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Mittwoch 24. �unf 1425
Unterhaltung unö AAssen
Seilage öes vorwärts
Moderne Raubritter. Von Adolph Hoffmann  . Die jetzt bevorstehenden Zollkämpfe rufen bei mir Erinnerungen wach aus dem Ende des vorigen Jahrhunderts. Die Kämpfe um die Zölle tobten in und autzerhalb des Parlaments; besonders heftig um die Kornzölle. Graf Könitz, der Dater des jetzigen so hoffnungsvollen repu­blikanischen Ministers, wollte den An- und Verkauf des Ge» treides monopolisieren. Sein Antrag führte zu dem bekannten Wortspiel:.Kein Kanitz. keine Kähne! DieP a t e n t p a t r i o Fe n" wollten alsodas Vaterland wehrlos machen" und die Marinevorlage ablehnen, wenn der Antrag Könitz nicht angenommen würde. Wie sagte einst Voß? Das Vaterland? Was Vaterlandl Der Topf, der Topf ist Vaterland! Das übrige find Fratzen!" Und daher oeränderten sich dieseFratzen" je nachdem, ob der Geldsack anschwoll oder zusammenschrumpfte. Der Geldsack ist immer das Barometer dieser Vaterlandsliebe, die Fratze die Skala,
Die einen wollten nur Lebensmittelzölle, die anderen nur Im dustriezölle. Es ist gewiß niedlich und zeitgemäß, daran zu erinnern, daß es das Organ der ostelbischen Junker war,DieDeutscheLandes- z e i t u n g", das damals das Bild eines fetten Kapitalisten vor seinem Geldschrank brachte und darunter die Worte: Gold bringt der Hand keinen Schmutz, Wir schwärmen für Zollschutz, Er füllt uns die Kassen Auf Kosten der Massen." Natürlich revanchierten sich die Industrieritter bei den Nach- folgern der Quitzows, Köckeritze und Itzenplitze. Sie brachten in dem damals noch nationalliberalenKladderadatsch" ein Voll- bild, darstellend einen modernen Rittergutsbesitzer in seinem Ahnen- ""*""*> im des ....,. Icheint. Zu dem Bilde wurde ein Gedicht gegeben, das heute wieder voll- kommen aktuell fein dürfte und der Nochwelt erhalten bleiben muß. Ich will es aus dem Gedächtnis zitieren: Der Freiherr sitzt im hohen Saal allein in stiller Nacht Und rechnet, was im letzten Jahr ihm Feld und Wald gebracht. Doch als die zwölfte Stunde schlägt, fährt er erschreckt empor, Aus dem geheimen Wandschrank tritt des Ahnherrn Geist hervor. Es seufzt der Geist:Ich schlafe schlecht, nicht find' ich Ruh' im Grab. O weh, wie kam mein edler Stamm so jämmerlich herab. Gefürchtet war mein Name einst zehn Meilen' rings im Land. Manch reicher Kaufherr hat gefühlt die schwere Rittershand. Im Eisenharnisch zog ich aus mit meiner Knechte Troß, Mit reicher Beute kehrten wir zurück ins feste Schloß. Daß du so ganz entartet bist, mein Sohn, das tut mir web, Mir wird schon übel, wenn ich dich an deinem Schreibtisch seh'. Wie rinnt dos alt« Heldenblut in deinen Adern matt,. Du sitzest über'm Kontobuch und hältst ein Börsenblatt?" Da springt der Freiherr zornig auf und ruft:Ich bitte sehr, Was du zusammen auch geraubt, der Kornzoll der schafft mehr. Bich hier die Summen, die er mir im letzten Jahr gebracht.
Sieh hier die Summen, die er mir im letzten Jahr gebracht. Hast einen solchen Abschluß du im Leben je gemacht?" Der Geist neigt sich auf's Kontobuch und spricht:Ich sag e« frei, Dagegen ist, was ich geraubt, die reine Lumperei." Das war einst nationalliberal! Die ParteiDrehscheibe", wie man sie damals nannte, hat sich seitdem sehr ost und energssch gedreht. Die Geister von ehemals sinden heute keine Unterkunft mehr. Ja, die ehemaligen Raubritter sind übertrumpft, sie sind gegen ihre Nachfolger die reinen Straßennepper geworden. Diese Nachkommen sind von ihren Burgen herabgestiegen, wohnen jetzt mitten unter dem Volke, haben alle Tage die Hände in den Taschen des Volkes und der arme dumme Michel merkt gar nicht, wie er bei jedem Bsssen, bei jedem Handgriff von dem modernen Raubrittertum nach allen Regeln der Buschklepperkunst von ehemals, aber mit Riefenerfolgen für heute ausgeplündert wird. Ja, wie sagte der Dichter? Rauben und Plündern ist kein« Schand, Das tun die Edelsten im Land." Wer sie daran hindern will, dem schreiben die Nachfolger der Köckeritze und Itzenplitze, heute Consul usw. genannt, zwar nicht mehr
Feitungspleite.
die Nornen haben ssch ein Spiel ersonnen: dem Lanö zur Schanüe unö dem Volk zum Hohn Hat Eitelkeit vermessen angesponnen das Truggewebe frecher Reaktion.
demagogie, nachdem es gut begonnen, Greift, höhnisch lachend, nach dem Jaden schon, Und doch: die Todesschere führt im Streite der Schweftern dritte. Und sie heißt: Iran   Pleite!
wie ehemals am Schloßtor zu Köpenick   an die Türpfosten:Sochimke, Iochimke, hüte di, kriegen wi di, so hangen wi dil  ", sondern sie haben an Stelle des Hängens   das Abkillen im Großbetrieb einge- führt. Wie dieser Großbetrieb hemmungslos arbeitet, dafür brauche ich nur die Namen RatHenau   und Erzberger zu nennen, die, ob- wohl Fleisch von ihrem Fleisch, d. h. bürgerlich, beseitigt wurden, weil der eine ihre Ausbeutungs-, der andere ihre Steuerabwälzungs- Politik gefährdete. Proletarier, wann blast ihr den modernen Raubrittern den Kehraus? Zn der Gewalt de» Samum. Wird der Europäer je die Schrecken der Wüste überwinden? Nicht nur Hitze, Durst und Wüstenräuber bedrohen ihn: furchtbarer noch ist das Rasen des Samum, des Wüstensturmes, der auf der Wüstenfläche jene ungeheuren Sand- berge in Bewegung setzt, die noch fürchterlicher sind, als die Wogen des Meeres. Selbst die französischen   Offiziere, die im Winter 1922 zum erstenmal die Wüste Schara nicht aus Kamelen, sondern in Automobilen durchquerten, haben seine unheimlich« Gewalt schau- dernd erfahren. Im Tagebuch ihrer Wüstenfahrt(Haardt-Dubreuil, Die erste Durchquerung der Sahara   im Automobil", Vowinkel- Verlag, Berlin  ) geben sie eine anschauliche Schilderung des über- mächtigen Ansturmes. Zuerst sieht man am Horizont nur emen beinahe unsichtbaren Schleier. Der Erfahrene erkennt in ihm nicht ohne Beklemmung den Vorläufer des Samum. Allmählich nimmt der Dunstschleier eine rötliche Farbe an und es scheint in ihm zu brodeln. Er verdichtet sich zusehends und bat bald den ganzen Gesichtskreis ausgefüllt. Mit einem Male braust die erste Woge
heran und schlägt mit aller Gewast ms Gesicht der Ressenden. Der Sturm wird immer stärker. Ganz« Sturzseen von Sand brechen herein. Ein« undurchsichtige Luft umgibt sie, die so verdichtet jst, daß sie den Eindruck eine» festen Körpers hervorruft. Die Wagen müssen dicht angeschlossen fahren, um sich nicht zu verlieren. Sind Geschichten von Karawanen, die im S«md« untergingen, Märchen? Gewiß nicht, die Reisenden gehen im Samum verloren mit Mann und Maus, genau so, wie auf dem Meere. Dunkle Schriftsteller. Balzac   darf als Schulbeispiel eines Schrift- stellers gelten, der, wenn auch glücklicherweise nur selten, dann aber mit aller Absichtlichkeit beim Schreiben dem Grundsatz huldigte: Herr, dunkel sei der Rede Sinn!" Als der Zeichner Bertall, den einst der Verleger Balzacs mit der Illustrierung eines Buches des großen Romandichters betraut hatte, bei Balzac   Rat holte, ant- wortete ihm dieser gelassen:Sie haben ganz recht: da? ist ein Gallimathias, den ich aber absichtlich niedergeschrieben habe. Es ist ganz gut, wenn sich der Leser manchmal den Kopf zerbricht, um den Sinn einer Stelle herauszubekommen, denn das, was klar ist, erscheint ihm nur zu ost auch leicht, und dann verfällt er gerne aus den lächerlichen Gedanken, daß er letzten Endes vielleicht selbst sähig wäre, das zu tun, was wir machen. Wo sollte denn dann das Prestige des Dichters bleiben?" Auch Victor Hugo   hielt es mitunter ähnlich. Einer seiner Verehrerinnen, die ihn einst schüchtern bat, ihr den Sinn eines Verses, der ihr unverständlich geblieben war, zu erklären, antwortete er:Als ich diese Verse machte, waren der liebe Gott und ich die einzigen, die sie verstanden. Heute versteht sie nur noch der liebe Gott!"
Der Clown.
21 von Hans hyan  . Er drohte ihr mit dem silbernen Knauf der Gerte.Du, das kann ich dir sagen: Wenn der Muejöh zu viel macht!... Du weißt doch, ich Hab schon manch einen auf den Gang gebracht..." Sie blinzelte ihn lächelnd von der Seite an, er aber gab ihr schnell einen festen Kuß und ging mit großen Schritten davon... Hinter der Leinwand, in dem überdachten Zelt, stand mitten in der Manege Minka und übte ihrem kleinen Bären da» Kopfstehen yin. Aber der kleine Tolpatsch, der nicht viel größer als ein drei- jähriges Kind war, brachte das nicht heraus: immer wieder lag er auf seinem braunen Buckel, und es gehörte die ganze Ausdauer der geübten Dresseuse dazu, angesichts dieser fortwährenden Ungeschick- lichkeit nicht ungeduldig zu werden. Dabei war es ein reizendes Bild, in dem goldig braunen Licht der durch das Zeltdach dringenden Sonne die schlanke, mit einem allen roten Zeltdach, Tressenrock und kurzärmeliger, weißer Bluse bekleidete Mädchengestalt zu sehen, bei der jede Bewegung Kraft und Grazie verriet. Bei dem schnellen Hin und Her ihrer bieg- samen Glieder flogen die langen, schwarzen Locken, und der Hals wurde frei und die runde Schuller, die etwas von dem Goldton der reifen Orange hatten. Nicht weit von ihr stand August Rembacher, die langen Glieder mit einer schwarz und weißkarierten Hose, die ihm viel zu.weit war, und einem alten, verschossenen Frack von roter Farbe bekleidet, den ehemal» ein Parsorcejäger getragen haben wachte. Die Arme ließ er hängen, und sein ganzer Körper sprach von einer Melancholie. der das merkwürdige Gesicht einen Schimmer von Humor verlieh... Denn dieses Besicht war in der Tat ungewöhnlich: es hatte sehr hohe, schwarze und volle Halbkreise beschreibende Augenbrauen, einen feinen, schmollippigen Mund, der fast frauenhaft erschien, unter der großen Hakennase, und ein paar grundgute Augen, die sich offenbar nach der heiteren Seite des Leben» sehnten... Wie.n Huhn im Regen!" sagte Minka. die ihrenMurx" aus die Hinterbeine stellte und ihn so tanzen-ließ. Warum sind Sie denn ewig so traurig?"
Bei der Frage pfiff sie und ließ ihre vier schlohweißen Terrier in Schlangenlinien um den drollig einhertappenden Petz laufen. Das kommt Ihnen nur so vor, liebes Fräulein.. eigentlich bin ich immer so gewesen... Das heißt, jetzt natürlich, wo ich fort muß von Ihnen..." Er stockte. Das Mädchen schlug mit ihrer Gerte nach dem einen Terrier, der den Bären in die Schenkel zwickte, und überhörte die letzten Worte absichtlich. Doch wurde die Röte auf ihren Wangen lebhafter... Was sind Sie denn eigentlich früher gewesen?" Kaufmann..." Na, und konnten damit nichts verdienen?"> Ach!" sagte er.Fräulein Minka, lassen wir das man lieber!... Ich habe kein Glück... ich kann anfassen, was ich will!" Und dabei weiß man nie, wenn Sie so sprechen, ob Sie es auch wirklich so meinen!... Wissen Sie, August... Ihr Gesicht ist so... so komisch ist es!... Ich meine nicht etwa häßlich... nein, aber... Sie haben auch ohne sich zu schminken, ein richtiges Clowngesicht..." Ja," er kraute sich in seinem dunkelblonden, etwas wirren Haar,das is es ja gerade!... Wenn ich irgendwo sagte:'s geht mir schlecht, glauben's die Leute einfach nicht.Der lacht ja immer!..." Aber ich lache nicht! Nein, wahrhaftig, Fräulein Minka!... Und jetzt am wenigsten, wo ich von Ihnen fort soll!... Na, hat denn Papa gesagt, Sie sollen gehen?" fragte das Mädchen, bcknüht, abermals das Gespräch abzulenken. Nein, aber übermorgen ist der Erste, da werd' ich's ihm sagen, daß ich nicht länger bleibe... Ich kann doch nicht umsonst alles annehmen!" Na, Sie helfen wir doch beim Dressieren... und... und Sie machen sich doch auch so noch nützlich... Er schüttelte den Kopf, und selbst jetzt, wo er tiefbewegt war, hatte die Tragik seiner Züge etwas Groteskes. Nein, nein, liebe MInkal Sie sind gut, aber Ihr Vater, der sieht mich lieber gehen als kommen! Und ich kann's ihm ja auch gar nicht mal übelnehmen!... Ich seh's ja selber ein, daß ich nicht zu brauchen bin... Na, und von Ihrem Schwager will ich gar nicht reden, der sagt mir'» ja direkt Ins Gesicht, ich wär' ein unnützer Fresser!... Ich..
Wollt ihr wohl," rief die hübsche Schwarzhaarige, froh, einen Grund zur Unterbrechung des ihr so peinlichen Gesprächs zu haben. Und wie der Wind war sie hinter den Hunden her, die den kleinen Bären durch die Manege hetzten, der von Zeit zu Zeit standhielt, und dann einen von den Terriers mtt einer wohlgezielten Backpfeife in den Sand kollern ließ... Doch als sie ihre Tiere wieder zur Räson gebracht hatte und sich umwendend, den langen Menschen dort drüben mit Tränen in den Augen stehen sah, da ging sie rasch hinüber zu ihm und sagte: Lassen Sie man, August, wenn die anderen auch schimpfen, ich bin Ihnen doch gut..." Und der Mann starrte immer noch träumend und ungläubig der lieblichen Erscheinung nach, als diese mit den Hunden und dem Bären längst hinter der Zeltleinwand verschwunden war. An diesem Abend ging bei Beginn der Vorstellung alles bunt durcheinander. Mister Murphi lag wieder einmal hinten beim Wagen und war nicht imstande, auf die Beine zu kommen. Er machte das leider ost so und verdarb damit mehr als eine Vorstellung, der> er durch seine humoristische Gabe alsKlohn" erst die rechte Würze geben sollte. Eigentlich hieß Mister Murphi Hein Lehmann und warvon de Waterkant", woher er auch wohl die leidenschaftliche Vorliebe für gebranntes Wasser mitgebracht hatte. Aber das war sehr ärgerlich! Gerade heute, wo die Leute die Leinwandbude bald sprengten.... Wer sollte denn die Pausen aus- füllen, und wer machte die Kinder lachen, die Kinder, ohne deren Gunst ein Wanderzirkus einfach nicht bestehen kann! Dunderlichtingl" wetterte der alte Rasmussen.Dor bliewt mi ja nix anners übrig, als selbst den Hanswurst to maken!...Aber ick kümm' doch gleich nachher wedder mit minc dree mitten Pierd!.. Dat geiht doch nicht!..." 'Soll ich, Vater?" fragte die immer bereite Minka. , min Döchting, noch nich! Aber do bist noch die einzige, uff die man sich vertaten kann!" Na, na, Vater!" sagte der gerade herzutretende Clement,wir tun doch alle, was wir können!... Soll ich raus?" Der Alte nickte. Und Clement ließ den Schimmelhengst in die Manege kurbettieren. (Schluß soJgL)