An- zahl deutscher Kleinstaaten chre geliebten Untertanen für bares klingendes Geld an fremde kriegführende Möchte als Kanonenfutter verkaust haben, daß sie sich für die gelieferte Ware pro Kopf noch damaliger Rechnung 30 Kronen Banko Werbegeld und dazu 37� Kronen sogenannte Subsidien, letztere aus Jahre hinaus zahl- bar, und bei dem unvermeidlichen Abgang pro Leiche nochmals 30 Kronen bezahlen ließen, wobei drei Verwundete gleich einem Toten gerechnet wurden. Außerdem steckten sie noch manchmal die Differenz zwischen der eigenen landesüblichen Soldatcnlöhnung und derienigen des die Truppen mietenden, kriegführenden Landes in ihre eigene Tasche. Dieser Menschenhandel war im 77. und 18. Jahrhundert in Deutschland durchaus nichts Seltenes. Die vielen kleinen Fürsten der vielen deutschen Kleinstaaten brauchten sämtlich viel Geld. Sie liebten olle ein möglichst glänzendes Hosleben nach großem Muster, und da ihre sonstigen Einkünfte aus ihren kleinen Ländchen in gar keinem Verhältnis zu den riesigen Ausgaben für Aufwand und Ver- anügen standen, so verschafften sie sich gute Einnahmequellen durch Anwerbung von Soldatenheeren, die sie im Kriegsfalle an fremd« Mächte wie Kaufleute ihre Waren zur Vermietung anboten. Die ge-' wissenlosen Methoden des Anwerbens, die grausamen Bestrafungen der unglücklichen Soldaten bei etwaiqer Desertion sind zur Genüge bekanm. Deutschland galt zur der Zeit als Truppenlieferungsland für die ganze Welt. Von Rußland bis Spanien , von den Nieder- landen bls zur Türkei gab es kaum noch einen Krieq ohne deutsche Hilfstruppen. Die ältesten bekannten auswärtigen Trüppenlieferungs- vertrage sind die vom Landgrafen Karl von Hessen mit König Christian V. von Dänemark vom Jahre 1ß76 und zwischen dem Kurfürsten Johann Georg III. von Sachsen und der Republik Venedig von 1685. Auf Grund letzteren Vertrages wurden 3000 sächsische Soldaten nach Venedig vermietet, die gegen die Türken ins Feld geschickt wurden und von denen nur 761 Mann in die Heimat zurückkehrten. Während des ganzen 17. und 18. Jahr- Hunderts standen in Holland deutsche Truppen in Dienst, und im österreichischen sowohl wie im spanischen Erbfolgekriege kämpften deutsche Hilfstruppen sogar auf beiden Seiten. Eine glänzenden Ausschwung nahm das Menschenhandelsgefchöft für die deutschen Fürsten anktißlich der nordamerikanischen Frciheits- kriege(177S— 1782). England hatte damals großen Bedarf an aus- ländischen Hllsstruppen, denn seine eigenen Landesklnder wollte es nicht gern zur Niederwerfung des amerikanischen Aufstandes ver- wenden, vielleicht aus Angst vor einer Sympathisierung mit den Nordamerikanern. So lag das Geschäft für die geldhungrigen beut- schen Fürsten sehr günstig, und sie überboten sich auch gegenseitig in schönem Eifer, ihre Ware auf den Markt zu werfen. Hm ganzen waren es die Fürsten sechs deutscher Kleinstaaten, die auf Grund offizieller Verträge mit England Soldaten nach Nordamerika gegen Bezahlung lieferten, und"zwar Braunschweig , Hessen , Hanau . Waldeck . Ansbach und Anhalt-Zerbst. Auch Bayern und Württem- berg hatten England ihre Soldaten angeboten und sich sehr um Berücksichtigung bemüht, doch lehnte die englische Regierung die Truppen dieser beiden Länder wegen ihres schlechten Zustandes ab. Die obengenannten sechs Länder und Ländchen lieferten während der ganzen Dauer dieses Krieges nach Kopps Zusammenstellung LS 875 Mann, von denen nur 17 313 Mann wieder zurückkehrten. Es hoben demnach also 12562 deutsche Männer im besten Lebens- aller fern der Heimat für eine Sache, die sie nicht das Geringste anging, ihr Leben lassen müssen, nur weil ihre sürstlichen Lande«. vÄ » zur Bestreitung ihrer noblen Passionen dringend Geld ge-
Der Golem.
f/>! r■
Zum Amtsantritt".
brauchten. Die aus diesem feinen Geschäft vereinnahmten Summen waren für jeden der beteiligten Fürsten enorm, besonders da Eng- land einzelne Subsidien noch zwei Jahre nach Rückkehr der Truppen zahlen muht«. Das doch verhältnismäßig kleine Hessen . Kassel lieferte allein fast 17 000 Mann nach Nordamerika , und dies noch dazu kurze Zeit nach dem menschenmordenden siebenjährigen Kriege. Es war nur möglich durch ein ganz rafsiniertes i-ystem der Soldatenaushebung und Anwerbung. Das lächerlich kleine Fürstentum Waldeck , das über ganze 20 Ouadratmeilen Territorium und 30000 Einwohner verfügte, war mit 1225 Mann an der Lieferung nach Nordamerika betelltgt, trotzdem es schon zwei Regimenter in Holland dauernd stehen hatte. Dafür wurden die Landeskinder aber auch von der Kanzel herab ausgefordert, sich anwerben zu lassen. Noch kleiner als Wolbeck war Anhalt-Zerbst mit 20 000 Einwohnern und 15 Ouadratmeilen Umfang, dessen„Herrscher" Friedrich August sich erst mehrere Male umsonst um einen Lieferungsvertrag mit Eng- land bemühen muhte, ehe es ihm gelang, ins Geschäft zu kommen. Er hat noch insgesamt 1160 Mann nach Amerika geliefert. Die treuen Landesoäter standen alle große Aengste aus, daß ihre schönen Lieferungsverträge etwa.durch die Unvernunft der dummen Soldaten gestört werden könnten. Als bei der Abtrons- portierung der Ansbacher Soldaten nach Amerika einmal die Gefahr einer größeren Empörung nahe lag, reiste der Markgraf Karl Alexander schleunigst seinen Truppen nach und begleitete sie der Sicherhell halber persönlich den Main und Rhein hinunter bis zur Einschiffung in Holland . Und der Herzog von Braunschweig richtete die ausdrückliche Bitte an den zuständigen englischen Minister, er möge seine in Gefangenschaft geratenen Truppen ja nicht nach der Heimat auswechseln lassen, damit ihm durch ihre Schilderungen das weitere Rekrutierungsgsschäft nicht verdorben würde. Infolgedessen mußten die gefangenen Braunschweiger mehr als fünf Jahre unter großen Entbehrungen in der Jnternierung verbleiben, ehe ihr Landesvater, der so schön an ihrem Elend verdient hatte, sie wieder» haben wollte.
Dabei hatten diese Seelenverkäufer noch die Stirn, in hoch- trabenden Worten von deutscher Treue und Redlichkeit zu sprechen. Den Ansbacher und Hanauer Soldaten wurde beispielsweise folgende Rede bei ihrer Vereidigung zur Bekämpfung der Nordamerika - nischen Freiheitsbewegung gehalten:„Ich bin überzeugt, daß Sie das allergnädigste und gnädigste Zutrauen erfüllen werden, welches Seine Königliche Majestät und beide Durchlauchtigste Fürsten in Ihre Redlichkeit und Tapferkeit setzen, und daß Sie bei allen Kriegs- vorfallenheiten zeigen werden, daß Sie Deutsche sind, welche jeder- zeit den großen Ruhm der Treue und Tapferkeit-behauptet haben. Sie streiten für die gerechte Sache eines der erhabensten und gütigsten Monarchen. Sie können sich nicht weniger der höchsten Gnade Ihrer teuersten Landesfürsten versichern, von deren Liebe und Zuneigung Sie schon soviel Beweise haben. Machen Sie sich ihrer würdig.......* Brutale Geld- und Machtgier, niedrigster Egoismus, und dazu noch zynischer Hohn! Haben wir irgendwelche Veranlassung, mit Sehnsucht an unsere entschwundenen gekrönten Häupter zurückzu- denken! Eine Verbindung des Heliums entdeckt. Das neuerdings viel genannte Helium, das zur Füllung des Z. R. 3 in Amerika verwendet wurde, gehört der Klaffe der. sogenannten„Edelgase" an. die ihren Namen davon erhalten haben, daß sie sich mit keinem der be- kannten anderen Elemente noch miteinander oerbinden. Dadurch erhält dos Helium feine große Ueberlegenheit über den Wasserstoff, indem es nicht explodiert. Nunmehr berichtet aber der Oxforder Gelehrte I. I. Manley. daß es ihm gelungen fei, unter gewissen Bedingungen durch elektrische Klimmentladungen eine regelrechte Verbindung zwischen Quecksilber und Helium zu erhalten. In der „Umschau" wird hervorgehoben, daß, wenn sich diese aufsehen- erregenden Befunde bestätigen sollten,„sie unsere gesamten theoreti- schen Vorstellungen über den Atombau abermals über den Haufen werfen würden".