Ziel aufzustellen, auch wenn es nicht im erste» Anlauf aenomme» werden kann. Gewiß besteht zwischen Frankreich und England kein« Einheitlichkeit darüber, aber auch bei uns gibt es ja keine einheit- liche Meinung, denn man könnte z. B. den Grafen v. Westarp und mich nicht an dasselbe Gespann anschirren. Aber die' vcheidung der Bevölkerung in allen Ländern geht nicht nur zwischen Kapital und Arbeit, sondern auch zwischen Idealisten und Interessenten. Unsere Ausgabe muß es sein, diese Idealisten zu ermun- tern und den Völkerbund zu einem Bund aller Idealisten zu machen. Herr Außenminister Stresemaim, beachten Sie doch, welche Kreise den Eintritt Deutschlands in den Völkerbund heute ablehnen. In England sind es die D y h a r d s, in Frankreich sind es d i e Anhänger Poincarös. Und zwar deshalb, weil sie durch den Eintritt Deutschlands in den Völkerbund eine Schädigung ihrer Interessen befürchten. Wenn wir, wie es gestern ein Redner getan hat, eine geschicht- liche Parallele ziehen wollen, so müssen, wir uns an den deutschen Bund nach den Befreiungskriegen erinnern. Auch dieses Produkt hat in vollkommener Art die Einigung Deutschlands angestrebt. Trotzdem ist das damalige Preußen eingetreten, um nicht Oesterreich die Hegemonie zu überlasicn. Nun wirh mjs entgegengehalten, der Preis für den Eintritt Deutschlands in den Völkerbund sei zu h o ch. Beiläufig möchle ich gegenüber der kommunistischen Rednerin Ruth Fischer , die den'Anspruch erhob, Realpolitikerin zu sein, sogen, däß sie nicht viel Realpolitik bewiesen hat. Sie hat durch ihre Meinung, der Eintritt Deutschlands in den Völkerbund würde bedeuten, daß Deutschland an den Kämpfen einer Einheitsfront gegen Rußland teilnehmen müsse, keinen Beweis für ihre Befähigung als Realpoli» tikerin gebracht. Ich Hobe in der ganzen Welt kein Jnieresie an den inneren Einrichtungen Rußlands gefunden.(Zwischenrufe bei den Kommunisten). Jedenfalls scheint das Interesse Sow- jetrußlands an den inneren Einrichtungen der anderen Länder viel größer zn sein.(Sehr richtig! bei den So.z.) Wir dürfen nicht verkennen, daß für den Preis/ den Deutschland für den Eintritt in den Völkerbund entrichten soll, es etwas sehr Wesentliches erhält, nämlich den Anspruch auf Schuh. Ich brauche den Vertretern der deutschen Außenpolitik nicht zu sagen, was das bedeutet. Es wird uns weiter von den Gegnern entgegen- gelialten, daß noch zwei andere große Staaten außerhalb des Völker- bundes stehen. Man braucht aber nur daran zu denken, wie die Situation werden würde, wenn der eine große Staat in Europa doch dem Völkerbünde beitrstt. Dann würde Deutschland in einer Vereinlomuug sein, die alles andere als glänzend wäre. Als der Reichskanzler Luther sein Kabinett vorstellte, nahm er in Anspruch, daß er mit ollen Parteien zusammenarbeiten wollt«. Am nächsten Tage bezeichnete ein Vertreter der stärksten Regierungs- »artet als Ausgabe der Regierung den rücksichtslose» Kampf gegen die Sozialdemokralie. Der Außenminister Stressmann hat gesagt, eine andere Politik als die der Verständigung sei nicht möglich. Keine Partei kann eine andere Politik treiben. Damit hat er das Angebot des S i ch e r h e i t s p a kt e s begründet. Die deutschnationnlen Minister im Kabinett müffen für das Memo- randum, in dem der Sicherheitspakt angeboten ist, gewesen sein, denn es handelt sich nicht um Verhandlungen, die bereits im Zuge waren, als die Deutschnotionalen in die Regierung eintraten. Die gestrige Rede des Führers der stärksten Parket der Regle- runa, des Grasen Westarp, läßt deutlich erkennen, daß er diese Politik zu zerschlagen wünscht. Gleichwohl sollen die Verhandlungen mit der Entente beginnen mit der Anfechtung des Schuldbekenntnisses. Graf Westarp glaubt wahr- scheinlich, die Verhandlung damit erleichtern zu können. Am Ib. August soll das Rnhrgebiet geräumt werden. Kein Gesetz kann uns diesen Anspruch bestreiten. Da kommt Gros Westarp, wenn dieser Anspruch nicht anerkannt würde, dann ist sofort der Dawes- Plan hinfällig. Westarp jagt, das demokratifch-republikanisch- Parlaments nschc System wäre uns wesensfremd. Es ist nur merl- würdig, daß es sich 1918 so glatt und ohne alles Blutvergießen durch- gefegt Hot. Es würde mir als Parteimann Behagen bereiten, wenn rch.ats Grund dafür die Feigheit der anderen Seite annehmen könnt«. Es ist aber in erster Reihe die allgemeine Erkenntnis gewesen, daß das gestürzte System uns in den Abgrund getrieben hat und daß das deutsche Voik seine Zukunft in eigene Hände nehmen mußte, wenn.es wieder herauswollte..In der Geschichte wird wenig danach gefragt, wie etwas geschieht, sondern wichtig ist, daß etwas geschieht. Die deutschnotionalen Minister scheinen das Vertrauen der Kommunisten zu genießen. Ihr Mißtrauensantrag richtet sich nur gegen Stresemann und gegen Luther . Die Regierung und die deutschnationalen Minister machen die einzige Politik, die sie
mache» könne«, und die Führer der Deutschnationnlen im Parsoment versuchen, ihnen Knüppel zwischen die Beine zu werfen. Wenn Frau Gohlke im Völkerbund ein Konsortium von Räu- bern sieht, so wundert uns das nicht, denn warum soll sie aus- nahmsweise einmal nicht schimpfen. Wenn aber Westarp auf Eng- land und Frankreich etwas sagt, was.'auf. den Einzelnen angewendet,«ine Derbotinjurie ist, so steht das auf einem anderen Blatte. Westarp hat a» England kein gutes Haar gelösten. Der englische Protest gegen die Ruhrbesetzung war ein« Tatsach« von ungeheurem Gewicht.(Aus einen Zurüi ran den Deutschnationalen antwortet Genoiie Landsberg: Sind Sie so wucherisch, daß Sie immer gleich Zinsen einkassieren wollen? und auf einen erneuten Zuruf sagt er, Sie sollten Ihre antisemitischen Bemerkungen unterlassen mit Rück- ficht aus Ihre Freunde Quantz und Richthofen, die ihre jüdische Her- kunft nie oerleugnet haben, wenigstens nichk in ihrem Aeußeren. Stürmische Heiterkeit.) Wie kann die Regierung die Autorität, die sie in der Welt braucht, beanspruchen, wenn derartige Ding« mögliä,-sind, daß Führer der stärksten Koalitionspartei auftreten und sich zu An- schauungen bekennen, die denen der Regierung diametral gegen- überstehen. Wir glauben, daß die Regierung auf außenpolllischein Gebiete eine Politik der Verständigung treiben will. Das hat Herr Stresemann zum Ausdruck gebracht, und wir hoffen, daß er diese Erkenntnis auch weiter befolgen wird. Diese Hoffnung genügt uns ober nicht zu einem Vertrauensvotum zu ihren Gunsten. Zhrc Innenpolitik, ihre plukokrakffchen Steuer- gesehe, ihre Rückkehr zum Schuhzoll wird uus veranlassen, dle erst« Gelegsnheik zu ergreisen, um ihr uuser schneid eudsies Mißtrauen auszusprechen.(Lebhafter Beifall bei den Soz.) Die nächktcn Redner sind Abg. Bell(Z.) und Abg. Schnee (D. Vp.).__
Erhöhung öer Jnvaliüenrenten. Ein sozialdemokratischer Autrag. Die sozialdemokratische Reichstagsfraktion hat folgenden Antrag eingebracht: Die Rsichsregierung zu ersuchen, dem Reichstag«inen Gesetz- «ntwurf vorzulegen, der l. mit sofortiger Wirkung«in« Erhöhung der Renten aus der Invalidenversicherung um monatlich mindestens 10 Reichs- mark für den Empfänger einer Invaliden-, Witwen, oder Witwer. rente, um monatlich 5 Reichsmark für den Empfänger einer Waisen- rente vorsteht; 2. die Mittel dafür sind in erster Linie durch Reichszuschuß zu decken und nur der dann noch etwa oerbleibende Fehlbetrag durch Erhöhung der Beiträge.
berliner Zunttionärmnenkonferenz. Eiu Referat der Genossin Bohm-Jchach. In der gestern abend abgehaltenen Funktionärinnenkonferenz des Bezirksoerbandes Groß-Berlin der SPD . gab Genossin Vohch-Schoch M. d. R., einen Ueberblick über die politische Lag«. � Es ist offenbar, so führte die Rednerin aus, daß die Rechtsparteien nach der Wohl Hindenburgs einigermaßen enttäuscht sind. Nicht nur die Haltung Hindenburg s, sondern auch die der R e g i« r u n g ist bedeutend anders ausgefallen als man es sich im Rechtslager vorstellte. Siresc, manns letzte Red« im Reichstag zum Garantiepakt ist als der Schluß- akt der sozialdemokratischen Politik seit dem Abschluß des Friedens- Vertrags zu bewerten. Für die deutschen Nationalisten ist der Ga- rantiepakt als ein Dokument friedlichen Verständigungswillens eine schwere Belastung, und gerade de? ausgesprochen rechtsgc- richtete alte Militär Hindenburg muh diesen Garantiepakt unter- schreiben.-Di« Ausnahme in den B öl kerb und, die vollkommen« Entwaffnung und olle damit zusammenhängenden Fragen sind von uns stets als Lebensfragen für das deutsche Volk bezeichnet worden, wofür wir allerdings oft genug Hochverräter genannt wurden. Trotzdem muß gesagt werden, daß die Durchführung aller außen- politischen Fragen nach innen nicht so günstig wirken wird. Hier wird sich der Sieg der Reaktion bei der Wohl Hindenburg gerade für die großen Volksmassen gegenteilig allsipirken. Die Ver- teilung der Lasten aus dem Dawes-Gutochten ist in dkn Händen der Rechtsregierung, die den Besig selbstverständlich schonen wird. Auf kulturpolitischem Gebiete hat sich der vciderbliche Einfluß
erst kürzlich bei dem Etat der Arbetteratademie in Frand- fürt a. M. gezeigt, der nach dem Willen der Rechtsregierung aba«, lehnt wurde. So geht es auf der ganzen Linie. Wenn wir Sozial» demokraten Mittel für kultur- und schulpolitische Angelegenheiten fordern, sehen wir uns einer geschlossenen bürgerlichen Mehrheft du Reichstag gegenüber. Geld ist vorhanden; allein aus den Ueberschuß- Mitteln der Reichsgetreidestelle sind 99 Millionen übrig und wenn. sie auch nicht ausreichen, so könnten sie doch zu manchem Fortschritt verwendet werden. Für die gesamten Kulluranforderungen sind im Reichsetat ganze 22 Millionen eingesetzt, dagegen für die Polizei 199 und für die Technische Nolhilfe allein 8 Millionen. Das Verhalten der Rechtsparteien in der A u f w e r t u n g s f r a g e ist glasier Schwindel und Betrug. Erst wurden Wahloersprechungen gemacht, die' jedem nach Gefallen«ingestellt wurden und jetzt in der Reichztagspraxis stimmen die Rechtsparteien gegen ihre eigenen demagogischen Anträge. Unsere Stellung zu den Zolltariffrageu ist nicht nur da- durch gegeben, weil durch Schutzzoll« alle notwendigen Lebensmittel für das Volk verteuert werden, sondern auch deshalb, well durch die Wiederopirichwng der alten Zollschranken die Verhetzung der Ar, bcfterschalt diesseits und jensefts der Landesgrenzen wieder ausleben wird. Täuschen wir uns nicht: die Sozialdemokratie ist im Reichstag allein gegen die Zölle; alle anderen Parteien sind Zollfreunde. Darm tremft uns auch eine tiefe Kluft oon den bürgerlichen Lmks» Parteien, mft denen wir bei der Präsidentenwahl zur Erhaltung der Republik zusammengingen. Es trennen Weltanschauungs- und Wirt» schaftsfrogen uns von unseren Bundesgenossen. Das Verhalten der Rechtsparteien bei der Neuregelung der Gehaltsfrage für den neuen Reichspräsidenten ist bezeichnend für ihre Heuchelei in solchen Fragen. Kaum ist Hindenburg acht Tage im Amt, soll sein Gehalt auf 189999 M. erhöht werden. Für den Sozialdemokraten Ebert war jeder Pfennig zuviel. Herrn Hindenburg versteht man das ihm Ge- bührende zuzuschanzen. Aus dieser ausgesprochenen Rechtspolftit erwächst uns die Pflicht, die Massen immer wieder aufzullären. um st« polftisch reif zu machen. Unser« Zukunstsarbeft besteht nun einmal in der A u f. tlärungsarbeit. Der Hinweis darauf, daß unsere Polftik -wangsläujig aus dem Friedensvertrag erwächst» muß stets im Vordergrund« stehen. Nur so werden wir die Entwicklung nach rechs aufhalten und den Ausbau der Re publik fördern können. Ist die Republik auch nicht unser letztes Ziel, so wissen wir doch. daß wir in ihr die besten Möglichkeiten, zum Sozialismus zu kom» men, haben. Auf. Genossinnen, an die Arbeft! In ihrem Geschäftsbericht betonte Genossin Todenhagea, daß es bei ihrer Berichterstattung weniger daraus ankomme. Geschehenes zu registrieren, sondern vielmehr darauf, zu überprüfen, ob das Ge- tane auch erfolgreich war. Der Mitgliederstand hat sich �erfreulicher- weise gehoben. Die Reichspräsidentenwahl ist für die Frauen eine politische Prüfung gewesen. Wenn man die Stellung der Frau in der Politik, in der Wirtschaft, in« Hanshall und in der Religion berücksichtigt, überrascht das Wahlergebnis keineswegs. Bei der Auf- klärung der Frauen ist die bejahende Agitation stets erfolgreicher als eine negativ eingestellte. In dieser Hinsicht bietet uns die Lehre des Sozialismus jede Handhabe zur gewinnbringenden Aufklärung. Unsere Kurse haben gezeigt, daß das Bildungsbestreben bei den Genossinnen stark vorhanden fft;' die Kurse haben eine wertvoll- Bereicherung unseres Frauenfunktionärtörpers gebracht� Genossin Todenhagen erwähnte die stark« B e l a st u n g des Sekretariats durch die vier im Geschäftsjahr stattgefundenen Wahlen. Durch die Wahlarbeit ist der Slusbau der inneren Organffation gehindert worden, doch wird das alsbald nachgeholl werden.' Der Gesamt- bericht gab ein erfreuliches Bild der umfängreiche» sozialdenwkrati- scheu Frauenarbeit in Berlin . Den Schluß der Funktionärinnenkon- . strenz bildeten die Einzekberichte der Kreisvertreterinnen.
Der anhallischc Landlag beschloß, gemäß einem Anträge der aus der Deutschnationalen und Deutschen Dollspartei oebild-t�». bürgerlichen Arbettsgemeinschaft die Aushebung des 1. Mai und des 9. November als gesetzliche Feirtage.
Vererbung und Rassenhpgiene. lieber Konstitution. Vererbung und Rassen- Hygiene sprach kürzlich Prof. C h r i st i a n tm Außeninstitut der Technischen Hochschule im Rohmen einer Vortrogsreihe, die unter dem Gesamttitel„Hygiene und Technik" angekündigt ist. Prof. Christian behandelte zunächst die interessante Frage, ob die Kon- stftution des Menschen bedingt ist durch ererbte Anlagen oder ob sie ein Produkt der Umwell ist? Rousseau glaubt«, daß beide Einflüsse gleich seien, er schloß daraus, daß die Erziehung die Aus- gäbe habe, für eine möglichst gleichartige Ausbildung aller Menschen zu sorgen. Diese Anschauung ist. oerlassen worden. Erperimentellc Untersuchungen an Tieren und Pflanzen haben gezeigt, daß der UrN- well nur ein sehr bedingter Einfluß zukommt, daß durch sie erzeugte Veränderungen in der Konstitution nur so lange b efteben bleiben, als die durch die Umwelt bedingten Verhältmsse ein- oder nach- wirken. Sehr interessante Aufschlüsse hat die Beobachtung van Zwillingen gegeben. Zwillinge, die aus zwei Eizellen entstanden find, weifen unter den gleichen Verhältnissen völlig verschiedene An. lagen und Eniwicklnnzen aus. Bei Zwillingen jedoch, die aus einem Ei Heivorg.'gangen sind, stellte man völlig gleiche Anlagen fest. Das geht so weit, daß selbst gewisse Erkrankungen bei ihnen zur gleichen Zell eintreten. Der Bortrogende führte«ine Reihe fahr interessanter Belege dat'ür an. So waren während des Krieges zwei solcher Zwll- linge an der Front. Der eine im. Osten, der andere im Westen. Beide erkrankten fast am gleichen Tage am Jngendirresein. Auch ihre sonstige Entwicklung war bis zn dieser Stunde völlig gleichartig verlaufen. Diese Beobachtungen zeigen einwandfrei den überragen- den Einfluß der Vererbung auf das Schicksal des Menschen. Die Lehre L a m o r ck s behauptete im Gegensatz zu Rosseou, daß die Organs, die nicht gebraucht würden, verkümmerten. Daraus leitete er die Vielfältigkeit der Arten her. Diese Lehre ist ebenfalls auf Grund emzehender Untersuchungen verlassen worden. Dagegen bat Darwins Grundanichauu: g sich als ausserordentlich fruchtbar e''- wiesen. Darwin nahm bekanntlich von vornherein verschieden« Arten an und glaubte, daß dann später eine gewisse Auslese statt- gesunden Hobe. Dag Menschengeschlecht ist sicher seit Millionen von Iahren aus der Erb« heimisch. Die Schicksale des Menschengeschlechtes sind viel zu wenig bekannt. Sicher scheint, daß di« nordische Raste durch die Eiszett entstanden ist. Nach Abschluß dieser Periode waren unge- zählte Menschen zugrunde gegangen, nur die kräftigsten und intel - ligenreiten hatten sie überstanden. Sie bildeten den Stamm der nordischen Rasse. Ebenso haben die klimatischen Verhältnisse in anderen Erdteilen gewisse Slammrassen mft ausgeprägten Eigen- schaften entstehen lassen. Seit jener Zeit aber sind die Menschen wieder einander nähergekommen. Die Umwellbedingungen haben sich wieder angenähert und wenn wir heute von Rassen sprechen, so ist das nur noch eine künstliche Konstruktion. Die Welt hat sich zwanglos bostardiert, so daß die bestimmten Eigenschaften einzelner Rassen völlig durcheinander gemengt wurden.(Eine Feststellung, die unfern völkischen Rassentheoretiker» gerode nicht sehr angenehm sein wird.) Der Vortragende behandell« alsdann die Forschungen des Augustinernsönches Gregor Wendel, die sehr interessante Aus-
schlüsse über die Vererbung gebracht haben. Gerade Mendels Eni- deckungcn zeigen, warum die Eioenschaften der Menschen so außer- ordensiich oerschieden werden mußten. Diese bereits 18(53 veröffsnt- lichten Untersuchungen fanden seinerzeit kaum irgendwelche Besch- tung. Sie sind erst in den neunziger Iahren als Ausgangspunkt für die moderne Vercrbungstheorie benutzt worden. Das zur Befruchtung reife weibliche Ei enthüll 18 Kernkörper. Beim mmmlichen Samen aber gibt es Kerne mit 47 und 48 Kern- kärpern. Wenn sich zwei Kerne von je 48 Kernkörpern vereinigen, so bildet sich daraus ein weibliches Wesen, im anderen Falle ein männliches. Der 48. jkern des männlichen Samens itt dos sogenannte T-Kernkörperchen, das nicht nur die Geichlechtsfaktoren bestimmt, sondern auch andere Erbanlagen in sich schließt. Praktisch wirkt sich diese Tatsache so aus. daß z. B. ein männlicher Bluter(jene Eigen- schalt, bei der eine geringfügige Verletzung des Ldreiienden zum Verbluten führen kann) Söhne bekommt; die von dieser unangeneh- men Anlage befreit sittd, mährend die Tochter durch das 48. Kern- körperchen diese Eigenschaft in sich bewahrt und sie ihren Kindern wieder auf den Lebensweg mitgeben, kann. Am Schlüsse seiner Ausführungen ging der. Vortragende auf die Forderungen der Eugen i k ein, der �„Lehre vom Wohlgeborenwerden". Er bihandelt« die Maßnahmen, die in einzelnen Staaten, wie Amerika , Rußland , Schweden getroffen worden sind, um eine möglichst gesund« Nachkommenschaft zu erzeugen. Er ist der Mei- nung. daß Gesetze, wie sie in Amerika bestehen, nur dann beichloss-n und durchgeführt werden können, wenn die Bevölkerung die Grund- lagen und die Notwendigkeit begriffen hat. Für Deutschland forderte er ein Institut, daß alle Erkenntnisse über Vererbung und Rassen- Hygiene sammelt, und ferner ein Mmifterium, daß an maßgebenden Stellen die biologischen Interessen der Bevölkerung durchsetzen kann- Eheberatung sei notwendig, wertvoll ober könne sie mtr werden, wenn Fomilienstammbücher geführt würden, in denen vor allem über die gesundheitlichen Verhältnisse der einzelnen Familienmftglie- der einwandfreie Eintragungen vorhanden sind. Dann würden nach etwa fünf Generationen die Eheberatungsstellen wirklich in der L? ge sein, einwandfreie Rückschlüsse auf dft Geeignethell der Ehekandida- tcn zn ziehen. Die allen Kulturen der Babylanier, Perser, Aegypter usw. sind zugrundegegangen, weil die biologischen Interessen ncr- nachlässigt wurden. Bei dem heutigen Stande der Wissenschost haben wir nicht nötig, iu diesen Fehler zu verfallen. Und es wäre zu wünschen, doh bier durch Aufklärung dem Untergange ein Riegel vorgeschoben würde.__-. W. M.. Reuaufslellung von Rodin »„Bürgern von Calais ". Rodins Meislerwerk, die Gruppe seiner.Bürger' von Calais ", war Ursprung- lich in der denkbar schlechtesten Weis« auf einem hohen, geschmack- los verzierten Postament aufgestellt. Rodin selbst hatte ünmer gefordert, daß sein Werk ohne weiter« Ausschmückung einfach auf dem Erdboden stehen solle. Nachdem die berühmte Gruppe während des Krieges fortgeschafft worden war, ist sie nun jetzt, wie die „Kunstchronik" berichtet, neu aufgestellt worden, und diesmal ganz im Sinne des Meisters: die ergreifenden Gestatten stehen vor dem alten Stadthaus auf der Place d'Armes, zu Füßen des benachbarten malerischen Glockenturms, auf einer einfachen breiten Erhöhung mitten im Leben, das rings um sie. wogt.
kurpfuscherkomööie. Knock Salin? Knock Solin ? Ueberall an den Wänden vom Hotel zum Goldenen Dromedar ist das zu lesen. Aber das Hotel ist nicht mehr ein kleines Absteigequartier, es ist«in großartiges Sanatorium. Schon werden Dependeneen angeklebt: Borläufig übernachten die Patienten paarmeffe im Schwitztosten, da die Batten fehlen. Und alles-dos hat mit seiner Tüchtigkeit Dr. Knock getan. Ein famoser Halunke und Quacksalber, der in drei Monaten dem ganzen Kräh- winkel beibrtngt, daß kein Mensch im Lande gesund ist. Dr. Brust- bonbon, sein Vorgänger, war ein dummer Kerl, da er den Leuten einredete, daß sie gesund jeten. Dr. Knock oersteht die Welt. Cr holt selbst aus dem Riesen Goliath ein« kleine Gallenblasenentzündung oder Gehirnerweichung heraus. Ja, sogar den lieben Kollegen Brust- bonbon, der den Leuten die Krankhellen abgewöhnen wollt«, über- zeugt er, daß zu dein braven allen Mann die tödlich« Krankheit schon lange herankricchi. Rock auf. Weste auf. Hosenträger abgeknöpi', eben sollen die Hajen herunter, weil Brustbonb« doch totenängstlich ins Bell muß. Da fällt der Vorhang. — Jules Romains lfot die launige Komödis„Dr. Knock" geschrieben. Man spiell dos sranzösijche Stück im Deutschen Theater. Es fit pointsnrsich und zusammengesetzt ans vtel Witz und komischen Szetten. Die Menschcndimtmhcft geht zum Teufel, die Hochstapelei siegt endgültig. Es ist eine Lust zu leben, auch eins Lust, Eugen Klopfer als Hauptquackialbcr und Matador auf der ganzen Bühnenlinie zu sehen. Knick Sal-n! Knock Salin! Unter dieser Losung, die den Patieiften in Isterweise herangebrachter Lösung eingegeben wird, geht aller Humor aus und unter. Eugen Klöpfer hütet sich davor, allzu dick autzultreichen- Er spritzt nur die Komik ins Parkett. Gerade dieses Fedrigc, dieser theatralische Pointillistims ist das, was für chn ge- winnt. Hcnnann B a l l e n t i n, der den braven, pedantischen Dolte>r spielt, ist Herrn Klöpfer fast ebenbürtig. Er kommt in Rollen, die eine gewisse Tölpelei und Unsicherheft venlangen, der Natur sehr nahe. Einige Dutzend Menschen warten voll Sehnsucht und Ehrgeiz, am Deutschen Theater auftreten zu dürfen. Der Regisseur hat li« auch zu dieser Komödie nicht herangezogen, sondern sich damft begnügt, einige ganz provinzielle Künstler zu den vorzüglichen Diosk"ren zu gesellen. TL H,
jjros vr. Gustav Pazaurek. der Direktor iei SürttemZ ergischen Lande». geweibe-MisteurnS in' Stuttgart , vollendet am öumnelfatirUtnq fein 50. LeBen-ijaflr. Der Gelehrte gehört*u den verdtenitoolliten Männern iro Gebiet imlere» iunstgewerblichen Schaiien» und Anregen«. Zahllos find di» Hinweise, die ieine praktische Sammeltätigkeit für alle Zwinge der neuen deutschen Derkarbeit gegeben bat, und da« von ihm emaerichtrte „Museum der Geschmacklosigkeiten' kann da» B-rdtentt kür sich beavspru-k-en, durch die Lehre der dort angesammelten S-benfilichke'ten so geschmockeb-Idend gewirkt zu haben, wie keine Sammlung guter Sache« zu tun vermöchte. .Berliner tiuall 1925', die Ausstellung der SlrBeitSgemeinichai! im B. B. K. im Tenischen Qpernbaii!«, Cbarlottenburg. wnd am St., ich Uhr, feie: lich erössnei und ist ab 2 Uhr für das Pnölitiun zuglugllch. Crof. Bill rtrn chlorte erhielt vom Kultusministerium einen Lehrmiftrag für Tbeorie der Mufit an der Staatlichen Akademie für Kirchen» und Schul« wujil in Seiita,