Die menschenfreundliche KPD.- Zentrale.
Bor längerer Zeit haben wir die Nachricht von der Verhaftung des früheren württembergischen Reichstagsabgeordneten Hans Stetter mitgeteilt und durch eine ganze Reihe von Einzelheiten belegt, wie die KPD. - Zentrale diesen Mann direkt der Polizei in die Arme getrieben hat. Die Rote Fahne " hat damals, wie gewöhnlich in ihrer Verlegenheit, sich mit einigen schnoddrigen Redensarten aus der Affäre zu ziehen gesucht. Wir können ihr heute
mit einigen weiteren Einzelheiten dienen.
Hans Stetter wurde bei den Dezembermahlen 1924 als Reichstagskandidat nicht wieder aufgestellt, trotzdem gegen ihn eine ganze Reihe Strafverfahren schwebten. Unter dem Druck der Ver: hältnisse in der Zentrale wurde er dann gezwungen, nach Frankreich auszuwandern. Man gab ihm einen falschen, auf den Namen eines Belgiers lautenden Baß, trotzdem man wußte, daß er kein Wort französisch redet. Ende Februar fam er nach Frankreich . Von der Zentrale erhielt er feinerlei Gehalt. Erst auf wiederholtes Drängen hat man ihm am 20. April 200 Mark als April. gehalt übermittelt! Davon sollte er in Frankreich und seine
Familie in Stuttgart leben. Im Mai wiederholte sich das gleiche Schauspiel. Als er sich bei der Zentrale beschwerte, erhielt er die Nachricht von der Einsegung eines Schiedsgerichts. Unter dem Druck seiner Not und in der Abficht, zur Zentrale nach Berlin zu fahren, fehrte Stetter nach Deutschland zurück. Kaum hatte er die Grenze passiert, so wurde er in Mannheim verhaftet. Der Grund seiner Berhaftung ist
Berrat feiner eigenen Parteigenoffen,
denn die Sache hat sich folgendermaßen zugetragen: Stetter war auf dem Parteibureau der KPD. in Mannheim , wo noch eine Anzahl von Parteigenossen anwesend waren. In der Unterhaltung fällt durch einen Zufall der Name Stetter; zwei der betreffenden entfernen fich fofort darauf, und Stetter wird, als er furze Zeit darauf bei dem badischen Landtagsabgeordneten Kenzler zum Mittagessen war, von der Polizei verhaftet.
Neben diesen Vorgängen haben sich aber auch noch eine Menge anderer Dinge abgespielt, die nicht weniger interessant find: Während Stetter sich im Auslande befand, erhielt seine Frau folgen
des Schreiben:
B. G.! Seit November v. J. befindet sich der Genosse Stetter in anderweitiger Verwendung der Partei. Wir haben für diese Zeit, insbesondere, um der Familie des Genossen St. im Falle einer Krankheit Arzt und Apothekertosten zu ersparen, die Krantenfaffenbeiträge weiterbezahlt. Der Genosse Köhler hat Ihnen bereits vor einigen Monaten erklärt, daß die Krankenkassenbeiträge von Ihnen der Partei zurückvergütet werden müssen, insbesondere, da der Genoffe St. den Gehalt von der Partei weiter bezieht. Wir möchten Sie ersuchen, uns für die Monate November bis einschließlich März den Betrag von 48,50 M. zurückzuerstatten.(!)
Den Genossen St. haben wir als Krankenkassenmitglied abgemeldet und Sie, um Ihnen die Möglichkeit zu geben, nachher als freiwilliges Mitglied fich anmelden zu können, bei der Krantenfaffe angemeldet. Wir ersuchen um baldmöglichste Er ledigung dieser Angelegenheit. Mit tommunistischem(!) Gruß Die Bezirksleitung Württemberg Pol- und Orbüro der KPD ." Und dieses, trozdem die Herrschaften wußten, daß sie fast voll ständig mittellos dasteht. Außerdem wurden ihr am 29. Ja ruar die Möbel im Werte von 230 m. gepfändet, weil die Parteileitung sich weigerte, für Stetter die im Interesse der Parteitätigteit verhängten Geld. strafen zu bezahlen. Nur dem Umstande, daß die bürgerlichen Richter mehr soziales Empfinden hatten als die Partei leiter der Kommunistischen Partei, ist es zu danken, daß heute noch die Möbel Eigentum der Familie Stetter geblieben sind.
Nun kommt aber noch das Schönste: Die Schwäbische Tagwacht" in Stuttgart hat im Anschluß an die Verhaftung von Stetter diese auch hier erwähnten Tatsachen festgenagelt. Daraufhin murde die Frau Stetter durch Eilbrief vor das Stuttgarter Bezirksbureau geladen, wo man von ihr nicht mehr und nicht weniger verlangte, als eine Erklärung abzugeben, in dem Sinne, daß all das, was in der„ Tagwacht" gestanden habe, unwahr sei. Selbstverständlich weigerte sie sich, dies zu tun, worauf die Herr schaften auf den grandiosen Einfall famen, in der„ Mannheimer Arbeiterzeitung" nachstehende Ertlärung zu veröffentlichen: Ich bin es gewohnt, derartige verlogene Berichte über meine Berson und die Zentrale von der SPD. in die Weft gesetzt zu sehen. Ich habe daher selbst mehrere Male öffentlich die SPD . Sudeleien richtiggestellt.
Zu der Nichtauszahlung des Sekretärgehalts und der Pfän dung meiner Möbel muß ich erklären, daß ich bis Ende März d. J. mein Gehalt pünktlich und regelmäßig erhielt. Wenn später etliche Male mein Gehalt mich im Auslande nicht so pünktlich erreichte, so lag das an der Schwierigkeit der Verbindung.
Meine Möbel oder sonst ein Stück Hausrat sind überhaupt nicht gepfändet worden, weil alles restlos von der Bartei und dem Verlag bezahlt wurde. Die ganze Pfändungsgeschichte eristiert daher nur in den schmutzigen Hirnen der SPD. Redakteure."
Zur Beröffentlichung dieser Erklärung soll Hans Stetter die ,, Mannheimer Arbeiterzeitung" ermächtigt haben. Diese Behaupfung ist von A bis 3 erlogen; denn er hat diese Erklärung weder abgefaßt noch irgendwie jemand beauftragt, in seinem Namen diefelbe zu veröffentlichen.
-
-
Der Fall Stetter ist in der KPD . nur einer von vielen. So wie Stetter ist es Hunderten ergangen, und heute noch irren diese Opfer der kommunistischen Zentrale in der ganzen Welt umher, während ihre Familien der bittersten Not preisge geben sind. Für die kommunistische Zentrale dienen dann solche Borgänge wie die Verhaftung Stetters nur zum Vorwand, um eine verlogene Heze gegen andere Doin Stapel zu lassen. So hat die„ Rote Fahne " die Stirn gehabt zu behaupten, die Berhaftung Stetters tomme auf das Schudkonto des badischen Innenministers Remmele. Die Rote Fahne " weiß selbstverständlich ganz genau, daß die Kriminalpolizei in Baden dem Justiz minister untersteht, der ein Zentrumsmann ist. Aber darauf kommt es für die Kommunisten nicht an, für sie ist die Hauptsache, daß eben gegen die Sozialdemokratie gehegt wird.
Das Beispiel des verhafteten Stetter zeigt, wie gewiffenlos die kommunistische Zentrale mit ihren Anhängern umgeht, wenn sie fie preisgeben will. Jede einfachste menichliche Rüdsicht fällt für die heuchler der KPD.- 3entrale fort. Der Reichstag hat um so mehr die Pflicht, diesen unglücklichen Opfern der kommunistischen Butschtaktik zu helfen und dafür zu sorgen, daß endich die so lange angekündigte Amnestie zur Wirklichkeit wird.
Attentat in Palästina. Nach einer Meldung aus Jerusalem ift der englische Gouverneur von Südpalästina in Hebron durch einen Revolverschuß von einem Unbekannten ermordet worden, der die Flucht ergreifen fonnte. Die englischen Behörden haben erklärt, daß, wenn der Mörder nicht gefaßt werden sollte, die Stadt eine hohe Strafe zu bezahlen haben würde.
Eine Bootstaufe.
Wassersport im Waisenhaus.
Die Freude am Paddelsport hat auch die Kinder des Waisen hauses Rummelsburg angestedt. In einer so günstig am hauses Rummelsburg angestedt. In einer so günstig am Wasser gelegenen Anstalt konnte das gar nicht ausbleiben. Schon immer muß in den Jungen sich der Wunsch geregt haben, auf der gondeln zu dürfen. Schließlich hatte ein Lehrer der Anstalt den lockenden Fläche des Rummelsburger Sees im eigenen Boot umherEinfall, zusammen mit den Kindern im Bertunterricht versuchsund das Werk gelang. Als der
weise ein Paddelboot zu bauen
-
Erstling vm Stapel gelaufen war und die Wellen des Rummels burger Sees durchquerte, spornte der Erfolg zu einem zweiten Bersuch an und auch der glückte. Dann aber nahm der treu zur Anstalt haltende Verein ehemaliger Zöglinge des Waisenhauses Rummels. burg sich der Sache an und brachte durch ein von ihm veranstaltetes Konzert die Mittel für ein drittes Boot auf, das fertig gekauft wurde. Und zuletzt fand sich noch ein ein gebefreudiger Freund des Waisenhauses, der Geld zum Ankauf eines vierten Bootes spendete. Am Montag gab es in dem alten schönen Part der Anstalt ein bootflotte galt. Oberbürgermeister Böß, Stadträtin Weyl, Erschlichtes Fest, das der Taufe dieser kleinen Paddelzichungsdirektor Knaut, Direktor Blum von der Anstalt Lindenhof" und andere in der städtischen Jugendwohlfahrtspflege mitarbeitende Männer und Frauen sowie Vertreter des Vereins der ehemaligen Rummelsburger 3öglinge waren unter den Gästen und erfreuten sich an dem schönen Bild, das die auf dem Festplat sich tummelnden Kinder, vor allem die Mädchen im Schmud ihr er farbigen Sonntagskleider, boten. Vom Lichtenberger Lindenhof" waren die Jungen mit ihren Blasinstrumenten herbeigekommen, um die Gäste mit musikalischen Darbietungen zu unterhalten. Auf dem Festplaz standen nebeneinander die vier Boote, bekränzt mit Gir landen aus Eichenlaub. Waisenhausdirektor Seyher begrüßte die Gäste und erinnerte in seiner Festrede an die im Waisenhaus Rummelsburg schon seit vielen Jahrzehnten getriebene Pflege des Spieles, des Schwimmsports, des Eislaufs, zu denen nun endlich auch der Rudersport tommt. Dann wurde die Taufe der Boote vollzogen. Oberbürgermeister Böß wies auf die gesundheitliche Bedeutung der Leibesübungen für die Entwicklung der Jugend hin und taufte ein Boot auf den Namen Jugend". Stadträtin Weyl sprach von der Freude der Kinder am Spiel und erwähnte, daß einmal ein Junge, der seinen Wunsch nach einem Ball nicht auszusprechen magte, auf ihre indringliche Frage, ob denn das, was er wünschte, etwas so unerfüllbar Großes sei, ihr treuherzig antwortete: Wenn de willst, denn fannst e." Die Kraft dieses Wenn de willst, denn kannste" habe sich auch bei der Entstehung der fleinen Bootflotte gezeigt, die den Kindern neue Freude bringt. unsere Freude" taufte sie das zweite Boot. Der Verein der ehemaligen Rummelsburger 3öglinge will in demjenigen Boot, deffen Ankauf er durch Beschaffung der Mittel ermöglicht hat, den früheren Waisenhausdirektor Bilski ehren, den die früheren Zöglinge in dankbarer Erinnerung haben. Ein Vertreter des Vereins gedachte des Wirkens dieses trefflichen Mannes und taufte das Boot Wilski". Als letzter kam der selbstgebaute Erst ling daran, das Boot, das der Liebling der Kinder geblieben ist. Lehrer UI mer, der den Bau geleitet hat, taufte das Boot Lieb ling". Danach wurden die vier Boote von den jubelnden Kindern auf die Schultern genommen und unter Vorantritt der Lindenhofer Kapelle und dem Geleit der Festteilnehmer zum Wasser hinabge tragen, und bald paddelten die Jungen stolz und vergnügt auf dem See umher. Zum Schluß ließen sich Ehrengäste und Waisenkinder auf dem Festplag an einer Kaffeetafel nieder und erfreuten sich an Turnübungen der Jungen, an Reigentänzen der Mädchen und an dem Konzert der Lindenhofer.
n
"
"
Die Zustände auf den Telephonämtern. Die Oberpostdirektion hält die Aufsichtsbeamten für beleidigt. Der„ Borwärts" brachte am 17. Dezember 1924 in Nr. 594 einen Artikel, der eine Schilderung des Betriebes auf den Telephonämtern gab und sich dabei auf die Darstellung eines der Postverwaltung sonst feineswegs unfreundlich gesinnten on Berlin den Vorwurf gegen die Aufsichtsbeamten, daß gegen Fachblattes stüßte. In diesem Artifel sah die Oberpostdirekdie durch ihren Beruf überanstrengten und nervösgemachten Telephonbeamtinnen zu rigoros vorgegangen werde, und fie stellte Strafantrag gegen den Vorwärts"-Redakteur Genossen Friß ar städt. Vor dem Schöffengericht Berlin- Mitte, das heute über die Sache zu verhandeln hatte, scheiterte der vom Borsigenden gemachte Vergleichsversuch daran, daß Genosse Karstädt es ablehnte, die allgemeinen Vorwürfe gegen das System der Aufsichtsführung zurückzunehmen. Nur in Einzelheiten, die sich gegen bestimmte Personen richteten, war er zur Zurücknahme bereit. Die Ober postdirektion erklärte durch ihren Vertreter, sie habe bei Unter
fuchung der Vorgänge nichts zu bemängeln gehabt. Ihr sei aber darum zu tun, daß die Dinge durch diesen Prozeß flargestellt werden. Das Gericht tam zu einer Bertagung. Zum nächsten Termin Ge= sollen die Akten von der Oberpoftdirektion vorgelegt werden. noffe Karstädt hat durch seinen Berteidiger, Rechtsanwalt Otto Landsberg , den Wahrheitsbeweis angeboten.
Ein Dummerjungenstreich.
Mehr als vier Stunden beschäftigte die unverständliche Tat eines Steuersekretärs St. das Schöffengericht Berlin- Wedding. Er war wegen Urkundenfälschung. Unterschlagung und Üebertretung unter Antlage gestellt worden. St. war ein Kunde und zugleich guter Bekannter des Schuhmachermeisters Th. Da dieser in Steuerangelegenheiten nicht gut bewandert war, wandte er sich oft vertrauensvoll an St., der ihn dann freundschaftlich beriet. Bor längerer Zeit besuchte St. eines Abends wieder den Schuhmacher und fam auch auf die Rhein- Ruhr - Abgabe zu sprechen. Als Th. ihm sagte, er hätte ja seine beiden Raten schon bezahlt und fäme für eine nochmalige Veranlagung nicht mehr in Frage, meinte St., es wäre trop dem nicht ausgeschlossen, daß er noch einmal etwas zahlen müsse. Am nächsten Morgen flog ihm auch schon durch die Bost ein Mahnzettel auf den Tisch in Höhe von ungefähr 65 Mart, zahlbar an das Zentralfinanzamt, bei dem St. tätig war. Ber mundert und zugleich empört über die Aufforderung ging er sogleich nach dem Amt, um Einspruch dagegen zu erheben. Hier wurde ihm von mehreren Umfrage haltenden Beamten der Bescheid erteilt, einen Beamten mit dem Namen des Unterzeichners des Mahnzettels gäbe es auf dem Amt nicht, ebenso läme das Zentralfinanzamt für die Beranlagung fleiner Gewerbetreibender gar nicht in Frage. die Veranlagung kleiner Gewerbetreibender gar nicht in Frage. Nachdem sich Th. noch einen diesbezüglichen Vermert auf dem Steuerzettel machen ließ, um eine Unterlage für den vielleicht doch erscheinenden Steuereinzieher zu haben, wollte er sich entfernen. Auf der Treppe begegnete ihm zufällig(?) der befreundete Angeklagte St. und fragte ihn nach dem Grund seines Hierjeins. Als ihm Th. den sagte, nahm er ihn den Mahnzettel ab und sagte ihm, er werde versuchen, den Urheber der Sache festzustellen. Th. verlangte aber in den nächsten Tagen von St. den Steuerzettel wieder, dem dieser auch nachkommen wollte. Der Steuerzettel verschwand aber plößlich auf unerflärliche Weise aus dem Gewahrsam des St. Er schrieb nun eine Bescheinigung aus, daß Th. feine Steuern zu und gab sie Th. Diesem stiegen aber inzwischen Zweifel auf, wes zahlen hätte, versah sie mit dem Dienststempel seines Borgesezten halb er die Angelegenheit vor Gericht brachte. Der Berteidiger Et.s versuchte, dem Gericht flarzulegen, daß St. ja gar nicht in den Befik des Geldes gelangen fonnte, weil er durch den beigefügten Postscheck im Falle der Einzahlung der Kaffe zugegangen wäre. Benn St. im Falle des Gelingens doch feinen Borteil gehabt hätte, fönne er auch nicht der Anstifter sein. Das Gericht war aber anderer Auffaffung und verurteilte den Angeflagten zu 150 Mart Geld strafe und 1 Monat Gefängnis. Für die Gefängnisstrafe
erhielt er bei Zahlung einer Geldbuße von 200 m. in vier Monatsraten 3 Jahre Bewährungsfrist. Der Staatsanwalt hatte 9 Monate und 1 Woche Gefängnis, 3 Jahre Ehrverluft und 50 m. Geldstrafe beantragt. Das Gericht erblickte aber in der Sache einen Dummenjungenstreich, was sie ja auch ohne Zweifel war. Unverständlich bleibt es dennoch, wie ein Beamter, schon 35 Jahre unbescholten im Dienst, auf solche gefährlichen Scherze verfallen und damit seine Stellung und sein Ansehen aufs Spiel setzen fann.
Festnahme und Untersuchungshaft.
Eine Bersammlung des Berliner Anwaltvereins. Kürzlich fand im Ingenieurhaus in der Sommerstraße eine stark besuchte Versammlung des Berliner Anwaltvereins statt. Sie be schäftigte sich mit den Fragen, die sich aus Handhabung der Fest nehme und der Untersuchungshaft ergeben. Rechtsanwalt Dr. Alsberg mies zunächst in äußerst fachlichen Ausführungen auf die Mängel hin, die den Rechtsgarantien des Beschuldigten im Untersuchungsverfahren innewohnen. Er erörterte weiterhin die Möglichkeiten ihrer Beseitigung. Logit und Menschlichkeit fordern, daß jeder Festgenommene spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen ist. Voraussetzung der vorHaftbefehles auf Grund von festgestellten Tatsachen sein. In unläufigen Festnahme muß jedoch das Vorliegen eines richterlichen zähligen Fällen der Praxis find hier die für eine gerechte Justiz selbstverständlichen Gebote überschritten worden; oftmals wurden Haftbefehle erlassen, und tage, wochen, ja sogar monatelang aufrechterhalten, die bei einwandfreiem Vorgehen niemals erlassen worden wären. Wir haben es fernerhin gerade in der letzten Zeit oftmals erlebt, daß von der Untersuchungshaft in Ausmaßen Gebrauch gemacht worden ist, die durch die Strafprozeßordnung feines falls gerechtfertigt sind. Der Redner ging meiterhin näher darauf ein, welches bei finngemäßer Auslegung des Gesezes und bei Beachtung der Auslegungen die Vorausseßungen zum Erlassen eines Haftsbefehls find, er beanstandete fernerhin die immer und immer wieder für Haftbefehle gegebene Begründung, daß Fluchtverdacht" vorliege. Zahlreiche Verfahren, in denen er vorschnell Festge= nommene lange Zeit in Untersuchungshaft saß, endeten mit Einstellung oder späterer Freisprechung. Die Justizverwaltungen der Länder haben die rechtliche und moralische Pflicht, sämtlichen, also auch diesen Mängeln der Rechtspflege ehrlich nachzugehen und fie abzustellen, und vor allen Dingen ist es sofortige Notwendigkeit, die Untersuchungshaft mit allen Mitteln auf das äußerste zu beschränken; an Hand einer Statistit mird leicht der Nachweis erbracht worden sein, daß bei solchem Vorgehen die Gefahr des Fluchtverdachts abnehmen wird. Will die Justiz das bei weiten Kreisen verlorene Bertrauen zurückgewinnen, so muß freilich auch in vielen Punkten das Gesez abgeändert werden. Wenn Tatverdacht begründet wird, so ist unbedingt zu verlangen, daß das Vorgehen der Justizbehörden auch durch einzelne Tatsachen belegt wird. Fernerhin darf nicht der Fluchtverdacht mit der Höhe der zu erwartenden Strafe allein begründet werden, ihn müssen auch die persönlichen Verhältnisse des Beschuldigten wahrscheinlich machen. Es ist außerdem zu fordern, daß die Untersuchungshaft nicht einen Tag länger aufrechterhalten wird, als es unbedingt nötig ist. Alsberg ging weiterhin auf die Vollziehung der Untersuchungshaft ein und fritisierte sie im allgemeinen und den Geheimerlaß des preußischen Wohlfahrtsministeriums im besonderen. Wenn auch die Fesseln des Rechts, so schloß der Redner unter starkem Beifall, und die Bande der Humanität von unserer Justiz unbewußt abgestreift worden sein mögen, so schadet ihr dennoch nichts mehr, als wenn sie es nicht versteht, Borbild für die Staatsbürger zu sein, die sie zu rechtlichem Denken und Tun erziehen soll.
Anschließend sprach Rechtsanwalt Graf PestalozzaMünchen über Sie psychologischen Wirkungen von Festnahme und Untersuchungshaft. In der Diskussion ergriff Senatspräsident Großmann das Wort zu eindrucksvollen Ausführungen über den Geift der Bureaukratie in der Justiz. Nach einer lebhaften Aussprache zwischen Justizrat Löwenstein und Landgerichtsdirektor Siegert schloß die Versammlung mit dem Auftrag an Dr. Alsberg, einen Gesezentwurf über die fraglichen Punkte für den Anwaltsverein auszuarbeiten.
gesamte Jugend des Berbandes in Bielefeld zu einer gewaltigen Wer will am 28. und 29. Juni zu Hause bleiben, wenn sich die Kundgebung versammelt? Kommt alle mit, der Reichsjugendtag wird für die Beteiligten ein Erlebnis, er wird eine Erinnerung für das Leben werden! Jeder Teilnehmer am Reichsjugendtag muß folgendes bestimmt beachten: Die Teilnahmegebühr( 2, bzw. 3 M.) sowie das Fahrgeld für die Hinfahrt( 8,20 m.) nach Bielefeld müssen bis zum 15. Juni eingezahlt. sein. Die Eintassierung erfolgt durch die Gruppenleiter, die das Geld an das Jugendsekretariat abführen. Abfahrt nach Bielefeld am Freitag, den 27. Juni, abends 11,56 Uhr Dom Schlesischen Bahnhof. Treffpunkt pünktlich um 11 Uhr vor dem 7,03 Uhr in Bielefeld ein. Nachzügler fahren am Sonnabend abends 11,56 vom Schlesischen Bahnhof . Treffpunkt und Ankunft wie oben. Rückfahrt von Bielefeld am Montag abend 10,58 Uhr mit dem Zuge, der Dienstags morgens um 6,22 Uhr in Berlin , Schlesischer Bahnhof , eintrifft. Ferienfahrt vor dem Reichsjugendtag nach dem Weserbergland . Beginn Sonntag, den 21. Juni, ( Abfahrt Sonnabend abends), Führer Koll. Heinz Many. Die Teilnehmer an dieser Wanderung treffen am Sonnabend, den 27. Juni, in Bielefeld ein. Ferienfahrt anschließend an den Reichsjugendtag nach dem Weserbergland . Beginn Montag, den 29. Juni, Abfahrt von Bielefeld . Bei den Wanderungen ist ein Besuch der Städte Hameln , Hannover , Hildesheim vorgesehen. Meldungen bis zum 12. Juni an das Jugendsekretariat, Belle- Alliance- Str. 7/10.
Haupteingang Madaistraße. Der Zug trifft Sonnabend morgens
Großer Dachstuhlbrand in der Kaiserallee. In dem Hause Raiserallee 69 in Friedenau brach heute morgen gegen 28 Uhr ein Dachstuhlbrand aus, der infolge des herrschenden Windes mit großer Schnelligkeit um sich griff. Mehrere Löschzüge eilten auf den Alarm sofort herbei, und erst nach stundenlangem fräftigen Wassergeben gelang es, gegen 1 Uhr mittags den Brand zu bewältigen. Die oberen Stockwerte sind teils vom Feuer teils von den Wassermengen start in Mitleidenschaft ge
-
ogen. Unter der großen Rauchentwicklung hatten die Wehrleute schwer zu leiden, und ist bedauerlicherweise der Feuerwehrmann Darger durch eine große Stichflamme schwer verezt worden. Er fand in einem nahegelegenen Sanatorium Aufnahme. Der Dachstuhl des Gartenhauses ist völlig vernichtet, ebenso sind die Bodenverschläge im Vordergebäude völlig ausgebrannt.
Selbstmord oder Verbrechen? Spaziergänger fanden gestern etwa 100 Meter hinter dem Potsdamer Luftschiffhafen bis zu den nien im Waffer die Leiche eines jungen Mädchens. Die Tote wurde als das 19jährige Dienstmädchen Frida Frenzel aus Botsdam ermittelt. Sie war in einer Weingroßhandlung in der Waisenstraße beschäftigt und ging am Sonntag vergnügt zum Ausgang fort. Die Leiche ist beschlagnahmt.
Groß- Berliner Parteinachrichten.
5. Kreis Friedrichshain . Abteilungsleiterinnen! Freitag, den 19 Juni, abends 7 Uhr: Kurze Besprechung bei Rofin, Gubener Straße 19. Alle Abteilungen müssen vertreten fein. 19. Kreis Pantow. Freitag, den 19. Juni, 7 Uhr, Kreisbelegiertenversammlung im Jugendheim , Breite Straße. 17. Kreis Lichtenberg . Bildungsausschuß! Donnerstag, ben 18. Juni, 8 Uhr, in der Bibliothet Weichselstraße 28. Tagesordnung: Ausgabe der Karten zum Sommerfest und Aufstellung des Programms.