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Die Teltower Sonntagsfthlacht. Wasser aus die Mühlen der Reaktionäre.

Man braucht nur einen Blick in die gestrige Abendpreffe der Rechtsparteien zu werfen, um zu sehen, wessen Ge- schäfte am Sonntag bei den blutigen Schießereien in Teltow gemacht worden sind.Kommuni st enausruhr in Teltow ",Berliner Vorort unter rotem Terror",DerRot-Front-KrawallinTelto w". Blutiger Terror der Linksverbände" so schreit es in knalligen Lettern und großen zweispaltigen Ueberschriften aus den Spalten der Rechtspresse. Die Bürgerkriegsapostel sind auf ihre Kosten ge- kommen. Ohne frisch-fröhliche Hätz kann diese Gesellschaft nicht leben. Man merkt aus jeder Zeile die Freude darüber, daß endlich einmal wieder Blut geflossen und die Gelegenheit zum Scharfmachen günstig ist. Natürlich sind alle Patrioten unschuldige Engel. Mordwaffen hat man bekannttich nie- m a l s in den Händen der Wickinger, der O.-C.-Leute, der Stahlhelmer gesehen. Sie trüben kein Wässerchen, die Schuld liegt allein auf der Linken. Daß die Linke in diesem Fall Kommunisten sind, ist zwar unbequem, aber es läßt sich bei der Berichterstattung leicht korrigieren. Bon den Kommu- nisten bis zum Reichsbanner ist für eine findige Redaktion der Uebergang leicht. Dem Spießer bleibt am Ende nur der Eindruck, daßdie Sozis" mal wieder Krach gemacht haben und daß mit derjanzen Wirtschaft" aufge- räumt werden muß. Bon Bürgerkrieg und Blutvergießen leben nur die Herren der Reaktion. Das preußische Innenministerium läßt durch den Presse- dienst mitteilen, daß eine eingehende Untersuchung der blutigen Borfälle angeordnet ist, und daß nach Beendigung dieser Untersuchung das Ergebnis der Oeffentlichkeit unter- breitet werden soll. Man kann erwarten, daß diese Unter- suchung mit voller Unparteilichkeit geführt wird, daß vor allen Dingen generell Maßnahmen getroffen werden, die Wiederkehr solcher Zusammenstöße ein für alle Male un- möglich machen. Bei der Berhetzung, die rechtsradikale Organisationen genau so gut wie Kommunisten betreiben, mußten die Behörden am Sonntag rechtzeitig dafür Sorge tragen, daß ein Zusammenstoß zwischen beiden Parteien nicht möglich wurde. Vor allen Dingen muß festgestellt werden, ob es wirtlich notwendig war, daß die Landsäger von der Schußwaffe Gebrauch machten. Wir erhalten aus Teltow über die Borgänge von einem unserer Berichterstatter noch folgende Darstellung: Sonnenschein und schier unerträgliche Hitze lagert in den Stra- ßen des kleinen Städtchens Teltow . Nur wenige Menschen sieht man gehen ruhig nimmt das alltägliche Leben seinen Lauf. Nichts deutet mehr darauf hin, daß die Potsdamer Straß« und in ihrer unmittelbaren Nähe die Auguststraße der Schauplatz eines blutigen Zwischenfalles war, der«inigen Arbeitern das Leben ge- kostet, andere durch ihre schweren Verletzungen auf ein wachen- langes Krankenlager geworfen hat. Tin äußerst blutiger Zwischen- fall, der aus alle Fälle halte vermieden werden können, wenn es nicht an den nötigen Vorsichtsmaßregeln und Zu rück' Haltung gefehlt hätte. Die Erregung der Kommunisten, hervor- gerufen durch. Ivftreteq der Schütze ngitde, müßte böses Blut erwecken. So kam es zu der bedauerlichen Schießereh die bei' einer weniger großen N,r> oofität der Landjäger nicht nötig gewesen wäre. Arbeiter wälz- ten sich in ihrem Blute die übrige Menge flüchtete auf den nahe- liegenden Sportplatz. Mit Mühe und Not war ein Gefährt oufzu- treiben, das die Schwerverletzten in das Krankenhaus abtranspor­tiert«. Einem zwanzig Mann starken Kordon des Roten Frontkämpferbvndes, durchweg älteren

Leuten, i st es zu verdanken, daß die erregte Menge f i ch nicht von neuem mit der Polizei in Händel e in- ließ. Nur eines geringfügigen Anlasses noch hätte es bedurft, und neues unheilbringendes Blutvergießen hätte eingesetzt. Die blutigen Vorgänge selbst spielten sich folgeridermaßen«b: Die Schützengilde, die die Potsdamer Straße entlangzog, passierte das Restaurant Äupsch, das als Versammlungslokal von dem Roten Fronttämpferbund benutzt wurde. Schmäh- und Droh- rufe von beiden Seiten wurden laut und setzten sich fort, bis die Schützengilde den Hauptversammlungsplag der Kommunisten an der Auguststraße, in deren unmittelbarer Nähe, auf dem Sportplatz, die Bannerweihe vollzogen werden sollte, vorüberzog. Ein Radfahrer, der praktische Arzt G ü n tz e l aus Teltow , der ein Mitglied des Roten Frontkämpferbundes streifte, wurde geohrfeigl. so daß dieser die Landjäger zu Hilse rief. Ein Wort gab das ander«. Waffen wurden blank gezogen, ein Schreckschuß ertönte, dem kurz darauf scharfe Schüsie folgten, und das Unglück in seiner ganzen Schwere war vollbracht. Die in der Auguststraße stehende Menge flüchtete panikartig auf den Sportplatz: um die am Boden Liegen- den bemühten sich Arbeitersamariter und sorgten für erste Hilse. Die Erregung der Versammellen war inzwischen so gesteigert, daß nur mit Mühe und Not, wie bereits oben erwähnt, zwanzig Mann de» Fronlkämpferbundes systematisch die Auguststraße ab- riegelten, sodaß kein Mensch hindurch tonnte. Trotzdem flogen Flaschen, Steine und Scherben über die Köpfe der Kette hinweg, ohne jedoch jemanden zu verletzen. Eine Viertelstunde nach dem Blutvergießen erschienen die aus dem benachbarten Zehlendors tele- phänisch herbeigerufenen zwei Unfallkomandos und sorgten dafür, daß die Schützen, die einige Zeit später unverständlicher- weise dieselbe Straße zurückzogen, nicht weiter behelligt wurden. Die Versammlung der Kommunisten wurde aufgelöst und die ein- zelnen Gruppen mußten sofort abmarschieren. Nach allem hat man den Eindruck, daß von der Polizei in unge- nügender Weise Vorsichtsmaßregeln getroffen worden sind. Von vornherein Hölle man sich sagen können, daß, wenn in einem Ort zwei politisch so grundverschiedene Vereinigungen Veranstallungen abHallen, dafür nicht zehn bi» zwölf Mann Polizei ausreichend sind. Ferner hätte vom Gemeindevorstand nicht die Erlaubnis für beide Veranstaltungen an einem Tage gegeben werden dürfen, da von den Kommunisten in früherer Zeit bereits Drohungen gegen die Schützengilde ausgestoßen wurden. Der ganze Dorfall bedarf der restlosen Ausklärung und Untersuchung, daß die Schuld!- gen zur Verantwortung gezogen werden können. Eine grobe Taktlosigkeit, die verdient, gebrandmarkt zu werden, bestand darin, daß die Schützengilde sich nicht davon abHallen ließ, ihre Zechgelage und Belustigungen aus dem dortigen Rummelplatz angesichts der Majestät des Todes auf eine spätere Zeit zu verlegen. iüuch die Veranstaltungen des zweiten Festtages am Montag nahmen bei ungestörter Fröhlichkeit ihren Verlauf!! Besser und charakteristischer konnten die Mit- glieder der Teltower Schützengild« ihr moralisches Niveau nicht kennzeichnen. Aus diesem Bericht geht klar hervor, daß mindestens von einer«inseitigen Schuld der Kommunisten nicht die Rede sein kann. Es hätte der örtlichen Polizei ein leichtes sein müssen, den Zug der Schützengilde so zu leiten, dcß ein Zusammenstoß nicht möglich war. Mindestens für die Zukunft wird die Oeffentlichkeit energische Maßnahmen verlangen können. Solange Rechtsradikale und Kommunisten nicht aufhören, ihre Meinungsverschiedenheiten durch Prüge- leien und Schießereien zum Austrag zu bringen, muß man von den Polizeibehörden verlangen, daß sie, soweit das in ihren Kräften steht, jede Möglichkeit zu solchen Zusammen- stoßen von vornherein unterbinden.

Der Kampf um Preußen. Eine vertagte Zeutramssitzung. Bon der zu Montag einberufenen Sitzung der Zentrumsfraktion des preußischen Landtages, die sich mit der Umbildung der preußischen Regierung beschäs- tigen sollte, hat man insbesondere in den Rechtskreisen die schon lange erstrebte Entscheidung erwartet. Die Hoffnungen haben sich aber nicht erfüllt. Infolge der geringen B e- t e i l i g u n g an der Sitzung wurde diese nach kurzer Debatte geschlossen, ohne daß man zu irgendwelchen Entschlüssen ge- kommen wäre.

Der§aU Lesfing. Eine sozialdemokratische Aufrage. Gegenüber den Drohungen der völkischen Sludente« an der Technischen Hochschule in Hannover ,.alle zur Verfügung stehenden Wittel anzuwenden, um Prof. Dr. L-ssing an« dem Lchrtörper der Hochschule zu entfernen" und.nicht eher zu ruhen, bis das ge­steckte Ziel erreich« ist", fordert die sozialdemokratische Fraktion des preußischen tandtags vom Staatsministeriom in Farm einer großen Aasrage ein energisches vorgehen, damit die durch die Reichsversaisuag garantierte Lehrsreiheit geschützt wird und die zuständigen Verwallungcu der Hochschule jederzeit siegen eine Verletzung de« Artikels l 16 der Reichsversassung ein schreiten. Inzwischen hat bekanntlich der Unterricht,- minister den Rektor der Technischen Hochschule in Hannover ans- gefordert, gegen den völkischen Terror vorzugehen, hoffentlich hat der Appell de» Minister» den gewünschten Erfolg.

Der Gesanöte gegen öle Republik. Er flaggt Tchiaarz-Weifl-Rot. Zwei deutsche Parteigenossen schreiben uns aus Stock- Holm unter dem 6. Juni: .Wir sind zufällig heute, am schwedischen National- festlag, wo alles reich beflaggt ist, hier anwesend und möchten Ihnen folgendes berichten: Das Haus der deutschen Gesandtschaft liegt hier an bevorzugter Stelle, am Blasiiholm, neben dem Grand-Hotel. Die Bureauräume liegen nach einer schmalen Seiten- gaffe. Dort hängt, von niemandem zu sehen, da noch«in Baum davorsteht,«ine schwarzrotgolden« Flagge. Aus dem Vach des Hauses, daß der Herr Gesandte vermutlich al» sein Privateigentum ansieht, weht dafür, weit über die Stadt sichtbar,«in« schwarzweiß- rot« Fahne. "_ Deutscher Gesandter in Schweden ist der frühere Außen- minister der Regierung Cuno unseligen Angedenkens, Herr von Rosenberg. Daß dieser Divlomat alten Stils mit den Deutschnationalen sympathisiert, ist nichts Neues. Seine Unfähigkeit war auch ganz danach und ist dem deutschen Volke teuer zu stehen gekommen. Gegen einen Attache des Auswärtigen Amts, der in«in Fremdenbuch eine taktlose Bemerkung eintrug, ist ein Dis- ziplinarverfahren eröffnet worden. Was wird jetzt gegen einen Gesandten geschehen, der sich die nicht zu über- bietende Taktlosigkeit geleistet hat. im Ausland gegen die deutsche Republik zu demonstrieren? Herr Stresemann muß zeigen, ob er nur gegen links gerichtete Attaches Mut besitzt oder auch gegen rechts gerichtete Gesandte.'___

Zememorü bei Wismar . Schwerin . 8. Juni. (Eigener DrahtherichtZ Bor einiger Zeit wurde in der Näh« von Wismar in Mecklenburg die Leiche«ine» jungen Menschen aufgefunden, die vier tödlich« Sopsschüfs« auswies. Der Ermordete war ein gewisser holz. Sogleich nach der Mord- tat tauchte die Vermutung auf. daß wieder«in völkischer Fememord vorliege. Diese Vermutung hat sich bestätigt. Der Staatsanwoll hat nach weitreichenden Ermittlungen jetzt gegen vier Personen Anklage wegen dieses Mordes erhoben. Die Verhandlung findet in der nächsten Schwurgerichtiperiod« stall.

Kritistbe Laae in Marokko . Eutscheidende Offensiv« Abd el Krims. pari», 8. Juni. (Eigener vrahlberichl.) Der Druck der Truppen Abd el Krim » aus die fronzöfifche Front verstärki sich an verschiedenen Punkten, vor allem im Zentrum und im Westen. Alan beginnt sich hiervon dovon Rechenschaft zu geben. daß von dem Ausfall dieser Offensive nicht aar da» französische pro- tektorat über Marokko aus dem Spiele steht, sondern daß e» sich um die ganzen nordasrikonischen Kolonien handelt, da Abd el Krim seine Absicht verkündet hat, die ganze mufeimanische Welt zum Ausstand zu bewegen, wenn«hm seine augenblickliche Offensive gelänge, vor alle« hat die Nachricht von der Zurück- Ziehung der sranzösischen Vorposten lebhasle veuarnhi- g u u g hervorgerufen, wenn diese auch noch der amtlichen vor- stellnng ein beabsichtigt«, Manöver sein soll, um die feindlichen Truppen aus«in günstigere» Gelände zu locke», da e» unmöglich sei. sie in dem schwierigen verggeläud« de, Rif zu fasten. Dies« Taktik ist um so gefährlicher, al, Abd el Krim in sehr geschickter Propa- gaada die Ausgabe der französischen Posten al» einen großen mlst- tär Ischen Erfolg seiner Truppen darstellt, um damit die Eingebore­nen zu seineu Fahnen zu locken.

Der Gericht üer R. lll. K. In später Nachtstunde oerb reitet WTB.«inen sehr ausführlichen Auszug aus dem in Paris veröffentlichten Bericht der Interalliierten Militärkontrolltommission über festgestellt« Verstöße Deutschland ». Wir werden auf den Bericht noch zurückkommen.

SS-MiUionenkreüit an VeutfchSsterreich. Gens. 8. Juni. (Eigener Drobtbericht.) Do, Finanztomitee de» Völkerbundes hat das Gesuch der österreichischen Regierung auf Be- willigung von 88 Millionen Goldkronen aus der Völkerbund - onleihe zum Zweck« der Elittrifizierung der Bundes- bahnen genehmigt._ Der österreichische Gesandte Riedl, der bekanntlich mit Ende Juni dieses Jahr«, in den Ruhestand tritt, wird in der nächsten Zeit sein Abberufungsschreiben überreichen und gleichzeitig die Leitung der Geschäft« der Gesandtschaft einem interimistischen Geschäftsträger übergeben. Seine beabsichligte Betrauung mit der Fonrnhrung der Geschäfte bis zum Eintreffen seines Nachfolgers ist auf Wunsch des Gesandten unterblieben.. Schwarz. Weiß-Rot In Mexiko - Die.Berliner Dolkszeillmg" berichtet« kürzlich von gewissen Dexwicklungen, die sich in Mexiko zwischen schwarzweißrot flaggenden deutschen Kaufleuten und den dortigen Behörden ergeben haben sollen. Nach einer Erklärung der deutschen Gesandtschaft in Mexiko beruht dieser auch von uns wiedergegeben« Bericht auf Erfindung.

Die Kämpfe in China . Uebergreifen ans Kanton. Kanton, S. Juni.(WIV Reuter.) Die pünnan- Leute errichteten Barrikaden längs des Kais und stehen vor den Barrl- laden der Kanton-Leute in Hanum . Der Kampf begann gestern nachmittag. Alle Kanonenboote der Saalon-Leule dampften den Fluß auswärts in die Gegend der auständlfchen Konzessionen in Schamcen und feuerten auf die Kaianlage. Später fuhren sie an Schameen vorbei, beschossen jedoch die Riederlastuagen der ausländischen Konzessionen nicht. Beiderseits de» Flusse » wurde mit Maschinengewehren und Sewehren geschossen. Alle Dampfer aus Hongkong gingen während des Gefechte» in See. Schaag hat. 6. Juni. lWTv.. Reuter.) Die Luge in dem Streik Ist unverändert. In Ischinkiaag, Tslngtau und h a n k a n herrscht jetzt Ruhe. Zu Schaaghai gestaltet die sremdenfelndliche Stimmung die Lage immer ernster. Schanghai , 8. Juni. (WTB.) Da» amerikanische Kriegs- schiff.Pauli Zone»" tras gestern abend in Ischinkiaag ein. Die Lage in Schanghai zeigt heule eine bedeutende Besserung, obwohl fie noch recht heikel ist. Schanghai . 8. Juni.(WTB.) Der japanische Kreuzer .Tatsuta" hat 200 Malrosen gelandet, vier japcniiche Zerstöre? finh cingetrofsen. während zwei>a panische Kanonenboote nach dem Zaagtse abgegangen find._

ßorthp rächt ßch. DieNoszawa" beschlagnahmt. Budapest , 8. Juni. (Eigener Drahtbericht.) Die Sonntags- nummer der sozialdemokratischen.Neszawa", die am Tag« vorher energisch die Einsetzung ein«, Untersuchungsausschüsse» gegen horthy und das Vorgehen der Staatsanwaltschaft gegen den Honoed-Beamten Stefan Soltez» gefordert hott«, ist von der Regierung konfisziert worden. Die Budapester Iournoltsten prot« st leren gemeinsam mll ganz wenigen Ausnahmen gegen dies« Mahnohme und erhoffen von der Rückkehr Bethlens die Aufhebung des Verbotes de«.Az Ufsog". das die Anklagen Beniczkys veröffenllicht Halle. Die Freunde Beniczkys sind in großer Sorge um den Verhafteten, da die magyarischen Ge- sängnisdirektoren in ihren Methoden bekanntlich nicht wählerisch sind. Der Hamburger �ehrertag. Abschluß der Beratungen. Hamburg . 7. Juni. (Eigener Drahtbericht.) Die hauptver- Handlungen der Deutschen Lehrerverfammlung sind geschlossen. Ueber 50 Nebenveranstoltungen mit spezifisch metho- difchen Themen, die zumeist mit äußerst instruktiven Ausstellungen verbunden sind, nehmen die Zeit überreichlich In Anspruch. Be- sonders erwähnenswert- ist eine erschöpfende Lehrmittelaus- st« l l u n g, in der das aus dem experimentellen Suchen der letzten Jahre als besonders wertvoll Erkannte zusammengetragen ist und so endlich einmal eine erste umfassende Uebersicht gibt über die

wirklich in der Praxis brauchbaren Lehrmittel, deren der neue Unterricht bedarf. Die Versuchsschulen haben eigene Aus- stellungen besorgt, die das höchste Interesse der in- und ausländischen Besucher erregen. Dazu treten diejenigen der wissenschaftlichen F a ch i n st i t u t e. Auf der Senatsveranstallung im Rathaus legte für die ham- burger Regierung Bürgermeister Dr. Schramm vor den Spitzen der Behörden den Führern der deutschen Lehrerschaft und Ber- tretern der Presse noch einmal den besonderen Standpunkt der hamburgischen Kultur- und Schulpolitik dar. Der Ehrenvorsitzende des Deutschen Lehrervereins Röhl faßte in seiner Erwiderung den Gesamtwert dieser Tagung dahin zusammen, daß drei Tage Anschau- ungsunterricht aus Hamburger Boden, genossen von Tausenden von deutschen Doltsschullehrern. Hunderttausenden von deutschen Kindern einen Gewinn bringt, der in seinem Wert unschätzbar sei. Er fühle sich gerade in diesem Zusammenhang verpflichtet, der mutige« Pionierarbeit der Hamburger Lehrerschaft auf pädagogischem Neuland zu gedenken und dankte nochmal« für die großzügige Unterstützung dieser Tagung durch den hamburgischen Staat und der damll ausgedrückten regen Anteilnahme an einer fortschrittliche» Kullurpolitik. Tagung der Lehrergewerkschaft. Gleichzellig mit der Versammlung des Deutschen Lehreroereins in Hamburg tagte die freigewerkschastlich gerichtete G e w e r t- schaft Deutsche? V o lk« s ch u ll e h r« r und-lehrerin« n« n in Minden . Der Anschluß an den Allgemeinen Deutschen Be- amtenbund, der Schutter an Schuller mit den freien Gewerkschaften der Angestellten und Arbeitnehmer kämpft, stand nach seinen pro- grammatischen Folgerungen im Mittelpunkt der Verhandlungen. Während in Hamburg da? deutsche Kullurgut im Sinne der liberalen Vorgänger und Führer des Deutschen Lehrervereins das haupllhema bildete, war die Programmaussprache der Doltslehrer- gcwerkfchaft von dem Gedanken beherrscht, daß heut« die Wirt- s ch o s t auch für den Lehrerberuf maßgebend im Vordergrund stehen muß. Der grundsätzlichen Wirtschaftseinstellung und den Wirtschastssorderungcn des ADV. wurde restlos zugestimmt, ihr« Anwendung auf den Beruf zur Leitlinie des Programms erhoben. Aus dem aufgestellten sehr reichen Arbeits- und Kampfprogramm feien folgende Punkte erwähnt: Energische Abwehr der Angriff« auf die Grundschule, Ablehnung aller Stondesschulen, Aus- bau der allgemeinen Volksschule, soziale Hilfe für die Kinder aus wirtschaftlich gedrückten Verhällnissen: Schulspeisung, Lern- und Lernmittelfreiheit usw., Vermehrung der staatlichen und gemeind- lichen Kindergärten und Kinderhorte, Stellung der Wirtschaft nach ihrer heutigen Bedeutung für Kultur und Volk im Lehrplan aller Schulen, Verbot unzeitgemäßer Lehrbücher und Lernmittel, Förde- rungsmöglichkeiten für Schwach, und Sonderbegabt«, für Schwer- erziehbar« und alle die Opfer der sozialen Not unter der Jugend, Pflege der Erwachsenenbehandlung, Schasfung einer Reichsbehörde für das einheitliche Bildungswesen. Zum ersten Vorsitzenden der Gewerkschaft wurde Lehrer Quer in Kassel , hafenstr. ZI. gewählt. Der nächste Derbaudstag findet in Weimar statt,