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Finanzen ihrer Inhaber schwer belasten müssen, sobald sie mit Berluft arbeiten. Es ist ferner übersehen worden, daß die Inflation zwar die Konzentration industrieller Sachwerte zur Folge gehabt, daß fie die Konzentration industrieller Sachwerte zur Folge gehabt, daß fie aber gleichzeitig die Kaufkraft des deutschen   Volkes und damit die Berdienstmöglichkeiten aller deutschen   Industrieunternehmen, soweit sie wesentlich auf den Absatz im Inland eingestellt sind, erheblich verringert hatte. Endlich haben einige der Großfonzerne, welche während der Inflation gewaltige Industriewerte zusammengefügt hatten, für eine gleichzeitige und verhältnismäßige Bermehrung ihres flüssigen Kapitals nicht ausreichend Sorge getragen.

fühlen, aus der Berantwortung entlassen in dem Augenblick,| Berdienstmöglichkeiten geboten find, und daß sie im Gegenteil die in dem es außenpolitisch brenzlich zu werden beginnt. Eine fachlich überzeugte Reichstags mehrheit für den 3olltarifin feiner gegenwärtigen Form ift nicht vorhanden. Die Frage ist, ob der gebundene Agrarschuzzoll den Deutschnationalen als Preis für ihr Ver­bleiben in der Regierung gezahlt werden soll, die Frage ist aber auch, ob man von den Deutschnationalen Gegenlei stung erwarten darf, wenn der Preis einmal gezahlt ist. Daraus erklärt es sich, daß man auch in der bürgerlichen Mitte feineswegs von dem Gedanken begeistert ist, den Zolltarif jetzt gegen den starten, sachlich fundierten Widerstand der Sozia­demokratie in drei Wochen durchzupeitschen.

Man sieht, es ist ein ziemlich grausames Spiel, daß da von beiden Seiten gespielt wird. Unter diesem taktischen Spiel leidet die deutsche   Wirtschaft. Aus tattischen Er­wägungen ist die sachlich notwendige Verabschiedung eines neuen Zolltarifs in unverantwortlicher Weise hinausgezögert worden bis zu einem Zeitpunkt, zu dem sie praktisch ohne einen parlamentarischen Gewaltstreich so gut wie unmöglich geworden ist. Indem man dann die gebundenen Agrarschutzölle hinein­gearbeitet hat, hat man den Zolltarif mit Dingen belastet, die mit dem Zweck der handelspolitischen Verhandlungen nichts zu tun haben und die wie Sprengpulver wirken müssen, nicht nur in den Volksmassen draußen, sondern auch innerhalb der Regierungsparteien selbst. Oder sollte man glauben, daß die geradezu er presserischen Methoden, mit denen die Agrarier die Befriedigung ihrer Wünsche in der Regierungs­vorlage durchgesetzt haben, die Drohungen mit dem Iüden lofen Freihandel", wenn der lückenlose Zollschutz nicht gewährt werden sollte, von den Mitgliedern der bürgerlichen Mitte angenehm empfunden worden wären? Da müßten sie feine Menschen sein und Fischblut in den Adern haben!

Das alles ist nichts anderes als der moralische Banterott des Rechtsturses. Nach ihm kann der physische Zu­fammenbruch nicht lange auf fich warten lassen. Je länger er aufgeschoben wird, desto gründlicher muß er werden. Die Deutschnationalen stellen ja längst nicht mehr die Macht im Bolle dar, die sie noch bei den Dezemberwahlen darzustellen Schienen. Die Grundfesten, auf denen der Bau des neuen Hoch schußzolls aufgeführt werden soll, sind unterwühlt. Bor Ueberlastung wird gewarnt!

Politik und Wirtschaft.

Mitbesizer der

Herr Arnold Rechberg, reuzzeitung", bittet uns um Beröffentlichung der folgenden Darlegungen:

Sehr geehrte Schriftleitung! In der Morgenausgabe des Bor wärts  " vom 21. Juni wird die Frage der industriellen Interessengemeinschaft zwischen Deutschland   und Frankreich   erörtert. Dabei ist auch von mir die Rede. Schon aus diesem Grunde, vor allem aber deshalb, weil die Frage der deutsch  - französischen industriellen Interessengemeinschaft immer mehr in den Bordergrund der Politik tritt, bitte ich einige der Vorgänge und meine Erwägungen darlegen zu dürfen. Zu Anfang des Jahres 1924 hatte ich mit französischen   Staatsmännern in Paris   auf folgender Basis verhandelt:

1. Es werden durch Berträge von Staat zu Staat Interessengemeinschaften zwischen den deutschen   und den franzöfifchen Großindustrien getätigt.

2. Frankreich   räumt daraufhin das Ruhrgebiet   in Jahresfrist, das Rheinland   in wesentlich verfürzten Fristen 3. Deutsch  - französisches Bündnis.

Das Ablommen war als ein solches verabredet, das Zug um Zug zu verwirklichen fei. Gegen das Resultat meiner Verhandlungen fette aber in Deutschland   eine heftige Opposition auch von seiten einiger Rapitäne der Großindustrie ein. Ich habe damals in der deutschen Bresse diese Opposition als selbstmörderisch bezeichnet. In ber Tat ist in jener Zeit vielfach nicht genügend in Rechnung gestellt worden, daß die Inflation zwar die Konzentration industrieller Sach­merte begünstigt hatte, daß industrielle Unternehmungen aber an fich keinen Bert haben, wenn ihnen auf die Dauer feine ausreichende

Das Glück von Gildenhall.

Von Erich Gottgetreu  .

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Rein, man foll auch in dieser entseglich reaktionären Zeit, in der geistiges Giftgas greulich die Welt verpestet, den Mut nicht ver­lieren, man soll nicht denten, es ist alles aus, selbst die Jugendbe­megung hat versagt, die Menschen reden bloß vom Guten, aber sie tum nichts zu seiner Realität, man soll nicht verzweifein nicht weil es unethisch" wäre, nein, einfach weil man nicht zu verzweifeln braucht. Bon entgotteter, entfeelter Zeit flennen die Bessimisten, vielleicht haben sie recht, aber es gibt noch Flecken, wo die Menschen sich nicht zerhassen und zerneiden, wo sie in Sinngemeinschaft arbei­ten, mo fie gut sind, obwohl sie von den diesbezüglichen efſtati­schen Befehlen gewisser Reiter auf jüngster Litera- Tour feine Ahnung haben. Kommt man an einen solchen Flecken, wird intensiver der Glaube an bessere Zukunft... Man steigt in Berlin   in den Ber­fonenzug, fährt gute zwei Stunden lang nordwärts durch märkische Landschaft, verläßt in Neu- Ruppin   die harte Bank der Ruckelbahn, durchwandert die edelformige Stadt, die der Welt schon Schinkel, Fontane und so an die zwanzigtausend bunter Bilderbogen geschenkt hat, man macht einen herrlichen Spaziergang durch Wiese und Wald dann ist man plötzlich im Reich von Gildenhall, in den Gefilden der Erdseligen, auf der Insel der großen Mutter" Strebsamkeit. Kenn ihr Gildenhall? Nein?

Es handelt sich um feine Tat der Jugendbewegung, um feine Rotte gottbeseffener Schwärmer, um feine Siedlung himmlischen Geistes und irdischer Instinktlosigkeit voll. Gildenhall stellt bar die Bereinigung mehrerer gleichgesinnter und gleichstrebiger Hand­werfer, die auf freiem Grund und Boden frei arbeiten. In ihrer Freilandsiedlung" sind sie zweckmäßig organisiert, in ihrer schmuden Kolonie zwischen Alt- und Neu- Ruppin  , am Ufer eines breiten Gees, führen ste individuell und doch gemeinschaftlich ein tatfrohes Leben; jeder empfängt seiner Arbeit Lohn. Gutschriften von Lohnstunden Gutschriften von Lohnstunden ermöglichen, jedes Einzelheim zum Eigentum werden zu lassen, mährend die Werkstätten im Besiz der Genossenschaft verbleiben. Dinge, die aus eigener Not uns mehr oder minder geläufig sind, führten die 120 Genossen von Gildenhall zusammen: der schamloſe Bodenwucher des Grundeigentums, die Abscheu vor dem Entmen­schungsprozeß im Bertrieb der Fabriken, der Wunsch nach echtem handwerklichen Schaffen, das die Leistung der Industrie ergänzt, die Sehnsucht nach schöpferischer Tätigkeit. Nicht Kunstgewerbe, son­dern Kunst im Gewerbe überhaupt ist das Ziel.

Die Kapitalknappheit wurde daher alsbald nach dem Aufhören der Inflation fühlbar und es begann das Drängen nach amerika­ nischen   Krediten. Dabei hat die deutsche   Industrie nicht sogleich erkannt, daß der Weg zum amerikanischen   Kredit ganz allein und ausschließlich über den industriellen Zusammenschluß mit Frankreich   führen konnte. Solange Deutschland   und Frankreich   sich nicht tatsächlich einigen- und das ist aus vielen Gründen nur auf der Basis industrieller Interessengemeinschaften möglich, solange wird den Amerikanern das Risiko großer Anleihen an die deutsche   Wirtschaft doch immer wieder als zu bedenklich erscheinen. Wenn sich dagegen Deutschland   und Frankreich   industriell zusammenschließen, würden der Wirtschaft beider Staaten, wie mir die Vertreter der amerikanischen   Groß­finanz in Paris   ausdrücklich versicherten, amerikanische Kredite in weitestgehendem Maße und zu günstigen Bedingungen zur Verfügung stehen. Die Bertreter der amerikanischen   Großfinanz betonten, daß ihr Vertrauen in die Zukunft einer deutsch  - französischen industriellen Interessengemeinschaft geradezu unbegrenzt sein werde. Das Bedürfnis nach amerikanischem Kredit, das übrigens in Frankreich   ebenso wie in Deutschland   gegeben ist, macht an sich schon die deutsch  - franzöfifche industrielle Interessengemeinschaft neben einer die deutsch  - französische industrielle Interessengemeinschaft neben einer ganzen Reihe weiterer wirtschaftlicher Zwangsläufigkeiten, für beide Staaten unausweichlich notwendig. Diese zwangsläufigkeiten haben fich als stärker erwiesen wie alle gefühlsmäßigen und politischen Hemmungen, die auf beiden Seiten naturgemäß und durchaus ver ständlicherweise gegeben waren.

industrielle Vorteile, sondern ganz einfach darum, ob in der nahen Bei allen diesen Fragen handelt es sich feineswegs lediglich um Zukunft Hunderttausende von Arbeitern werden feiern müssen, oder industrielle Vorteile, sondern ganz einfach darum, ob in der nahen ob es möglich sein wird, ihnen mit einer erneuten Entwickelung der ob es möglich sein wird, ihnen mit einer erneuten Entwickelung der deutschen   Industrie weiteren Erwerb zu schaffen. Die Frage der industriellen Interessengemeinschaft zwischen Deutschland   und Frant reich darf daher nicht parteipolitisch angesehen werden und schon deshalb habe ich mich der Parteipolitit grundsäglich ferngehalten. Indem ich Sie um Veröffentlichung dieser Zuschrift bitte, bin ich mit dem Ausdruck vorzüglicher Hochachtung ergebenst Arnold Rechberg  .

Auf den Schultern Thälmanns.

Ein übereifriger Staatsanwalt.

Der Hessische Boltsfreund" veröffentlichte am Tage ber Bereiidigung Hindenburgs eine Rarifatur, die das Berhalten der Kommunisten bei der Präsidentenwahl geißelte. Es handelt sich um eine fünstlerisch nicht gerade glückliche, aber gesetzlich voll fommen einwandfreie Nachzeichnung des bekannten Bildes Hinden burg auf den Schultern Thälmanns, das auch im Vorwärts" und in zahlreichen Provinzzeitungen erschien.

Die Staatsanwaltschaft in Darmstadt   hat an dem Bilde Anstoß genommen. Sie sieht in der Karikatur eine Be leidigung des Reichspräsidenten  . Man fragt sich er­ftaunt: wie tommt ausgerechnet der Staatsanwalt von Darmstadt  zu dieser Auffassung? Er steht allein auf weiter Flur.

Die Zeichnung wendet sich, wie gefagt, gegen die Kommu­nisten. Sie versinnbildlicht in ironischer Form die guten Dienste, die die Kommunist en den Rechtsradikalen bei der Präsidenten mahl geleistet haben. Ohne die Kommunisten wäre Hindenburg  nicht gewählt worden. Transportarbeiter Thälmann an der Arbeit!

Die Karikatur wendet sich also gar nicht gegen den Reichs­ präsidenten  , fie richtet sich gegen die Kommunisten. Bergeẞt nie, daß die Kommunisten Hindenburg   zum Siege verholfen haben!" ftand als Motto auf der vom Hessischen Volksfreund" gebrachten Wiedergabe der Zeichnung. Ist eine Gloffierung der Politik der KPD.  - Zentrale eine Beleidigung?

Bartning   fam als bewährter Pfleger später hinzu, Jdealisten mit Ernst, Fleiß und können haben die Siedlung bezogen und belebt. In Wohnungen und Werkstätten, überall ist es hell, freundlich, luftig, bequem. Alle Erzeugnisse find materialgerecht, tunstvoll und doch wohltuend unverschnörkelt, gleichgültig, ob es sich dabei handelt um formgerechte Kleider, Wandteppiche, Bastarbeiten, um Ton­geformtes, Getischlertes, Gedrechseltes, Geschnigtes, Geschmiedetes, Getriebenes; Geschmack und können findet man überall, manches erinnert auch an das Bauhaus. Die Aussicht auf den großen stillen See und auf Alt- Ruppin, die träumende Stadt, ist wundervoll. Gildenhall steht, in Gildenhall wird rüstig gebaut, Gildenhall wächst. Eine fleine Handwerksstadt mit großer Zukunft! Nicht Geld, sondern Werk beglückt heute 120 Menschen, bald vielleicht 500, einmal in weiter Ferne, so hofft man, Tausende. Und das ist dann das Glück von Gildenhall!

Italienische Theaterrevue vorm Mikrophon. Größere Gegenfäße sind nicht denkbar: Kurz vor 5 Uhr im wilden Lärmgehäuf vom Potsdamer Plaz zu stehen, wenige Minuten später im festhellen, stoffreich abgetönten Radiosenderaum vom Borhaus. Feierlich still ist's da oben, zahllose Schilder, die gebieterisch Ruhe verlangen, ermuntern felbst zum zartesten Geflüster nicht, der Unbe­teiligte wird in einen weichen Polstersessel versenkt, er wartet, er schaut, er hört, er staunt

Gestern nachmittag wurde der zweite Teil der Serienveran­ftaltung Das europäische Drama von heute gefuntt, Italien   war an der Reihe, Dr. Jo Lherman   hielt einen ein­leitenden Vortrag: sehr interessant, sehr vielfarbig, aber bei den zahl­lofen Möglichkeiten zwischen Banalität und Fachfimpelei für den Durchschnittshörer vielleicht doch etwas zu schwer. Typische Aus­prägung fand das Wesen d'Annunzios und Mosellis als Vertreter der primär dynamischen und heroischen Richtung, die Eigenart von dem Dialektiker Pirandello, einer derben Uebersetzung von Ostar Wilde, von Martini für Komik und Groteste, von Rosso di San Secondo für Romantik und Ueberrealismus, von Marinetti   als Futuristen.

Das rote Licht verlöscht, der Zeiger des seltsamen Apparates an der Wand hört auf zu vibrieren, Bause. Jezt versammeln sich die Schauspieler vorm Mikrophon, einige Requisiten werden herbeige schleppt, Chor marschiert hinter einem tonmildernden Vorhang auf, fchon leuchtets wieder rot, jest Achtung! Achtung! Sie hören jegt eine Aufführung von Pirandellos einaftiger Komödie Der Man kann also wirklich nicht behaupten, daß es sich hier um Musikant" Das ist eine nette einfache Geschichte eines armen Mufitus, der nichts weiter hat hat als eine Flöte und die Erinnerung feige Weltflucht handelt, macht doch auch Selbsterhaltungstrieb reales, faufmännisches Denten und Handeln notwendig. Nur, daß an und die Hoffnung auf Terefina, die er entdeckte, die er förderte, parteimäßig gesehen unpolitische Unternehmen eben da die er hochzog' und die sich völlig von ihm meg entwickelt hat. Er durch nicht privattapitalistisch ist, daß aller Verdienst direkt oder lebt abmärts, fie nach oben, er haßt, sie versteht nicht; mild ist das indirekt der Allgemeinheit zugute fommt. Trozdem trägt man feine Werk und menschlich für Pirandello aber, worauf es antam, Blafate vom neuen Menschen" in der Welt umher, gibt keine Zeit- taum restlos typisch. schrift heraus, hat keinen Berlag aufgemacht, unterhält feinen Propa- Zum Schluß wird noch eine sehr interessante Szene aus dem gandachef, man ist überhaupt ganz unpathetisch in Gildenhall.. Kor- zeiterfüllten Drama Maschinenangst" Don Ruggero Va­porative Bescheidenheit ist ja sonst ebenso selten wie persönliche. sari gelesen, Hartung will sie auf seiner Bühne im tommenden Gildenhall steht seit 1922, der Verein Freiland" hat's ins Leben Winter zur deutschen   Uraufführung bringen, dem Urteil der Theater­gerufen, der Architekt Heyer war Geburtshelfer, der Baumeister fritif sei deshalb nicht vorgegriffen. Aber erwähnt muß noch

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Gewiß, die Allianz zwischen der RPD.- Sentrale und Sen Deutsch nationalen ist eine sehr enge, wie die Präsidenten­mahl bewiesen hat. Aber daß sie so weit geht, baß deutschnationale Staatsanwälte in einem satirischen Angriff auf die KPD. eine Be­leidigung sehen, ist denn doch etwas Neues.

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Aber der Darmstädter   Staatsanwalt sieht in der Karikatur feine Beleidigung der KPD  , sondern eine Beleidigung des Reichs­ präsidenten  ! Eine zeichnerische Gloffe über die Politik der KPD. eine Beleidigung des Reichs präsidenten? Betrachtet man die Karikatur unseres hessischen Parteiblattes ein wenig genauer, so entdeckt man, daß dem Zeichner, der das Bild reproduziert hat, die Wiedergabe nicht ganz geglückt ist. Sollte darin der Staats­anwalt in Darmstadt   eine Beleidigung des Reichspräsidenten er­blicken? Das hieße den Sinn der Karikatur umfälschen, um auf einem gewaltsamen Wege zu einer Beleidigungsklage zu tommen.

Staatsanwalt und Republik  .

Reißt ihn herunter, den Fehen der Republik  !"

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Halberstadt, 22. Juni.  ( Eigener Drahtbericht.) Vor dem Schöffengericht in Quedlinburg   fand eine Verhandlung gegen den pöltischen Frattionssetretär Fahrenhorst Berlin statt. Der Angeklagte hatte am 1. Dezember v. J. in einer völkischen Bersammlung in Quedlinburg   die Arbeiter aufgefordert, sich unter der schwarzweißroten Fahne mit dem Hakenkreuz zu sammeln und ihnen dabei zugerufen: Reißt ihn herunter, den Fehen der Republic, Schwarz- Rot- Moftrich!" Wegen dieser Beschimpfung der Reichs­farben hatte sich Fahrenhorst zu verantworten. Er gab zu, von einem Fegen der Republik  " gesprochen zu haben, will damit aber nichi die Reichsfahne, sondern das Reichsbanner Schwarz- Rot- Gold" gemeint haben. Diese Organisation stehe Gott sei Dant!" noch nicht unter dem Schuße der Gesetze und er werde sie daher auch weiterhin beschimpfen. Es wurde in der Verhandlung nur ein Zeuge ver­nommen, der bestätigte, daß Fahrenhorst sich in der genannten Weise wörtlich geäußert habe. Der Oberstaatsanwalt Kröber­Halberstadt wußte den Angeklagten in seinem Plädoyer so ge­schidt zu verteidigen, daß das Gericht auf eine Geldstrafe von 300 Mart erfannte, obwohl nach dem Gesetz zum Schuße der Republit auf Gefängnisstrafe hätte erkannt werden müssen.

Der Reichsbannertag in Breslau  . Rathenau  , Erzberger  , Ebert- der Wille der Republik  .

Breslau  , 22. Juni.  ( Eigener Drahbericht.) Der Gautag des Reichsbanners in Breslau   ist zu einer gewaltigen Rundgebung des republikanischen Geistes geworden. Noch nie hatte Breslau   so ganz im Zeichen der schwarzrotgoldenen Fahnen gestanden. Rund 28000 Mann, die dem Jugendnachwuchs angeschlossen, stellten fich in die Reihen unserer Kampforganisation.

Die Fahnenweihe in dem Neubau des Breslauer Messehofes hielt der frühere Polizeioberst Genosse Schüzinger, der an die toten Kameraden des Krieges erinnerte und unter stürmischem Beifail das Gelöbnis für die Massen ablegte, nie mehr Landsknechtsdienste auf sich zu nehmen. Dr. Kraneburg, der Sprecher der republi­tanischen Zentrumsjugend, gelobte Treue zur Republik  . Der demo­fratische Senatspräsident Dr. Großmann nannte Rathenau  , Erzberger und Ebert als die tostbarsten Menschenopfer der drei Parteien für den neuen Staat. Reichstagspräsident Genosse Löbe wies darauf hin, daß Schwarz- Rrot- Gold zehnmal älter ist als Schwarz- Weiß- Rot und daß eine Einigung in der Flaggenfrage niemals durch die Beseitigung der republikanischen Farben hergestellt werden könne. Wer zerbrechen wolle, was das Reichsbanner be­mache, risfiere, daß das Bolt zerbrochen werde. Auch die Friedens freunde verehrten ein Heldentum, das Heldentum eines Amundsen, eines Nansen oder des namenlosen Bergarbeiters, der in der Grube dem gefährdeten Bruder zu Hilfe eile.

In dem gewaltigen Zuge der Reichsbannerleute fiel besonders eine Gruppe von Stahlhelmmüßen mit republi­tanischer Rotarde auf, es handelt sich um eine niederschlesische Gruppe, die geschlossen vom Stahlhelm zum Reichsbanner über­gegangen ift.

werden, daß hierbei und beim Birandello Jlfa Grüning, Sonja Bogs, Wilhelm Dieterle   und vor allem Alfred Braun   sich neben anderen als Sprecher von echtem Theater, Berzeihung: Radioblut zeigten. Und anzufragen wäre: 3ft es nicht möglich, diese inter­effante Bortragsreihe im Hinblick auf die weit höhere Zahl der Hörer in Zukunft abends stattfinden zu lassen? Ergo.

Erlebnisse eines Spaziergängers um die Welt. Ich habe sechs Baar Schuhe auf unserer bisherigen Reise abgetragen, meine Frau aber trägt schon ihr achtes Paar." In diese Worte faßte W. J. le Rour die bisherigen Ergebnisse seiner Weltwanderung, die er mit feiner Frau unternimmt. Er ist jetzt in London   angekommen, nach dem er 12 000 Kilometer zu Fuß zurückgelegt hat, etwa ein Drittel bes Spaziergangs rund um die Welt, den er sich vorgenommen. Wir marschierten aus Johannesburg   im Dezember 1922 los mit nur ein paar Pfennigen in der Tasche," berichtet er meiter. Nie­mand ist vor uns ganz um die Erde gewandert, obwohl es viele versucht haben. Wir wollen es mun probieren, nicht um einer Bette willen, sondern in der Absicht, unsere Erfahrungen in einem Buch zu verarbeiten. Wir haben schon 900 Photographien aufgenommen und verdienen uns unseren Unterhalt durch Borträge. Hotel­rechnungen fönnen uns nichts anhaben, denn mir führen alles don der Kochpfanne bis zur Zahnbürste in unserem Schubkarren mit, der uns auf dem ganzen Wege begleitet hat. Die Räder haben schon nach meiner Berechnung 50 Millionen Umdrehungen gemacht." Das wunderliche Paar, das in wasserdichten Mänteln im Freien schläft, hat schon manche nicht alltägliche Abenteuer durchgemacht. 3m Bululand stießen fie auf Schlangen, die einen Umfang von 18 Zoll hatten. Ich tötete etwa zwei von diesen Tieren jeden Tag, und die Schlangen taten uns nichts. Auch mit den Eingeborenen tamen wir gut aus; sie halfen uns nach besten Kräften. Die Welt­wanderer haben berechnet, daß sie bisher auf ihrer Reise durch Afrifa, Aegypten   und Europa   bis nach England etwa 13 Millionen Schritte zurückgelegt haben. Sie begeben sich jetzt nach Amerita und bann nach Neuseeland  , Australien  , China   und Japan  . Sie hoffen, den gesamten Weg von etwa 40 000 Kilometern in meiteren Dier Jahren vollendet zu haben.

3m Renaissance- Theater findet die Uraufführung von Attaf end­gültig beute, 8 Uhr, statt. Die für Montag, den 22., gelösten starten haben für heute Gültigkeit.

Bühnenchronit. Am heutigen Tag findet ein doppeltes Jubiläum in der Tribüne statt. Jakob Ziedtte feiert seinen 50. Geburtstag und der Schwank Hübsches Mädchen zu verschenken seine 25. Aufführung.

Biffor Barnowski, der frühere Zeiter des Berliner   Leffingtheaters, hat bor   längerer Zeit schon von dem Theaterkonzern Meinhard- Bernauer die beiden Berliner   Theater, das Romödienhaus" und das Theater in der Königgräßer Sraße" übernommen. Nunmehr hat er vom Direktor Eugen Robert   auch die" Tribüne" hinzugepachtet.

Eine Rathenau  - Ausstellung wird am 24., dem Todestage Rathenaus, non der Werffreude G. m. 6.5., Botsdamer Str. 104, eröffnet. Sie bringt Schriften von Rathenau   und über ihn.

Zum Infendanten der Breslauer Oper wurde Prof. Thurnau   aus ten gewählt.