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Nr. 281+ 42. Jahrgang

Die Robinson- Insel  .

1. Beilage des Vorwärts

Roch vor wenigen Sefunden erblickte man mehr oder weniger eschmackvolle moderne Billen, sah auf dem Wannsee   und der Havel  linke Sportsegler und Motorboote sich tummeln, stand noch soeben auf Deck des fast ein halbes Tausend Menschen fassenden Dampfers da dreht sich plötzlich der Zeiger der Zeit um ein reichliches Jahr: hundert zurüd, so, als sei das noch nie gelebt worden, als läge das Jahr 1925 noch in ferner, ferner Zukunft: man ist auf der Bfaueninsel. Die Vergangenheit atmet hier sacht und leise wie ein altes Jüngjerlein, das nicht mehr viel Wesens von seiner Existenz macht und froh ist, wenn pietätlose Kindesfinder ihm seine Ruhe lassen; denn an den Gewohnheiten ihrer Zeit müßte es zu grunde gehen. Und es lebt doch so gern! Wie lange noch? Immer wieder tauchen Pläne auf, auf der Insel ein Wirtshaus zu errichten. Von den Vereinen und Verbänden, die sich den märkischen Naturschutz angelegen sein laffen, wird dagegen gefämpft, hoffentlich auch weiterhin mit Erfolg. Die, denen es gleid) ist, ob fie der Vergangenheit lebend oder als Mumie begegnen, fommen an so vielen Orten auf ihre Kosten; hier sollen sie sie uns nicht mit Biergläsern und Kaffeekannen erschlagen.

Noch wächst auf diesen Wegen und Rasenflächen kein Butter brotpapier, noch leben hier feine Menschen, die jedes Fleckchen Erde  , jeden anderen, alles, was sie überhaupt umgibt, nur mit dem Maß stab Geld" messen. Die etwa fünfzig Personen, die auf dieser Inset wohnen, sind so wundervoll unmodern, fast möchte man jagen: stilecht. Landarbeiter, freundlich und schweigsam, wundern sich, wes­halb die Besucher sich nicht damit begnügen, den Pferdestall, der als gotische Kirchenruine erbaut ist, von außen zu betrachten, sondern auch in ihn hineinschauen müssen, obgleich er da wirklich nur das ist, was seinem 3wed entspricht. Und ruhig und freundlich sind auch die Kinder dieses seltsamen Eilandes; am freundlichsten aber ist der Obergärtner. Er liebt seine Insel mit ihren Pflanzen, die aus aller Welt hierher gebracht wurden, mit ihren fast tausend jährigen Eichen, mit den Pfauen, die zum Teil so zahm sind, daß sie auf jeden Anruf näherfommen, und von denen er überzeugt ist, daß sie seine Worte verstehen. Er fann von allen diesen Dingen sprechen, gar nicht redegewandt, aber so lebendig, aus so warmen Herzen, daß man von seiner Führung mehr Wissen gewinnt, als von einer Reihe fluger Vorträge. Auch ein Balmenhaus gab es früher hier, Tiere aus fernen Ländern, die bei der Be­gründung des 300 in diesen übergeführt wurden; seine Begeisterung stellt alles das greifbar vor uns. Ein Springbrunnen plätschert: den Besuchern zu Ehren wurde er in Tätigkeit gesetzt; er wird elek­trisch betrieben. Elektrisch? Wie unwirklich die Gegenwart jetzt ist. Nur leise äußerlich streifte sie uns eben mit diesem Wort; dann versinkt sie wieder in den Ruinenbauten einer empfindsamen Zeit.

Der Dampfer zieht seine dunklen Furchen durch das Wasser; meißer Gischt sprüht auf, vom Wind zu seinem Regen zerstäubt. Stadtrat Albrecht Potsdam hält seinen Vortrag über die Havelschwäne, die, in der Nachkriegszeit fast ausgestorben, nun wieder von Naturfreunden systematisch herangezüchtet werden, zu Ende, den er auf der Insel begonnen hatte. Bor ihm sprach Amtsgerichtsdirektor Haedel Potsdam über die Geschichte der Pfaueninsel  . Die Beranstalter des 3 meiten Mär fischen Naturschußtages haben sicher allen Teilnehmerie mit der Führung durch die Pfaueninsel   eine große Freude bereitet.

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geologischen Gegenwart ist die Natur noch am Werfe; in den breiten diluvialen Urstromtälern entstehen fruchtbare Flußauen. Anschlie Bend an seinen Vortrag zeigte Professor Schneider noch eine Reihe cindrucksvoller Lichtbilder.

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Die Referate, die aun gehalten wurden, fonnten aus Zeitmangel leider nur sehr furz sein, trotzdem man die teils sehr interessanten Themen gern ausführlicher behandelt gesehen hätte. Studienrat Dr. Stachowi- Friedrichshagen sprach über" Die neuen ehrpläne der höheren Schulen vom Standpunkt des Naturschutzes". Er bedauerte den Mangel an naturfund­lichen Fächern in den Schulen, besonders den Oberrealschulen. Man stimmte gern seinem Wunsche bei nach einem biologischen Un= terricht bis möglichst in die Oberstufen der Schule. Bedenklicher erscheint die Forderung, in realen Anstalten Biologie als Prüfungs­fach beim Abiturium neben Chemie und Physik zu stellen, da dabei die Gefahr besteht, daß weniger ein vertieftes naturkundliches Wissen als eine schematische Aneignung von Examenstoff erzielt wird. Ueber die Bernichtung der Niederlaufiger Natur und Kultur durch die Industrie" berichtete Studienrat Nu B= Senftenberg. Die Verwüstung dieses Gebietes durch die Industrie gab Anlaß zu folgender Entschließung, die einstimmig angenommen wurde:" Der Zweite Märkische Naturschußtag erwartet zuversichtlich, daß die zuständigen Amtsstellen die Braunfohlenbergwerfbefizer an­zuhalten vermögen, bei dem Brauntohlentagebau- sei es selbst unter eigenen Opfern darauf bedacht zu sein, daß eine fünftige land- und forstwirtschaftliche Nutzung der Gegend nach dem Kohlenabbau wieder möglich wird". Dr. Klose Berlin sprach dann mit begeisterten Worten über die Naturschönheiten des Golmer Luchs, dem, nach­dem das Kremmener Luch fast vernichtet wurde, nun auch der Unter­gang droht. Er forderte die Anwesenden auf, alle Kräfte daran zu setzen, damit dieses letzte Luchgebiet in der Umgebung Berlins   erhalten bleibe. Tatkräftig haben hier schon der Volksbund Naturschutz und der Bund für Vogelschuh eingegriffen durch Ankauf eines größeren Gebiets. Architelt Stahl- Caputh erinnerte dann daran, daß die Gefahr der Bebauung des Krähen­berges bei Caputh   noch immer nicht behoben ist. Kommt die Bez bauung zustande, so ist der Berg, der jetzt einen der schönsten Rund blide bietet, landschaftlich wertlos. In einer Entschließung des Natur­schußtages wurde daher einstimmig dagegen protestiert. Die Sigung wurde dann geschlossen, nachdem als nächster Tagungsort des Natur: schutztages Eberswalde   festgesetzt worden war.

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Ein Rückblick.

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Einige Worte zur legten Berliner   Waffernot.

Das fatastrophale Versagen der Wasserlieferung in den von den privaten Charlottenburger   Wasserwerfen zu versorgenden Gebiets: teilen Berlins  , vor allem Wilmersdorf  , Schöneberg   und Neukölln her beigeführt hat, weckt die Erinnerung an einen Justizskandal, der sich vor 20 Jahren abgespielt und es erst ermöglicht hat, daß die Wasserversorgung in privaten Händen blieb.

Die Stadt Charlottenburg   hatte seinerzeit nur unter der Bedin­gung mit privater Wasserversorgung sich einverstanden erklärt, daß nach einer bestimmten Reihe von Jahren das gesamte Werf von ihr erworben werden fönnte. Wortlaut sowohl wie Sinn des Bertrages ließen gar feinen Zweifel darüber, daß es sich um die gesamten von der Gesellschaft betriebenen Werke handelte, daß die Gesellschaft auf­hörte zu bestehen, sobald die Stadt die Werke übernahm. Als dieser Zeitpunkt aber vor nunmehr 20 Jahren herannahte, erklärte die Ge­fellſchaft, wenn der Bertrag auch von den gesamten Werken der Ge­sellschaft spreche, so könne dies doch nur bedeuten, daß nicht ihre gesamten Berke gemeint seien, sondern nur der Teil, welcher das Charlottenburger   Stadtgebiet versorge. Der Vertrag war so klar, daß ein überaus seltener Foll fämtliche Juristen des Magistrats und der Stadtverordneten- Bersammlung darimter befanden sich solche von bedeutendem Ruf einig darin waren, daß an dem guten Recht der Stadt auf Erwerb der Werke gar kein Zweifel bestehen könne. Aber die Gesellschaft strengte trotzdem die Klage auf Feststellung an, daß die Stadt nur ein Recht auf Erwerb des Teiles der verforge und sie bekam beim Landgericht und beim Kammergericht Recht. Daß eine Kommune die Wasserversorgung auch in einem Ge­biet übernehme, das nicht ihr eigenes sei, schien den Berliner   Richtern ein so ungeheuerliches Verlangen, daß man ihm auch entgegen dem flaren Sinn und Wortlaut eines Vertrages nicht willfahren dürfe. Daß Groß- Berlin schon damals ein einheitliches Wirtschaftsgebiet war, war eine Erwägung, die den Berliner   Richtern überhaupt nicht fam. Die Stadt trieb den Brozeß nicht bis zum Reichsgericht, sondern schloß einen Vergleich mit der Gesellschaft, monach diese im Besitz der Werke blieb, die auch heute noch einen großen Teil Berlins   mit Wasser versorgen. Mit welchem Erfolg, ist bekannt. Während die Werke, die Charlottenburg   beliefern, beständig weiter ausgebaut wurden, so

Die Haupisihung des Zweiten Märkischen Natur= schußtages fand am Sonnabendabend im Botsdamer Stadttheater statt; Geheimrat Wetekamp, der Träger der ganzen Natur­schutzbewegung, eröffnete sie. Er erinnerte daran, daß Berlin   vom Ausland als die Großstadt bezeichnet wird, die die schönste Umerte habe, der das Stadigebiet Charlotenburg gebung aufzuweisen hat; wir müssen uns bemühen, diese zu er halten und bei den maßgebenden Stellen das nötige Berständnis da für zu meden, um ihre Unterstützung dabei zu gewinnen. Es folgten dann eine Reihe Begrüßungsansprachen und darauf der Fest vor trag von Prof. Dr. Schneider von der Geologischen Landes­anstalt über die Märkischen Landschaften in ihrer erdgeschichtlichen Bedingtheit". Die einstige Vereifung Nordeuropas   hat auch der Mart Brandenburg ihren Stempel auf gedrückt. Der Wanderer, der heut die Mark mit offenen Augen durch zieht, findet daher eine abwechselungsreiche Landschaft, neben weiten Sandgebieten fetten Moränenschutt, auf dem sich wun­dervolle Laubwälder erheben, Binnenseen und Stauseen. Auch in der

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Schnock.

Ein Roman von See und Sümpfen.

Bon Svend Fleuron  .

Ein Ungeheuer von einem Krebs, der mit dem zu nehmenden Alter so steif im Rüden geworden ist, daß er kaum noch einen ordentlichen Schlag mit dem Schwanze zu voll­führen vermag, hat sich aus Furcht vor Schnod eine sichere Zufluchtsstätte im Loche eingerichtet. Lange hat er geduldig mit den Fühlhörnern den Kampf verfolgt und gehofft, daß ein Biffen auch für seinen verhungerten Wanft abfallen würde- nun schließt er, dankbar gegen die Vorsehung, seine schwere Zange um den marmblütigen Fischräuber.

Eine nagende Unruhe beschleicht den Otter!

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Er hat einmal mit der äußersten Spize seiner Klaue in einer Otternfalle gesessen, die Falle war schwer und zog ihn mit sich unter Baffer er rettete sich gerade noch im letzten Augenblid. Bei dem Griff am Beine beginnen seine Lungen warnend sich zu melden, der Hals schnürt, und die Augen scheinen zerspringen zu wollen... hinauf, hinauf... mit oder ohne Beute!

Längst schon hat er Schnock fahren lassen und befreit sich nun mit einem so plöglichen Rud aus dem Loche, daß der alte Schlammbruder nachfolgt. Aber die Wasserangst, von der sich feine Seele, die mit Lungen atmet, ganz freimachen kann, hat den Raubfischer völlig übermannt. In größter Eile mindet er fich durch das Wurzelwert und beginnt zu steigen. Und als er sich dem Wasserspiegel nähert und merkt, wie die fegnenden Anzeichen des Lichtes den Schlammring um sein Auge treffen, verstärkt er noch das Tempo feiner Flucht bis er mit einem gierigen Schnüffeln die Oberfläche erreicht. Schnod ist ihm auf den Fersen, und als der Otter   landet, ertönt ein lautes Plätschern im Wasser. Die braune Seele wäre draufgegangen, wäre nicht der alte Rückwärts bei seiner Reise von der Oberfläche, wo er endlich den Griff gelöst hatte, abwärts wie eine Kugel geradeswegs in Schnods Hals ge­frudelt. Nun muß sie sich damit begnügen, ihrem Gegner einen falten, teilnahmslosen Fischblid nachzusenden und Kneif Die Fahrt in den Schnürjad hinab fortfehen zn laffen.

Die Bunde, die der alte Kampfhecht erhalten hat, war nicht lebensgefährlich.

Allerdings waren zwei tiefe Spaiten zurückgeblieben von einem Paar grober, stumpfzahniger Kiefer, die auf der einen Seite seines Rückens tief ins Fleisch gedrungen waren, aber sie heilten, wie so viele andere auch, die er in früheren Zeiten davongetragen hatte. Er war nur lange nod) empfindlich im Rüden, und das Springen wurde ihm schwer.

Aber ein zweites Mal ging der freche, vierfüßige Fischdieb nicht in Schnocks Wasserloch auf Jagd. Der Otter hatte ein sicheres Gefühl, daß er es nur dem Zufall zu verdanken habe, wenn er von seiner großen, gefährlichen Konkurrentin, nicht zermalmt worden war.

Der Redakteur.

Der See hatte sich verändert, seit der Holzdreher starb... es lagen nicht mehr der Friede und die Poesie aus alten Tagen über ihm! Die großen Schwimmvögel, die sich star? vermehr: hatten, peitschten täglich ruhelos umher und schlangen die Fische mit Hilfe immer besserer Geräte in sich

hinein.

Als einer der neuesten trat ein Motorboot von zehn PS auf, mit dem Redakteur bemannt: einem kleinen, fehnigen Mann, mager und schmächtig und mit einem Uebermaß an Energie. Die Unruhe und das Tempo einer neuen Zeit brannten ihm im Blute und ob er schrieb oder seine Er­holung im Sport suchte, jedwedem Tun gab er sich mit gleicher Kraft und Leidenschaft hin.

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Der alte Drechsler hatte dem Idyll des Fischens gehuldigt; er legte sich irgendwo vor Anker, zündete sich das Pfeifchen an und hatte auf sein Angelzeug mohl acht. Der Redakteur, von genau dem entgegensetzten Temperament, mußte unauf hörlich umhersausen, einziehen und auswerfen.

Er hatte sich eine Sommerwohnung draußen am See ge­mietet und zwischen den Johannisbeersträuchern im Garten hatte er sein fleines Stubenaquarium aufstellen laffen. Es beherbergte einige Krebse, Barsche und einen jungen Hecht. Jeden Vormittag grub er nach Würmern für die Aquariumfische und fütterte sie sorgfältig.

Rührten weder der Hecht noch die Barsche die Würmer an, nahm auch der Krebs fie nicht, wenn sie zu Boben fanfen, fo opferte er sich mit Gemütsruhe den ganzen Tag lang

Mittwoch, 17. Juni 1925

daß trotz der starten Zunahme der Bevölkerung auch bei anhaltender Hize und Trockenheit sich niemals ein Waffermangel bemerkbar machte, wurde in der Gesellschaft der notwendige Ausbau für die­jenigen Teile vermieden, die Gemeinden belieferten, von denen, wie 6. B. Schöneberg  , anzunehmen war, daß sie in absehbarer Zeit zu eigener Wasserversorgung übergehen würden. So hat denn die Ge­sellschaft im abgelaufenen Jahre bei einer Gesamteinnahme von 6,5 Millionen Mark mehr als den dritten Teil, etwas über 2,2 Mil­lionen, als reinen Gewinn an ihre Aktionäre und Aussichtsratsmit­glieder verteilt, anstatt wenigstens eine Million davon auf die not­wendige Erweiterung der Anlagen zu verwenden. Der Profit geht eben über alles.

Die Berliner   haben hier einmal einen sehr deutlichen An­schauungsunterricht über den Unterschied privater und tommunaler Wirtschaft erhalten. Aber die an der Privat wirtschaft und übermäßigem Profit interessierten Kreise singen nach wie vor das Lied von der Unwirtschaftlichkeit fommunaler Betriebe, in denen von den leitenden Personen nur Anstellung und Versorgung gesucht werde, in der Regel als Belohnung für treue Parteitätigkeit, während wirklich hervorragende Leute mit Arbeitsfreudigkeit und Verantwortungsgefühl nur in der Privatwirtschaft zu finden seien. Ob viele Angehörige des arbeitenden und werktätigen Volkes ihnen auf den Leim gehen werden? Die Lehren der Berliner   Wassernot werden von dem schaffenden Volke hoffentlich nicht vergessen werden.

Wenn man fremdes Geld verborgt.

Bor die Richter des Amtsgerichts Berlin- Mitte tritt ein junges Mädchen, sauber, nicht auffallend gekleidet. Sichtlich beklommen erklärt fie die Begebenheiten, die sie hierher geführt haben. Sie war Arbeiterin in einem Siemens- Betrieb und verdiente dort wöchentlich zehn Mart. Ein einigermaßen ausfömmliches Leben gestattete ihr dieser Verdienst nicht, weshalb sie sich nach einem anderen Erwerb umsah. Eine Bekannte, die bei einer Dienstherr­fchaft" gekündigt worden war, verwies sie an diese Stelle, die sic auch bekam. Hier mußte sie den Haushalt in Ordnung halten, für sich und die beiden Kinder kochen und bekam dafür 20 M. Wirt schaftsgeld und 10 M. Lohn pro Woche. Die beiden Eheleute waren meist abwesend, da sie als Händler die Märkte bereisten. Während fie auf einige Tage mit den beiden Kindern bei ihrem Schwager in Fürstenwalde weilte, lieh sie diesem von dem ihr schon für zwei Wochen anvertrauten Wirtschaftsgeld einige Mart. Er konnte ihr aber das Geld nicht rechtzeitig wiedergeben, wie das leider vielen Geldborgern geht, so daß sie nun fein Geld mehr zum Wirtschaften hatte. Um fich zu helfen, versezte sie einen Anzug ihres Arbeit. gebers für 12 M.; sie wollte ihn wieder einlösen, sobald sie das Geld von ihrem Schwager bekam. Das Unglüd wollte es aber, daß die Handelsleute unvermutet nach Hause zurückkehrten und den Verlust des Anzugs bemerkten. Das Mädchen wurde daraufhin sofort entlassen und ihre Sachen zurückbehalten. Dann wurde noch das Fehlen einiger Wäschestücke, Grammophonplatten und Bücher festgestellt und kurzerhand Anzeige erstattet. In der Beweisauf­nahme des Gerichts blieb nun von den Anschuldigungen nicht mehr viel übrig. Die Grammophonplatten hatte die Angeklagte einmal bei einer bekannten Frau spielen und dort liegen gelaisen. Die Bücher, Courths Mahler  - Erzeugnisse", hatte sie deren Tochter ge liehen, konnte sie aber megen ihrer plöglichen Entlassung nicht mehr wiederholen. Beides wurde aber nach dem Bekanntwerden ihrer Entlassung von den Leuten wieder zurückgeschafft. Der Diebstahls= verdacht wegen der Wäschestücke mußte ebenfalls fallen. Außerdem aber sollte sie aus einer auf dem gemeinsamen Flur liegenden Woh nung einen Verlobungsring gestohlen haben, der dem Sohn des Flurnachbars gehörte. Die Beschuldigte behauptete gegen diese An. schuldigung mit aller Bestimmtheit etwas anderes. Der angeblid) Bestohlene habe sie immer mit Liebesanträgen perfolgt, die sie aber abwies. In den Tagen, da sie fein Wirtschaftsgeld hatte, habe sie ihn dennoch um Geld gebeten. Da er fein Geld hatte, habe er ihr den Ring zum Versezen gegeben mit der Bedingung, fie folle dann seinem Drängen nachgeben. Da sie ihn damals aber versetzte, wolle er ihr das vergelten. Troß der Glaubwürdigkeit ihrer Behauptung verurteilte sie das Gericht zu vier Wochen Ge fängnis unter Inaussichtstellung einer Bewährungsfrist, gegen die der Staatsamnalt aber Bedenken erhob. Diese Stellung­nahme mutet etwas sonderbar an, wenn man bedenkt, daß die An­getlagte noch nicht vorbestraft ist und im nächsten Monat heiraten will, wie sie unter Tränen dem Vorsitzenden mitteilte. Die Gerichts­verhandlung und eine bedingte Strafausjeßung würden wohl ge­nügen, die Angeflagte davon abzuschrecken, ein zweites Mal so unüberlegt zu handeln.

im

Sprech- Chor für Proletarische Feierflunden. Tonnerstag, abends 71, 11hr, Gesangsiaal der Sophien- Schule. Weinmeisterstr. 16--17: Uebungsstunde. Wegen der Probe zur Commmendjeler müssen alle Beteiligten bestimmt und pünktlich erscheinen.

seinem Blatte. Geschah aber das Entgegengesetzic, dann wurde der Leitartikel fura- und der Chef wurde als fort­gereift oder in wichtiger Bersammlung befindlich gemeldet. Eines Tages, wie er im Bureau sigt und Jeine Zeitung durchredigiert, läutet das Telephon. Seine Frau hängt am Hörer und erzählt, der Aquariumshecht freise wie besessen! Es durchbebt den Nedakteur...

Längst schon hat seine Zeitung die Neuigkeit von Schnack gebracht. Die Fahrt dort hinaus ist wohlvorbereitet, die Geräte sind flar zur Abfahrt nur auf das Zeichen des Aquariumshechts hat er gewartet!

Einige Stunden später befindet sich der kleine, fischtolle Redakteur nach einer angestrengten Radfahrt durch die brennende Sonne des ftidig heißen Julitoges zwischen duftendem Iris und wildem Rosmarin. Gemeinsam mit einem orisfundigen Torfgräber, der sich aus Furcht vor dem Ungeheuer mit einer Jagdflinte bewaffnet hat, fchlägt er einen der Pfade ein

Der Wind streicht durch den dänischen Dschungel und reibt die Myriaden von Blattstreifen gegeneinander; es tlingt in den Ohren des Redakteurs, als falte er andauernd eine mäch tige Beitung zusammen. Die steifen, blaugrünen Schilfftengel

mit den schwarzen Knoten lehnen sich umarmend rings an ihn, und ein starker, herbwürziger Krauseminzduft, untermischt mit dem fauren, rahmjüßen Brodem des Moorgrundes, fächelt ihm um die Nase.

Einen Augenblick bleibt er im Rohrdickicht stehen und holt tief Atem, während er bezaubert auf die ohrenbetäubende Musik der Natur lauscht. Die Lerchen jubeln über seinem Haupte, die Wildenten lüften mit Schlagen und Flattern, und jetzt jagt eine Bekaffine ätschend vorbei und gleitet in einem langen, fonfaven Bogen herab.

Ein Sonnenstreif spielt zur selben Zeit im Dschungel und läßt Rastaden von weichen, wiegenden Lichtflecken über ihn herabriefeln. Er schwißt und feucht und wischt sich die Stirn ... er schnaubt die Nase auf Urmenschenart... er ist wieder zu dem Wesen geworden, das Gott der Herr Mensch nannte, als er es auf die Erde setzte!

In einer Lichtung des Rohrdidichts, wo ein alter, farren­bewachsener Erdwall ins Wasser vorspringt, macht er den Tauchftod flar ( Fortsetzung folgt.)