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Die Selbstmorde in der Reichswehr  .

Erschreckende Zahlen.

Die Selbstmorde in der Reichswehr   haben in den letzten Jahren so start zugenommen, daß sich der Hauptausschuß des Reichs­tags veranlaßt fah, sich mit diesen Dingen in einer Sondersizung am Montagabend zu beschäftigen.

Genosse Stüdlen gab als Berichterstatter einen Ueberblid über die Selbstmorde im Jahre 1923. Danach haben 127 Sol. daten im Alter von 20 bis 22 Jahren ihrem Leben durch Selbst­mord ein Ende bereitet. Bei 4 Selbstmorden war Mißhandlung die Ursache. Ein Bertreter des Reichswehrministeriums gab dann ein erschreckendes Bild über die Selbstmorde im Jahre 1924. In diesem Jahre haben 160 Reichswehrsoldaten Hand an sich felbft gelegt. Bei 27 blieb es bei einem Versuch. Die höchste Zahl der Selbstmorde fällt in das 21. Lebensjahr( 29). Im 22. Lebens­jahre wurden 27 Soldaten zu Selbstmördern, 17 waren 20 Jahre alt, 13 zählten erst 19 Jahre, 7 hatten eben das 18. Lebensjahr er­reicht und 2 waren erst 17 Jahre alt. Unter den Selbstmördern be­fanden sich 2 Offiziere, 60 Unteroffiziere bzw. Gefreite und 98 Mann­schaften. Merkwürdigerweise sind die Selbstmörder durchweg Leute mit guter Führung. Als Gründe für den Selbstmord werden u. a. angesehen Diebstahl, Unterschlagung, rechtswidriger Waffengebrauch, Tätlichkeit gegen einen Vorgesezten, Wachtvergehen, unerlaubte Ent­fernung oder Ungehorsam, die insgesamt zu 43 Selbstmorden führ. ten. In 35 Fällen waren Liebeskummer, Eifersucht und Alimenten­forgen der Grund, in 19 Fällen Krankheit oder Furcht vor der Krank­heit; geistige Minderwertigkeit in 16 Fällen, während 6 Soldaten wegen schlechter Behandlung Selbstmord begingen. Die Länge der Dienstzeit dürfte vielfach als mitwirkende Ürsache der Selbstmorde zu gelten haben. Genosse Mofes wies auf das Mißverhältnis zwischen der Zahl der Todesfälle durch Krankheit( 187) und die Zahl der durch Selbst. mord und Unglücksfälle aus dem Leben geschiedenen Reichswehr­foldaten( 185) hin. Dieses Mißverhältnis sei so ungeheuer, daß der Reichstag   allen Grund habe, diese Dinge zu untersuchen. Es müsse 1. a. einmal geprüft werden, wie es möglich sei, daß im Jahre 1923 im Wehrtreistommando VI 9 Selbstmorde, im Wehrfreistom­mando III dagegen 39 Selbstmorde zu verzeichnen waren. Behauptung der Heeresleitung, daß schlechte Behandlung nur felten zu Sellbstmorden geführt habe, scheine nach den bei allen Fraktionen eingehenden Mitteilungen nicht ganz zutreffend zu sein. Der Redner schlägt vor, daß jeder Sellbstmord in der Reichswehr  dem parlamentarischen Beirat des Reichswehrministeriums zur Kennt nis gegeben werden möge und daß diesem wiederum die Gelegenheit gegeben werde, jeden Fall prüfen zu fönnen. Dieser Gedanke wird aud vom Abg. Dr. Schreiber( 3tr.) unterstützt. Reichswehr  minister Dr. Geßler erklärt sich mit dem Vorschlag des Genossen Moses einverstanden. Er fündigt eine Aenderung des Mili­tärstrafgesetzbuches an, dessen Härte also doch nicht ohne Einfluß auf die Zahl der Selbstmorde zu sein scheint. Auch die Bersorgungsfrage nach der Entlassung aus dem Dienſte werde neu geregelt werden. Der Minister hofft, daß es gelingen wird, die bestehenden Mängel zu überwinden.

Die

Geheimer Legationsrat Hommerich ist gestern abend nach furzem, schweren Leiden gestorben. Er gehörte seit einigen Jahren der Preiseabteilung der Reichsregierung an, und die gesamte Presse verliert in ihm einen wahrhaft liebenswerten Kollegen, der in seiner amtlichen Eigenschaft stets bereit mar, der Breffe alle von ihr gewünschen Auskünfte nach Möglichkeit zu geben und die Arbeiten der Pressevertreter in jeder Weise zu fördern und zu erleichtern. Bor seinem Eintritt in die Presseabteilung hatte Hommedich eine leitende Stellung in der Redaktion der Germania  " bekleidet, und er hat nie ein Hehl aus seiner mahrhaft demokra tischen und sozialen Dentweise gemacht. Er hat noch nicht einmal das Alter von 50 Jahren erreicht und noch vor kurzer Zeit hätte feiner von seinen Bekannten an ein so frühes Ende des kräftig ge­bauten und immer fröhlichen Mannes geglaubt.

Der Pfingstverkehr beginnt.

Die Vorbereitungen für die Pfingstreisen werden von beiden Seiten, von den Reisenden sowohl wie von Verfehrs anstalten auf das eifrigste betrieben. Hoffentlich wird nach so vielen Wochen prachtvollen Wetters nicht alles zu Wasser.

Zur Bewältigung des Pfingstverkehrs werden in Richtung Stettin  - Belgard   und Stralsund   vom Stettiner Bahnhof bereits vom 20. d. M. ab Vor- und Nachzüge zu den Haupt­zügen abgelaffen. Außerdem verfehren noch nachstehende Züge vom Stettiner Bahnhof: Am 30. Mai Personenzug 447 nach Freienwalde   a. d. Oder; Berlin   ab 12,35 nachmittags. Am 31. Mai und 1. Juni Personenzug 457 nach Freien walde a. b. Oder; Berlin   ab 7,10 vormittags. Der beschleunigte Bersonenzug 165 am 30. und 31. Mai nach Stettin  ; Berlin   ab 11,30 nachts. Am 31. Mai wird der Personenzug 225, Berlin   ab Am 29., 30. 7,25 vormittags bis Fürstenberg durchgeführt. und 31. Mai der zuschlagfreie Einlzug 111 nach Warnemünde  : Berlin   ab 8,30 vormittags. Am 30. Mai Vorzug D 35, Berlin  ab 1,15 nachmittags, nach Heringsdorf   und Hauptzug D 35, Berlin   ab 1,25 nachmittags, nach Zinnowiz. Am 30. und 31. Mai Personenzug 209 nach Neubrandenburg  - Stral sund; Berlin   ab 9,40 vormittags. Am 30. und 31. Mai Personen aug 713 nach Stettin  - Stargard  ; Berlin   ab 8,25 vormittags. Am 31. Mai D- 3ug 31, Berlin   ab 8,20 vormittags, nach Herings: dorf. Am 30. Mai Vorzug 645, Berlin   ab 1,03 nachmittags, und Borzug 647, Berlin   ab 7,01 nachmittags, nach Neuruppin  . Am 31. Mai Vorzug 653, Berlin   ab 6,43 vormittags, nach Neuruppin  Der für Sonn- und Festtage vorgesehene Personenzug 650, Neu­ ruppin   ab 9,50 abends, Berlin   Stettiner Bahnhof an 12,07 nachts, verkehrt bereits vom 17. Mai d. J. ab.

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Einige Beranstaltungen verdienen besonderer Erwähnung. Eine dreitägige Pfingstfahrt( sowie allwöchentlich zweitägige Wochenendreisen) nach Dresden   und in die Sächsische Schweiz   veranstaltet der Boltsreisebund, Berlin   SW. 48, Wilhelmstr. 41, eine gemeinnügige Organisation zur Förderung und Berbilligung des Reisens. Der Preis dieser Reisen ist, einschließlich sämtlicher Fahrkosten, llebernachten, Berpflegung, Besichtigungen, ab Berlin   und zurüd 27,50 m. bzm. 20 M. Ausführliches Pro­Der Norddeutsche Lloyd gramm wird fostenlos zugesandt. veranstaltet an beiden Pfingsttagen Fahrten mit dem Dampfer Grüßgott" von Bremerhaven   nach Helgoland.   3wischen Bremen  - Hauptbahnhof und Bremerhaven  - Lloydhalle ist für beide Lage Eilzugsanschluß vorhanden. Für die Fahrten werden Sonn­tagsrüdfahrtarten zu ermäßigten Preisen ausge­geben, die zur Hin- und Rückfahrt an je einem der beiden Bjingji tcge benutzt werden können. Es ist mit ihnen aber auch ohne Nach­zahlung am ersten Pfingsttage die Hinfahrt von Bremerhaven   nach Helgoland   und am zweiten Pfingsttage die Rückfahrt zulässig. Früh Den Bemühungen zeitige Lösung der Fahrkarten wird empfohlen. des Landrats des Kreises Rügen   ist es auch gelungen, die Eisen­bahnverwaltung zu veranlassen, auf der Strecke Berlin  - Lauterbach  ( Rügen  ) schon ab 27. Mai morgens die direkten Züge nach Lauter: bach( ab Berlin   8,35 Uhr früh) und ab 28. Mai von Lauterbach nach Berlin  ( 10,45 Uhr ab Lauterbach) einzulegen. Am 31. Mai und 1. Juni wird morgens ein Zug 6,38 Uhr von Stralsund   nach Saßniz und abends 9,45 Uhr ab Saßniz nach Stralsund   zurückfahren. Der Verband Deutscher   Ostseebäder( E. V.) hat es sich zur Auf­gabe gemacht, in diesem Sommer Wochenendfahrten nach Ben schönsten Ostseebädern zu veranstalten. Die erste Fahrt wird als Pfingst reise unternommen und geht über Swine münde, Heringsdorf   nach Saßniz- Stubbenkammer. Die Zahlung eines äußerst falfulierten Preises begreift Fahrt, Verpflegungs­and Unterkunftstoften für drei volle Tage in fich, so daß die Teil­nehmer fich forglos unter lundiger Führung der Meereslandsaft

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erfreuen und trotz der furzen Reisedauer volle Erholung finden fönnen. Auskunft beim Verband Deutscher   Ostseebäder( E. 2.), Unter den Linden   53.

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Ein zudringlicher Hausherr.

Einen recht eigenartigen Begriff von dem erhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer scheint sich der 52 Jahre alte Obst züchter Ernst Werl aus Nedlitz bei Potsdam   zu machen, der anzu­nehmen scheint, daß das Dienstverhältnis einer Hausangestellten auch zu einem Verhältnis" mit dem Hausherrn führen müsse. Ein Prozeß vor dem Potsdamer   Amtsgericht bewies jedenfalls wieder einmal, wie schutzlos oft eine Hausangestellte ist.

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nennt. Sollte aber in der Tat dies ein echter Fall von Telepathie sein, so würde Frau Karoly, wie ein Bizbold sagte, wenn auch nicht in die, so doch auch in der Zukunft hell" sehen können. Man wünscht ihr das erstere gleichfalls. Während man das Ehepaar be­obachtet, intereffiert plöglich die Kunst der beiden recht wenig, die ja im besten Falle ein medizinisches Problem bedeutet. Aber da stehen zwei Menschen, die nichts als das können, die da mit ihr Brot verdienen müssen. Man bemerkt den billigen Schleierstoff, der das falfweiß gepuderte Gesicht der Frau mit den schwarz untermalten Augen und den grellrot geschminkten Lippen umhüllt, das einfache Kleid aus dem gleichen Material, den durchaus nicht tadellosen schwarzen Anzug des Mannes, ja sogar den Jungen des Ehepaares, der im Saal herumspringt mit einem Teddybären, der viel zu weiß ist, als daß er das tägliche Spielzeug des Kindes sein könnte. Für den, der sehen kann, ist vor den Ku­lissen oft mehr Lebenswahrheit als dahinter.

Ins Varieté mag gehen, wer nicht weiß, was er mit über­flüssigem Gelde beginnen foll; vielleicht ist es nicht ganz sinnlos ausgegeben, wenn etwas davon dem Ehepaar Karoly zugute fommt. Hellseher Hellseher so scheint mir stehen zurzeit nicht allzu hoch im Kurse.

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Sansewind".

Werl   suchte anfangs dieses Jahres für seinen frauenlosen Haus­halt ein Mädchen für alles. Durch den Verein Frauenheim in Berlin  , Frankfurter Allee  , wurde ihm die 19jährige Toni St. am 15. Jamiar überwiesen. Bereits nach wenigen Wochen konnte das junge Mädchen die peinliche Feststellung machen, daß der Hausherr den Bersuch wagte, sich ihr eines Nachts in ungebührlicher Weise zu nähern. Als sie den Zudringlichen energisch abwies, fündigte er dem Mädchen noch in derselben Nacht. Für den Obstzüchter jedoch war die Folge die Anflage wegen tätlicher Beleidigung. In der Berhandlung vor dem Botsdamer Amtsgericht gab er im wesentlichen den Tatbestand zu, meinte aber, daß nichts geschehen sei. Die Kündigung habe er in der Nacht ausgesprochen, weil das junge Mädchen angeblich keine Personalien besaß. Auch schob er die Schuld auf den Genuß von Alkohol. Die Zeugin, Fräulein St., teilte jetzt dem Richter mit, daß es der Obstzüchter mit einer gewissen Hedwig U. ebenso gemacht und im übrigen gefagt haben soll, daß er es mit aííen feinen Dienstmädchen ebenso gemacht habe". Auf Grund dieser Aus age wurde der Termin vertagt, um die Oberschwester des Frauen eines geschäftstüchtigen Ingenieurs drauf und dran, Luftfahrzeuge heims und Hedwig U. zu laden..

Albert Taubmann.

Am Sonnabend, den 23. Mai, ist unser Parteigenosse, der Stadt: rai Albert Taubmann, einem Herzschlag erlegen. Mit ihm geht wieder einer der Besten dahin. Bon Beruf Buchdrucker, schloß er sich schon frühzeitig der Gewerkschaft und dem damaligen Arbeiter bildungsverein an. Seit den neunziger Jahren wirkte er in Weißen­see, wo er sich bald das volle Vertrauen nicht nur der arbeitenden Bevölkerung erwarb. Er versah hier die verschiedensten Funktionen, auch solche, die über den Ort hinausragten. So war er örtlicher Parteivorsitzender, Kreisvertrauensmann für den Kreis Niederbarnim, Mitglied der Neunerfommission, zu wiederholten Malen auch Partei­tagsdelegierter. Die Haupttätigkeit Taubmanns lag auf fommunal­politischem Gebiet. Schon im alten dörflichen Weißensee nahm er fich als Gemeindevertreter der Interessen der arbeitenden Bevölkerung an. Nach dem Umschwung der Verhältnisse wurde er 1919 befoldeter Schöffe der Gemeinde Weißensee und dann nach erfolgter Eingemein dung 1921 ftellvertretender Bürgermeister des 18. Berwaltungs­bezirks. Erst vor einigen Wochen feierte der Berstorbene sein 25 jähriges Kommunaljubiläum.

Genosse Albert Taubmann war ein gerader Charakter und von feltener Gewissenhaftigkeit befeelt. Wo er helfen, wirken und unter­stüßen fonnte, war es stets zur Stelle. Diese Eigenschaften, wie fein ganzer Dienst für die arbeitende Bevölkerung, werden ihm stets ein ehrendes Andenken sichern.

Berliner   Wanderarmenfürsorge.

In der Jahreshauptversammlung der Zentrale für pri vate Fürsorge wurde die Wanderarmenfürsorge er örtert. Der Berliner   Bürgermeister Scholz berichtete darüber, was auf diesem Gebiet bisher getan worden ist und was in der nächsten Zeit die Stadt Berlin   tun will. Für Berlin   sei die Frage der Wanderarmenfürsorge von besonderer Wichtigkeit, weil die in Preußen beschäftigten polnischen Schnitter, nachdem der Heimfehrzwang beseitigt worden ist, großenteils im Winter nicht in ihre Heimat zurückkehren. Viele von ihnen halten sich arbeits- und obdachlos in Berlin   auf, vermehren die Schar der hier zusammen­strömenden Arbeits- und Obdachlosen, leben in Not und Schmutz, verursachen der Stadt erhebliche Kosten und bilden eine Gefahr für die Bolksgesundheit. Wanderarbeitsheime sind in der Provinz Brandenburg   schon vor Jahrzehnten gegründet worden, aber noch jezt fönnen alle zusammen nicht mehr als 1200 Personen aufnehmen. Auch die Bodelschwinghschen Anstalten, die bei Bernau  liegenden Kolonien Hoffnungstal, Lobetal und Gnadental  , die der Vortragende rühmte, bestehen schon seit vielen Jahren. Die Stadt Berlin   will die Mehrung privater Heime dieser Art durch Dar lehen fördern, um ihr Obdach zu entlasten. Sie selber hat erst 1923 bei ihrem Arbeitshaus eine kleine Arbeitslosenkolonie eingerichtet, die nur 50 Personen aufnehmen und beschäftigen kann. Auch die Reform des Obdachs gehört zu den Maßnahmen der Wander­armenfürsorge, unter anderem die dort geschaffene Arbeitsstätte, die Obdachlose auf freiwillige Meldung beschäftigt. Geplant ist aber auch, eigene Anstalten der Stadt nach dem Muster der Bodelschwinghschen Anstalten zu schaffen, um Ob­dachlosen mehr Arbeitsmöglichkeiten bieten zu fönnen. Der Erwerb des Gutes Ribbedshorst, das 12 Kilometer nördlich von Nauen   im Havelländischen Luch liegt, soll der Anfang sein. 3u diesem etwa 1000 Morgen großen Gut gehören noch ein paar hundert Morgen Dedland, die melioriert werden sollen, wobei auch die Möglichkeit der Unterbringung und Ausnutzung von Berliner  Müll gegeben ist. In der Aussprache, die sich an den Vortrag knüpfte, wurde besonders eingehend die Schwierigkeit der Fürsorge für die zugewanderten und hier arbeits- und obdachlos bleibenden Jugendlichen erörtert. Stadträtin en1, die Vorsigende der städtischen Deputation für Jugendwohlfahrt, teilte mit, daß die beim Polizeipräsidium bestehende Wohlfahrtsstelle jährlich 7000 Jugendliche erfaßt, darunter ein Drittel Mädchen. Geplant ist, von dort aus die Jugendlichen einem besonderen Jugendheim zu­zuführen, das noch zu schaffen wäre. In ihm sollen die Jugend­lichen bleiben, bis die Eltern sie abholen. Genoffin Weyl betonte die Notwendigkeit, auch zum Schuß der Frauen, die als Wander­arme oft in Begleitung ihrer Kinder umherirren und bitterem Elend ausgesetzt sind, mehr als bisher zu tun.

Die Hellseherin".

Das Metropol- Barieté stellte die geheimnisvolle Seherin" Die Er­Madame Karoly vorerst einem geladenen Publikum vor. wartungen der Erschienenen sind nicht nur nicht hoch, sie sind gar nicht gespannt. Man kennt dergleichen nun schon zur Genüge, weiß, daß die Seherin" mit ihrem Manager fommen wird, der die vom Bublifum gewünschten Fragen stellt, die sie dann beantwortet. Es mag ja mühsam sein, aus einer bestimmten Fragestellung die Ant­wort lesen zu lernen; daß es möglich ist, davon haben wir hin­reichende Beweise.

oder gibt wenigstens vor, es zu tun, verbindet ihr dann die Augen Es verläuft anders. Herr Karoly hypnotisiert seine Frau und dreht ihren Stuhl so, daß fie dem Publikum den Rücken zu dreht. Er selber steht im Saal, befieht sich die Gegenstände, die eiraten werden sollen; die Frage danach stellt jedesmal der Befizer, jedesmal mit denselben Worten. Durch welchen Trick findet Frau Karoly die Antwort? Niemand von den Anwesenden vermag es zu ergründen, auch nicht zwei Spezialärzte, die zugegen sind und die einer Reihe von Privatvorführungen im Beisein von Geheimrat Moll und Profeffor Dessoir beigewohnt haben, die noch immer mit dem Medium experimentieren. Von Professor Dessoir hypnotisiert, foll Frau Karoly übrigens die gleichen Fähigkeiten gezeigt haben. In allen diesen Brivatizungen wurden ihr, um Mitteilungen durch Klopfgeräusche unmöglich zu machen, die Ohren von einem Berliner  Dhrenarzt verschlossen. Irgendeine Verständigung wird ja trotzdem vorliegen; immerhin ist es für den Uneingeweihten überraschend. wie sie Namen buchstabiert und errät, Zahlen und Gegenstände

Jeder gutfituierte Schieber, der den unanfechtbaren Nachweis erbringen fann, daß er mehr Schulden hat als Sand am Meer, ist im Besitz eines eleganten Autos, von dem er im allgemeinen nur das notwendige Benzin bezahlen kann. Wir haben Flugzeuge, die mit allen technischen Raffinements der Neuzeit bedient, die Reisen­den tatsächlich im Fluge" von einem Ende dieser bejammerns= würdigen Erde zum anderen expedieren. In Amerika  , dem Lande der unbegrenzten Möglichkeiten, ist man nach dem genialen Platt mit Jazzbandkapellen und fliegenden Kabaretts auf die Flugfüße zu stellen.

Nach dieser langen Borrede: hier soll von den jetzt in Gebrauch gefommenen Kinderfahrrädern( Format 4-12 Jahre!) die Rede fein, die unter dem gartenlaubehaft gezuckerten Namen Sausemind* über Nacht eine Art Modeartifel des Berliner   Spielzeugmarktes zu werden scheinen. Nur muß unter allen Umständen eine Invasion der radelnden Kinderheerscharen werden. In stillen Straßen mögen die Kleinen nach Herzenslust auf ihrem Miniatur­rad Gliedertraining üben. Ein netter Sport, der auch in gesund­heitlicher Beziehung schon seine Chancen hat. Ganz Deutschland  vom 4jährigen Baby in Kleinkinderhöschen bis zum also radelt In Riesenumdrehungen verknitterten 65jährigen Mummelgreis. Oder nicht? Das muß gehts einer besseren Zukunft entgegen. man mit einem nassen und einem heiteren Auge abwarten.

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Die Stadtverordnetenversammlung hat in dieser Woche feine Sigung. Die nächste Sizung wird erst am 4. Juni abgehalten.

Seine Erhöhung der Juni- Miete. Wie der Amtliche Preußische Pressedienst von zuständiger Stelle erfährt, bleibt die Miete für Monat Juni dem Mai gegenüber unverändert. Sie beträgt also 76 Proz. der Friedensmiete bzw. 72 Broz., soweit Schönheitsreparaturen zu Lasten der Mieter gehen.

Die Einäscherung des Genoffen Taubmann findet am Donnerstag, den 28. Mai, abends 7, Uhr, im Krematorium Gerichtstraße statt.

Geschäftliche Mitteilungen.

Bon vielseitig anerkannten Mobelünstlern entworfene Lugusschuhe zu fabelhaft billigen Preifen bei guter Bare bringt das bekannte Echuhlolal Behrndt, Münz traße 25, mit seinen Filialen Rottbusser Damm 13 und Frankfurter Allee 54. Diefe Firma mit ihrem großen Lager von über 50 000 Paaren Damen, Herren und Kinderschuhen bringt eine so reichhaltige Auswahl, daß auch der verwöhntefte Ge­

fchmad bort auf feine Rechnung tommi. Einige Beispiele der enormen Leiftungs­fähigkeit der Firma zeigt das heutige Inserat.

Gewerkschaftsbewegung

Verkehrsstreik?

Heute abend werden die Straßenbahner, Hochbahner und Omnibusbediensteten zu dem Stande ihrer Lohnbewegung Stellung nehmen. Nach dem ganzen bisherigen Verlauf der Verschlepping der Anträge der Angestellten und dem ablehnenden Verhalten der Direktionen der Omnibus- und Hochbahngesellschaft, kann das Er­gcbnis der Entscheidung faum mehr zweifelhaft sein.

Gelingt es nicht, noch in letzter Stunde, eine Ver­ständigung herbeizuführen, unter weitgehendster Be rücksichtigung der Forderungen des Fahrpersonals, dann wird allerdings der voreilig angekündigte Stillstand der Ber­fehrsmittel zu Pfingsten zur Tatsache werden.

bahn, die trok starker Erhöhung der Fahrpreise, sich immer noch nicht zu einer angemessenen Entlohnung ihres Personals aufschwin­

Wohl die übelste Rolle spielt auch diesmal wieder die Hoch­

gen fann.

Die Sicherheit der Berliner   Berkehrsverhält nisse duldet einfach kein schlecht bezahltes, d. h. schlecht ernährtes und ständigen Nahrungssorgen ausgeliefertes Personal. Nur ein ordentlich entlohntes Personal fann seine volle Auf­merksamkeit dem Betriebe zuwenden. Die gesamte Bevölkerung hat ein Recht zu fordern, daß auch in dieser Beziehung hinsichtlich der Verkehrssicherheit alles menschenmögliche geschieht. Kommt es zum Verkehrsstreit zu Pfingsten, dann der drei Verkehrs­ist das die Schuld der Direktionen betriebe, nicht die Schuld der Angestellten, die große Geduld an den Tag legten und auch jetzt nicht ohne zwingende Gründe in den Streit eintreten werden, solange sich noch irgendein gangbarer Aus­weg zeigt.

Die Tarifbewegung jämtlicher Verkehrsangestellten Berlins  , die schon seit einigen Wochen läuft, ist nunmehr in ein entscheidendes Stadium eingetreten. Wie wir bereits mehrfach im Vorwärts" mitteilten, haben die Direktionen der Hoch- und Untergrundbahn, der Straßenbahnbetriebsgesellschaft und der Omnibusgesellschaft die Lohn- und Manteltarifforderungen des technischen sowohl als auch des Fahrpersonals abgelehnt. Besonders bei der Omnibus. gesellschaft  , wo der Manteltarif bereits am 31. März abge­laufen war, ist eine starle Mißstimmung des Personals gegen die Direktion festzustellen. In der Nacht von Montag zu Dienstag wurde unter dem Personal eine Urabstimmung darüber vorgenommen, ob

die Angestellten unter den bestehenden Dienst- und Lohnverhältnissen weiterarbeiten wollen oder ob sie sich durch einen Kampf, d. h. in diesem Falle Streit, bessere Verhältnisse schaffen wollen. Obwohl das Abstimmungsergebnis bei Schluß des Abendblattes noch daß sich eine überwältigende Mehrheit für den nicht in allen Einzelheiten vorliegt, ist aber bei der Stimmung des Omnibuspersonals mit aller Bestimmtheit damit zu rechnen, Streiferklären wird. Jedenfalls wird das Bersonal in einer Donnerstag zum Freitag stattfindet, zu dem Ergebnis der Bersammlung, die nach Betriebsschluß in der Nacht vom Urabstimmung endgültig Stellung nehmen. Auch das Personal der

Hochbahn wird in der Nacht von Mittwoch zum Donnerstag die gleiche Urabstimmung vornehnien, um in einer am Donnerstagabend stattfindenden Versammlung weitere Maßnahmen zu treffen.

Straßenbahnerstreik in Halle.

Halle, 26. Mai.( TU.) Das Fahrpersonal der Straßenbahn hat den in Berlin   gefällten Schiedsspruch, der ihm vom 15. April ab eine vorläufige Zulage von drei Pfennigen für die Stunde bewilligt, abgelehnt und in einer Nachtfizung be schloffen, heute in den Streit zu treten,