Amerikas� Englands, Frankreichs fieberhaft an der Derbesse- rung der Arbeitsmethoden. In Deutschland aber führt man erbitterte Kämpfe um den Achtstundentag, um einige Pfennige Lohnerhöhung, und glaubt damit— oder vielleicht glaubt man es nicht einmal— die technische Ueberlegenheit einzu- holen, die unsere Konkurrenten im Auslande voraus haben. Typisch für dieses Vorgehen ist u. ct., daß der Verein Berliner Metallindustrieller, dessen Vorsitzender zugleich Vor- sitzender der Vereinigung Deutscher Arbeitgeber ist, vor einigen Tagen die Erklärung abgab, daß er sich einem vom Reichs- arbeitsministerium für verbindlich erklärten Schiedsspruch nicht unterwerfen werde, weil dieser Schiedsspruch den Angestellten der Berliner Metall- industrie, d. h. den Technikern, Ingenieuren, Werkmeistern und Bureauangestellten eine fllnfprozentige Erhöhung auf Ge- hälter zusprach, die etwa den dritten Teil eines amerikanischen Arbeiterlohnes betragen. Mit dieser Borniertheit, die den Köpfen der In- dustrie die Existenzmöglichkeit verweigert und dabei mit brutaler Rücksichtslosigkeit selbst gegen den Staat und das Gesetz vorgeht, mit dieser"selben Borniertheit hat man die Parole ausgegeben: Herunter mit den Löhnen. Die Holzarbeiter sollten das erste Objekt dieser großen Kampagne werden, die den Herren aus bekannten Gründen bei der Masse der mittleren und unteren Beamten und der Eisenbahner mühelos geglückt ist. Der ganze Apparat der Vereinigung und des Reichsverbandes wurde in Vewe- gung gesetzt, um diesen Kampf gegen die Holzarbeiter siegreich zu beenden. Die Herrschaften haben sich verrechnet. Sie haben zunächst vergessen, daß wir uns nicht mehr in den Zeiten der Inflation befinden. Sie haben übersehen, daß das, was gegenwärtig ihre Schwäche ausmacht, die� Stärke der Arbeiterschaft bedeutet. Die Deflationskrise, die selbst die größten Konzerne in ihrer Existenz bedroht, schwächt sie in ihrer Widerstandskraft gegenüber der Arbeiterschaft. Während der Inflation mochte es den Unternehmungen verhältnismäßig wenig ausmachen, ob sie ihre Lieferungen verzögern mußten, ihre Zahlungen zu einem späteren Termin vornahmen. Das konnte unter Umständen sogar noch ein barer Gewinn sein. Heute ist das anders. Wir fügen hinzu, daß es nicht nur heute, sondern in aller Zukunft anders sein wird. Gewiß wird es Zeiten der Krise und Zeiten der Hochkonjunktur geben. Aber es wird nicht wieder die Zeiten geben, wo man große Unternehmungen für einen Pappenstiel aufkaufen und die Ardeiter mit einem täglichen B r o t g e l d abspeisen kann. Die Unternehmer dürfen auch nicht vergessen, daß trotz der schweren Verluste während der Inflation, trotz aller kommu- nistischen Zersplitterung die Gewerkschaften heute m e h r a l s doppelt so stark sind als sie vor dem Kriege waren. Ueber die Bedeutung dieser Dinge haben sie jetzt nach der schweren Niederlage, die sie im Kampf gegen die Holzarbeiter erlitten haben. Anlaß und Zeit, nachzudenken. Die Unter- nehmer der Holzindustrie, das muß man ihnen immerhin lassen, haben schnell umgelernt. Als sie sahen, in welchen Abgrund die Vereinigung der deutschen Arbeitgeber- verbände und die leitenden Köpfe des Arbeitgeberoerbandes der deutschen Holzindustrie, die unter dem Kommando der Ver- einigung standen, die Holzindustrie zu führen im Begriff waren, haben sie die Aussperrungsmacher auf dem schnellsten Wege abgebaut. Sie haben sich dann mit dem Deutschen Holzarbeileroerband an den Beratungstisch gesetzt und auch schließlich verständigt. Wir wünschen den deutschen Unternehmern, daß sie aus diesen Tatsachen und aus diesem Beispiel etwas lernen.
Graf Hugo von Lerchmfeld ist im SS. Lebensjahre in Kökering gestorben. Graf Lerchenfeld hat Bayern 38 Jahre lang in Berlin vertreten. paschitsch, der SOjiihnge südslawische Premierminister, geht zur Kur nach Vichy lFrantreich). Drei Minister oertreten ihn. Die Mandare der R a d i t s ch- Partei sind jetzt endlich anerkannt, nach- dem sie sich dem Regierungsdruck gefügt hat, ohne daß jedoch ihre Mühror aus dem Gefängnis entlassen worden wären.
Der Stock. Skizze von Hans L'Arrouge. In einer kleinen Stadt bei strahlendem Sonnenschein spazierte ich in dem eleganten Billenviertel und bewundert« die Ueppigkeit des Grüns und die Fülle des Obstes. Dann schlenderte ich gemäch- lich zum Flußufer, wo eine schöne gewölbte Brücke den Weg gen Osten lenkte. Hier ließ ich mich auf einer Bank, die zum Verweilen einlud, nieder und blickte nun auf ein buntbewegtes Bild. Da wurde gebadet, gerudert, und jenseits des Flusses auf den breiten Wiesen wurde geturnt und Tennis gespielt. Während ich so— nichts wollend, nur schauend, vor mich hinträumte, humpelt« ein alte» Mütterchen daher, kam van Osten über die Brücke, in der einen Hand«in Körb- che», in der anderen einen alten, zerschlissenen Regenschirm Aus den stützte sie sich. Als sie in meiner Nähe war, seufzte sie tief aus:„Ach, der Stock, der Stock...* Gleich darauf saß sie neben mir, und indem sie mich hilflos wie ein Kind anblickte, wiederholte sie:.Ach, du liebe Zeit, der Stock...* »Welchen Stock meinen Sie?* fragte ich. »Ach du lieber Himmel, wenn man so alt ist...* »Wie alt sind Sie?*(Ich schätzte sie aus 70 Jahre.) .Zweiundachtzig", erwiderte sie mit einer gewissen Freude. .aber ohne Stock geht's doch nicht mehr." .Haben Sie Ihren Stock verloren?" .Na ja, ein Schirm is kein Stock." .Wo haben Sie ihn denn verloren?" .Hier, gerade hier, wo Sie sitzen." .Heute?* fragte ich ein wenig erschrocken, denn ich hatte keinen Stock gesehen. .Wann haben Sie hier gesessen?* .Am Freitag." e Ich fühlte mich wesentlich erleichtert, denn heute war Montag. Aber ich verstand nicht, wie sie den Stock noch nach drei Tagen hier vermuten konnte. Da kam die Aufklärung. .Ich bin ja an, Freitag gleich wieder hergelaufen.— Ach du liebe Zelt, der Stock war weg." .Sie sind also noch recht mobil trotz ihrer achtzig Jahre." .„.Z w e t undachtzig. Ja, man macht noch viel. Die Leute v.K?!?!?ern sich. Borigen Mittwoch bin ich erst aus Berlin zurück- gekommen" .Bis nach Berlin sind Sie gereist? Ganz allein?" „Nur mit meinem Stock. Ich war bei meinem Enkel. Ach, der „Der Enkel hat wohl dort eine Anstellung?* „Ja, im Hotel Exel am Anhalter Bahnhof , als Heizer." „Exel? Kenn' ich ja gar nicht.* „So ähnlich heißt es. „Sic meinen vielleicht Crcelsior?" ..Ja, ja," sagte sie erfreut,.Sie sind wohl auch aus Berlin ?* „Allerdings." „Sind hier bloß zur Erholung?* „Hoffentlich."
,Retter' in Not. Tie können die Wahrheit nicht hören. Die„Kreuz-Zeitung " ist auf den absurden Gedanken ver- fallen, daß wir den Boden für eine Regierungskrisis reif machen wollten. Wir haben am Sonntag den politischen und moralischen Bankerott der Deutschnationalen und ihre innere Verwirrung etwas beleuchtet. Die Wahrheit tut den Deutsch - natwnaleni weh, und deshalb zetert die„Kreuz-Zeitung " über Hetze: „Gleichzeitig aber hat die Hetze ein politisches Ziel. Man suchl den Boden für eine R e g i e r u n g s k ri s i s reif zu machen und treibt deshalb einen gegen den anderen, sucht Z w i e- spalt in den Reihen der D e u t s ch n a t i o n a l e n zu säen und möchte die anderen Parteien, die mit ihnen in der Re- gierung sitzen, gegen sie auf- und von ihnen abbringen. Offenbar hält die Sozialdemokratie die außenpolitische Lage für reif genug, um den Versuch einer Sprengung der Reichsregis- rung zu machen. Aber auch darin wird sie wenig Glück haben. Ihre verlogenen Angriffe gegen die Deutschnationolen sind in ihrem wahren Charakter zu deutlich erkennbor, als daß sie nur bei einem politisch denkenden Menschen verfangen könnten. Gerade, wie die Dinge jetzt liegen, ist es dringend notwendig, daß der d e u t s ch na ti o nal e Einfluß in der Regierung ge- wahrt bleibt. Die Ziele, die die Rechte heute durchzusitzen hat, sind nur zu erreichen durchzähes Fest halten der Richtung des einmal eingeschlagenen Weges, und es ist gar kein Gedanke, daß sich dieTaktit derDeutschnationalen Dolkspartei in nächster Zukunft auch nur im ge- ring st en ändern werde. Deshalb sollte man endlich m i t der Kolportage von Krlsengerüchien aufhören* Kolportage von Krisengerüchten: dies Ge- schüft haben„Deutsche Zeitung* und„L o t a l- A n- z e i g e r" bbetrieben. S i e wollten die Reichsregierung sprengen, weil sie„die außenpolitische Lage für reif genug* hielten. ZwiespaltindenReihenderDeutschnatio- nalen säen: das besorgen die Deutschnationolen selber sehr gründlich: siehe Aufwertungsfrage, Affäre Laverrenz-Rentfch- „Rotionalpost", Beschluß mehrerer großer Landesverbände der Dcutschnationalen Partei gegen die Außenpolitik, für die deutschnotionole Minister mit verantwortlich sind, siehe Hergths Ausruf, daß kein dsutfchnationaler Abgeordneter sich mehr in eine Mitgliederversammlung getraut. Wenn das von Herrn Arnold Rechberg sanierte Organ schwört, daß die glorreiche Taktik der Deutfchnatio- nalen fortgesetzt werden soll— nur zu. Daß die Deutsch - nationalen„in nächster Zukunft" in der Regierung bleiben wollen, ist selbswerständlich. Sie können doch die Agrarzölle nicht preisgeben. Vis zum Termin der Ent- fcheidung darüber müssen die Deutschnationolen schon bleiben, was sie jetzt sind: verunglückte„Retter* in eigener schwerer Rot.
Gegen die Wucherzölle. Protest des Bezirks Hambnrg-Nordwest. Euxhooen. 29. Juni. (Eigener Drahtbericht.) Der Parteitag des Bezirks Homburg-Nordwest nahm nach einem Referat des Genossen Hermann Müller folgende Entschließung an: „Der Bezirksparteitag der Sozialdemokratischen Partei Ham- burg-Nordwest erhebt als Vertretung der weitaus stärksten poli- tischen Partei in den großen Industrie- und Handelszentren an der Wasserkante sowie des weiten rein ländlichen Gebiets zwischen Elbe und Weser den allerfchärfsteu Protest gegen die volks- und wirl- schaslsschädigenden Wucherzölle. Di« von der Reichsregierung beabsichtigte Wiedereinführung von Agrarzöllen bringt keinen Schutz für die deutsche Landwirtschaft, weil kein« erdrückende Konkurrenz der früheren Riesenexportländer Ruß- land und Amerika zu verzeichnen ist. Die Agrarzölle sind vielmehr in Wirklichkeit reine Finanzzölle, um die Taschen des Reichs, ins- besondere aber die Taschen der Großagrarier auf Kosten der Armen zu füllen und um die außerdem durch das System der Einfuhr- scheine begünstigten Großagrarier zu bewegen, die große Zahl der
kleinen und mittleren Landwirte zu betören, damit die geforderten Hochschutzzöllc für die Schwerindustrie zur Armahme gelangen. Der Bezirksparteitag bringt zum Ausdruck, daß die jehl schon herrschende Teuerung durch die Agrar- und Industrlezölle zur Unerlräglichkcil gesteigert wird und den breiten Massen der Verbraucher in Stadt und Land die schwersten Entbehrungey ausgezwungen werden, damit eine Handvoll Großargrarier imd Schwerindustrieller mühelos riesig« Gewinne einsteckt. Dieser Zustand ist um so empörender, als die Aermstsn der Armen am allerhärtesten von den Zöllen betroffen werden. Das vermehrte Elend der Millionen von Volksgenossen wird zur Anhäufung neuer Reichtümer in den Händen einiger Groß- kapüalisten in' Industrie und Landwirtschaft und führt obendrein zu neuen Gefahren für den Frieden der Welt. Aus allen diesen Gründen fordert der Bezirksparteitag vom Reichstag die Ablehnung der Hochschutzzölle und die Fortsetzung einer Handels- vertragspolitikdergegenseitigenVerständigung. Der Bezirksparteitag ruft die Parteigenossen in Stadt und Land aus, mit aller Energie den Kampf gegen die Wucherzölle sowie gegen die arbeiter- und volksfeindliche Politik des Rechtsblocks aufzu- nehmen." Die Entschließung wurde einstimmig angenommen. Ferner sprach der Regierungspräsident Genosse K r ü g e r-Lüneburg aus- sührlich über Sozialdemokratie, Landwirtschast und Agrarpolitik.
Dr. ßranks Antrittsrede. Die Gemeinsamkeit des Reichs und Deutschösterreichs. Unmittelbar nach dem neuen amerikanischen Botschafter E ch u r m a n hat der neue österreichische Gesandte Dr. Frank gestern vormittag dem Reichspräsidenten fein Beglaubigungsschreiben überreicht. Gesandter Dr. Frank richtete dabei an den Reichsprösi- denten eine Ansprache, in der es u. a. hieß: „Mit staunender Bewunderung verfolgen wir in Oester- reich die ungeheuren und erfolgverheißenden Anstrengungen des deutschen Volkes, durch rastlose Arbeit wettzumachen, was ihm ein schlimmes Geschick an Schwerem aufgebürdet hat. Die ungebrochene Lebenskraft des deutschen Volkes, die sich hierin äußert, ist ein Trost in unserem eigenen Ungemach und Ansporn für die Ausgaben, welche die Gegenwart uns stellt. Die Deutschen Oesterreichs sind überzeugt, daß das lebendige Bewußtsein gemeinsam vollbrachter Leistungen und unverlierbares Erinnern an Jahrhunderte gemeinsam erlebter Schicksale den geistigen Inhalt des vegrifses Ratio« bildet. Diese Gemeinsamkeit muß trotz der im vorigen Jahrhundert erfolgten politischen Abtrennung des deutschen Bvlksstammes in Oesterreich nicht nur erholten werden, sie soll vielmehr aus allen Ge- bieten menschlichen Tuns reichste Früchte tragen und so stets von neuem zu beglückender lebendiger Wahrheit werden. In der Mit- arbeit zur Erreichung dieses Zieles erblicke ich meine vornehmste Aufgabe." Der Reichspräsident erwiderte u. a.: „Die herzlichen Worte, die Sie im Namen des Herrn Bundes- Präsidenten und des österreichischen Volkes an mich und an das deutsche Volk gerichtet haben, finden hier dankboren Widerhall. Mit brüderlicher Anteilnahme blicken wir auf den Freund und Nachbarn, der mit unerschütterlichem Lebensmut und zähem Arbeits- willen den Schwierigkeiten trotzt, die sich dem Wiederaufbau seiner Heimat entgegenstellen. Die hohen Eigenschaften des Geistes und des Herzens, die Oesterreichs Volk von jeher auszeichnen, berechtigen uns zu der festen Zuversicht, daß die guten Wünsche, die ich und das deutsche Volk für die Zukunft Oesterreichs hegen, in Erfüllung gehen. Das in dem Herzen jedes Deutschen beiderseits unserer politischen Grenzen ti.es verankerte G c m e i n s ch af t s g ef ühk bildet ein unzerreißbares Band und«in wertvolles Gut, das sich— das ist auch mein aufrichtiger Wunsch— auf allen Lebensgebieten in ge- meitssamer Arbeit auswirken möge.. Seien Sie versichert, dpß Sie bei dieser genieinsomen Arbeit rückhaltlos auf meine und der Reichs- regierung Förderung und Unterstützung rechnen können.*
Sozialüemokratische flntröge. Die sozialdemokratische Fraktion hat im Reichstag folgenden Antrag eingebracht: Die Reichregierung zu ersuchen, 1. den Entwurf eines Reichsmilchgesetzes dem Reichstag schleunigst vorzu- legen; 2. die Reichsverordnung über den Verkehr mit Milch vom 8. Juni 1924 nicht eher auszuheben, als ein Reichsmilchgesetz in Kraft getreten ist.
�„Ach, mein Enkel— der is nu noch mein einzigster, aber der is gut. Den besuch' ich jedes Jahr mal. Erst war er in Kiel auf Schiff und dann vier Jahre im Krieg. Ach du Lebe Zeit, ober der is gut— der tut für mich, was er kann." „Ihr Mann lebt wohl nicht mehr?" „Der lebt schon lange nicht." „Was war denn der von Berus ?* „Nachher war er bei der Post, vorher war er Wirter, ab« das ging schlecht." „Bei der Post? Na, da haben Sie gewiß etwas Pension?* „22 Mark monatlich und 13 Altersrente... dos is genug.* „Wohnen Sic ganz ollein?" „Im Frauenheim. Eben Hab' ich mir Essen geholt— aus der Notstandsküche." „So? Schmeckt Ihnen das Essen?" „Ach du liebe Zeit, ich bin nicht so. wie die unzufried'nen Menschen heut«...* „Und wie lebt sich'- denn da im Frauenheim?* „Ich nähe und stricke den ganzen Tag Strümps« für meinen Bruder in Leipzig ." „Seh'n Sie mal an, arbeiten können Sie anch noch?* „So rumsitzen tu' ich nicht, denn mächt' ich gar nicht mehr leben."/ Minder hoben Sie doch gewiß auch?* „Sechse hatt' ich. Vier Söhne, zwei Töchter. Di« letzte war noch in Halle verheiratet... Der Mann war schlecht, und dann kam sie wieder nach Hause und stirbt. Arzt geholt, alles umsonst.* „Da haben Sie alle Ihre Kinder verloren?* „Ja. ja, du liebe Zeit. Vier Söhne im Krieg, und die andern sind auch gestorben. Bloß i ch lebe noch'n paar Jahre. Dos geht olles ganz natürlich zu...* Jetzt erhob sie sich und meinte:.Na, dann wünsch« ich Ihnen gute Erholung." „Danke sehr." „Ach du lieber Himmel, ein Schirm is kein Stock." Und damit humpelte sie weiter...
Mir ging so durch den Sinn: ob dir wohl mit 82 Jahren auch nichts weiter fehlen wird als ein Stock?--
vom heilige» Wort. Zwei Sachsen sind in München und lauschen neu- und sensotions- gierig dem oberbayerischen Wortschwall. Begeistert einerseits, neidisch andererseits meint der eine:„Schade, daß mier so gargee bisse! Tialegd schbrächen..." Es gibt nicht wenig„Sachsen " heutzutage. Menschen, die gram- matisch und phonetisch einwandfrei sprechen, sind ebenso selten wie Menschen mit Sprachgefühl und Sprachgehör. Die Gründe liegen offen auf der Hand: sie entschuldige» wohl, aber sie entbinden nicht von der Pflicht zur bessernden Arbeit. Einsichtsvolle Pädagogen, Sprechchöre usw. nehmen sie bereits seit längerer Zeit mit viel Erfolg vor, und neuerdings wirkt für das Ziel der Gesundung ver- schandelter Sprache indirekt auch der Rundfunk mit.
Wir erleben gegenwärtig eine Spezialisierung der Kunst, der Streit um die Richtung identifiziert sich sprachlich mit dem Streit um das Mittel. Selbst das Theater besitzt nicht mehr die Totalität von ehedem. Theater, Film und Radio sind Angelegenheiten für sich: mögen zwischen Theater und Film noch Brücken bestehen, so ist die Radiodarbietung etwas absolut Eigenes. Völlige Einseitigkeit muß hierbei durch Höchstleistung ausgeglichen worden. Triumph des Wortes! Millionen hören es, Millionen genießen es— Millionen kritisieren es. Lernt sprechen! Lernt hören! Das war die unausgesprochene Tendenz des hervorragenden Vortrags: .Das gesprochene Wort", den der Stuttgarter Theaterleiter E. W alfgang H o f s m a n n- H ä r n i s ch gestern im Rund- funk hielt. Es gibt Dichter, die am schönsten wirken, wenn man sie hört(Goethe) und andere Dichter sind am größten, wenn man sie lieft(Thomas Mann ). Das wurde immer'wieder leichtverständlich und treffend beim Rhapsodischen, beim Epos, bei der Ballade, der Rede, dem lyrischen Gedicht herausgearbeitet. Hoffmann-Harnisch war für die gewählten Beispiele selbst ein guter Sprecher, Homer in Griechisch, Fontane, Hölderlin und Kasack gelangen ihm de- sonders gut. Erich Gottgetreu .
Der Reichsausschuß für sozialistische Bildungsarbeit veranstaltet vom 19. bis 25. Juli eine Ferien-Studienreise nach Hamburg - Helgoland — Bremen und eine weitere vom 28. Juli bis 4. August nach der Schweiz (Zürich . Luzern , Vierwaldstätterfee, Interlaken , Bern , Berner Bergland, Bafel).— Anmeldungen zu diesen Ber- anstaltungen müssen umgehend beim Reichsausschuß für sozialistische Bildungsarbeit, Berlin SW. 88, Lindenstr. 3, erfolgen. Dort wird auch ein ausführliches Ferienprogramm über sämtliche Veranstal» tungen in diesem Sommer kostenlos abgegeben. Ihealer ohne Einlriltsgeld. Niemand vorher ist bei dem Be- mühen, die Theaterpreise zu ermäßigen, so konseqent verfahren alt gewisse Leute in L e e d s, die zu den Einwohnern von Leeds näch- sten Winter sagen werden:„Hier gibt's ein Drama ohne irgendein Eintrittsgeld. Wollt ihr das? Wenn ja, werft etwas in den Hut wenn er herumgeht. Ein Ereignis in Park hat die Hoffnung ge- nährt, daß dieser gewagte Leedjer Versuch gelingen wird. Denn in Dork ist, wie das vom Berliner Messe-Amt herausgegeben, Wochenblatt„Berlin " mitteilt, tatsächlich die Möglichkeit«ine« „Frei-Theaters" zum erstenmal Wirklichkeit geworden. Diejenigen die das Porker Eoeryman-Theater leiteten, hielten es für notwendig ein- oder zweimal die Vorstellungen im Rathaus zu geben. Da da- Rachaus ein städtisches Gebäude ist, konnte kein Geld für den Zu- tritt erhoben werden: statt dessen wurden Sammellisten eingeführt Die Everymcm-Direktoren machten«ine interessante Entdeckung: di« Rathausvorstellungen waren rentabler als die. jenigen, bei denen stets Eintrittsgeld erhoben wurde. Volksbühne. Die Premiere des Lustspiel«„Die deutschen Klein. ltä dter« nach Kohcbuc neubearbeitet von Pbilivv Wcnzig. in der Voll«. bühne, Theater am Büloivplotz, am I.Juli,?>/, Uhr, ist in den Hauptrolle« besetzt mit den Damen: Hedwig Wangel . Lotte Autzt, Thea Mrodlczinzkt und TillKIockow und den Herren: PaulHenckel«, Berthold Reissig , Ger hart Ritter und HanS Heinrich o. TwardowSty.