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Nr. 303 42. Jahrg. Ausgabe A nr. 156

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Der Borwärts" mit der Sonntags. beilage Bolt und Zeit" mit Gied Jung und Aleingarten" sowie der Beilage Unterhaltung und Wiffen" und Frauenbeilage Frauenstimme" erscheint wochentäglich ameimal, Sonntags und Montags einmal.

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Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands  

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Dienstag, den 30. Juni 1925

Die deutschnationale Parteikrise.

Die Opposition gegen den ,, Landesverrat".

allen Mitteln die Belange der Deutschnationalen Volkspartei   vor weiterem Schaden zu bewahren. Der Vorwärts" und mit ihm die ganze Schar der großen und kleinen Judenblätter wittern Morgenluft und versuchen diese bedauerliche Tatsache für ihre partei­pelitischen Zwecke auszunuzen. Wir erwarten von der Einsicht unserer Mitglieder, daß sie die insbesondere auch über unseren Borsigenden( Herr Laverrenz. Red. d. B.") verbreiteten Gerüchte als das würdigen werden, was sie in Wirklichkeit sind: parteipolitische Klopffechtereien.

Am Sonnabend hat der deutsch nationale Partei| Vorgänge nähere Auskunft zu erteilen. Es kommt darauf an, mit Dorstand beschlossen. die Politik des Reichsaußenministers Dr. Stresemann meiterhin zu unterstützen, d. h. entsprechend dem Dawes- Plan Erfüllungspolitif   zu treiben und mit Frankreich   ein Sicherheitsbündnis unter Verzicht auf Elsaß Lothringen   für alle Zeit zu schließen. Kaum 24 Stunden später hat ein Teil der deutschnationalen Opposi tion auf das Bekenntnis der offiziellen Parteileitung zur Erfül­lungs und Sicherheitspolitik geantwortet. Die Gelegenheit wollte es, daß gerade am Sonntag in Bischofswerda   der All­deutsche Verband Ober- Elbgau" tagte. Seine Mitglieder sind mehr oder weniger führend in der Deutschnationalen   Partei tätig, und gerade deshalb ist der Beschluß dieses Verbandes von einer gewissen Bedeutung. Er fennzeichnet die offizielle deutschnationale Poliitt, menn auch in vorsichtiger Form, als Landesverrat und fordert u. a.:

1. Restlose Ablehnung der Militärkontrollnote. 2. Berweigerung des Eintritts in den Völker­bund, der uns zum Tummelplay französischer Soldateska macht. 3. Einlösung des Versprechens der Reichsregierung, die Schuldlüge des§ 231 zu beseitigen und damit der gerechten Aenderung dieses Bertrages" freie Bahn zu schaffen. 4. Unverzüglichen Berzicht auf den vom Reichsaußenminister Dr. Stresemann selbstherrlich angebotenen, Ehre und Zukunft des deutscher   Volkes vernichtenden Sicherheitspaft".

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5. Sofortige Räumung des unter Vertragsbruch be­fezten Ruhrgebiets und der Brückenköpfe, sowie der Kölner   Zone. Die deutschnationale Opposition verlangt also im wesentlichen vor allem die Erfüllung früherer Versprechungen, wie

fie von Hergt. Westarp und Schiele gemacht worden sind.

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und was

Was haben diese Politiker nicht alles versprochen haben fie gehalten? Nichts hat sich außenpolitisch geändert tro Schiele, Neuhaus und Schlieben  . Es ist also verständlich, wenn die Opposition in der Deutschnationalen Partei von Tag zu Tag größeren Umfang annimmt. Sie erwartet immer noch Taten", während Schiele redet und praktisch den Kurs seiner Bor­gänger wandelt. Was soll das noch werden?

Bescheiden geworden.

Es

Die Nationalpost" ist entschlafen. Geschäftsführer und Herausgeber haben gegenseitig Strafanträge gestellt. ftinft. Die Staatsanwaltschaft beschäftigt sich mit der. Hinter lossenschaft. Der Landesverband Berlin   der Deutschnationalen Bolkspartei ist wieder bescheiden geworden und gibt ein pier seitiges Nachrichtenblatt heraus, das zweimal im Monat erscheint. In diesem Blatte widmet er der " Nationclpost" folgenden Nachruf:

Die Nationalpost" ist den Schwierigkeiten erlegen, die sich schon seit längerer Zeit in ihrem Betriebe gezeigt hatten. Auch der Berliner Volksfreund" hat sein Erscheinen ein: ſtellen müſſen. Ueber die näheren 3usammenhänge ist der erweiterte Vorstand des Landesverbandes in der Sizung am 17. Juni ins Bild gesetzt worden. Seine Mitglieder, die Borfizenden unserer Kreise und Ortsgruppen, merden gern bereit sein, über diese

Vor dem Beginn der Ruhrräumung.

Paris  , 29. Juni.  ( EP.) Der Paris Soir" teilt mil, daß die Räumung der Ruhr feiner neuen diplomatischen Modali­täten mehr bedarf, sondern daß sie jetzt lediglich noch von den mili­färischen Instruktionen des Kriegsministeriums abhänge. Die Zeitung glaubt zu wissen, daß die Räumung ichon in aller­nächster 3eit beginnen werde.

Bochum  , 29. Juni.  ( TU.) In der Bochumer   Etappe werden jetzt täglich kleinere Trupps französischer Soldaten mit Bagage abtransportiert. Auch die französischen   Militärgeistlichen schicken sich an, das Ruhrgebiet   zu verlassen.

Petain   in Koblenz  .

Paris  , 29. Juni.  ( WTB.) Wie Havas" berichtet, ist Marschail Betain auf seiner Inspektionsreise heute in Koblenz   ein­getroffen..

Die neue Luftfahrtnote. Erleichterungen oder Verschärfungen?

Paris  , 29. Juni.  ( Eigener Drahtbericht.). Die Information" meldet, daß Frankreich   seine Zustimmung zu den dieser Tage von der Botschaftertonferenz beschlossenen und der deutschen   Regie rung in einer Note zur Kenntnis gebrachten Erleichterungen auf dem Gebiete des deutschen   Flugzeugbaues und Luftschiff­fahrtwesens davon abhängig gemacht hat, daß die deutsche   Regie­rung den französischen   Linien Baris- Prag- Konstantinopel die bis her nerweigerte Erlaubnis zur Ueberfliegung deutschen   Gebietes erteilt. Eine dahingehende Uebereinkunft soll unmittelbar vor dem Abschluß stehen, so daß die französischen   Flugzeuge, die bisher den

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Demgegenüber gilt es erst recht zusammenzustehen und mit aller Kraft den Kampf gegen die übermütigen Roten und Rosaroten in Berlin   aufzunehmen. Dies ist nur mög­lich, wenn wir so schnell wie möglich uns wieder ein Organschaffen, durch das wir unsere Gedanken wie bisher in jedes einzelne deutschnationale Herz tragen können. Wie bereits mitgeteilt, wird zu diesem Zweck am 20. Juni und am 15. Juli noch je eine Nummer dieser Mitteilungen" erscheinen. Wir erwarten, daß im Interesse der Partei die Mitteilungen seitens der Drisgruppen pünktlich und schnell an unsere Mitglieder weiter­gegeben werden, damit die Verbindung zwischen unseren Freunden und der Partei nicht abreißt. Vom 1. August ab bringen wir

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zunächst zweimal im Monat ein neues Nachrichtenblatt, die Deutschnationalen Nachrichten" heraus, das unseren Mitgliedern wie bisher von der Post zugestellt wird. Voraussetzung hierfür ist, daß wir von allen unseren Freunden, die dazu wirtschaft lich in der Lage find, auch mit Geldmitteln unterstüt werden. So einfach und bescheiden die Deutschnationalen Nach­richten" zunächst aufgebaut werden ohne beträchtliche Mittel ist ein solches Blatt nicht einzuführen. Wir bitten daher dringend, daß uns unsere sämtlichen Mitglieder unter Benutzung der beiliegenden Zahlkarte einen angemessenen außerordentlichen Beitrag zukommen lassen.

Die Berliner   Deutschnationalen haben durch Eingang der Nationalpoff" eine Bataille verloren. Sorgen wir, daß unsere Nationalpoft eine Bataille verloren. Sache feinen bleibenden Schaden nimmt."

Die stärkste Regierungspartei wird in Berlin   durch ein zweimal im Monat erscheinendes Nachrichtenblatt journalistisch vertreten. 3weimal im Monat werden die Berliner   Deutsch nationalen in 50 3eilen über die politischen Vorgänge inter essiert. In der Zeit des Telephons und des Funkverkehrs ist das sehr bescheiden.

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Aber was ist mit der Deutsch   nationalen Tagespost", die sich selbst als die offizielle Nach folgerin der National poſt" bezeichnet? Ist fie ein Privatunternehmen des Herrn Laverrenz? Will er mit ihr neue geschäftliche Lorbeeren pflücken? Auch die " Deutsch nationale Tagespost" rief dringend nach Geld. Wenn sich ein Deutschnationaler finden sollte, der 10 Mark für seine Parteipresse stiften will es könnte ja immerhin einen meißen   Raben unter den Deutschnationalen geben so ist er in Verlegenheit, wohin er seinen fürstlichen Beitrag zahlen soll. Man fühlt sich an die Zeiten der Schnorr konkurrenz 2a perrenz fontra Loebell erinnert. Umweg Basel  - Zürich   machen mußten, fünftig wieder ihren Weg über Straßburg  - Nürnberg   nehmen können.

Hierzu meldet WEB.: Wie wir erfahren, wird der Reichs­verkehrsminister zur Erörterung der Note der Botschafterkonferenz, die neue Beschränkungen des deutschen   Luftfahrzeugbaues fordert, den Beirat für das Luftfahrwesen in den nächsten Tagen einberufen.

Die neuen Beschränkungen erhalten neben den Begriffs­bestimmungen von 1922, die mit der Begründung, zivile und militä rische Luftfahrzeuge zu unterscheiden, in Wirklichkeit die deutsche Handelsluftschiffahrt beschränken, u. a. die Forderung, auch die 3 ahl der Luftfahrzeuge, Motoren und Ersatzteile feststellen zu können.

Die Liberalen gegen den Faschismus. Rom  , 29. Juni.  ( Eigener Drahtbericht.) Der Nationalrat der Liberalen Partei, der seit Sonntag in Rom   tagte, beendete, am Montag seine Beratungen. In einer scharfen Entschließung wird das faschistische System verworfen. Die Resolution weist die faschistische Gesezgebung zurück, macht auf das schwindende Prestige Italiens   im Auslande aufmerksam, fordert die Wieder herstellung der Presse- und Koalitionsfreiheit und verweist schließlich auf die fortgesetzten Verlegungen des Brief­geheimnisses.

Auch die Faschisten ,, reinigen". tischer Miliz in Rom   foll nach Blättermeldungen am 1. Juli Rom  , 29. Juni.  ( Eigener Drahtbericht.) Die Legion fasi. aufgelöst und am 12. Juli wieder neu zusammengefest werden. Bis dahin soll jedes einzelne Mitglied auf seine poti. tische augliteit hin geprüft werden. Diese Meldung wird von der Breffe natürlich ohne Kommentar wiedergegeben.

Vorwärts- Verlag G.m. b. H., Berlin   SW. 68, Lindenstr. 3

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Lehren einer Aussperrung".

Die Vorgänge in der Holzindustrie.

Das Ergebnis der Aussperrung in der Holz­industrie, worüber unsere Leser im gewerkschaftlichen Teil beitgeber der Holzindustrie, als vielmehr eine Niederlage nähere Daten finden, ist nicht so sehr eine Niederlage der Ar­der Politik, die seit Jahr und Tag von der Vereini gung der Deutschen Arbeitgeberverbände hartnäckig betrieben wird.

Der Leitgedanke dieser Politik, soweit von Gedanken hier noch gesprochen werden darf, ist eine Art Dogma, wonach unsere Wirtschaft nur dann blühen und gedeihen könne, wenn die übergroße Mehrheit des deutschen   Bolles, d. h. die Ar­beiter, Angestellten und Beamten, bei niedrigen Löhnen und langer Arbeitszeit ein Elends= da sein führt.

Dieser Widerspruch in sich selbst erklärt sich sehr einfach aus der Ueberheblichkeit, die die Führer der Arbeitgeberorga­nisationen beseelt. Für sie ist die Wirtschaft nicht die Ge­meinschaft des ganzen Volkes, die sie mit öligen Redensarten zu propagieren belieben, sondern die dünne Schicht der Groß­aktienbesiger der Konzerne und ihrer nächsten Trabanten im Unternehmerlager.

Es ist vollständig zwecklos, den Mitgliedern dieser dünnen Oberschicht klar machen zu wollen, daß die Wirtschaft eines Landes nicht als blühend angesehen werden kann, wenn 90 Proz. desselben Volkes im Elend leben, nur ein Viertel der Lebensgüter genießen fönnen, die die arbeitenden Schichten eines anderen Landes genießen. Es ist ebenso zwecklos, dieser dünnen Oberschicht erklären zu wollen, daß die Leistungsfähig feit einer Industrie nicht identisch ist mit langer Arbeitszeit, ja bei langer Arbeitszeit gar nicht möglich ist, sondern daß vielmehr die fortgesetzte Durchorganisierung und technische Vervollkommung der Betriebe, die Standardisierung und Typisierung der Produktion die Grundlagen der Leistungs­steigerung sind.

Selbstverständlich wissen die leitenden Köpfe im Reichs­ verband der Deutschen Industrie   und in der Bereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände ganz genau, daß nur auf diesem Wege die Produktivität der deutschen   Industrie gehoben werden kann. Aber die Herren von der Vereinigung und vom Reichsverband denken nicht als Wirtschafter, sie denken besten­falls nur als Geschäftsleute. Wo sie Wirtschafter sein sollten, sind sie Politiker.

So wie der Borsigende der Vereinigung der deutschen Ar­beitgeberverbände Mitglied der Deutsch   nationalen Bolkspartei ist, so ist auch die Wirtschafts- und Lohn­und Produktionspolitik der Vereinigung eine durchaus partei­politisch deutsch nationale. Es ist gar kein Zufall, sondern nur eine Selbstverständlichkeit, daß 3. B. kürzlich in einer Sonderbeilage des offiziellen Organs der Bereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände als Ausdruck der offiziellen Ansicht der Vereinigung ein Zeitungsartikel abgedruckt war, der vorher in einer deutschnationalen Zeitung erschienen ist.

Soweit es sich um Arbeiterpolitik handelt, braucht Die Wirtschaftspolitik der Deutschnationalen fennt man. nationalen zu gehen und sich die Arbeitsbedingungen der ost­man nur nach Ostpreußen  , dem Ursprungsland der Deutsch­

preußischen Landarbeiter näher anzusehen. Stundenlöhne von 20 Bf. sind an der Tagesordning, von der Arbeitszeit gar nicht zu reden. Durch diese Politik ist schließlich ein un­geheurer Arbeitermangel eingetreten, dem man so gut und so schlecht es gehen. mag, durch Importierung von polnischen Land arbeitern zu begegnen sucht. Das ist die natio­nale" Politik der sogenannten Deutschnationalen.

Ihre Wirtschaftspolitik im Verkehr mit anderen Ländern ergänzt diefe Politik gegen die eigenen Volksgenossen in har= monischer Weise. Sie ist mit dem einen Wort Hochschutz= 3ölle gekennzeichnet.

Man sehe sich unvoreingenommen, und aufmerksam die Rundschreiben, Kundgebungen und Eingaben der Vereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände einmal an, die insbesondere seit etwa zwei Jahren die Politik der Vereinigung kundtun. Es ist mit einer industriellen Verbrämung und einer schein­wissenschaftlichen Tünche dieselbe rückständige Politik der o st= preußischen Krautjunter, die man heute noch auf den großen Gütern Hinterpommerns und Ostpreußens   an­treffen fann.

Mit dieser in jeder Beziehung reaktionären Politik will man den wirtschaftlichen Notwendigkeiten beikommen, dem kein Land und kein Bolt ausweichen kann, das in dem Kon­furrenzkampfe des Weltmarktes bestehen will. Und Deutsch­ land   muß hinaus auf den Weltmarkt und darf deshalb in diesem Konkurrenzfampfe nicht unterliegen.

Wie aber soll es diesen Kampf bestehen, wenn seine Unter­nehmer sich unter die Führung deutschnationaler Reaktionäre ſchöpfenden Kampfe gegen den Aufstieg des arbeitenden begeben, deren Wirtschaftspolitit sich erschöpft in einem er­deutschen Volkes.

Während das deutsche   Unternehmertum derart unter der Führung deutschnationaler Ritter von der traurigen Gestalt einen Windmühlenkampf ausficht, arbeiten die Unternehmer