Sonntag
28. Juni 1925
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Alus der Film- Welt
Von Erich Pagel.
In jeder Woche werden uns neue Filme, gute und schlechte, inländische und ausländische vorgeführt. Aber während man ein Buch immer wieder lesen, ein Gemälde immer wieder( fei es auch in einer Nachbildung) betrachten, oder ein Theaterstüc vielmals safführen lassen oder wenigstens lesen fann, liegt die Sache beim Füm bekanntlich anders. In Berlin laufen selbst Schlager höchstens einige Wochen, um danach gewöhnlich für immer aus unserem Gefichtskreis zu verschwinden. Manchen Film, zu dessen Besichtigung man feine Zeit fand, möchte man gern später noch einmal sehen; manchen schönen Film( wie etwa Hoffmanns Erzählungen ", „ Hanneles Himmelfahrt"," Luise Millerin") würde man nach Jahr und Tag mit Freuden wiedersehen.
Warum gibt es eigentlich so wenig Neuvorführungen" im Filmwesen?*) Läßt die Maffe der stets neu auf den Markt ge worfenen Filme nur zu„ llraufführungen" 3eit?( Unter Urauf führungen" verstehe ich hier natürlich auch die erste Aufführung von ousländischen Filmen bei uns.)
Hierzu kommt noch etwas: Der Film hat bereits seine Ge schichte. Denken wir zurück an die Zeit vor 15 bis 20 Jahren! Welcher ungeheure Wandel des Geschmacks und der Technit! Kaum erinnert man sich noch jener Einlagen, wo uns der neueste Operettenschlager oder eine luftige Szene mit Grammophonbegleitung vor geführt wurde; befand sich das Grammophon in genauem Einflang mit dem Film, so war die Sache gar nicht einmal übel. Sehr intereffant war auch immer der geographische Film, der die Fahrt durch irgendein schönes Fleckchen oder eine Landschaft unseres Erdballes zeigte.( Diese etwa 15 Minuten währenden Borführungen find leider ganz abgekommen.) Recht humoristisch muten uns in der Erinnerung auch die primitiven und heiteren Stüde an. Aber eine Frage: Wo sind alle diese Filme, die uns in der Rinodämmerung" entzückten, wo find ferner alle Filme der letzten 20 bis 25 Jahre geblieben? Hat niemand daran gedacht, sie für die Nachwelt zu ſammeln? Mit dieser Frage komme ich zu meinem Vorschlag, den ich hiermit der gesamten Deffentlichkeit, insbesondere aber der Filmwelt, unterbreite.
Ich denke an die Schaffung eines besonderen Gebäudes in Form eines Museums oder einer Bibliothet, das ich furz und gut deutsch Filmhaus" nennen möchte. Es hätte erstens einmal die Aufgabe, zu sammeln, und zwar nicht nur die guten Filme, sondern cuch einige schlechte( zum abschreckenden Beispiel), sowie vor allen Dingen auch die älteren Filme, um an ihnen die Entwicklung des Films zeigen zu können. Dabei würde ich sofort die besondere Einrichtung einer wissenschaftlichen Abteilung empfehlen, die die sogenannten Kulturfilme, Lehrfilme, geographischen, völkerkundlichen und ähnlichen Filme zu sammeln hätte. So tönnte z. B. durch möglichst vellständige Sammlung aller Dölferfundlichen Filme( auch solcher, mie die des verstorbenen Forschungsreisenden Roch- Grünberg, die nur einem geladenen Publikum vorgeführt wurden) eine sehr wünfchenswerte Bereicherung und Ermeiterung unserer geschriebenen völkerkundlichen Literatur erfolgen. Ob man neben den Filmen auch eine Sammlung in bezug auf das Filmgewerbe( Apparate, Ausstattungen usw.) veranstalten will, halte ich für eine reine 3med. mäßigkeitsfrage.
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Natürlich soll das gesammelte Material auch verlebendigt werden. In einem Vorführungsraum des Filmhauses" müßten öfter interessante ältere Filme oder nicht mehr gespielte wissenschaft. liche Filme gezeigt werden.
Der Silberkönig" der Nevada. ( Mozartsaal.)
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Der Gilbertönig", ein funstmäßig dreffierter prachtvoller Schimmel, und sein Reiter, der Comboy Jad Taylor find die Helden dieses im amerikanischen Wildwest spielenden Filmes. Die Liebesgeschichte, die den Vorwand zur Handlung abgibt, ist wie alle amerikanischen Liebesgeschichten rührend schön", und die Psychologie der Menschen arbeitet mit dem befannten Schema: gut- schlecht. Jack Taylor verteidigt die von zwei Städtern Bruder und Schwester ererbte große Farm, die Tausende von Rindern zählt, gegen den Leichtsinn des als tomische Figur gezeichneten neumodischen Erben und die Machinationen der Halsabschneider, die sie in ihre Hände bringen wollen, unter Einfaz seines Lebens und erringt natürlich die Erbin. Die Hauptsache sind die tollfühnen Ritte und die Kämpfe mit dem Begner, einem Indianerhalbblut, die in den maghalsigsten Situationen ausgefochten werden: auf der jäh abschüssigen Bergesspige, auf faft fenfrechten Abhängen, auf denen sich die Gegner über follern. Die fich überstürzenden Sensationen, die zum Teil auf Tricks beruhen, führen schließlich dazu, daß Jack, vom Dolch getroffen, vom Berg in den Fluß geschleudert wird, aber sein treuester Ramerad, der in allen Künsten gerechte und überdies mit fast menschlichen Eigenschaften gezeichnete Silberfönig", rächt ihn, indem er den Gegner mit feinen Sufen tötet und rettet ihn, indem er seinem Herrn in den Fluß nachspringt. Der alte Abenteurerroman ist hier in neues Milieu verpflanzt, die schneidige Brovour, in die sich Pferd und Mensch teilen, ist dieselbe geblieben. Mannigfache Szenen aus dem Leben der Cowboys, wie das Zureiten wilder Pferde, das Zu. fammentreiben großer Rinderherden alles vor dem Hintergrunde einer großer Landschaft, machen den Film auch für den schmackhaft, dem der Heroismus der Leistungen gewaltsam übersteigert vorkommt. Als Beigabe lief der bereits befannte Harald- Mond- Film Doktor Jad", in dem fich der im Ausdrud wenig wandlungsfähige Liebling des amerikanischen Bublifums in immer neuen Situationen als Doktor für alles und schließlich als Herenmeister zeigt, der ein ganzes Haus auf den Ropf stellt.
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D.
*) Es war ein wahrer Genuß, als fürzlich Kohlhiefels Töchter, eines der besten deutschen Filmluftspiele, wieder auftauchte.
Leopold
Nick, der König der Chauffeure.
( Marmorhaus.)
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Da Carlo Aldini ein Sportsmann ist, der über Gewandtheit, tionsfilm für ihn das gegebene Feld. Aldini hat Borbilder, große Kraft und einen schönen Körper verfügt, ist der sogenannte Sensa Borbilder sogar, an denen gemessen Nid, der König der Chauffeure", eine zerflatterte Angelegenheit ist. Nick ist, dem lieben Bublifum zum Gefallen, natürlich ein Prinz, woraus ohne weiteres feine Körperkräfte zu erklären find. Da er ein ruffischer Prinz ist, ergeht es ihm rührend schlecht, er muß als Chauffeur sein Geld verdienen.
Das große Programm
1) Ouvertüre zur Oper„ Der Freischütz ". C. M. v. Weber 2) Szene aus der Oper„ Der Freischütz ", Arie u. Terzett Agathe.. Margarete Randow Aennchen. Anna Stein Max
3)
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Zur Chronik von Grieshuus"
Regie: Arthur von Gerlach Musik: Gottfried Huppertz In der Hauptrolle:
Vorverkaut ohne Aufschlag täglich mittags 12-2 Uhr Ufa - Theater
TURMSTRASSE
( Turmstrasse, Ecke Stromstrasse) Verkehrsverbindungen:
Direkt vor dem Theater halten die Straßenbahnlinien: 3, 4, 11, 12, 13, 14, 19, 21, 44, 45, 56, 113. Autobusiinien: Nr. 11, 28. Stadtbahn: Bahnhof Bellevue
SPIELPLAN
Ufa- Palast am Zoo
Kuriers.endamm
Turmstraße
Taueniz- enpalast
Friedrichstraße
Hollensoriplatz
图
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Kammer chispiele
Alexan erplatz
Weinbergsweg
Fridericus
Rex Dritter und vierter Teil Wocht, 47 0.9 Eonnt, 4, 7, 9 Finanzen des Großherzogs Wochent. 7 u. 9. Sonnt. 5, 7, 9 Junker Hinrichs verbotene Liebe Auf d. Bühne: Szene a. d. Oper ,, Der Freischütz " Wochent. 7 u. 9 Sonnt. 5, 7, 9 Das Cabinet d. Dr. Caligari A.d. Bühne: Im Mitternacht Expressionist. Ballett Wochent. 7 n. 9 Sonnt, 5, 7, 9 Edies Bio Alpine Majestäten Wochentags 7 u. 9 Sonntags 5, 7, 9 Die Liebe des gelben Mannes. Shakletons Todesfahrt zum Südpol. Woobent, 7 u. 9 Sonnt. 5, 7, 9 Wege zu Krait Zend Schönheit Wochentags 7, 9 Sonntags 5. 7, 9
Tragödie der Liebe
III. und IV. Teil Wochent. 7 u. 9 Sonat. 5. 7, 9 Llebilage d Pienschen STUR Wochentags 7,9 Sonntags 5, 7, 9
Beilage des Vorwärts
Aber er spart und mit dem ersparten Gelde fährt er einmal im Jahre ( was gewöhnliche Chauffeure troß größter Sparsamteif nicht fertig bringen) an die Riviera, um dort im früher gewohnten Glanz zu leben. Brogrammäßig lernt er die reiche Partie kennen, die er nach tonnie als Regiffeur über allerlei Mittel verfügen. Er durfte die Ueberwindung ziemlich vieler Fährnisse heimführt. Karl Wilhelm Riviera in aller Bracht und Herrlichkeit photographieren lassen und weds Berwirklichung seiner Ideen fonnte er fich auf so gute Darſteller wie die schöne Barker, Olga Engel , Enders, Garrison und Karl Ebert verlassen. Dennoch blieb alles Geschehen matt. Aldini gibt als Schauspieler nicht viel her und eingeflochtene Artistenkunststückchen zünden nur, wenn das Publikum dabei vor Spannung fiebert. Aber im ganzen Film ist tein Schwung, denn feine Tat tann man der Ursprünglichkeit des Temperaments eines fraftstrozenden Menschen zuschreiben, jedes Wagnis ist konstruiert und darum bleibt alles wirkungslos.
Das geheimnisvolle Haus.
-g.
Der ehemalige ruffische Opernsänger Iwan Mosjutin wird vom Filmpublifum als Charafterdarsteller sehr geschäzt. Der vorzügliche Schauspieler sichert sich immer auf seinen Film einen bestimmenden Einfluß, wodurch er alle seine geschmackvollen Einfälle noll ausmerten tann. Diesmal schrieb er mit dem Regisseur Alexander Wolfoff gemeinsam das Manuftript. Das läßt Dosjutin, den vielgewandten, im 1. Teil, der„ Unschuldig verurteilt" heißt, recht schlimme Dinge erleben. Er wird nämlich fälschlich, da alle Berdachtsmomente gegen ihn sprechen, wegen Mordes verurteilt. Wir wissen, daß der Direktor seiner Fabrit der Mörder ist und ein Amateurphotograph um die graufige Tat weiß. Es bestehen sogar Momentaufnahmen vom Augenblick des Mordes, doch benutzt der Besizer der wertvollen Platten sein Wissen zu Erpressungen. Der Täter ist in seiner Hand. Das ist gewiß. Aber würde der Fabrikbefizer, der durch den Zeugen vom Zuchthaus verschont geblieben wäre, sich nicht auch erkenntlich erwiesen haben? Man tommt wirt. lich zu der Ueberzeugung, der Mann hätte der Wahrheit die Ehre geben sollen und die bescheidene Anstellung als Gärtner des Fabrifbefizers wäre ihm auch zu Teil geworden. Doch soll Mosjufin, der zum Schluß des ersten Teiles der Held einer abenteuerlichen Flucht ist, sich in vielen Masten zeigen, daher diese Verworrenheit. Hoffent lich versündigt sich im Berlaufe der Dinge der Manuscriptschreiber Mosjufin nicht allzu schwer am Darsteller Mosjuftin. Bislang ist diese Befürchtung stärker als die Spannung auf den zweiten Teil. Woltoffs Regie ist fultiviert und verliert bei gänzlich unnötig erscheinenden Sensationen eine gewisse wohltuende Zurückhaltung nicht. In die phtographische Arbeit teilen fich Mundriller, Torpofoff und Burgasoff. Sie liefern nicht nur saubere, sorgsam durchdachte Arbeit, sondern verwenden die Silhouetien der handelnden Personen als sensationell wirkende Neuheit.
Zerstörte Illufionen.
e. b.
Der Film im Film" ist eine sehenswerte Arbeit, die in ben Richard Oswald Lichtfpieten zur Uraufführung fam. Wir sehen, was die Erfahrungen anbelangt, wie der eine auf den Schultern des anderen steht und wie viele grüblerische und eisige Arbeit nötig war, damit der Film wurde. Dann zeigt man die Wandlung des Filmes selbst. Einst war er start äußerlich, stellte nur Bewegung dar, heute ist er verinnerlicht, der wahre Filmschauspieler tommt mit den nappften Mitteln aus. Mancher Operateur arbeitet unter Lebensgefahr, manches ungeheuerliche Filmgeschehen entpuppt fich als stärkster Bluff. Es zerflattert eine Juusion nach der anderen und viele meinen, man hätte gerade dem Publikum die Illusionen lassen sollen. Ultig wirft es, wenn unter einem ungeheuren Lampenpart die Bergpredigt in der Luftschiffhalle in Staaten stattfindet und wenn das Bolt aus Jerusalem auszieht auf's Staatener Feld. Unendliche Mühe verwendet der Zeichner auf die Tridfilme. Der Film macht in der Tat das Unmöglichste möglich und der Filmregisseur fann jeden Gedanken und jede Idee in Bilder fassen. Gutlauntg plaudert man sogar allerlei Kuliffengeheimnisse aus. Man beobachtet sie bei der Arbeit, die tobenden und die ruhigen Regisseure, die großen Schauspieler und die fleinen Statiften, die alle etwas merden möchten und in ihrer Illusion oft schon etwas sind. Manche fehlerhafte Angewohnheit wird verraten, doch interessiert die das große Bublifum taum, da es doch immerhin dem Künstler als Menschen ziemlich fern steht. Alles in allem wird bewiesen, der Film ist teine Spielerei, er ist ernsteste Arbeit. Wie tief aber, tros aller Fortschritte, heute noch mancher Film steht, zeigt dann prompt der Amerikaner Ehemoral". e. b.
Bismard", der Film der Deutschen . Zur Herstellung dieses Films der Deutschen wurde die Bismarc- Film G. m. b. 5. gegründet. Auch einen Schirmherrn" brauchte man. Die Schirmherr schaft übernahm der Reichspräsident, Generalfeldmarschall von Hindenburg. Dann fehlte noch ein„ Ehrenausschuß". Geheimräte, Reichs- und Staatsminister der wilhelminischen Alera, Rittergutsbesizer, Militärs aller Grade vom Major an aufwärts, Prinzen, Brofessoren, Kommerzienräte, Fabritbefizer, Freiherren und Grafen gehören ihm an. Und der Vorsitzende ist Fürst Otto von Bismard in höchsteigener Person. Also: der Film der Deutschen , ein historisches Dokument.
„ Originaluniformen und Kleidungsstücke, Gebrauchsgegenstände, Dokumente und viele andere Stüde " find bereits vorhanden. Gesucht merden nur noch die Darsteller folgender Persönlichkeiten: Fürst Bismard, Roon, Moltke , Wilhelm I , Friedrich Wilhelm IV. , Friedrich III. , Napoleon III. , Ludwig II. und so weiter.
Ueber den Inhalt des Films, der aus zwei Teilen bestehen wird, verlautet bereits einiges. Er beginnt mit der Schlacht bei Jena und endet höchst ahnungsvoll mit Bisionen". Es ist u. a. zu sehen: Bismards Studentenbude in Göttingen , Schlägermensur, Ausbruch ber Revolution, Straßen- und Barrikadentämpfe, die Truppen unter General von Brittmiß im Kampf, Einzug König Wilhelms und seiner Baladine in Berlin , Bismard reitet die Linden entlang, ungeheuer Jubel und stürmische Opationen, preußischer Erzerzierplag und Kasernenhof, Ausmarsch der Garderegimenter aus Berlin , Einzug der fiegreichen Truppen durch bas Brandenburger Tor .
Nach der Flut der Militärfilme, die gerade jegt etwas abgeebbt ist, Militarismus in Hochkultur. Jedes Volk hat die Filme, die es verdient.
Waren adiel WGadiel
auf mein Inserat
am Dienstag
den
30. Juni
Das im
Königstr. Beginn
22-26
1 Treppe am 1. Juli
Saison- Ausverkauf
Gebotene ist überwältigend