Nr. 24442. Jahrg. Ausgabe A nr. 126
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Dienstag, den 26. Mai 1925
Faschistenskandale überall.
Sicherheitschef und Mörderhäuptling De Bono.
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Konsulatsaffären.
Faschisten in Deutschösterreich.
Rom , 25. Mai. ( Eigener Drahtbericht.) In den Kreisen der Regierung und bei den Führern der faschistischen Partei herrscht gegenwärtig große Aufregung; sie soll ihren Grund in der Anflageschrift des Generalstaatsanwalts bei dem als obersten Gerichtshof fungierenden Senat in dem Verfahren gegen den Senator De Bono haben. Wie allmählich durchsidert, find die Schlußfolgerungen der Anklageschrift äußerst kompromittierend für die Regierung und die Faschiffenführer. Gewiffe Indisfretionen, die in die Deffentlichkeit gedrungen find, laffen es als feftftehende Tatsache erscheinen, daß De Bono, feinerzeit Generaliffimus der faschistischen Miliz und Chef der öffentlichen Sicherheit, das Haupt der fascistischen Tschefa war und sie na ch den Winkender Regierung mussolinis lenkte. Danach erfolgten die Attentatsversuche gegen die Abgeordneten misuri und Amendola auf Anordnung der Tscheka De Bonas. Nicht erroichen foll fein, daß De Bono die Ermordung Matteottis organisiert hat; fest steht aber, daß er alle Anstrengungen machte, um die Spuren der Tat zu verwischen und die Schuldigen zu verleden. Außerdem hat De Bono bei verjajiedenen fafchiflischen Verbrechen auf die ihm untergebenen Sicherheitsbehörden eingewirkt, damit die Untersuchung eingestellt und die Schuldigen aus der Haft entlassen wurden. Bier von den sieben Ur
hebern der Ermordung Matteoitis waren Mitglieder der fafchiflischen Tscheka . Die Antlagefchrift des Generalstaatsanwalts fommt zu dem Schluß, daß nicht nur De Bono, sondern auch die übrigen wegen der Ermordung Matteollis ingeflagten vor dem Obersten Gerichtshof abzuurteilen feien, da die Verantwortlichkeiten fo eng verknüpft feien, daß sich eine Scheidung nicht durchführen laffe.
Faschistenstandale in Deutschland .
ie wir erfahren, sind im italienischen Generalfonfulat in
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Die
Faschisten bevorsteht. Während Mussolini so mit seinen faschistischen Bertretern in Deutschland wenig Glück hat, ist der Berliner Ber trauensmann des Faschismus, Major Renzetti, der seine Tätig feit mit dem Aushängeschild eines Vorsitzenden einer italienisch deuifchen Handelskammer" mastiert und ständig zwischen Berlin und Leipzig den Aufenthalt wechselt, eifrig um die Bildung von Fasci in verschiedenen deutschen Städten bemüht und fündigt die bevorstehende Gründung eines Fascio in Leipzig an.
In Wien wird jetzt aufgeräumt.
Wien , 25. Mai. ( Eigener Drahtbericht.) Sonntag nachmittags wurde die Leiche de Genossen Müller, den die Hafenfreugler in Mödling niedergeschlagen, dann durch mehrere Schüsse schwer ver legt, schließlich durch die Straßen geschleift hatten und der Narkose einem Herzschlag erlag, von Mödling durch die der infolge dieses startes Blutverlustes später bei der Operation in Industriegemeinden nach Bien gefahren. Ueberall standen dichte Trauerspaliere, überall wehten Trauerfahnen. In Wien selbst ließen Hunderttausende den Sarg in stummer Empörung über diesen neuesten Mord des Faschistengefindels an sich vorüberziehen. In der Nacht zum contag wurden in Mödling bei Wien zehn fozialdemokratische Bertrauensmänner unter der Beschuldigung verhaftet, an der Mißhandlung eines Safenfrenzlers beteiligt gewefen zu sein. Als die Nachricht von der Vers haftung am Montag früh in den Möblinger Fabriken bekannt wurde, befchloffen die Arbeiter in den Betrieben, mittags die Arbeit eine zu stellen, falls fie nicht bis dahin Zusicherungen erhielten, daß die Berhafteten wieder auf freien Fuß gesezt werden. Im Laufe des Bormittags begab fich eine Abordnung unferes Parteivorstandes zum Bundeskanzler und machte ihn auf die ungeheure Er regung aufmertjam, die sich in Midling und auch in ren infolge dieser Berhaftungen der Arbeiterschaft bemächtigt hatte; fie teilte dem Bundeskanzler mit, daß der Untersuchungsrichter ein befannter Hafentreuzfer ist, der die Untersuchung partelijch im Nationalrat erhobene Forderung, daß die 3entrale der Hafenfreuzler aus dem staatlichen Gebäude des früheren Eisenbahn minifteriums fofort entfernt wird. Der Bundeskanzler sekte sich mit dem Staatsanwalt ins Einvernehmen und teilte der Abordnung mit, daß das Berfahren gegen die Verhafteten be ichleunigt werde und die Enthaftung der Bertrauensmänner noch am Nachmittag erfolgen würde. Die weitere Untersuchung Die weitere Untersuchung merde nicht in Mödling , sondern in Wien vom Landesgericht geführt werden. Tatsächlich sind die 10 Berhafteten um 5 Uhr nach mittags entlassen worden. Der Bundestanzier versicherte außerdem, dag bereits die erforderlichen Schritte zur Entfernung der Safenfreuzlerzentrale eingeleitet seien.
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Samburg schmere„ Unregelmäßigkeiten" im Baßwesen aufgeführe; gleichzeitig erinnerte sie den Bundeskanzler auch an die bereits deckt worden. Die Unterjunjung wurde geheim von einem nach Deutschland entsandten om missar der italienischen Generaldirektion der öffentlichen Sicherheit geführt. Der Hamburger Bizetonjul, ein faschist der ersten Stunde", wurde zur Vermei dung eines Standals veranlaßt, sofort zurückzutreten. Einige nicht erterritoriale Italiener, die an jenen Unregelmäßigkeiten mit beteiligt waren, wurden verhaftet. Die Nachforschungen des italienischen Funktionärs haben sich aber nicht auf Hamburg be schränkt, sondern sind auch auf Berlin ausgedehnt worden, mo anscheinend gleichfalls eine Generalreinigung unter den
Ein Verbot des Giftkrieges? Deutschland ist dazu bereit.
Genf , 25. Mai. ( Eigener Drahtbericht.) Der deutsche Regierungsvertreter auf der Waffenhandelskonferenz erflärte am Montag offiziell, daß die deutsche Regierung bereit sei, eine vorbehalt. lose Konvention abzuschließen, die den Gebrauch chemischer Giftwaffen für den Kriegsfall verbietet. Deutschland schließt sich damit einer Forderung an, die der amerikanische Vertreter Burfon schon bel Beginn der Konferenz erhoben hat.
Kurze Vertagung der Marokkodebatte.
Schwierigkeiten der Linksregierung. Paris , 25. Mai. ( Eigener Drahtbericht.) Die Montagsfigung der Kammer, für die eine große innerpolitische Auseinandersegung angekündigt war, ist wider Erwarten ruhig verlaufen, nachdem die Sozialisten selbst die Bertagung der Aussprache über ihre Maroffo- Interpellation beantragt hatten. Im Einvernehmen mit der Regierung wurde die Besprechung auf Mittwoch anberaumt. Den unmittelbaren Anlaß zu dieser Hinausschiebung hat die Unterredung der Sozialisten am Montagmittag mit dem Ministerpräfidenten Bainlevé gegeben. Diese Aussprache hat die Fraktion be stimmt, eine Klärung sowohl der Lage in Marokko mie der augenblicklich fehr Derwirrten innerpolitischen Situation abzuwarten. Die Entwicklung der letzten Tage hat gezeigt, daß die Taktik der Rechten dahin geht, die innerhalb des Lintstartells sowohl über das Abenteuer in Marokko wie über andere Fragen der inneren und äußeren Politik bestehenden Meinunungsverschiedenheiten zu einem parlamentarischen Echachzug auszunügen. Die Rechte spekuliert darauf, daß die so zialistische Fraftion in der Marokkofrage gegen das Ministe rium stimmen wird, und will, indem sie selbst an Stelle der Sozia listen zugunsten der Regierung einspringt, Painlevé zwingen, entweder das von seinem Vorgänger entschieden abgelehnte System der wechselnden Mehrheiten ebenfalls abzulehnen, oder aber die Konsequenzen aus der parlamentarischen Lage zu ziehen. Begreiflicherweise zeigt man im sozialistischen Lager wenig Neigung, der Minderheit ihr Spiel zu ermöglichen; man ist deshalb bemüht, bis Mittwoch einen befriedigenden Ausgleich der Meimungsverschiebenheiten zu finden,
Französischer Siegesbericht.
Paris , 25. Mai. ( Eigener Drahtbericht.) Der Kampf gegen die Riftabilen hat sein Ende erreicht. Fes ist in der Hand der französischen Truppen. Die Säuberung des französischen Gebietes von den Anhängern Abd el Krims ist im Gange..
Deutschösterreichs Diplomaten.
Wien , 25. Mai. ( Eigener Drahtbericht.) Der große Diplo matenwecjjel, den Außenminister Dr. Mataja vorgenommen hat, und von dem in erster Linie der Gesandte in Berlin , Dr. Riedel, beiroffen wird, scheint innerpolitische Folgen nach fich zu ziehen. Vor allem ist die anschlußfreundliche Großbeutfáje Partei verftimmt, daß der christlichsoziale Außenminister diese rungsmitglieder eigen mächtig getroffen hat. An fich ift bas Maßnahme hinter ihrem Rüden und selbst ohne Biffen ihrer RegieBerhältnis zwischen den Großdeutschen und dem Außenminister schon seit einiger Zeit gespannt, nachdem Dr. Mataja die Bemühungen des Gesandten in Berlin um Aufhebung des Bisumzwan ges durchtreuzt hatte. Im Laufe des Montags haben zwischen der Regierung und der Großdeutschen Partei Besprechungen stattgefun den, die vor allem dahingehen, daß Dr. Riedel bis zum Herbst auf feinem Berliner Posten verbleibt.
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Zoll auf Brot!
Die Befteuerung der Aeristen und Kinderreichsten. Bon Dora Fabian .
Ohne Zweifel wird die Regierung ihr ganzes Bestreben darin sezen, daß Reichsrat und Reichstag Den lücken= lofen 3olltarif", der vor wenigen Tagen das Licht der Deffentlichkeit erblickt hat, möglichst schnell annehmen. Von seinen verheerenden außenpolitischen Wirkungen, von der ungeheuren Belastung der gesamten deutschen Boltswirtschaft, mit Ausnahme jenes inappen Viertels der Landwirtschaft, zu deren Gunsten 90 Proz. des deutschen Boltes schon vor dem Kriege jährlich eine milliarde aufzubringen hatten, ist in den letzten Wochen viel gesprochen worden. Jede einzelne Arbeiterfamilie wird die Folgen dieser voltswirtschaftlichen Schädigung tagtäglich am eigenen Leibe zu spüren haben: in der Preisgestaltung.
Der Preis des Brotes, des neben der Kartoffel wichtigsten Bolfsnahrungsmittels, hängt in hohem Grade von der Einfuhr ab, auf die ja die deutsche Ernährungswirtschaft schon vor dem Kriege angewiesen war. Selbst in einer Zeit, als alles darauf abgestellt war, zu beweisen, daß das deutsche Bolt von der Hungerblockade" nicht betroffen werden würde, selbst 1914 ergaben die Berechnungen Prof. EIB bachers, daß 22 Bro. des Verbrauches der Jahre 1912 und 1913 aus Auslandslieferungen gedeckt werden mußten. Nicht weniger als 70 Proz. der gesamten Einfuhr an Nahrungsmitteln bestanden nach diesen optimistischen Berechnungen aus Getreidearten. Seit dem Kriege haben sich die Verhältnisse nach der Richtung verschoben, daß Deutschland 4,96 Millionen Heftar, d. h. 14,2 Bro3. seiner landwirtschaftlichen Rußfläche verior, während seine Bevölkerung nur von rund 67 auf rund 63 Millionen, d. h. um etwa 6 Proz., zurückging. Diese Berechnungen muß auch der Ernährungsminister zugrunde gelegt haben, wenn er eine Erhöhung der landwirtschaftlichen Produktion um ein Drtitel für nötig hält, um die Einfuhr überflüffig zu machen. Bis diese Intensivierung durchgeführt ist, wird aber auch Graf Ranih taum auf die Einfuhr verzichten können und„ schützt" bis zu diesem Zeitpunkt die Großagrarier durch eine für den Berbraucher unerträgliche Preisgestaltung.
Die Getreidepreise sind an der Berliner Börse von Januar bis April zurückgegangen, das ist ein beliebtes Argument der Freunde des Schuzzolles, das sie mit Zahlen belegen. Ein wesentlich anderes Bild ergibt sich aber, wenn man- und dies ist die einzig richtige Berechnungsmethode den Vorfriegspreis zugrunde legt. Dann ergibt fich folgendes: An der Berliner Börse fosteje die Tonne
im Durchschnitt Weizen mehr als 1913 Roggen mehr als 1913 des Jahres 1913 198,90 164,30 27,6 Proz 247,60 50,7 roz. 26,9 250,- 52,2 237,50 44,5
"
Januar 1925 253,80
・
"
B
Februar 1925 252,40 232,20 März 1925 April 1925 247,15
26,8
" 7
24,3
P
"
37,2 225,40
対す
Aus diesen Zahlenreihen ergibt sich zwar eine Preis fenfung seit Januar, gleichzeitig lassen sie aber erkennen, wie erheblich höher die Getreidepreise noch immer im Bergleich zur Borfriegszeit sind. Diese Erscheinung ist die Folge eines erheblich geringeren 2ngebots en Geireide. Es ist sehr schwer, zu genauen Zahlen über die Welternte zu gelangen, doch fönnen die vom Internationalen Landwirtschaftsinftitut in Rom veröffentlighten Zahlen menigstens als Annäherungswerte dienen. Danach betrug die Welternte in Millionen:
Tonnen im Durchschnitt Beizen Roggen der Jahre 1901/05. 39,8
"
"
1909/13 1920: 22
des Jahres 1928
1924
"
8
80,8
102,0
44.8
90,1
31,2
94,17
83,74
Der Weltmarktpreis hat sich durchaus der verringer ten Produktion angepaßt, die Preissteigerung wird allein den Konsumenten aufgebürdet. Das ergibt sich auch bei Betrachtung der Konsumtionszahlen, soweit unfere mangelhafte Statistit uns solche zur Verfügung stellt:
Mataja hat in einer christlichsozialen Berfammlung nicht nur gegen den Bolichewismus, fondern direkt gegen die russische Regierung so scharf gesprochen, daß die hiesige Sowjetgefandschaft eine Broder test note übereicht hat.
Erdbeben und Attentat.
Eine sonderbare japanische Angelegenheit. Paris , 25. Mai. ( BIB.) Die Blätter veröffentlichen ein Telegramm aus Tofio, nach dem eine Gruppe von Kommunisten versucht habe, General Fukuda zu ermorden. Der General, der den Kugeln der Attentäter entgangen fet, habe im Sep. tember 1923 während des nach dem Erdbeben in Japan verhängten Belagerungszustandes eine bebeutende Rolle gefpielt. Durch das Attentat hatten die Kommunisten einen durch die Polizei getöteten Genoffen rächen wollen. Der General sei schon einmal das Ziel eines Attentats gewesen, jedoch nur leicht verletzt worden. Man darf vielleicht vermuten, daß das neue Attentat nach dem neuen Erdbeben der Wiederbetätigung des Generals in solch einer bedeutenden Rolle vorbeugen wollte.
Im Durchschnitt der Jahre 1909 bis 1913 betrug der Brutieverbrauch an Weizen und Roggen pro Kopf der Besölferung 255,4 Rilo, während er nach den Berechnungen des Hamburger Beltwirtschaftlichen Archivs im Durchschnitt der Jahre 1921 bis 1924 auf 177 Rilo zurückgegangen ist. Aus diesen Zahlen ergibt sich ein den steigenden Preisen durchaus paraileler Rüdgang des Verbraums an Brotgetreide. In den erwähnten Preisen von 1913 find pr Tonne rund 50 M. 3ollprämie enthalten, d. h. der In landpreis lag durch die Schuh ölle etwa um ihre höhe über dem Weltmarktpreis. Inzwischen ist auch der Weltmark re erheblich gestiegen; jeht aber sollen die Getreidezölle wieder ihre alte Höhe erreichen, vom 1. August 1926 ab follen mir also für die Tonne Roggen wieder 50 ML, inzwischen, nämlich vom 1. August d. J. ab, 30 M. über den Weltmartt: preis zahlen. Welche Wirkungen das für die Boltsernät