Unterhaltung unö AAissen.
dsnnerstag 4. Juni 1425
eSuarö Mörike. (Zum fünfzigste« Todestage am 4. Jntti.) Von Paul W. Eisold. »O slaumenleichte Zeit der dunklen Fruhe!�— Leise, wie er gekommen, war der Schlaf von mir gewichen. Ich log wach im Bett«, seltsam gelöst und wunderlich frei von meinem bürgerlichen Habitus, und gab mich ganz der Seligkeit des frühen Wachseins, der Süßigkeit schrankenlosen Dämmerns hin. Gedanken strichen aus den leichten Flügeln der Phantasie her und wieder fort, bauten sich aus wie ein grotesker Babelwrm und stürzten wieder zusammen im bunten Spiel der Neinen mit der großen Welt. O slaumenleichte Zeit.....! Mählich löste der Tag seine Ruder aus dem Meer« der Nacht, und ein strahlender Moimorgsn begann seine silbernen, gemach golden werdenden Schwingen zu heben. Ein Finkenschlag plätscherte in die feierlich« Stille und, als sei dies das Signal gewesen, fiel gleich daraus der gesamt« Chor der Vögel ein, und Daseinsfreude. Liebeswerben und Schönheitsjube! feierten sich in einem berückenden Dithyrambus. Fliedergeruch und eines verspätet blühenden Apfel- baumes Dustgewoge kamen mit leichten Füßen des Morgenwindes ins Zimmer—: da ließ ich Lager und Dahindömmern und verwob mit der Lyrik Mörikes die Poesie dieses einzigen Morgens. * David Friedrich Strauß , ein Zeitgenosse Mörikes, sagte einmal über den Dichter:.Mörike nimmt eine Hand voll Erde, drückt sie ein wenig— und alsbald fliegt ein Vögelchen davon." Dieses Wort ist gleicherweise für Wesen und Schaffen des Dichters bezeichnend. Mörike ist der geborene Lyriker. Alles, was er anfaßte, ver- wandelte sich unter seinen Händen in lauteres Gold der Poesie. Er wußte um.die tausend Stimmen im Grund", um das leise Werden der Nacht, um die feierliche Schwere des Mittags. Er hatte die vielen Zwischen- und Halbtöne des wechselnden Lichtes in der Nowr auf seiner Palette und malte sie meisterlich in die zarten Pastell- bildchen seiner Gedichte. Er entschleierte die Seelen der Dinge, fing seltsame und geheimnisvolle Klänge aus dem Flüstern des Windes, aus dem Knarren eines alten Turmhohnes, und spannte sie in die köstlichen, kristallklaren Gesäße seiner Gedichte, die in ihrer Form ein besonderes Kunstwerk sind. Das war die Handvoll Erde -- In ihm brannte ein stilles Leuchten, das den.bunten Schwärm von Bildern und Gedanken zur Pforte seines Herzens hergeladen" Der Schleier der Maja, das Hemmnis, in anderer Menschen tiefstes Innere zu schauen, existiert« für ihn nicht. Begnadet und befähigt zu sagen, was er leide, läßt er fein« grandiose Sinfonie wahrhaftester Menschlichkeit, kunstvoll verschlungen in zartesten Gefühlen und Ge- fühlchen, in seltenen Stimmungen und Seelenschauern aufklingen, weitet er seine Welt, sein Denken und Empfinden zum Smn und Sein aller, zur Allgemeingültigkcit und damit zur Ewigkeit. Auch das war die Handvoll Erde -- Und die Dögelchen selbst— sie sind immer von schöner, eigen- artiger Gestalt, edel in Farbe und Klang, in Melodie und Rhyth- mus. Mörike dichtet nur in Bildern, die den poetischen Reiz bis zur Tiefe ausschöpfen! die Sprache ist voller Dust und Anmut im volis- liederhasten wie im strengen Stile gleich klar und plastisch. Alles atmet Behagen und träumende Stille,.kein Klang der aufgeregten Zeit" verwirrte des Dichter» schöne Kreise, die in den Revolution?- jähren des dritten und vierten Jahrzehntes des vorigen Jahrhunderts im stillen Schwabenlande blühten. Di« Ideen, die einen Hein«, Herwegh , Freiligrath begeisterten, waren für Mörike kein lyrischer Antrieb. « Ein verhältnismäßig lange» Dichterleben schenkte der Welt nur wenig Lögelchen, ruht doch Mörikes Ruhm vornehmlich auf zwei Werken: den Gedichten und dem Roman.Maler Rotten". Dieser,
Schwester Libella. von Claire S tu der. (Schluß.) Schwester Libella, zu jedem Opfer berett, schnellte vor. Ihr Blick bot sich an. Etwas Fragendes, Schmutziges stach aus Kinskys tückischen Augen und berührte durch die verbergende Schürz« ihre Brüste. Jetzt, da sie ihn io sehr an ihren Körper erinnerte, begehrte er sie mehr denn je. Sein lüsterner Blick wartete eine Sekunde aus ein Zeichen des Einverständnisses. Vielleicht war sie jetzt reif für ihn. da sie etwas erwartete. Aber sie, nur noch Mitleid, und mehr denn je von ihm entfernt, sah weder seine Erwartung noch den gierigen Ausdruck seiner Augen: für st« hatte er kein Gesicht. Da fiel er noch härter zu:.Nein, keine Zeit für Luxusoperationen!" Und herrisch:.Vorwärts, den Letzten!"„Bauchschuß, die Operation hat Zeit bis morgen!" Sein Blick knisterte unheimlich über den Unterarzt hin, der irgendeine auflehnend« Bewegung machte und ihn mit den Augen überfiel. Deutlich las der Unterarzt von der Un- qcduld seines Gesicht», das schon draußen war. die Worte ab: �General, Auto, Diner* Da brach es au» ihm gegen seinen Willen: „Herr Oberstabsarzt, der Mann stirbt bis morgen!" hörte er sich mit verschnürter Kinderstimme sagen. Die Worte klangen wie von weit her. Einen Augenblick war nur der Schrecken im Zimmer. und olle standen unbeweglich. Der Unterarzt stand entschlossen und uelgaß seine Angst. Sein Auge lehnt« an Schwester Libella. sein Herz lag an dem ihren.»,....... Der Oberstabsarzt ließ seinen Blick wie einen eisigen Tropfen an ihm h-runterrinnen und sagte: Der Russe kommt über Nacht in die Scheune. Führen Sie s°s°rt me.üe Befehl« au»! Di« Tür flog klappernd hinter ihm und seinen Worten zu. D»« Narkos-nschwesl-r warf Schwester Libella einen Blick voll Hohn wie ein giftiges Netz über und folgte ihm. Bon Zorn duuhbohrt, stand diese da. eine bleich« Märtyrerin an einem unsichtbaren Pfeller. Ihr« aufgeregten Hände hiellen ein Stück Lust umkrallt. Dann öffneten sie sich so angestrengt, als ob sie gelahmt wären, und stützten sich aus den Tisch. Der kleine Unterarzt beugte sich andächtig und mit aufgelöstem Gesicht über ihr« Hand und küßt« sie. Mehr wagt« er nicht, denn er betete sie au» der unwillkürlichen Entfernung an. aus der man Ueberirdisch« anbetet. „Wir machen die Operation gemeinsam heute nacht, sagte sie langsam. Er nickte. Ein kleine» Lächeln breitet« ihr schmerzlich verzogenes Gesicht auseinander. Es war, als legte sie ihm ihr Herz auf die Stirn.
1828 begonnen und 1832 in seiner ersten Fassung erschienen, ist das romantisch verwobene Spiegelbild von Mörikes Jugend. Mit fatalistischen Momenten und Konzessionen an den Zeitgeschmack, der sich in mystischen Seltsamkeiten und Geistergeschichtcn gefiel, durch- setzt, nicht unwesentlich von Goethes„Wilhelm Meister ", von E. T. A. Hosfmann, Jean Paul und anderen beeinflußt, ist der Roman dennoch eine eigene, psychologisch für seine Zeit hervorragend
Eine Spielkarle, nach Belieben zu verwenden.
durchgeführte Arbeit, die bereits die ganze Höhe der Kunst Mörikes zeigt, denn er entfaltete sich in diesem Erstlingswerk als Epiker, Lyriker und Dramatiker. Leider unterzog der Dichter den Roman, bevor nach 18 Jahren endlich die zweite Auflage gedruckt werden sollte, einer Uebcrarbeituug, die sich über zwei Jahrzehnte hinzog, und über der Mörike, ohne zu Ende gekommen zu sein, starb. Ein Freund vollendete im Geiste des Dichters die Arbeit— lesbarer für uns Heutig« ober ist der Roman dadurch keineswegs geworden. Spärlich und früh versiegend floß des Dichters Muse, noch ein- mal, 1855, glühte der Strom in feiner ganzen Schönheit in„Mozart auf der Reise noch Prag ", einem wahren Kabinettstück reifster Erzählungskunst, auf, dann erklang nur selten noch zu besonderen Gelegenheiten des Dichters Leier.
Schwarzer Wind weht« über das Lazarett. Der Mond stand wie eine zerbrochene Glasscherbe am Himmel. Die Geschütze an der Front schändeten wieder die heilige Stille der Nacht und rissen den Horizont, an den sich die Schlacht lehnte, blutig auf, so daß er in dicken Rauchfetzen auseinandersiel. Leuchtkugeln stiegen auf, und der Tod tanzte zu diesem bunten Feuerwerk einen freudigen Tango. In all« Ritzen des Lazaretts ließen sich die dunklen Eulen der Angst nieder, und die Verwundeten in den Baracken duckten sich unter ihre Schwingen. Schwester Libella und der Unterarzt schlichen nach der etwas abseits gelegenen Scheune, in der die Toten mit den Sterbenden zusammenlagen. Der Rupfen, der die Tür ersetzte, flitzte mzf. Die Stallatcrn« blinzelte wie ein rauchender, blasser Stern über einem teuflischen Bild. Der Totenwärter, ein alter Landsturnimann, saß zwischen seinen Leichen wie zwischen guten Kameraden. Schon seit längerer Zeit hotte man an ihm Zeichen von Verblödung bemerkt, die nun in den letzten Nächten zum Ausbruch gekommen war. Er aß und trank, grölte und lachte und unterhielt sich nach rechts und links. Schien mit einer Geste bald diese, bald jene Leiche ins Gespräch zu verwickeln. „Da rauch!" schrie er eben und stieß in den schmalen Mund eines jungen Soldaten, der erlöst in die Ewigkeit hinauflächelte, eine Zigarette. „Will heute keiner mit mir Karten spielen?" fragte er und schaute stier in der Reiht umher. Sein Blick blieb einen Augenblick an den offengebliebenen Steinaugen eines Toten kleben, die wie zwei graue Knöpfe aus dem kalkigen Gesicht herausplatzten.„Blendet dich das Licht, Alter?" sagte er,„bist eben vom Leben nicht so viel gewohnt! Na, so dreh' dich halt um!" und er rollte den Leichnam, dessen Kopf in einem grünlichen Verband wie in einem schmutzigen Bett log, auf die Seite. Der schwere Körper riß ihn mit, und er stürzte über die Leiche eines Soldaten, der mit Pluderhose und Sweater bekleidet war. ,i)i, hi, Freunderl, dich haben sie auch für den Sport im Himmel angezogen, damit du nicht frierst! Sie sorgen hott gut für uns!" „Komm, spiel mit mir, Bruder Musketier!" sagte er, mischte die Karten und schob sie einem verkrümmt daliegenden Knaben unter die wächserne Hand.„Hast viel Rot, Brüderchen, hast viel Rot: na, so leg' doch ob. was zusammengehört!" und er riß ihm die Karten aus den Händen. „Bleibt dir viel Herz, hi, hi. der rote Herzkönig, und die Königin, du hast Glück!" Die Angstschreie der Agonien und das wirre Geseufz der Per- mundeten und Betäubten brachen durch die Bretterwand, die sie von diesem lästerlichsten Bild trennten, so grell, daß den beiden Lauschern das Herz erfror.
Mörike , gegen seinen Willen zum Pastor bestimmt, durchlief die Klosterschule von Urach und das Stift in Tübingen , nicht in Fleiß und Leistungen hervorragend. Dann versah er das Amt eines Vikars schlecht und recht, gab zwischendurch ein kurzes Gastspiel als Journalist in Stuttgart , um dann wieder reuevoll unter die Fittiche der Kirche zurückzukehren. Endlich erhielt er in Cleoersulz« dach im schwäbischen Unterland ein Psarraint, war fürs erste wohl zufrieden und fühlte sich behaglich. Bald ober überließ er den Dienst einem Gehilfen, teils aus Vorliebe für die Bequemlichkeit und dos süße Träumen, teils wegen eines rheumatischen Leidens, das ihm viel zu schaffen machte. Nach nur neunjähriger Dienstzeit ging er in Pension, lebte bald in Mergentheim und anderen Bäder», dann in Stuttgart , wo er am Katharincnstift über Literatur las. Ging 1851 eine späte Ehe ein, die bald in UnHarmonie endete und verschloß sich, 18K4 auch den Unterricht am Kathorinenstist ausgebend, immer mehr vor der Welt. Der eheliche Zwist und sein immer stärker aus- tretendes Leiden verbitterten ihn immer mehr, und als endlich, endlich am 4. Juni 1875 das gehaßte Leben erlosch, da fand ein Mensch seinen Frieden, der immer sich gewünscht hatte: Laß, o Welt, o laß mich sein! Locket nicht mit Liebesgaben, Laßt dies Herz alleine hoben Sein« Wonne, sein« Pein!
Der größte Kraler der Welt. Ob-wöhl Europa schon seit n>.., als einem Jahrtausend Kunde von Island hat und die Insel in der Nibelungensage als Wohnsitz Brunhildes bekannt ist, und norman- nische Stämme bereits im 9. nachchristlichen Jahrhundert Besitz von dem Küstenstveifen ergriffen, haben wir das Innere der Insel doch erst in neuester Zeit kennen gelernt. Zwei schwedische Gelehrte. Wo- dell und Pgderg, haben vor wenigen Jahren eine Forschungsreife durch Island unternommen. Sie durchquerten das bereits bekannte gewaltig« Eismeer von Watnojökel in westöstlicher Richtung und erreichten Kolar am Hornofjord. Dabei entdeckten sie auf dem Hök- jökel einen Krater, der acht Kilometer lang und fünf Kilometer breit und mit heißem Wasser ausgefüllt war. In der Näh« des Kraters wurden einige warme Quellen entdeckt. Diesen Krater tauften die beiden schwedischen Gelehrten„Svea-Krater". Er ist nicht nur der größte Krater Islands, sondern auch der Welt. Bizher galt ein Krater auf dem Hoeasjöck in Nordisland als der größte der Erde. Island mit seinen 195 999 Quadratkilometern Flächeninhalt weist neben vielen warmen Quellen 29 tätige Vulkane aus. Unter ihnen sind die bedeutendsten die im Süden gelegenen 1599 Meter hohe Hekla , die für sich den Ruhm beanspruchen kann, der furchtbarste Vulkan der Erde zu sein, und die im Nordosten liegende Krabla. Der Ursprung der Kleidermotten. Ein ganzes Heer von Kleider- und Pelzmotten ist unablässig damit beschäftigt, wertvolle Kleidungs- stücke der Menschen zu zerstören. Nicht immer kann dos ober so>ge- wesen sein: denn die heutige Lebensweise dieser schädlichen Klein- schmetterling« ist kein ursprünglicher Zustand, sondern ein« Anpassung an die menschliche Kultur, wie man sie bei so vielen Tieren antrifft. Zerstörer von Pelzhaaren werden die Mottenlorven wohl immer ge- wesen fein, auch ehe sie in den menschlichen Kleidungsstücken eine be- quem« Lebensweise führen und sich gewaltig vermehren konnten. Wie sie sich indessen vor diesem„Fortschritt ernährten, zeigt uns das Verhalten gewisser Motten, die noch heute in freier Natur leben können, völlig unabhängig vom Menschen. So ist die von den Zoo- logen als Trictiopbs�v lapetiella(„Hoarfresser') bezeichnet« Pehz- motte ein charakteristischer Zerstörer von„Gewöllen" der Raubvögel und Eulen. Bekanntlich bestehen die Gewölle aus unverdaulichen Ueberresten der gekröpften Tiere, vor allem aus Knochen und Haaren. Bei Eulen ist das Gewölle fast nur aus Mäuse haaren zusammengesetzt, und in ihnen leben vorzugsweise die Larven von Tricho- phaga. Dr. W. Baer, dem wir manch« wertvoll« Beobachtung Wer die Biologie der Motten verdanken, beschreibt ein Schleiereulen- gewöllc, aus dem nicht weniger als 37 Puppenhüisen dieser Pelz-. motten saßen. Wir können also annehmen, daß die Vogelgswölle für derartige Pelzmoiten vor der Anpassung an die menschliche Kultur von größter Bedeutung gewesen sind, und auch heute dürsten die Ge- wölle den Motten in menschenleeren Gegenden das Leben ermöglichen und ihre Art enhalten. „Schnell, Schwester Libella, der Pfleger drüben schläft, Kinsky kam schon gestern, um sich den Alten anzusehen." Sie krochen am Rücken des Wärters und an den Leichen vorbei zu den Berwundeten. Ihre Blicke leuchteten über die weißen Fratzen hin, denn die meisten hatten keine Gesichter mehr. Sie lagen er- schöpft, vom Morphium in die Fernen getragen, fieberten und ächzten im Halbschlaf oder Todeskampf. Der dicke Wärter hatte die Arme über sie alle gefaltet und schnarchte. An der Wand wimmerte angst- lich der Russe, seine Hand kratzte an den Brettern, und sein Mund stand schwarz und zerbrochen aus ihm wie ein morfches Tor. „Höchste Zeit", flüsterte der Unterarzt. Atemlos liefen sie den un> heimlichen Weg mit der Bahre zurück. Sie arbeiteten mit Fieberhänden. Durch die Spotten des von hundert Gerüchen aufgeblähten Raums zwängte sich schon die Morgenröte, als sie über dem geretteten Menschen ihre Hände in- einanderlcgten. „Legen Sie sich jetzt nieder, Schwester Libella, Sie sehen er- schreckend körperlos aus!" In der Stimme des Unterarztes zitterte zarte Angst. „Ich fühle mich nicht mehr. Wie könnte man über......' Die Tür klaffte weit auf, und das gedunsene, stechend« Gesicht des Oberstabsarztes wuchs wie ein giftiges Gewächs aus der Dämmerung heraus. Er wußte alles mit einem Blick. Sein Mund barst vor Wut. Seine Stimme kniff wie mit spitzen Zangen zu. Der Unterarzt zitterte leicht, sah dann die Schwester an und erstarkte an ihr. Die stand wie eine weihe Lilie neben dem Kranken und blühte über den Stabsarzt hinweg durch die offene Tür in den Himmel. Ihre Hände flatterten an ihrem Gewand herab, als ob sie seine klebrigen Worte von sich abwischen wollte. Geifernde Drohungen. Flüche und Schimpfreden flössen aus seinem Mund über die beiden. Aber sie ragten groß und unberührt darüber hinaus. Er rüttelte an der Schwester, um Antwort zu erzwingen. Aber es war, als spürte sie ihn nichl. Ihre Widerstandslosigkett reizte ihn noch mehr. Fassungslos packte er zu und schüttelte sie. Der Unterarzt warf sich schützend vor die rohen Hände. Sie drückten ihn mtt einem:„Nach- her!" an die Wand. Schwester Libella ober stellt« sich hoch und bewußt vor seine Wut und sagt« stark:„Sie sind ein Verbrecher." Er schwoll auf in Raserei, konnte sich nicht mehr unterdrücken, zerrte and stieß sie aus der Tür.„Fort, hinaus, hinaus, ich lasse Sie disziplinarisch bestrafen!" überschrie er sich. „Kann man Liebe vor Gericht dringen, Liebe vor Gericht?" Sie sagte es oerträumt, mit seidener Stimme, fern von ihm und der Wirklichkeit.