Sonntag
31. Mai 1925
Alus der Film- Welt
Die Filme der Woche.
„ Die Tragödie eines Verbannten".
UZ. Nollendorfplatz.
Der große italienische Dichter Dante war zugleich ein großer Patriot. Er liebte seine Heimatstadt Florenz mit aller Inbrunst und nahm leidenschaftlichen Anteil an ihren politischen Geschicken. Dieser Dichter faß nicht, wie jo piele seiner Nachfolger, im Elfenbeinturm, sondern griff lebhaft in die Tagestämpfe ein. Daraus erwuchs ihm ein tragisches Schicksal. Er wurde von der Gegenpartei aus Florenz auf Lebenszeit verbannt und starb nach Jahren des Erils, die Sehnsucht nach der Heimatstadt immer im Herzen, in der Fremde. Aller Ruhm des Dichters, der ihm schon zu Lebzeiten ermuchs, war nicht imstande, ihm die Heimkchr zu ermöglichen. Diese Geschicke Dantes hat ein italienischer Film episodenhaft im Bilde festgehalten. Es ist ein hiftorischer Film in dem Sinne, daß er Personen sowie Ort und Zeit möglichst getreu wiedergibt. Er ist Genrefilm, indem er die einzelnen Borgänge zu hübschen, fulturhistorischen Bildern ausweitet. Der Regiffeur Caramba versteht es meisterlich, das Leben und Treiben in Florenz , am römischen Bapsthofe sowie an den Höfen der Machthebet von Berona und Ravenna anschaulich zu malen und dabei das menschliche Intereffe an dem stolzen Dichter und Barteimann, der sein Unglüd mit Würde und Größe trägt, immer lebendig zu erhalten. In die Handiung selbst sind einige Episoden verwoben, die aus der Gött lichen Komödie" bekannt sind. In Ravenna sieht Dante das Bildnis der unglücklichen Francesca von Rimini , und das gibt dem Re giffeur Beranlassung, ihre Liebestragödie, die Dante in glühenden Bersen besungen hat. einzuflechten. Auf dem Totenbett erscheint Dante feine geliebte Beatrice noch einmal, und mit ihm erleben wir seine erste und tiefe jugendliche Liebe zu diesem frühverstorbenen Mädchen, die er in seinem unsterblichen Gedicht verewigt hat. Prachtvolle italienische Landschaftsbilder und großgesehene Silhouetten der Städte Florenz , Berona und Ravenna umrahmen stimmungs vell die Handlung. In Camillo Talamo war ein Darsteller Dentes gewonnen, der die prägnanten Züge Dantes aufs glüdlichste wiedergab und auch sonst bei aller Beredjamkeit des Ausdruds die Gestalt des Dichters in glücklicher Weise vor uns verkörperte. Der bereits bekannte Film Sommer, Sonne und Studenten erneuerte in angenehmster Weise die Bekanntschaft immer große Heiterfeit. D.
Rin- fin- fins Konkurrenz.
Wir lernten Rin- tin- tin, wir lernten Barry tennen, jezt stellt fich uns Strongheart vor. Er spielt die Hauptrolle des Films Wölfe der Nacht"( Alhambra am Kurfürstendamm ). Dieser Film ist eine nahezu peinlich wirkende, langgeratene Ropie der anderen Hundefilme. Oder follte er vor„ Der Schrei aus der Wildnis" entstanden sein? Ueber die Seitenfolge des Entstehens der amerikanischen Filme ist man hier in Deutschland ja nie zuverläffig unterrichtet. Also der Film spielt wiederum in Alasta, der Wildnis, in der sich die Menschen eigene Geseze geben. Man erlebt viel Greueltaten auf der Leinwand, bekommt farge Einblicke in das schwere Dasein der Schlittenhunde und genießt die Gefährlichkeiten der Schneewüften aus wohltuender Entfernung. Der Regiffeur Hubbard vertraut dem Leitstern amerikanischer Rinologit. Folg lich wirken die Großtaten des Hundes für uns etwas tnallig. Strong heart tötet seinen Beiniger, den falschen Berlobten feiner Herrin. Diese Tat wird unwillkürlich als etwas Gutes empfunden, da der unmoralische Bräutigam bereits den Tod des Bruders der Herrin auf dem Gewiffen hat. Für Strongheart bricht eine schlimme Zeit herein, als seine Herrin Mutter geworden ist. Da steht nämlich der neue Weltbürger im Mittelpunkt des Intereffes und um den hund fümmert man fich nicht viel. Jeber sucht sich bekanntlich auf feine Art schadlos zu halten und Strongheart tut schön mit einer Wölfin. Das hätte beinahe dem kleinen Kinde das Leben gefoftet, weil die Wölfe sich an den Hundeschlitten pürschen als das Ehepaar den Ausreißer heranlodt. Die Hunde jagen in wilber Fahrt davon, und es wäre bestimmt zur Ratastrophe gefommen, wenn Strongheart nicht ein smarter Amerifaner wäre. Er faltuliert, ich muß Schneller laufen als Wölfe und Hunde, reißt das Baby vom Schlit ten und bringt es in eine menschliche Behausung. Dabei läuft er unter anderem mit dem Baby im Maul im vollen Galopp bergauf. Within drängen fich einem die Ausstellungen förmlich auf. Strong heart ist nicht besonders ausdrudsfähig. Rin- tin- tin( pielt mit innerem Feuer, verfügt über eine ganze Reihe von Ausdrudsmög lichkeiten, Strongheart hat eigentlich immer dieselbe Miene. Die Beweglichkeit der Dhren und des Schwanzes bleiben die einzige Abwechslung. Nedisch wirkt der Hund, sobald er den Kopf schief häft, doch nußt der Regiffeur es über Gebühr aus. Hubbard tann offenbar nicht viel herausholen, denn die Landschaft blieb bei ihm auch tot.
-g.
Der Roman einer kleinen Wäscherin.
Theater am Nollendorfplatz.
Mary Bickford, die uns schon so oft erfreute, ist ein fiebreizendes Berjönchen, das wissen wir und erkennen es uneingeschränkt und dankbar an. Diesmal spielt sie eine kleine Wäscherin, außerlich mißgestaltet. Das muß ihr leberwindung gefoftet haben, zeigt aber zugleich, daß ihr an der Ausstattung ihrer Rollen liegt. Die fleine Bascherin ist eine von den vielen. Arm, häßlich, abgehetzt. Freude trat nie in ihr Leben, um ihre Gesichtszüge zu erhellen. Grausam hart ist die Besizerin der Wäschecet, hämisch sind die Kolleginnen. Doch gerade in den Herzen der Verstoßenen ist eine nahezu trant. hafte Sehnsucht nach Liebe. So liebt die kleine Wäscherin Murphy, den abgetriebenen Schimmel. Mit ihren fetten Groschen errettet fie ihn vom gewaltsamen Tode, denn er war bereits für die Leimfabrit bestimmt. Und noch weit mehr geängt ihr, verschafft sie ihm doch, durch die Wohltat einer Reichen, einen geruhsamen Lebensabend.
MIT
BISKOT MEYER UBER PFINGSTEN LACHEN SIE TRÄNEN
PARISETTE
DIE TÄNZERIN DER GROSSEN OPER
DER GROSSE LACHERFOLG
IN DER
SCHAUBURG
121 KÖNIGGRÄTZER STRASSE 121
BAYER
FILMS
BAYERN- FILMS
Bellage des Vorwärts
Für sich selbst fann sie natürlich nichts tun, weshalb die Phantasie, dieses töstliche Gut, fie tröstend über die Schrecknisse des Tages hinwegträgt. Sie phantafiert alles Mögliche zusammen, wir wollen nämlich abfichtlich nicht sagen, daß sie schwindelt. Und der Regisseur ad Dillon versteht es, diese Phantasien auszugestalten. Gr bringt hübsche Bilder, und da Mary Pickford unbedingt droilig sein muß, läßt er auch urtomische Situationen entstehen. Beide bleiben uns nichts schuldig in diesem harmlosen Wert, das viele Feinheiten enthält. Mary Bickford hat freilich befremdend oft denselben Gesichtsausdrud, doch darüber sieht man hinweg, weil man die kleine Wäscherin wirklich liebgewonnen hat. Es soll auch erwähnt werden, daß endlich mal gute Terte auf der Leinwand erscheinen.
-
e. b..
„ Die Stadt der Millionen. Der unser liebes Berlin darstellende und verherrlichende Film„ Die Stadt der Millionen der Kulturabteilung der Ufa wird in den Augen eines Provinziellen sich ganz anders und viel vorteilhafter malen als in unseren ach jo tritischen oder in denen eines ausländischen Großstädters. Berlin , seine Ar beit, fein Berkehr, seine Freuden und Leiden, seine soziale Fürsorge und feine Umgebung werden ausführlich gezeigt der gute Wille und die exakte Arbeit bei diesem einstündigen Film müssen jedenfalls anerkannt werden, auch wenn er selbst mir für unsere Hauptstadt nicht sehr günstig zu sein scheint. Wenn wirklich die Stadt der Arbeit bargestellt werden sollte, hätte man statt der vielen, etwas elegisch anmutenden Fabritschlote lieber einige impofante Fabriten selber beim Berf zeigen sollen. Und auch der eigentliche herbe Reiz der märkischen Riefernlandschaft hätte noch stärter herausgearbeitet und durch sportliche Bilder belebt werden können. Recht fümmerlich wirtie, wenn man an analoge Bilder von London , New Yort und Baris denkt, der Automobilverkehr und die Lichtreklame aber freilich liegt hier die Ursache eben darin, daß wir mit unserem Vertehr und unserer Reklame doch noch recht im Rückstande gegen diese Weltstadtbrüder sind. Aergerlich erscheint es mir auch, daß diefer Film gewollt oder ungewollt trotz des schönen Bildes von der Berfaffungsfeier 1924 wieder einen leicht nationalistischen Beigeschmack hat, der dem Republikaner und Pazifisten die Freude daran zu zerstören geeignet ist. Und über den langatmigen Prolog, der bem Film vorangeht, soll man lieber schweigen warum hat die Ufa dafür nicht lieber ein nettes Lustspiel gebracht? f. h. c.
-
-
"
-
Amundsen im Film. Gemach, es handelt sich nicht um den Vorftoß Amundsens im Flugzeug, den alle Welt mit gespanntestem Intereffe verfolgt, sondern um seine Nordpolerpedition vom Jahre 1922. Auch damals wollte der fühne Entdecker den lezten Abschnitt im Flugzeug bezwingen, aber fich vorher mit seiner Maud" an ben Nordpol möglichst weit heranpirschen. Leider hatte er mit dem Flugzeug Unglück. Schon bei den ersten Proben wurde es unbrauchbar, und er mußte die Flugzeugpläne aufgeben. Aber für den Film war das Ergebnis reich genug, und es wird heute doppelt intereffieren, zu sehen, wie Amundsen feine damalige Reise vorbereitete, wie es auf seinem Expeditionsschiff auging, welche Flugzeugproben er unternahm usw. Vor allem aber wird das unerschöpfliche Kapitel des nordischen Eises mit seinen Schönheiten und Abenteuerlichkeiten immer wieder gern gesehen werden. Aber auch die Welt der Tiere, besonders die der Walrosse, und Einblicke in das Leben der Estimos, wobei besonders die Tänze unsere Aufmerksamkeit auf sich lenken, boten dem Film eine reiche Quelle der Anregung. Alles dies sieht man jegt wieder im Primus- Palast, und nur die bange Sorge beschleicht den Zuschauer, wird der held so vieler Polar expeditionen diesmal fein letztes Ziel erreichen?
r.
Wo bleibt der deutsche sprechende Film"? Aus dem Auslande tommen allerhand Meldungen über die Fortschritte des fprechenden Films". Das Verfahren des Amerikaners de foreft soll in den Bereinigten Staaten bereits zur Wahlpropaganda benußt worden fein; Gaumont, der seit Jahren an dem Problem gearbeitet hat, foll jetzt den sprechenden Film" fig und fertig haben. Da wird es wirklich Zeit, daß man die Frage aufwirft, wo denn der deutsche sprechende Film bleibt. Man muß daher daran erinnern, daß das Tiergon- Berfahren von Boigt, Engel und Massolle, als es an die Deffentlichkeit fam, wahre Triumphe gefeiert hat. Was ist aus diesem Berfahren geworden? Da die Erfindung vortrefflich war, muß es an denen liegen, in deren Hände sie gelangt ist, wenn man nichts weiter von ihr hört. Die Deffentlichkeit hat ein Anrecht auf die Beantwortung dieser Frage.
Den Bauber der Südsee schildert ein neuer Metro- Phoebus- Film Berlenfischer auf sawa i", dessen Uraufführung demnächst im Marmorhaus ftattfindet. Es ist in diesem Film zum erstenntal gelungen, farbige Unterwafferaufnahmen nach dem Technikolor- Verfahren zu machen. Films aus dem neuen Rußlan d. Die ersten Negative find dieser Tage aus Moskau bei der Aufbau" Industrie- und Handels- A.- G. eingetroffen. In den letzten Jahren hat in Rußland eine außergewöhnlich rege Produktionstätigkeit eingesetzt. Protajanoff, der bei führenden Pariser Firmen und bei der Ufa in Berlin eine rege Regietätigkeit entfaltete, ist start baran beteiligt.
Die Kulturabteilung der Universum- Film- Aktiengesellschaft hat einen Film mit dem Titel Allerhand Waldgetter" fertiggestellt, der biologische Aufnahmen aus dem Walde enthält.
Miffwoch, 3. Juni, im Mozarisaal am Nollendorfplatz
DIE SENSATION BERLINS
Anfangszeiten: 710 und 915
Anfangszeiten: 710 und 915
99
Der mit Unterstützung der gesamten New Yorker Polizei hergestellte Groß- Film der Süd- Film A.-G.