Einzelbild herunterladen
 

Ruhmesblätter öer Justiz.

Mttrvoch 20. ßld 1925

nterhalwng unö ÄAissen

Seilage Ses vorwärts

Gefangene öes Toöes. Von Lriä) Grisar svartuumd). Auf dem Grab« der Opfer vonMinister Stein ' blühen die ersten Vlutncir Auf die Gerzen der Trauernden legt« sich erstes Vergessen. Da reiht die heilend« Wunde von neuem auf. Wieder wehten die trauerumflorten Fahnen über der Stadt. Wieder fand in dem kunswollen Gewebe moderner Produktions- Methoden der Tod eine Masche, durch die er schlüpfen konnte. Vier» undoierzig Menschen bezahlen einen Rechenfehler,«in« Rachlössigkeü. ruhende Wachsamkeit gegen die Drohungen des Todes mit ihrem Leben, denn unerbittlich ist der Tod. Keinen Fehler läßt er un- bestraft. Vor wenigen Wochen ein übereiltes Kommando, und 80 jung« Menschen ertranken in der strömenden Weser . Tage darauf in Esien-Karnop«in verkehrter chsbelgrist. Statt Gegendampf strömt Frischdampf in«in« tadellos fuktionierend« Fördermaschute. Zwölf Frauen trauern um ihre Männer. Roch sind die Toten von Herne urwergeflen. lieber der Gegend, di« in oll ihrer Schönhest sich dehnt in der hellen Sonne des Frühlings, lastet das Grauen. Längswergesien« Spökcnkieker" trauen sich aus den dunklen Winkeln de» Aber- gloubens ins Licht eines überklugen Jahrhunderts. Au« ihrem zahn- losen Munde fällt das Wort: der Tod geht um in Westfalen . Di« Rote Erde ist sein Gebiet. Westfalen, das Land der Technik, der Maschinen und Wunder, in dem di« Menschen wohnen, die blut» getauft ausgingen den Tod zu besiegen. Und ihn doch nicht d«- zwangen. Roch nicht, denn immer wieder findet er den W«g in die Rechen der Männer, di« pflichtgetreu ihrem Werk nachgehen. Um Brot zu schaffen für sich und ihre Kinder. Es ist«in kärgliches Brot, das die Grube gibt. Aber es i st«in Brot. Und ein furcht- bares Schwert hängt die Drohung über jedem: Entlassung. Auch auf der Zeche Dorstfeld wollt« man in dieser Woche«inen Teil der Belegschaft entlasten. Einen Teil derer dem Hunger über- geben, die in Zeiten der Rot und Bedrückung aushielten für Volk und Werk. Und nun kann man die Liste vernichten. Der Tod stellt««in« neu« auf und stellte di« Vergeßlichen zur Besinnung. In v«r- nünftig regierter Gesellschaft würde man jetzt rufen: hier stimmt etwas nicht. Hier schlich sich«in Fehler in unsere Rechnung. Hier rufen wir Halt! Die Gesellschaft der Stinnls, Klöckner und Hugenberg schickt ihre Reporter, die zu Dutzenden im Sinn« ihrer Austraggeber über denbedauernswerten" Fall berichten. Photographen nehmen«in Bild des Schachtes und der ihn umlagernden Meng« auf und gehen. Zu einem Ball vielleicht. Oder ins Bad. Elegant« Toiletten fest- zuhalten für ihre Zeitung oder Bilder von Pferden und Jockei». Aber keiner findet Zeit, sich genauer umzuschauen, in di« Häuser hineinzugehen, in denen die Frauen und Kinder, die zwei Tag« lang in Ungewißheit vor den Toren der Zech« sich drängten, nun erschlagenen Vater und Gatten betrauern. Keiner versucht, da» Elend wiederzugeben, das nicht erst seit gestern hier herrsch. Oder das Gesicht eines lebenden Bergmanns zu filmen und es zu zeigen neben dem Antlitz einer wohlbehüteten Dam«. Oder hat jemand die niederen Baracken photographisrt. die dich unter den qualmenden Schloten liegen und im Krieg« für gefangen« Russen erbaut wurden? Die in ihrer Dürftigkeit aber feit Jahre» schon denen zur Wohnung dienen, die tagaus, tagein in di« Grub« fahren, aus der nun wieder ein halbes Hundert Tot« ins Lich heraufgeholt wurden. O. es hat keiner dies« Baracken gesehen. Der Schmerz der Trauernden in ihnen bleibt einsam wie der Schmerz aller Gefangenen, denn sind auch nich sie Gefangene, gleichwi« die ehemaligen Bewohner ihrer Baracken? Sind nicht wir alle Ge- fangene? Wir, die wir die Schätze der Erde herausholen aus der dunklen, gefahrvollen Tief«? Gefangene des Todes! Und für wen? Für wen, das ist heut« und immer di« Frage, bis die be- sreiend« Tat unserer gewandelten Gesinnung di« Antwort gibt: Für uns!

Eine ärztliche Sckhanölllngsftelle. von Dr. med. Norbert Marx. Das Berliner Proletariat, das durch immer zahlreicheren Be- such der Ambulatorien sein« Zufriedenheit mit diesen sozial- hyglemschen Schöpfungen der Krankenkassen zeigt, wird eS inter­essieren. daß auch>n der Provinz mit der Errichtung von Kassen- ambulatorien begonnen wurde. So ist jetzt u. a.«in« Broschüre von Otto Okraß erschienen, die uns über die Seestemünder Einrichtungen Näheres mitteilt. Ebenso wie in Berlin wurde die dortige Kasse durch den vom Leipziger Verband mutwillig erklärten veriragslosen Zustand ge- zwangen, die Behandlung ihrer Mitglieder und deren Angehörigen in eigene Regie zu nehmen. lieber den Wert und di« Vorteil« der Ambulatorien für da« Proletariat ist unleren Lesern schon des öfteren berichtet worden. aber gerade wegen ihrer großen Bedeutung für die DoUsgcwodheit müssen wir immer wieder dies« Tatsachen den breiten Massen ins Gedächtnis rufen. Die festangestellten Aerzte haben kein materielles Interesse an ihren Patienten und brauchen deshalb»kein« Kranken zu züchten oder Krankenscheinen zulieb« Quartale hindurch Simu- lanten zu betreuen und Kossengelder zu vergeuden'. Durch ihr« pekuniäre Sicherstellung sind die Aerzte der deutschen Sozialversiche- rung imstande, sich voll und ganz ihren Patienten zu widmen und können noch in der freien Zeit sich in den Dienst der Voltsoufkläruns auf dem noch sehr im argen Legenden Gebiet der DolkSgesundheit stellen. Welchen Anklang dies« Behandlungsstelle in Geestemünde schon gefunden hat, ergibt sich daraus, daß sehr häufig Pnvatpaliew«« kommen, die infolge der gesetzlichen Beslimmungen nicht behandelt merden dürfen und ihr« notgedrungen« Abweisung sehr ost nicht einsehen wollen. Diese Frage dar Behandlung von Privatpatienten durch von gemeinnützigen Institutionen«ingenchleten Behandlung«- stellen könnte vielleicht dadurch gelöst werden, daß dies« Paiietucn nach den Mindestsätzen der preußischen Gebührenordnung behandelt würden. Gerade zur Vorbeugung und Verhütung der Tuberkulose, der typischen Proletarierkrankheit, wird«S die Aufgab« des Stadt- und Schularztes, der Ährer und Gemeindeschwestern sein, Hand in Hand mit der Leitung des Institut» zu arbeiten, um den Bedürftigen di« Wohltaten der medizinischen Wissenschast zuteil werden zu lassen. Besonders in kleinen Orlen, zu denen auch Geestemünde gekört, liegt die vorbeugend« Fürsorg« noch sehr im argen und deshalb wird das genannte Institut, das mit erstklassigen Apparaten ausgestattet ist. Vorbildliches zum Dohle der Versicherten und ihrer Angehörigen leisten können.

Sehr zu begrüß«» ist die Einrichtung einer Küche zur Speisung der zu bestrahlenden Kinder, di« bis jetzt wegen ihrer Unter- ernähr, mg von den Quqkern unterstützt wurden, und bei Einstellung der Schulipeijunjj ohne jede besonder« Hilf« bleiben würden. Institute ähnlcher Art befinden sich im Unteeweserkreis noch in Sebaldsbrück bei Bremen , das von den Eisenbahitbetriebskrankenkassen, und in Oldenburg , das von der dortigen Ortskrankenkasse geschaffen wurde. Bei dem Wert der ärztlichen Großbetrieb« für di« Lollsgesund- heit, di« durch Zusammenfassung der neuesten Errungenschallen der medizinischen Technik und ärztlichen Wissenschast Pen Versicherten und ihren Angehörigen Zeit und Geld ersparen und ihnen die Arbestsfähigkeit aus rationellstem Weg« miede-gehen. müssen wir verlangen, daß im Bolksinteress« alle Verordnungen aufgehoben merden. die mit der freien Arztwahl den für die heutige Zeit unzulänglichen und voll- komm.«» überlebten örztl ich en Zwergbetrieb be- günstigen. Daß die Ambulatorien einem tieigesuhlien Bedürfnis der breiten Massen nach einer eingehenden gewissenhasten ärztlichen Behandlung und Beratung entsprechen, z�igk also nicht mir die Freqeunz der Berliner Kassenambulatori««. sondern auch derjenigen in der Pro- vinz, von denen wir hier über da» Geestemünder Bericht geben.

Vle Gutüeckrmg üer»blauen Äcettc'. Die blau« Grotte auf Eapri gehört heute zu den größten Sehenswürdigkeiten, di« jeder Tourist besucht haben muß. und nicht zum mindesten dadurch hat di« schön« Insel im letzten Jahrhundert ein« so groß« Beliebtheit erlangt. Di« Entdeckung dieses wunder- baren Naturdenkmals ist dem deutschen Dichter Aßgust Kvptsch zu danken, den man als den Verfasser der..Heinzelmännchen von Köln" und anderer lustiger Gedichl« kennt und der im Jahr« lbZb , gerade vor IlKi Iahren, diese Tat nollbrach,!'. Mqn hat behauptet, daß er nicht der erste gewesen sei. der in die Grotte eindrang, und gewiß mögen sie Fischer schon hie und da vorher aufgesucht haben. Aber erst sein mutige» Eindringen erschloß das Natura) under der Allgemeinheit, und durch die berühmt« Beschreibung seiner Entdeckung hat er sie allgemein bekannt gemacht. Die Fischer hielten sich von der Grotte ängstlich fern, well darin der Teufel mit vielen bösen Geistern wohnen sollte: man munkelt«. er hätte zwei Geistlich« geholt, di« sich vor UV Iahren htneinge- wagt hatten. Der Notar Don Giuseppe Pagano , der Besitzer he« bekanntesten Gasthofes auf Eapri. mach'« Kopisch auf dies« Merk- würdigtest avimertsam: er glaubt«, daß«in« oberhalb dar Grost« befindlich« Jwine von einem der Paläste des Tiber ius derrührt«. von dem«in geheimer Gong in die Grotte ge'ührt hoben müsse. Der Bruder des Notar»,«in Kanonikus, warnte aber auf» dring- lichst« vor d«m Besuch de» verrufenen Orte», von dem er die schau- richten Mären erzählte:.Zuweilen erblick« man Feuer darin, zu- weUen sähen Tiere wie Krokodil« daraus hervor. Der Eingang ver- änderte sich täglich siebenmal und sei bald wester, bald enger. Hei Nacht sängen die Sirenen darin, und inwendig fei alle« voll von TchtenaebemÄN. Dann und wann schrei« es darin, wie kleme Kinder. Stöhne« und Aechzeu fei da» Ailerqemöhnlichst«. was man da vernähme: auch sei e» gar nicht» Seltene», daß junge Fischer in jener Gegend verschwänden.' Ei« Fischer, der dort unwissentlich mtt der.Harpune einen Meermann verwundet hatte, her ihm in Gestalt eines großen Fische» erschien, sollt« aus schrecklichst« Weise verdarrt sein. Trotzdem wagt« Kopisch zusammen mtt dem Maler Fries und einem kühne« Barteniührer die Fahrt. Der Kanonikus las unter- dessen«in« Messe für die Wagehalsigen, deren sichern Tod er fürchtet«. Der Barkenführer drang zuerst«in. in einer Kufe schwimmend und eine andere Kufe mtt eine« Pechfeuer vor sich

herstoßend. Dann folgte Kopisch schwimmend, und groß war sein Schreck, als«r das Wasser unter sich sah.gleich blauen Flammen entzündeten Weingeistes'. Er dachte isst ersten Auaanblick an eine vulkanisch« Erscheinung, und erst bei späteren Besuchen wurde ihm die Ursache der wunderbaren lasurblauen Färbung klar, in die alle Gegenständ« des mit Stalaktiten bedecktem Innern getaucht sind. Sein Dorschlag, di« GrotteGrotia azurra' zu nennen, wurde von Don Pagono zunächst abgelehnt, weilazurra" aus Eapri niemand verstehe, aber als ihm Kopisch sagte, die Fremden würden es gut verstehen, da mar er mst der Tauf« der azurnen oder blauen Grotte «inverstanden.

Eive bedeassame Freiballon tlelsahrk. Der im Jahr« JÖ09 opn Herrn H. van G w i n n o r g-stistet« und bisher nie eroberte Preis für die erst« FretballanzielsahrtnachRatzeburg wurde ient dem Berliner Augenarzt Dr. H o l b e n für seine Zielsah rt Rtesa Ratzeburg vom 22. Februar ik>N> zuerkannt. Es kennzeichnet die Fortichriu« der Kunst, den Freiballon diyrch Ausnutzung der in verschiedenen Höhen wechselnden Windrichtungen ans Ziel zu steuern, daß be« Stiftung de» Preises die gestellte Ausgabe, den Ballon von einem mindestens 20 Kilometer entfernten Aufftiegsplatz aus in 5 Kilometer Umkreis um das Gymnasium Ratzeburg zur Landung zu bringen, bei per Lage des Zielpunktes an einem dammartig den Rotzeburger See teilend«» schmalen Land- streifen als äußerst schwierig galt. Jetzt hat TZr. Halben di« An- forherüngen und Erwartungen des Stifters wett übertryffen, indem «r das Ziel aus mehr, al» der fSsachen Entfernung auf einem Um- weg von A70 Kilometer Fahrtlinie in acht Stunden erreichte und den Ballon noch auf dem Seedamm selbst zwischen beiden See- abschnitten was damals für unmöglich angesehen wurde in nur 1 Kilometer Entfernung vom Ziel au» dem fast einzigen und nächsten neben der den Damm übersohrenden Eisenbahn nersüg- baren schmalen Stteifchen Schwemmland zur Landung gebracht. Und das noch bei 62 Kilometer Windgeschwinpigkest während der letzten Fahnswndc. ohne den Ballon zu entleeren! Rur ein« eigens erdechte Landetechnik vom See aus ermöglichte bei so starkem Winde «in« solch« Zwischenlandung, die sehr glatt und sanft in nur l Kilometer Eistsernung vom Seeuser erfolgt«. Denutzt wurde der kleine Ballon..Eridcmn,' des Dresdner Ver­eins für Luftfahrt, der mit feinen nur 600 Kubikmeter Gas außer dem Führer zwei schwere Mstfahrer befördert hatte. wieviel Bison» gibt«» noch? E» erregte«in gewisse» Aussehen, als vor einiger Zeit bekannt wurde, daß die kanadisch« Regierung im Dussallo-Park bei Wainwright 2000 Stück der geschützten ame- rikanischen Bison»(Büffelt hat abschießen lassen. Bon den riesigen Bussel'-Herden. die einst Nordamerika bevölkerten, waren Ansang 1808 nur noch S8S Stück den großen Schlächtereien der Büsfeljäger entgangen. Dieser kläglich« Rest wurde in Schutz g«nomw«n unh im EllIsland und Bufsallo.Park aehegt. Die Regierung gab sich große Mühe, die anscheinend dem Aussterben verfallenen Tiere zu vermehren. Ihre Bemühungen waren von einem zu guten Erfolge begleitet: denn allmählich trat«ine Uebervölkerung der Schutzgebiete mtt Walddiions«in. Man hatte es versäumt, durch geeignete Motz- regeln die Zahl der Tier« entsprechend der Größe der Schutzgebiete zu beschränken! daher war die Zahl der Bison» im Busfalo.Park End« 1028 ans 8800 Stück angestiegen. So entschloß sich die kana- disch« Regierung dazu, 2000 der vorher so sorgsam gehegten Tier« abzuschießen, um den Bestand l«h«n»fohtg zu erhallen. Nach dem erfolgten Abschuß dieser Tier« ist die Zahl der heute in ganz Nord« amerika lebenden Bison»(Kitons imerican»') auf etwa 15000 zu schätzen. Ein Aussterbe» der berühmten.Büffel' ist also nicht zu befürchte»!

.Was ist üttm üa los!''

»der verautwortllche Neöaktevr Se«»vorwärts� hat eine verichtigung vor yuooUstaaüig abgeürucktl*