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Nr. 275 42. Jahrgang

1. Beilage des Vorwärts

Wie märkische Kleinstädte aussehen.

Belzig

Es gab eine Zeit, in der man in den Anzeigen der Tagesblätter Angebote von alten Burgen lesen fonnte: je nach Wunsch bereits restaurierte oder noch zu verschandelnde. Unsere Mart mar aller­dings bei dieser Spekulation auf romantische und zugleich zahlungs­fähige Leute nicht vertreten. Hier hat der nach Erfindung des Schießpulvers einsehende Kampf zwischen Rittermacht und Fürsten­gewalt die Burgen zerstört, und was damals verschont blieb, fiel dem Dreißigjährigen Kriege zum Opfer. Eine Ausnahme bildete die Burg zu Belzig , Burg Eisenhart genannt.

Am Rande des Fläming.

Um die Bedeutung von Belzig und seiner Burg in früherer Zeit zu verstehen, muß man sich vor Augen halten, daß die bei Potsdam in die Hapel mündende Nuthe Jahrhunderte hindurch die Grenze zwischen Deutschtum und Wenden bildete, welch letztere aus der mafferreichen Zauche in das fandige Teltowgebiet gedrängt maren. Quer zu diesem durch die untergegangenen Rutheburgen geschützten Wasserlauf zieht sich in einer Länge von 80 Kilometern ber Fläming hin, ein Höhenrüden, der im westlichen Teile bei Hagelberg mit 201 Meter nud im östlichen Teile im hohen Golm mit 178 Metern seine größten Höhen erreicht. Hagelberg liegt nur eine Stunde von Belzig entfernt. Den Fläming hier im Norden durch Burgen als zweite Etappe fest zu machen, lag daher nahe und so entstanden die älteste Burg in Belzig ( bereits 997 genannt), ferner der füdlich davon gelegene starte Rabenstein und selbst die dahinter liegende, jezt fchloßgeschmüdte Wiesenburg erscheint 1161 als Burg­marte. Später als das Deutschtum bis an die Oder gelangte, wurden die Burgen Size der Rifter, prächtig geeignet von oben herab Städter und Bauern zu drangfalieren. Wie schon eingangs be merkt, find diese alten Burgen in der Mark fast durchweg bis auf spärliche Reste verschwunden; die Ausnahmen weisen wohl noch Türme und Mauern aus alter Zeit auf, das, was eine noch so malerische Burg aber erst bewohnbar macht: also Gemächer, Treppen, Borratstammern usw., stammt aus der Zeit nach dem Dreißigjähri­gen Kriege. So auch in Burg Eisenhart. Im Jahre 1414 wurde bem Grenzhaus zu Belzig", das 1406 in Kämpfen mit Magdeburg zerstört worden war, vom Kurfürst Ernst von Sachsen jene impo­nierende Anlage gegeben, die wir heute noch vorfinden und die 1429 mit Erfolg den Huffitenangriff unter Brotop abwehren fonnte. Aber auch das damals Geschaffene ging 1636 bei der allgemeinen Zerstörung der Stadt durch die Schweden zugrunde, und die heutige Burg Eisenhart erhielt erst 1685 ihre Gestalt durch den pruntlieben­den Kurfürsten Johann Georg III. Nur der über 30 Meter hohe und unten mit 4 Meter, oben mit 1 Meter dider Band ausgeführte Turm und die starken Umfassungsmauern zeigten zu Ende des Dreißigjährigen Krieges die Stelle an, wo Belzig gestanden hatte. Carlyles Rat: arbeiten und nicht verzweifeln, hat sich auch im Belziger Falle bewährt. Statt des frivolen: Lasset uns essen und

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Schnock.

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Ein Roman von See und Sümpfen.

Bon Svend Fleuron.

brigen Beine und der breite Brustkorb des Ochsen flößen Der Fall wiederholt sich eines Tages, und die großglie­Schnock eine Hoffnung ein... ihre überspannte Phantasie be­ginnt ihr die Möglichkeit vorzugaukeln, endlich einmal eine ordentliche Beute zur Strecke zu bringen.

Sie schiebt sich lauernd vor, und ihr schiefstehendes Auge, das mit Leichtigkeit nach aufwärts blicken fann, heftet sich wie in dieser Stellung gegossen, auf den großen, hornbewehrten Kopf eines Ochsen.

Weiter schiebt sie sich unter den schwarzen Rohrkolben vor­wärts, verborgen unter den langrippigen Fächern des Süß­grafes... jezt steht sie direkt vor dem faufenden Tier durch das Flimmern des Wasserspiegels eräugt sie das fau­fende, schwellend fleischige Maul.

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Da vermag sie ihre gierigen Zähne nicht länger im Baume zu haltender Wanst will und dann muß der Körper folgen. Ihre Schläue mag sie warnen, die Erfahrung sie zur Borsicht mahnen vergebens: wenn der Wanst will, geht sie drauflos.

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Der Dchse wirft den Kopf so heftig zurück, daß Schnoď zur Hälfte mit emporgeriffen wird; aber sie lockert den Griff nicht, fie hält fest und als sie dennoch in die Tiefe zurüdsintt, nimmt sie ein großes Stück des Maules mit hinab.

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| trinfen, denn morgen sind wir tot", hörte man wieder Worte, die zum Aufbau mahnten; im Kurfürstentum Sachsen wurde durch eine Sollefte für die Wiederaufrichtung der städtischen Gebäude gesorgt, und so famen allmählich wieder Stadt und Burg zu einem Ansehen. Letztere sah sogar den Ruſſenzaren Peter in ihren Räumen, 1712, als dieser von Torgau tam, nachdem er die Hochzeit seines Sohnes Alerei mit der Brinzessin Charlotte von Braunschweig- Wolfenbüttel gefeiert hatte. Andere Russen sah Belzig 1813; sie kamen zwar als Freunde, aber die Bewohner waren doch erfreut, als General Wittgenstein nach achttägigem Aufenthalt in Burg Eisenhart sein Quartier weiter verlegte. Heute ift Belzig , das 1815 an Preußen fam, eine friedliche märkische Kleinstadt etwa 4000 Einwohner

In den filometerweiten Schilfwäldern des Moores hat namentlich das Wild eine Freistätte gefunden; hier suchte es Kühlung in der Hitze des Mittsommers und Schutz gegen die Kälte des Winters, hier fand es dem Frieden geweihte Bläge, mo es fich verbergen tonnte, wenn der Mensch ihm mit Büch­sengeknall und Hundegebell nachstellte. Und diesen reichen Wildbestand des Moores verstand sie sich zunutze zu machen! Wie es lange ihre Spezialität gewesen ist, sich ihre Beute zu erringen, indem sie aus ihrem Element hochsprang, fo so fchaffte sie sich nunmehr einen Zeitvertreib dadurch, daß sie pie ein Krokodil an den Tränken auf der Lauer lag.

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Die 1850 umgebaute Marienkirche.

mit Aderbaubetätigung; es hat durch den Bau der Berlin - Wet­larer Bahn sehr gewonnen, und ist als Ausgangspunkt für die Fläming- Wanderungen in dem Kreise der wanderfrohen Berliner gut bekannt. Andererseits liegt es weit genug von Berlin entfernt -Bahnfahrt 2 Stunden! um sich seine nette Eigenart als Berg

Mehrmals verunglimpfte fie Pferde während des Sau­fens, und bei einer Gelegenheit biß sie einem armen Kalb die halbe Zunge aus dem Maul.

--An einem Nachmittag tommt ein Reh mit seinen Lämmern. Der Tag ist heiß, und sie waten weit hinaus das eine Lamm, das im Laufen zu hastig ist, rutscht bis zu Flanken und stößt es um um sodann mit ihm hinauszu­den Hachsen hinein. Schnock schießt hervor, packt es um die

rudern.

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Eines Tages wieder erleidet ein kleiner Hund das gleiche Schicksal; er wird am Borderlauf geschnappt und herunter­gezogen... während ein Sturm von Ringen sich nach allen Seiten hin löst.

Alles, was sie als junges, winzigfleines Tier erträumt, hat sich in vollstem Maße verwirklicht: Keine Beute ist mehr zu groß für ihren Bauch.

Wenn sie sich behutsam in der Tiefe bewegt, entstehen lange Dünungen über ihr und Wirbel schnurren auf dem faffeebraunen Wasser herum. Und schiebt sie sich auf das Gras hinauf, einem Frosch oder einer Wafferratte nachstellend, und schlägt das Wasser zu Schaum, dann steht das ganze Tümpel­loch in Aufruhr. Ein Rest aus der Urzeit ist Schnod- ein Tier aus der - ein Tier aus der Zeit der großen Moore!

Gegen Herbst, als der Sauerampfer sich rötete und die ehemals so steifen Spizen des Schachtelhalms sich zu welkenden Halmen zusammenfrümmten, goffen schwarze Herbstschauer Wasser bis zum Ueberfluß über die Moore aus. Es ftand in Bfüßen bis weit über die Wiesen und Außenfelder hinweg und staute sich zu Flüssen in den Gräben. Tümpel floß in Tümpel über, und die Torfgräben, die nebeneinander' agen, nur getrennt durch die hohen, schmalen Wälle, bildeten eine mächtige Grube. Es war eine Sintflut!

Schnod schwamm weit umher und wähnte fich wieder im See. Sie fand neue Oasen mit reichlicher Nahrung und räumte gewaltig unter den vielen Aalen und Schleien auf, die vom Bache her durch Gräben und Rinnsale sich zusammenfanden. In diesem Herbst heimste sie mächtig ein und sammelte auf die Weise Borrat, um den Winter zu überstehen.

Aber eines Tages im Oktober geschah es, daß ein Fisch­

Sonnabend, 13. Juni 1925

städtchen bewahren zu können; das ganze Landschaftsbild, in dem das Städtchen unten eingebettet liegt, mahnt an ähnliche Lagen im deutschen Süden.

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Burg und Stadt.

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Bom hochgelegenen Bahnhof tommen wir auf sich fentender Straße, deren kleine Häuser durch Treppen zugänglich sind auch dies füddeutsch! zu der einfachen Postsäule im Vororte Sand­berg. Von hier in wenigen Schritten bergauf zur Burg, die man auf steinerner Brücke über dem tiefen aber trockenen Graben erreicht.. Das Schloßgebäude hat zwei turmartige Vorsprünge, die das Trußige des ganzen Baues verstärken. Die Borhalle, in die wir eintreten, ist bemerkenswert durch das weit greifende Sterngewölbe, das von einem einzigen Mittelpfeiler getragen wird. Im Schloß befindet sich das Amtsgericht; die linke Rückseite dient als Gefängnis, doch war es, wie das uns begrüßende freundliche junge Mädchen mitteilte, zur­zeit unbewohnt". Mit dem mächtigen Schlüssel zur Turmtür( Be­nukungspreis 10 Pf.) versehen, flettern wir auf dem Hofe links zum Wartturm empor, schließen auf und ersteigen auf finnreich ange= brachter Holztreppe den alten Burschen bis zu seiner Spize. Tief unten die Stadt das Tal und die umschließenden bewaldeten Höhen, alles im goldenen Lichte eines schönen Frühlingstages schim­mernd. Wie die Küchlein um die Henne um diesen oft gehörten Bergleich zu gebrauchen scharen sich die niedrigen Häuser um die Marienkirche, deren Turm sich aus dem Gewirr der Dächer abhebt. Auf den festen Boden zurückgekehrt, wenden wir uns zu dem rechts Dom Eingange gelegenen Kirchlein St. Briccius, dessen starke Feld­steinmauern noch aus frühester Zeit stammen. Umgeben von gut gepflegten Gräbern gewährt der schlichte Bau einen malerischen Ein­drud. Bir aber steigen jetzt auf abschüssigem Promenadenwege zu dem lebenden Belzig hernieder und gelangen auf einem Wiesen­pfade am Rande der Stadt zu einer Brücke, die den Verkehr vom Stadtinnern nach Wiesenburg vermittelt. Die hier mündenden Straßen heißen denn auch Kleine und Große Wiesenburger Straße. Ueberschreiten wir die Brücke, so biegt rechts die neue Thirstystraße Kreis Zauch- Belzig ) geschmückt. Die der Stadt zugekehrte Seite ist ab, nur einseitig bebaut und mit dem stattlichen Kreishaus( für den als Promenade längs des tiefen ehemaligen Wallgrabens gestaltet, dessen Hang aufgeforstet ist ein hübsches Beispiel einfacher und doch wirkungsvoller Verschönerungsarbeit. Zwischen den beiden Wiesenburger Straßen liegt der Markt, an dessen einer Ecke sich das turmgeschmückte Rathaus und mit diesem architektonisch verbunden sowie die von der einen abzweigende Kirchstraße führen zur der Bau der Kreissparkasse erhebt. Beide Wiesenburger Straßen, Brandenburger Straße , die uns von ihrem westlichen Ende wieder zur Postsäule bringt. In der Kirchstraße links die Marienkirche, deren Mauern allein aus dem 13. Jahrhundert stammen 1636 murde die alte Kirche im übrigen völlig zerstört. Die 1850 umgebaute Kirche ist ein einschiffiges Langhaus mit später angebautem füblichen Seitenschiff. Wie erklärlich, ist die Stadtarchitektur feine besonders reiche; in Zeiten der Not baut man sparsam. Aber fein moderner Kitsch stört die Harmonie dieser bescheidenen Fronten und die Sauberkeit der Straßen ist zu loben.

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Reißiger und Eberhard.

Nur wenige der märkischen Kleinstädte können sich rühmen, Ge­burtsort hervorragender Männer zu sein. Zu diesen wenigen zählt Belzig ; 1769 wurde hier der Dichter Eberhard, 1798 der Komponist Reißiger geboren und zwar beide in dem gleichen Hause in der Kirchstraße, dicht neben der Kirche. Eine Denttafel für Reißiger ziert jetzt die Front. Beide Männer feine überragenden Geister; Reißiger als Nachfolger Karl Maria von Webers in der Stellung als Rapellmeister der Dresdener Oper wohl der bekanntere, wenn auch seine eigenen Kompofitionen vergessen sind. Er starb 1859, nachdem er noch Richard Wagners Auftreten in Dresden erlebt hatt. Eberhard wird in den Handbüchern als Verfasser des Idylls ,, Hannchen und die Küchlein" aufgeführt auch er hat der Nadywelt nichts mehr zu bieten. Man möchte sagen, die behagliche Ruhe, die über Belzig liegt, spiegelt sich in diesen künstlerisch begabten Söhnen der Stadt wieder wie auf Fontane die glanzvolle Zeit Neu­Ruppins, feiner Geburtsstadt, nicht ohne Einfluß gewesen ist.

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Die Fahrt nach Belzig leidet wie alle ähnlichen Verbindungen innerhalb der Mark an Langsamkeit. Im übrigen bietet sie manche intereffante Momente, so den Blick auf Potsdam , die Fahrt durch die Billenkolonie Wilhelmshorst, die großen Bahnanlagen von Seddin und die Wälder um Beelitz - Heilstätte. Die Spargelfelder von Beelitz sieht man nicht. Die Mehrzahl der Touristen wird sich mit der beliebten Wanderung Belzig- Rabenstein- Wiesenburg begnügen; eventuell kann sie aber auch zur Station Niemegt an der Bahnlinie Belzig - Treuenbrießen ausgeführt werden.

adler, der auf falsche Bahn geraten war, sich über das Moor verirrte. Der Morgennebel hatte sich gelegt, die Sonne war indesjen noch nicht recht durchgedrungen, als der graubraune Vogel in meiten Kreisen schwebend hoch droben sichtbar wurde. Seine flammende Brust flimmerte in der aufgehenden Sonne, und sein schwarzer Schnabel krümmte sich unter einem Paar gefrühstückt hatte, senkte sich tiefer und tiefer auf das Wasser scharfer, fluger Augen. Der Adler, der von weither gekommen war und noch nicht herab. Alle Vögelchen im Röhricht schrien, die Bleßhühner fuchten Zuflucht zu den großen Schilfbüscheln. Wie ein Mäuse­geier hielt er sich in Baumhöhe über dem Wasser, vorwärts­und rückwärtsschwebend, während er spähend niederstarrte. Frost lag in der Luft- der große, hungrige Fischer ahnte wohl den Riegel, der sich alsbald vor seine Speisekammer schieben würde. Jedenfalls war er fest entschlossen, groß wie Plein zu fangen und nichts zu verschmähen.

Mit Ausdauer ließ er sich von Tümpel zu Tümpel gleiten, längs der Ufer; langsam mit schlaffen Fängen schwebte er über die Rohrkolben in dem Sumpfwasser und über den Porst dahin.

Schnock steigt aus der Tiefe empor, auf ihrer morgend­lichen Rundfahrt begriffen; sie muß das Moor umsegelt haben, während die Schlagschatten sie noch verhüllen und ihren Weg unfenntlich machen. Ab und zu hält sie inne und steht zwischen den Wasserpflanzen auf der Lauer, die zerfetzte, noch immer erst halbverheilte Rückenflosse ein wenig über der Oberfläche haltend.

Bei einer derartigen Gelegenheit entdeckt sie der Adler und ohne zu merfen, was für einen Fisch er vor sich hat, schwebt er über die Stelle hin.

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Ein und auch zweimal senkt er sich vergebens herab, aber zum Schluß ist das Glück ihm hold. Von Schnock nicht bemerkt, streicht der Bogel von hinten über sie hin und schlägt die vor­gestreckten Fänge mit voller Kraft in ihren Rücken. Er fühlt, wie die Krallen Halt gewinnen, und eine füße Ahnung von zappelnder Lebendigkeit durchzuckt ihn.

Sein Körper steht halb im Wasser, während die Flügel, die die Wasserfläche nicht berühren, die gewaltigen Schläge vollführen, die, wie er weiß, nötig sind, um mit einem Rud den Schatz zu heben. rchfährt Schnod.... k

( Fortsetzung folgt.)